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Die antisemitische Politik des Dritten Reiches, der jüdische Widerstand gegen sie und der Einfluß dieses Konflikts auf die internationale Politik vor dem Zweiten Weltkrieg, dies sind die drei Themenbereiche, denen sich Stefan Scheil in seiner neuen Studie widmet.
Der Autor greift bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs zurück, um die Ursprünge der späteren politischen Konstellationen aufzuzeigen. Wie in seinen früheren Veröffentlichungen zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs faßt er dabei die Politik in diesem Zeitraum als Auseinandersetzung mehrerer Konfliktparteien auf, die sich vor dem…mehr

Produktbeschreibung
Die antisemitische Politik des Dritten Reiches, der jüdische Widerstand gegen sie und der Einfluß dieses Konflikts auf die internationale Politik vor dem Zweiten Weltkrieg, dies sind die drei Themenbereiche, denen sich Stefan Scheil in seiner neuen Studie widmet.

Der Autor greift bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs zurück, um die Ursprünge der späteren politischen Konstellationen aufzuzeigen. Wie in seinen früheren Veröffentlichungen zur Geschichte des Zweiten Weltkriegs faßt er dabei die Politik in diesem Zeitraum als Auseinandersetzung mehrerer Konfliktparteien auf, die sich vor dem Hintergrund der Globalisierung von internationaler Politik abspielte.
Autorenporträt
Stefan Scheil ist Historiker. Er wurde 1963 in Mannheim geboren und studierte Geschichte, Soziologie und Philosophie in Mannheim und Karlsruhe. 1997 promovierte er in Karlsruhe mit einer Dissertation über den politischen Antisemitimus der wilhelminischen Zeit. Er ist Autor zahlreicher Buchveröffentlichungen zur Vorgeschichte und Eskalation des Zweiten Weltkriegs sowie zum Antisemitismus in Deutschland und Europa. Scheil ist freier Mitarbeiter u. a. bei der FAZ. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.06.2009

O Schreck: ein Blankoscheck!
Stefan Scheils steile Thesen zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs

Churchill habe ein Gehirn mit 100 PS, aber er sei nicht fähig, es richtig einzusetzen - so sagte es Stanley Baldwin. Lloyd George schlug in die gleiche Kerbe, als er feststellte: "Churchill verfügte über außerordentliche Verstandeskräfte, aber in seinem Gehirn war irgendein Webfehler, der ihn hinderte, folgerichtig zu denken." Das Rätsel, das die Vorgänger Churchills als Premierminister nicht zu entwirren vermochten, meint Stefan Scheil nun gelöst zu haben. Der "Webfehler", so die Erklärung Scheils, der eine von der Forschung nicht akzeptierte, revisionistische Sicht zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs vertritt, war eine krude Textur aus Karrierehunger, finanziellem Bankrott, Alkoholismus, Bestechlichkeit und Opportunismus. Sie machte den Hinterbänkler im Unterhaus zur Marionette einer Geheimorganisation, die ihn durch Tilgung seiner Schulden einkaufte, alimentierte, publizistisch unterstützte und in deren Auftrag er Neville Chamberlain im Mai 1940 stürzte.

Diesem "Focus", einem einflussreichen Netzwerk, das hinter den Kulissen von Whitehall die Drähte zog, gehörten einflussreiche Mitglieder des politischen Establishments an: darunter zwei Friedensnobelpreisträger (Agnell, Cecil), der Bruder des amtierenden Premierministers, Austen Chamberlain, sowie drei künftige Regierungschefs (Churchill, Attlee, Eden). Das "Focus"-Netzwerk, so Scheil, "hatte einen klaren Zweck. Es sollte Winston Churchill an die Regierung bringen, und er sollte diese Regierung mit einem Image als nationaler Retter übernehmen." Seine Förderer erwarteten "eine konsequente Bekämpfung und die Vernichtung des Nationalsozialismus, ob nun mit oder ohne kriegerische Mittel". Aus diesem Vorhaben leitet Scheil eine Reihe von Intrigen ab, die die "Appeasement-Konzeption" torpedierten: die "Wochenendkrise" vom Mai 1938 sowie vor allem, wie er es nennt, den "Blankoscheck" für Polen in Form der Garantieerklärung vom März und des Beistandspakts vom August 1939.

