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Die Konflikte der letzten 100 Jahre - wie sie entstanden, wie sie miteinander zusammenhängen, wie sie weiterwirken
Wer die komplexe und konfliktreiche Gegenwart begreifen will, muss die Vergangenheit verstehen. Die Geschichte der letzten 100 Jahre ist die Geschichte miteinander verbundener, weltumspannender Kriege. Der namhafte Historiker Gregor Schöllgen schildert anschaulich die wichtigsten Konflikte und Konfliktlinien, die das Geschehen auf der Welt bis heute bestimmen. Ausgehend von der Russischen Revolution 1917, die die Grundlage für die globalen Auseinandersetzungen der folgenden…mehr

Produktbeschreibung
Die Konflikte der letzten 100 Jahre - wie sie entstanden, wie sie miteinander zusammenhängen, wie sie weiterwirken

Wer die komplexe und konfliktreiche Gegenwart begreifen will, muss die Vergangenheit verstehen. Die Geschichte der letzten 100 Jahre ist die Geschichte miteinander verbundener, weltumspannender Kriege. Der namhafte Historiker Gregor Schöllgen schildert anschaulich die wichtigsten Konflikte und Konfliktlinien, die das Geschehen auf der Welt bis heute bestimmen. Ausgehend von der Russischen Revolution 1917, die die Grundlage für die globalen Auseinandersetzungen der folgenden Jahrzehnte legte, beschreibt er die vielfältigen Gesichter des Krieges: Revisionen und Interventionen, Raub und Annexion, Säuberung und Vernichtung, Flucht und Vertreibung bis in unsere Tage. Zeitweilig fror der Kalte Krieg die alten Konflikte der nördlichen Halbkugel ein, die Kriege fanden anderswo statt. Damit ist es vorbei. Kriegerische Auseinandersetzungen sind uns allen wieder näher gerückt.
Autorenporträt
Gregor Schöllgen, Jahrgang 1952, war von 1985 bis 2017 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Erlangen und in dieser Zeit auch für die historische Ausbildung der Attachés im Auswärtigen Amt verantwortlich. Er lehrte in New York, Oxford und London und war unter anderem Mitherausgeber der Akten des Auswärtigen Amtes sowie des Nachlasses von Willy Brandt. Gregor Schöllgen konzipiert historische Ausstellungen und Dokumentationen, schreibt für Presse, Hörfunk und Fernsehen und ist Autor zahlreicher populärer Sachbücher und Biographien.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bernd Greiner bekommt mit Gregor Schöllgens Buch die Gelegenheit, Bekanntes aus der Weltgeschichte neu zu sehen und Zusammenhänge zu erkennen, die "nicht verstanden" oder "wieder vergessen" wurden. Schöllgen serviert ihm Geschichte mit einem doppeltem Blick, in dem Vergangenes und Gegenwärtiges im Wechselspiel zur Erkenntnis führt. Dass der Autor ohne vereinfachende Antworten auskommt und sein Anliegen der Suche nach einer zeitgemäßen Sicherheitsarchitektur nüchtern und in einer lesbaren Sprache vermittelt, findet Greiner bemerkenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.11.2017

