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Eine Kindheit in Polen: Der junge Piotr lebt behütet auf dem Land. Als die Front in den letzten Kriegstagen immer näher rückt, heißt es Abschiednehmen vom ländlichen Idyll und der Geborgenheit der Großfamilie. Vater, Mutter und Kind flüchten sich in eine kleine Stadt, wo sie Unterschlupf finden im Souterrain der beiden Fräulein Poncka, die ihr Leben offensichtlich mit Liebesdiensten bestreiten. Aber während die Eltern unter Flucht und Armut leiden und sich nur schwer an das neue Leben gewöhnen können, verliebt sich Piotr eines Tages in dieses schöne Mädchen aus der Nachbarschaft, das so…mehr

Produktbeschreibung
Eine Kindheit in Polen: Der junge Piotr lebt behütet auf dem Land. Als die Front in den letzten Kriegstagen immer näher rückt, heißt es Abschiednehmen vom ländlichen Idyll und der Geborgenheit der Großfamilie. Vater, Mutter und Kind flüchten sich in eine kleine Stadt, wo sie Unterschlupf finden im Souterrain der beiden Fräulein Poncka, die ihr Leben offensichtlich mit Liebesdiensten bestreiten. Aber während die Eltern unter Flucht und Armut leiden und sich nur schwer an das neue Leben gewöhnen können, verliebt sich Piotr eines Tages in dieses schöne Mädchen aus der Nachbarschaft, das so wunderbar Orgel spielen kann ... In einer Prosa von seltener Meisterschaft, die schwebende Leichtigkeit mit virtuoser Sprachgewalt vereint, lässt Wieslaw Mysliwski das Polen der Nachkriegszeit wieder auferstehen. Ein großer Roman mit deutlich autobiografischen Zügen - über die Erinnerung, das Erwachsenwerden und die Sehnsucht nach Heimat und Geborgenheit in Zeiten des Umbruchs.
Autorenporträt
Wieslaw Mysliwski, geboren 1932 in Dwikozy bei Sandomierz. Nach dem Studium der polnischen Philologie in Lublin Arbeit im Verlagswesen, bevor er sich seiner Tätigkeit als Herausgeber und Schriftsteller zuwandte. Er ist Autor mehrerer Dramen und Romane. Ausgezeichnet u. a. mit dem polnischen Literaturpreis "Nike" und 1967 in seiner Heimat mit dem Stanislaw-Pietak-Preis.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Gerhard Gnauck spekuliert über den Titel dieses "schwermütigen" Romans, der vom Verlag eben deshalb, so nimmt Gnauck an, die Überschrift "Der helle Horizont" erhalten hat. Sein Autor, Wieslaw Mysliwski, Jahrgang 1932, lebt seit Jahrzehnten in Warschau, stammt aber aus einem Dorf an der Weichsel, und dieser Gegend, insbesondere der ländlichen Kultur seiner Heimatregion setzt Mysliwski mit diesem Roman ein Denkmal. "Der helle Horizont" erscheine nicht etwa, versichert Gnauck, aus der Sicht eines Großstädters und Intellektuellen geschrieben, der das Land- und Kleinstadtleben analysiert, sondern verharre in einer deskriptiven Geste, die "Gesichter, Gespräche, Begegnungen in der Provinz" notiert, weshalb der Roman, berichtet der Kritiker, in Polen "als Werk größter Wahrhaftigkeit" gerühmt worden sei. Das Besondere an Mysliwskis Dorfprosa sei wiederum, erklärt Gnauck, sein Bemühen, der bäuerlichen Sprache durch originelle Ausdrücke, Neuschöpfungen und Verschleifungen Eigenständigkeit zuzusprechen und dadurch auf ihren drohenden Verlust hinzuweisen. Als Redakteur der Zeitschrift "Regiony" hatte Mysliwski lange Jahre Zeugnisse der verschwindenden bäuerlichen Kultur gesammelt. Ein Wort noch zur Übersetzung: Roswitha Matwin-Buschmann habe sich recht erfolgreich daran abgearbeitet, bescheidet Gnauck, auch wenn einiges am Ende in unseren Ohren eher berlinerisch oder ostpreußisch klinge.

© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.11.2003

Vom Erzählen auserwählt
Das Dorf als Welt: Wieslaw Mysliwskis autobiographischer Roman

"Ich konnte mich der Überzeugung nicht erwehren, daß hinter diesem Horizont die Welt zu Ende war. Und etwas lockte mich, aufzustehen und loszugehen und diese Grenze zu überschreiten." So lauten die wohl zwei wichtigsten Sätze in Wieslaw Mysliwskis neuem Roman, der - ähnlich wie der vor drei Jahren auf deutsch erschienene und von der Kritik sehr gelobte Kurzroman "Der nackte Garten" - deutlich autobiographische Züge trägt.

Jenes schmale Erstlingswerk, das gewisse Züge einer bäuerlichen Plauderei trug, gleichzeitig aber reichlich mit Metaphern und Symbolen durchsetzt war (und so in den späten Sechzigern Mysliwskis Ruf als des interessantesten Vertreters der polnischen Dorfprosa begründete), griff aber lediglich ein autobiographisches Motiv auf: Unter dem Eindruck der Geburt seines Sohnes schrieb Mysliwski damals eine schlicht-poetische Vater-Sohn-Geschichte: In den Mittelpunkt der Handlung stellte er einen Mann, der auf sein Leben zurückblickt und dabei in seinem Vater einen zerbrochenen Spiegel seiner selbst und in der Liebe zu ihm seine Daseinsberechtigung sieht.

