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"Ich bin deine Mutter", sagte die Stimme am Telefon. Elna Johnsens Leben fiel in sich zusammen, die ganzen 43 Jahre. Elna kannte diese Frau nicht. Der Vater von Elna Johnsen war ein deutscher Soldat, ihre norwegische Mutter hatte sie zur Adoption freigegeben. Elna ist ein Wehrmachtskind. Elna ist kein Einzelfall. In den ehemals von der Wehrmacht besetzten Ländern leben Millionen, die wie sie das Kind einer verbotenen Liebe zwischen einheimischen Frauen und deutschen Soldaten sind. Erstmals bricht Ebba D. Drolshagen jetzt das Schweigen, das die vertuschten Geschwister der deutschen…mehr

Produktbeschreibung
"Ich bin deine Mutter", sagte die Stimme am Telefon. Elna Johnsens Leben fiel in sich zusammen, die ganzen 43 Jahre. Elna kannte diese Frau nicht. Der Vater von Elna Johnsen war ein deutscher Soldat, ihre norwegische Mutter hatte sie zur Adoption freigegeben. Elna ist ein Wehrmachtskind. Elna ist kein Einzelfall. In den ehemals von der Wehrmacht besetzten Ländern leben Millionen, die wie sie das Kind einer verbotenen Liebe zwischen einheimischen Frauen und deutschen Soldaten sind. Erstmals bricht Ebba D. Drolshagen jetzt das Schweigen, das die vertuschten Geschwister der deutschen Nachkriegsgeneration umgibt. Sie erzählt von den Schicksalen der Wehrmachtskinder in West und Ost, von der Suche dieser Kinder nach ihren Verwandten und davon, wie diedeutschen Väter und Geschwister darauf reagieren, wenn plötzlich die Vergangenheit vor der Tür steht und ein geordnetes bürgerliches Leben aus den Fugen zu geraten droht. Ein packendes Buch zu einem viel zu lange tabuisierten Thema.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.09.2005

Stigma der Väter
Das Schicksal der norwegischen „Wehrmachtskinder”
Sie heißen Margarete, Lotte, Inga, Paul und Victor. Sie wurden zwischen 1939 und 1946 in von Deutschland besetzten Ländern geboren und haben deutsche Soldaten zum Vater. Ihre Mütter sind Norwegerinnen, Polinnen, Französinnen, Griechinnen. Sie sind „Nazibastarde”, „Moffenkinder”, „Deutschenbälger”. Wie viele solche Nachkommen es von Wehrmachtssoldaten gibt, kann auch Ebba D. Drolshagen nur schätzen: Zwischen ein und zwei Millionen in ganz Europa. Sie hat nicht unbedingt ein rein wissenschaftliches Buch geschrieben, doch eine Vokabel eingeführt, die den mittlerweile oft mehr als 60-Jährigen einen trennscharfen Namen gibt: „Wehrmachtskinder”. Die in der Regel unehelich geborenen Kinder mussten mit der Schande ihrer Väter aufwachsen, in der Sowjetunion konnte dieses Stigma sogar lebensbedrohend sein, weil es die Deportation nach Sibirien bedeutete.
Obwohl es Wehrmachtskinder in zahlreichen Ländern gibt, konzentriert sich die Autorin auf Norwegen. Das liegt zum einen daran, dass sie selbst eine norwegische Mutter hat und einige Jahre in Norwegen lebte. Zum anderen ist die Geschichte der mindestens 12 000 norwegischen Wehrmachtskinder relativ gut erforscht. Grund dafür ist die NS-Rassenideologie, die „arische” norwegische Mütter in der Regel guthießen und mit der Errichtung von Lebensbornheimen Abtreibungen oder Adoptionen verhinderten. Alle Lebensborn-Kinder wurden registriert und vermessen: Geburtsdatum, Heimatadresse des Vaters, materielle Unterstützung in Form von Babyausstattungen oder Alimenten. All diese Informationen finden sich in den Osloer Lebensborn-Akten.
Die Autorin hat mit vielen dieser Kinder gesprochen oder korrespondiert. Ihr Wissen ist so groß, dass man sich fragt, warum sie in manchen Passagen lieber Romane und Lieder zitiert als authentische Fälle. Dass die erheblich spannender sind, zeigt die Geschichte Elnas, die über ihr Schicksal in zehn packenden Briefen erzählt und wie sie an einem Winterabend 1985 den Anruf einer Frau erhielt, die ihr in nordnorwegischem Dialekt sagte: „Ich bin deine Mutter.”
Die meisten Wehrmachtskinder wuchsen bei nur einem Elternteil auf, einige wurden auch zur Adoption freigegeben, so wie Elna. Viele wissen bis heute nicht über ihre Herkunft Bescheid. Eltern, Verwandte und Nachbarn schweigen, oft sind es die Enkelkinder der Soldaten, die die Suche nach dem Großvater aufgrund einer zufälligen Entdeckung oder Bemerkung anstoßen. Es ist ein Verdienst solcher Bücher, dass dieses Thema endlich entdeckt wird und auch Konsequenzen nach sich zieht: Die Zahl der Suchenden steigt. Für das Auffinden des nie gekannten Vaters bleibt allerdings nicht mehr viel Zeit.
BERIT SCHMIEDENDORF
EBBA D. DROLSHAGEN: Wehrmachtskinder. Auf der Suche nach dem nie gekannten Vater. Droemer, München 2005. 384 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Die Rezensentin Elke Schubert stößt in diesem Buch über das Schicksal der Kindern, die aus Beziehungen zwischen der Wehrmacht angehörenden Besatzern und der Zivilbevölkerung hervorgingen, auf einige überraschende Aspekte: Zum Beispiel, dass eine Kontaktaufnahme zwischen Vater und Kind in den meisten Fällen als beiderseitiger Gewinn gewertet wurde, selbst wenn Besatzerkinder unter ihrem Status zu leiden hatten - sofern sie überhaupt wussten, dass ihr Vater Deutscher war. Fokus der Untersuchung sind die Niederlande, Dänemark und Norwegen. In letzterem Land gab es aufgrund der Länge der Besatzung und dem wohlwollenden Blick und der konkreten Unterstützung der Nazi-Besatzer auf Verbindung ihrer Soldaten mit Frauen einer "Nordischen Rasse" besonders viele Liebesbeziehungen. Schubert betont, dass die in diesem Buch geschilderten Fälle nicht unbedingt repräsentativ für die Gesamtsituation sind, weil Menschen mit schwierigen Biografien wohl eher auskunftswillig sind als jene, die eine davon unbelastete Kindheit hatten. Auch empirische Daten gibt es wenig, auf die die Autorin, die sich nach Schuberts Meinung dieses Dilemmas bewusst ist, zurückgreifen könnte. So kann die Autorin nur von "Extremfällen" berichten.

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