Epoche der Verunsicherung
Gregor Schöllgens neues Buch handelt vordergründig von den zahllosen Kriegen des vergangenen Jahrhunderts.
Mehr noch ist es ein großartiges Geschichtspanorama der Gegenwart – und eine politische Streitschrift
VON BERND GREINER
Wer immer auf die Idee gekommen ist, dieses hervorragende Buch im Haupttitel „Krieg“ zu nennen, verkauft es unter Wert. Der Untertitel „Hundert Jahre Weltgeschichte“ kommt der Sache schon näher, greift aber auch nicht richtig. Dass im zurückliegenden Jahrhundert in allen Ecken der Welt und über jedes verträgliche Maß hinaus Kriege geführt wurden, ist wahrhaftig nichts Neues. Aber Gregor Schöllgen modelliert das Bekannte neu. Vor allem ruft er Zusammenhänge in Erinnerung, die selten richtig verstanden wurden oder wieder in Vergessenheit geraten sind. Im Grunde handelt der Text zu gleichen Teilen von unserer Gegenwart und ihrem oft ratlosen Bemühen, Orientierung im Chaos zu finden und der Überforderung zumindest so weit zu begegnen, dass die Dinge nicht noch chaotischer werden. Der verdoppelte Blick auf Vergangenes und Gegenwärtiges ist nicht voneinander zu trennen, nur von der Synopse ist Erkenntnis zu erwarten. Wie man komplexe Wechselwirkungen ohne simplifizierende Antworten entschlüsseln kann, demonstriert Gregor Schöllgen auf meisterliche Weise. Und in einer ebensolchen Sprache.
Schöllgen, der Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Erlangen lehrt, beschreibt die Zeit zwischen dem Ersten Weltkrieg und heute als Epoche einer aus dem Ruder laufenden Verunsicherung, einer kollektiven Nervosität, die mit intellektueller Regression und moralischer Indifferenz bezahlt wurde. Und nicht zuletzt mit der Bereitschaft, für die Wiedergewinnung von Sicherheit so gut wie jedes Mittel zu akzeptieren und jeden Preis zu zahlen, egal, ob die Bedrohung real oder imaginiert war, von tatsächlichen oder erdachten Feinden ausging, im Inneren oder im Äußeren ihren Ursprung hatte. Sobald aber die Nerven blank liegen, ist es um Politik schlecht bestellt – sofern man unter Politik die Bereitschaft versteht, Differenz verhandelbar und Konflikte überbrückbar zu machen.
Der Dreiklang des Vergangenen ist auf gespenstische Weise vertraut: Sicherheit schafft nur, wer keine Schwäche zeigt; wer darauf besteht, dass die Kapitulation der anderen die Voraussetzung für das Wohlergehen des Eigenen ist; und wer dem Grundsatz huldigt, dass minimale Gefahren jederzeit in maximale Gefährdungen umschlagen können. Da seit 1914 die weitaus meisten Akteure – Starke wie Schwache, Angreifer wie Verteidiger, Ausbeuter wie Ausgebeutete – für diese Logik anfällig sind, muss man sich über ihre Neigung, immer wieder in selbstgestellte Fallen zu tappen, nicht wundern. Auch nicht darüber, dass die Leerstelle politischer Rationalität regelmäßig von Angstunternehmern besetzt wird, deren Geschäfte im Wesentlichen von Hysterie und Dämonisierung leben. Beides aber ist keine Strategie für den Umgang mit globalen Herausforderungen, sondern bestenfalls ein Alibi für ein an der Wurzel vergiftetes strategisches Denken.