Diese Konspirationstheorie verschränkt Scheil mit einer zweiten These, für die er die Metapher prägt: "Wie man eine Mine unter Europa sprengt". Die Minenleger saßen in der Sowjetunion, sie betrieben das Geschäft der Weltrevolution, und ihre Speerspitze war der Nationalsozialismus, der "die ihm von Moskau aus zugedachte Rolle der Entfesselung eines europäischen Krieges" spielen sollte. Deshalb leisteten die von Moskau aus ferngesteuerten deutschen Kommunisten durch Stillhalten ihren Beitrag zur nationalsozialistischen "Machtergreifung". Deshalb schloss Stalin im August 1939 den Pakt mit Hitler, der sich von dem "im Frühjahr 1939 zustande gekommenen französisch-englisch-polnischen ,Stahlpakt' und dessen Automatik bei einem polnischen Angriff auf Deutschland bedroht fühlte". Und deshalb scheiterten laut Scheil alle Versuche Hitlers, "diesen Pakt durch eine Kombination aus Drohung und Verhandlungen wieder zu lösen", denn die Briten stellten, ganz im Sinne Stalins, "Polen einen Freibrief für einen Angriff auf Deutschland aus und ließen die Danzig-Frage schließlich zum Kriegsgrund werden".

Was ist von diesen Thesen zu halten, die in Widerspruch zur internationalen Forschung stehen? Die Antwort muss lauten: wenig bis nichts. Scheil vermag seine Erkenntnisse weder mit aussagekräftigen Dokumenten noch mit einer argumentativ plausibel entwickelten Beweisführung zu erhärten. Wenn er disparat von einem Handlungsstrang zum nächsten springt, Behauptungen aufstellt, die auf Situationen projiziert werden, die von anderen Parametern bestimmt wurden, und objektive Tatsachen ausblendet, wird die Lektüre seines Buches zum Ärgernis. Tatsächlich war es Hitler, der die Basis von München durch den "Griff nach Prag" im März 1939 zerstörte; er befahl nach dem Fehlschlag, die Polen durch Erpressung weichzukochen, am 11. April die Vorbereitung des Angriffs und stellte die Weichen auf Krieg gegen die Westmächte.

Hitler kündigte das Flottenabkommen mit England und ließ Stalin intensiv umwerben, so dass dieser den Preis für sein Stillhalten in die Höhe treiben konnte und alle Türen nach England versperrt wurden. Vor allem aber war die Garantieerklärung Englands an Polen kein "Blankoscheck". Sie garantierte "independence, but not integrity", war also eine Fortschreibung des "Appeasement", indem sie Berlin, aber auch Warschau Verhandlungsraum für die Lösung des Danzig- und Korridorproblems beließ. Aber genau das wollte Hitler nicht. Im Übrigen geht aus dem Nachlass Churchills, auf den sich Scheil beruft, hervor, dass der "Focus" nicht den unberechenbaren und der Labour-Partei schwer vermittelbaren Churchill zum Premier machen wollte, sondern Anthony Eden.

Der "Blankoscheck", von dem Scheil spricht, gehört in die Julikrise des Jahres 1914. Damals waren die "Coefficients" das prominenteste Netzwerk. Dieser "Imperialistenzirkel", dem Außenminister Grey angehörte, bekämpfte, so Scheil, alle, "die dem vergötterten Empire als störendes Element im Weg standen ... Ihre Vernichtung war daher ein Akt der Gerechtigkeit." Die englische Kriegserklärung von 1914 nahm also nur das vorweg, was das "Focus"-Netzwerk Jahre später angeblich besorgte.

RAINER F. SCHMIDT.

Stefan Scheil: Churchill, Hitler und der Antisemitismus. Die deutsche Diktatur, ihre politischen Gegner und die europäische Krise der Jahre 1938/39. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2009. 335 S., 28,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Sehr kritisch geht Rainer F. Schmidt mit Stefan Scheils Buch über die Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs ins Gericht. Er unterstreicht, dass der Autor eine revisionistische Sicht vertritt, die von der Forschung nicht akzeptiert wird. Scheils Thesen über Churchills angeblich von einer Geheimorganisation geebneten Weg an die Macht, über den Beitrag der Sowjetunion zur nationalsozialistischen Machtergreifung oder auch über die Rolle der Briten bei der Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs scheinen Schmidt abwegig und unhaltbar. Er hält dem Autor vor, seine "steilen Thesen" weder durch aussagekräftige Dokumente belegen noch durch schlüssige Argumentation erhärten zu können. Sein Fazit: ein "Ärgernis". Bleibt die Frage, warum solche Bücher eigentlich besprochen werden müssen.

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