Diesmal aber blickte der inzwischen einundsiebzigjährige Mysliwski auf sein eigenes Leben zurück und schuf ein monumentales, über sechshundert Seiten starkes Werk, in dem sich in den Erinnerungen des Ich-Erzählers - an seine Kindheit in einer Großfamilie inmitten einer ländlichen Idylle (in dem ungenannten Handlungsort ist leicht ein Dorf bei Sandomir, dem Geburtsort des Autors, zu erkennen), an die Kriegsjahre, an die entbehrungsreiche Nachkriegszeit - die neuere Geschichte Polens widerspiegelt.

Doch weder ist die Erzählweise chronologisch, noch entspricht das Gewicht der erzählten Ereignisse jeweils dem Rang des zeithistorischen Hintergrunds. Vielmehr besteht die Handlung aus lose aneinandergereihten Episoden - mal steht dabei die zahlreiche Verwandtschaft im Vordergrund, mal ein exzentrischer Lehrer oder eine der lebenslustigen Schwestern Poncki, bei denen die Familie nach Kriegsausbruch Unterschlupf findet -, aus Impressionen und aus Abschweifungen und Reflexionen über das einstige eigene Verhalten und Empfinden. So erfahren wir vor allem vieles über die Person des Ich-Erzählers Piotr, Mysliwskis Alter ego, über seine Sicht der Dinge, seine Denkweise und Sensibilität, seine wechselnde Perspektive - und damit seinen Reifeprozeß.

Dieser fragmentarisch-subjektiven Erzählart ist sich Piotr übrigens durchaus bewußt: Nicht zufällig stellt er einmal fest, vielleicht sei nicht er derjenige, "der da versuchte, sich etwas vorzustellen", sondern vielmehr trage ihm seine Vorstellung "ungefragt Bildfetzen zu, die weder meinem Willen noch meiner Erinnerung gehorchten". Er empfinde nur also seine Vorstellung, "so wie man Sehnsucht empfindet oder Verlangen". Das Ergebnis ist eine Erzählweise, die sich immer wieder an der Grenze zwischen Realität und Traum bewegt.

Als Meister der großen epischen Form, in der sich Stoffreichtum mit einem virtuosen Umgang mit Sprache verbindet - einmal wird eine poetische Aura erzeugt, dann wieder die Beherrschung deftigster Bauernsprache demonstriert -, gilt Mysliwski spätestens seit Mitte der achtziger Jahre, als er mit seinem Roman "Stein auf Stein" eine der literarischen Sensationen jener Dekade vorlegte. Und auch diesmal ist ihm ein großer Roman gelungen, in dem kompositorisches Können mit sprachlicher Meisterschaft einhergeht (letzterer wird die deutsche Übersetzerin Roswitha Matwin-Buschmann auf imponierende Weise gerecht) und der durch Nachdenklichkeit ebenso besticht wie durch Leichtigkeit, Humor und Wärme: Qualitäten, die ein Jahr nach dem Erscheinen des Romans in Polen mit dem Nike-Preis, der wichtigsten literarischen Auszeichnung des Landes, honoriert wurden. Zugleich hat Mysliwski einmal mehr bewiesen, daß ihm zu Recht der Ruf eines Autors anhaftet, der sich jeder Kategorisierung entzieht. Denn er wird zwar seit langem der "bäuerlichen" Strömung zugerechnet, doch mit einer bloßen Dokumentation des Dorflebens hat sein Schreiben nichts zu tun. Vielmehr haben seine Bücher einen universellen Charakter, sie zielen auf eine Diagnostik der gesamten Zivilisation ab.

"Ich schreibe nur dann, wenn etwas mich auswählt, damit ich es erzähle", antwortete er einmal auf die Frage, warum er seine Leser auf jedes neue Werk so lange warten läßt. Um "Der helle Horizont" zu schreiben, hat er fast zehn Jahre gebraucht, allerdings hat sich das Warten gelohnt: Was ihn diesmal ausgewählt hat, ist zwar sein Leben, doch er breitet es in einer Weise vor uns aus, als würde er uns unser eigenes erzählen.

MARTA KIJOWSKA

Wieslaw Mysliwski: "Der helle Horizont". Roman. Aus dem Polnischen übersetzt von Roswitha Matwin-Buschmann. btb Verlag, München 2003. 640 S., geb., 24,90 [Euro].

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"Wieslaw Mysliwskis Roman ist ein starkes Stück europäische Antikriegsliteratur". (Neuen Ruhr Zeitung, 26.01.04)
"Wieslaw Mysliwski, Der helle Horizont hat alles, was große Literatur braucht. (...) ... entwirft Mysliwski im suggestiven Erinnerungsstrom des jungen Ich-Erzählers eine ganze Welt, wie sie nur bedeutende Literatur zu gestalten vermag." (Berliner Zeitung, 12.03.04)
"Einer der wichtigsten und meistgelesenen Autoren der Nachkriegszeit." (FAZ)