Egal, ob Schöllgen über die Hintergründe der Oktoberrevolution, die ethnischen Säuberungen und Flüchtlingsströme nach dem Ersten Weltkrieg, über den Versailler Vertrag, den Vernichtungskrieg des nationalsozialistischen Deutschland oder Kriege um die knappe Ressource Wasser nachdenkt, ob er die Logik der nuklearen Abschreckungsdoktrin und des Guerillakrieges untersucht oder die Motive zeitgenössischer Terrorgruppen erläutert – man liest jedes Kapitel, gerade auch das andernorts oftmals Erzählte, mit Gewinn, weil auf knappstem Raum die Essenz des Gegenstandes, vor allem aber hintergründige Querbezüge zu anderen Orten und Zeiten deutlich werden. Wohltuend ist nicht zuletzt, dass diese Geschichte ohne idealisierte Akteure auskommt. Von der nachgängigen Konstruktion individueller Überväter, heißen sie Stresemann, Adenauer oder Kennedy, hält Schöllgen ebenso wenig wie vom Hohelied auf vermeintlich vorbildliche Entwicklungspfade. Im Gegenteil. Auch Dilettantismus, Selbstsucht und Kurzsichtigkeit gehören zu den Exportschlagern des „Westens“.
Aus seinem politischen Anliegen macht Gregor Schöllgen kein Hehl: mehr als alles andere treibt ihn die Frage nach einer zeitgemäßen Sicherheitsarchitektur um. Genauer gesagt nach einer Politik, die sicherheitspolitische Irrungen und Abwege der Vergangenheit nüchtern bilanziert, aber angesichts des Versäumten nicht die Zuversicht in das künftig Machbare verliert. Ausgerechnet der Kalte Krieg hält Anregungen für eine erfolgreiche Moderation von Konflikten parat – von der Neuvermessung der Beziehungen zur Sowjetunion und zu China bis hin zum INF-Vertrag des Jahres 1987, als sich die Supermächte erstmals auf die Verschrottung einer kompletten Waffengeneration einigen konnten. Gewiss verlangt jede Zeit ihre eigenen Antworten, kann Vergangenes nicht als Handlungsanleitung für die Gegenwart verstanden werden. Aber die genannten Beispiele stehen für etwas Grundsätzlicheres: Für den Mut zur Vision und die Bereitschaft, Neues zu wagen, statt Überkommenes immer nur zu reparieren.
In diesem Sinne kann man das Buch auch als politische Streitschrift lesen. Gerade das Verhältnis zu Russland kommt aus naheliegenden Gründen immer wieder zur Sprache, damit auch die Ignoranz all jener, die einer Frontstellung gegenüber Moskau das Wort reden und ihr Geschwätz unvereinbarer Interessen und unüberbrückbarer Gegensätze als höhere Einsicht anpreisen. Nicht minder hart geht der Autor mit neunmalklugen Kritikern des Nationalstaates ins Gericht, haben sie außer der Dekonstruktion des Alten doch keine neuen Visionen anzubieten. Zwei Beispiele von vielen, die belegen, dass aus Geschichte tatsächlich etwas zu lernen ist – sofern man sich wie Gregor Schöllgen darauf versteht, den Blick weitende Sichtachsen zu schlagen und angemessene Fragen zu stellen.
Bernd Greiner, Historiker und Politikwissenschaftler, leitet das Berliner Kolleg Kalter Krieg / Berlin Center for Cold War Studies.
Von Übervätern hält der Autor
so wenig wie von vermeintlich
vorbildlichen Entwicklungspfaden
Gregor Schöllgen:
Krieg. Hundert Jahre Weltgeschichte. Deutsche Verlags-Anstalt München 2017, 368 Seiten, 24 Euro.
E-Book: 19,99 Euro.
Deutsche Traumata: Demonstration des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten im Jahr 1921 im Berliner Lustgarten. Drei Jahre zuvor war der Erste Weltkrieg zu Ende gegangen. Doch die Revisionisten und die Völkischen arbeiteten längst offen und im Verborgenen gegen den „Schandfrieden von Versailles“ an. Ihr Ziel war nicht zuletzt, die Schmach der Niederlage vergessen zu machen – ihr Mittel: der Krieg.
Foto: Scherl/SZ Photo
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.12.2017

