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Tausende katholische Priester, dem Keuschheitsgebot und der Ehelosigkeit verpflichtet, haben Kinder. Für sie wird das Leben oft zur Hölle auf Erden. Ihre Geschichten berichten von Verlorenheit und Verlogenheit, dem Kampf um Anerkennung und immer wieder von der Sehnsucht nach dem Vater. Priesterkinder sind das bestgehütete Tabu in der katholischen Kirche. Von den 17000 Geistlichen in Deutschland haben schätzungsweise 9000 eine heimliche Geliebte - und es gibt rund 3000 Kinder aus diesen verbotenen Beziehungen. Die Kinder sind meist die hilflosen Opfer: Die Väter verleugnen sie aus Angst um ihre…mehr

Produktbeschreibung
Tausende katholische Priester, dem Keuschheitsgebot und der Ehelosigkeit verpflichtet, haben Kinder. Für sie wird das Leben oft zur Hölle auf Erden. Ihre Geschichten berichten von Verlorenheit und Verlogenheit, dem Kampf um Anerkennung und immer wieder von der Sehnsucht nach dem Vater. Priesterkinder sind das bestgehütete Tabu in der katholischen Kirche. Von den 17000 Geistlichen in Deutschland haben schätzungsweise 9000 eine heimliche Geliebte - und es gibt rund 3000 Kinder aus diesen verbotenen Beziehungen. Die Kinder sind meist die hilflosen Opfer: Die Väter verleugnen sie aus Angst um ihre Existenz und die Kirchenoberen lassen die Kinder, die es nicht geben darf, im Stich. Annette Bruhns und Peter Wensierski haben erschreckende, bewegende Lebensgeschichten recherchiert. Offen reden Betroffene - Kinder, deren Mütter und Priesterväter - über die Heuchelei der katholischen Kirche und ihr Leben in Lüge und Heimlichkeit. Priestertochter Christina, 21, aus Osnabrück: "Damit sich keiner mehr schämen muß."
Autorenporträt
Annette Bruhns, geboren 1966, ist seit 1995 Politikredakteurin beim Spiegel. Zuvor arbeitete sie beim Greenpeace Magazin. 1985 lebte sie als Unesco-Stipendiatin in einem brasilianischen Kloster, das sich der Theologie der Befreiung angeschlossen hatte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2004

Wut auf den Gottesmann
Kinder von Priestern haben das Versteckspielen satt und wollen ein Leben ohne Lügen
Anna ist heute 17 Jahre alt. Vor zwei Jahren schrieb sie über ihre Kindheit: „Ich hab mit fünf angefangen, die Leute anzulügen. Niemand hat etwas bemerkt. Aber man verliert die Leichtigkeit der Kindheit.” Und: „Meine Mutter und er hätten nie miteinander schlafen dürfen, dann gäbe es mich nicht, und alles wäre nie passiert.” Annas Vater ist katholischer Priester. Niemand sollte das wissen; das Bild vom großartigen Gottesmann sollte keine Kratzer bekommen. So wuchs sie bei ihrer Mutter auf, mit einem fernen, fremden Vater, der sie zum Doppelleben zwang. Mit 15 blieb nur die Wut: auf die Eltern, die Kirche, auf sich selbst.
Die Spiegel-Redakteure Annette Bruhns und Peter Wensierski haben 14 Geschichten von römisch-katholischen Priestern und ihren Kindern aufgeschrieben. Vom Lokführer Günter, heute 60 Jahre alt, der bei einer Pflegemutter aufwuchs, auf dem Hof seiner Mutter knechten musste und mit 36 Jahren seinen Vater das erste Mal sah. Von Pia und Florian, die mit ihrem Vater, Pfarrer Martin, und der Mutter, Haushälterin Maria, hinter den verschlossenen Türen des Pfarrhauses eine Familie sind – immer in Angst vor Denunzianten. Von Catherina, vier Jahre, deren Mutter mühsam Unterhalt vom Orden erstritt. Oder von Dorothea, ein Jahr alt, deren Vater Anton nun auf Jobsuche ist, weil er aus dem Amt geschieden ist und geheiratet hat.
Bücher über Priesterkinder gibt es seit den 70er Jahren, und auch einiges aus dem Spiegel-Buch war bereits Gegenstand intensiver öffentlicher Aufmerksamkeit: die Geschichte der umstrittenen „Priesterin” Gisela Forster zum Beispiel, auch die schlimme von Simone, deren Priester-Vater bei einem Autounfall starb – jahrelang stritt der Kirchenrechtler Knut Walf vergebens für eine Waisenrente.
So verschwiegen und tabuisiert, wie der Klappentext verkündet, ist das Thema also nicht mehr. Andererseits hält die katholische Kirche nach wie vor an ihrem Pflichtzölibat fest, was nach wie vor bedeutet, dass es Kinder gibt, die es nach kirchlicher Lesart nicht geben dürfte, was nach wie vor viel Leid vor allem den Kindern bringt.
Die Stärke des Buches ist, dass die Autoren keine betroffenheitsgetränkte Anklageschrift verfasst haben. Den Priestern und den Frauen muss klar sein, was passieren kann, wenn sie miteinander schlafen, das stellen Bruhns und Wensierski gleich zu Anfang klar. Sie protokollieren die Gespräche mit den Vätern, Müttern, Kindern weitgehend nüchtern, wobei die Mütter- und Kinderperspektive überwiegt – oft, weil der priesterliche Vater verschwunden oder nicht gesprächsbereit ist.
Gerade diese Nüchternheit aber zeigt die dunklen Seiten des katholischen Pflichtzölibats. Da sind Priester zerrissen zwischen ihrer Liebe zum Beruf und zu Frau und Kind – wobei es auch Männer gibt, denen dieser Schwebezustand, der sie zu nichts verpflichtet, gar nicht unangenehm ist. Da sind Frauen, die oftmals eine Vaterfigur suchen und dann allein gelassen werden – und Kinder, zu deren Leben die Lüge und das Schweigen gehören. Und da ist eine Kirche, für die es immer noch nicht geben kann, was nicht sein darf: Priester mit Kindern.
MATTHIAS DROBINSKI
ANNETTE BRUHNS, PETER WENSIERSKI: Gottes heimliche Kinder. Töchter und Söhne von Priestern erzählen ihr Schicksal. DVA, München 2004. 250 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Vierzehn Geschichten, die Licht auf die Situation von - Zölibat oblige - heimlichen Priesterkindern und ihren Mütter werfen, haben die "Spiegel"-Redakteure Annette Bruhns und Peter Wensierski gesammelt, so der Rezensent Matthias Drobinski. Und wenn auch das Thema lange nicht mehr so tabu sei, wie der Klappentext glauben machen will, halte die katholische Kirche nach wie vor am Pflichtzölibat fest. Die "Stärke" dieses Buch liegt für den Rezensenten darin, dass es "keine betroffenheitsgetränkte Anklageschrift" sein will, auch weil die Beteiligten - mit Ausnahme der Kinder natürlich - wissen, worauf sie sich einlassen. Nüchterne Gesprächsprotokolle bilden den Kern des Buches, wobei die "Mutter- und Kinderperspektive" überwiegt, "oft weil der priesterliche Vater entweder verschwunden oder nicht gesprächsbereit war". Gerade aus dieser "Nüchternheit" sieht der Rezensent die "dunklen Seiten" des Pflichtzölibats aufscheinen: sowohl Zerrissenheit zwischen Berufung und Liebe, als auch eine als angenehm empfundene Ungebundenheit der Familie gegenüber.

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