Kennerverstand mit leichter Hand
Gregor Schöllgen blickt allzu zugespitzt auf hundert Jahre Weltgeschichte zurück

Ein starker Titel: "Krieg"! Selbst Carl von Clausewitz' Hauptwerk hieß nur: "Vom Kriege". Und von Krieg im Allgemeinen handelt dieses Buch auch gar nicht. Tatsächlich liegt ein Überblick über die vergangenen 100 Jahre Internationaler Geschichte vor. Hierzu gilt jedoch: "Es ist keine umfassende Geschichte der Weltpolitik eines Jahrhunderts." Was ist es dann? "Es ist das Porträt einer Welt, die seit hundert Jahren am Abgrund steht." Aber was signalisiert diese Metapher?

Kaum jemand ist für ein solches Werk so qualifiziert wie der Erlanger Historiker Schöllgen, der sein Privileg betont, "35 Jahre lang im Auswärtigen Amt für die historische Ausbildung der Attachés verantwortlich zu sein". Er hat seit Jahrzehnten maßgebliche Überblicksdarstellungen von der Zeit des Imperialismus bis an die damalige Gegenwart Gorbatschows heran geschrieben, speziell zur deutschen Außenpolitik knappe Zusammenfassungen vorgelegt, ist zuletzt mit einer Biographie des SPD-Kanzlers Gerhard Schröder hervorgetreten. Man kann also füglich eine Summe seiner Erkenntnisse erwarten.

Doch das wird einem nicht leichtgemacht. Es finden sich so ziemlich alle zentralen Aspekte der Weltgeschichte aufgeführt, zumeist aus einer diplomatiegeschichtlichen Sicht der Aushandlungsprozesse, Kriegskonstellationen, Nationsbildungsprozesse, Friedens- und anderen Verhandlungen. Das ist kenntnisreich geschrieben, zeugt von Belesenheit und oft scharfem, aber doch zumeist abwägendem Urteil, dargeboten in gut lesbarem Stil. Die Studie setzt mit dem Ersten Weltkrieg und den russischen Revolutionen ein und betont, dass mit der staatlichen Konsolidierung des sowjetischen Staates "der Krieg in der Welt und die Welt im Krieg blieb". Sind die ersten Kapitel recht europazentrisch gehalten, so weitet sich der Blick zumal für die Zeit ab 1945 zu weltweiten Konstellationen, aber auch zu Querschnitts- und Strukturfragen. Insbesondere zur allerjüngsten Entwicklung, sei es im Nahen Osten seit George W. Bush, in Afghanistan seit dem sowjetischen Einmarsch, schreibt Schöllgen detaillierte Analysen, was ebenso für das Russland Putins insgesamt und zumal seine Politik um die Ukraine und anderswo gilt. Das Buch ist so aktuell, dass Trumps Twitter-Drohungen an Nordkorea vom 9. August dieses Jahres noch Berücksichtigung finden, die vor der UN am 19. September naturgemäß nicht mehr.

Problematisch ist etwas anderes: die gelegentlich zutage tretende Neigung, etwas zu kurz, zu knapp und damit letztlich unangemessen zu benennen. Nach einer Einleitung "Rückblick in die Gegenwart" markieren einzelne Nomina die 14 Kapitel, in ihrer Wucht noch dadurch verstärkt, dass fünf von ihnen - wie der Buchtitel - einsilbig sind: Putsch, Blitz, Mord, Flucht, Raub sind das. "Putsch": die Bolschewiki kamen auf diese Weise 1917 an die Macht. Auch das Deutsche Reich sei, so heißt es rückgreifend, 1871 durch eine Art Putsch ins Leben getreten. Also: "Wenn man so will, kamen die deutschen Putschisten des Jahres 1871 den russischen Putschisten des Jahres 1917 zur Hilfe."

Den Sachverhalt Putsch - so er denn angemessen wäre - sollte man aber doch ein wenig stärker differenzieren. In der Regel beginnt jedes Kapitel mit einem knapp skizzierten besonderen historischen Sachverhalt. Kapitel 6 etwa heißt "Teilung" und startet mit der Aufteilung der Welt durch die Souveränität der beiden deutschen Staaten 1955. Die Folgerung lautet, dass diese - angeblich in Jalta ein Jahrzehnt zuvor beschlossene - Teilung der Welt zur stillschweigenden Spielregel der Weltpolitik wurde. Es folgen Darlegungen zum vorausgegangenen Korea-Krieg, zur Dritten Welt im Allgemeinen als Rohstofflieferant und Objekten des Nordens. Daran schließt sich Vietnam an - mit bemerkenswerten Überlegungen zur Kopplung der sowjetischen Unterstützung für Frankreich auf der Genfer Indochina-Konferenz 1954 mit dem von Paris herbeigeführten Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft; dann sind wir wieder in Europa.

In Kapitel 9 geht es um Prävention, an sich ja ein vernünftiges Prinzip nicht nur in der Internationalen Politik, nämlich mögliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu bearbeiten. Schöllgen macht die Staatsgründung Israels zum Thema und behandelt differenziert die nachfolgende prekäre Nahost-Situation bis zum Libanon-Krieg. Da wird sowohl das Problem von weltweitem Waffenhandel, das UN-Hilfswerk für Flüchtlinge angesprochen als auch Kissingers Pendeldiplomatie. Im Suez-Abenteuer 1956 "verdichtete sich das komplexe Weltgeschehen der Epoche", "Israel musste handeln", heißt es dazu einmal, wenig später, dies sei "aus seiner Sicht ein Präventivschlag" gewesen. Wer da jeweils von "muss" spricht, macht einen wesentlichen Unterschied. Am Ende des Kapitels denkt Schöllgen nach, ob es den überkommenen zwischenstaatlichen Krieg überhaupt noch gebe, und meint, der Angriff von außen fördere insgesamt den Durchhaltewillen revolutionärer Bewegungen, und wir sind bei iranischen Mullahs und George W. Bush im Irak.

Ist diese ganze Story unter der Überschrift "Prävention" gut aufgehoben? Das ist aber nicht alles zum Thema Nahost: Kapitel 11 heißt "Terror" und beginnt schlüssig mit 9/11. Es folgt die weitere Entwicklung auf der arabischen Halbinsel, in Afghanistan und Iran, westliche Fehler der Ölpolitik werden erläutert; im Mittelpunkt stehen jedoch Bin Ladin und Zarkawi, die großen Terroristen, bei denen auch Hilfe der Vereinigten Staaten von Amerika angedeutet wird. Das liest sich gut und informativ. Aber kann man unter diesem Kapitelaspekt wirklich die Region besser verstehen - und nicht nur einen, wenn auch zentralen Aspekt erkennen?

"Raub" (Kapitel 13) beginnt mit dem deutschen Überfall auf Polen: der Zweite Weltkrieg war aus NS-Sicht ein Raubkrieg sondergleichen, Rohstoffe, Kulturgüter gehörten dazu. Das ist weithin akzeptierter Konsens. Die Sowjets revanchierten sich bei Kulturgütern zu Kriegsende. Doch dann folgt die Weltöl-Produktion und deren strittige Weltöl-Verteilung seither, der Kampf um Wasser zumal in trockenen Ländern, Umweltprobleme bis zum Artensterben, die umstrittenen Küstenzonen, und wir sind beim China der Gegenwart und bei russischen Ansprüchen auf einen breiten Festlandssockel. Wer vermutet oder findet diese Sachverhalte hier, wenn man nicht mit dem geographischen Register liest?

Tritt man von der Fülle des Geschilderten und des Zugespitzten zurück, so findet sich insgesamt eine skeptische Bilanz: Staaten suchten Sicherheit, fanden sie allein und gemeinsam nicht. Kollektive Sicherheit in den Bündnissen nach dem Zweiten Weltkrieg, dazu auch die Europäische Union, hätte zeitweilig getragen, sich jedoch überlebt. Vorsichtigen Optimismus gebe es an einigen Punkten, von Nordirland über Kolumbien bis zur PLO, von gelösten Umweltproblemen wie beim Ozonloch und dem Ende der Apartheid. Die Dritte Welt kommt insgesamt zu stark allein als Objekt von Ausbeutung durch den Norden vor; der Blick aus dem globalen Süden hätte stärker akzentuiert werden können.

Die leichte Hand des Autors bei Begriffen und Komposition zeugt von seiner Kennerschaft, verwirrt aber doch manchen nicht so informierten Leser, der sich die Strukturen und Abläufe von wichtigen Teilen der Weltgeschichte eines Jahrhunderts erst aneignen möchte. Letztlich entstand eine Mischung zwischen nüchterner Darlegung und zugespitzten Provokationen in einem Essay, welche die Lektüre nicht immer leichtmacht.

JOST DÜLFFER

Gregor Schöllgen: Krieg. Hundert Jahre Weltgeschichte. Deutsche Verlagsanstalt, München 2017. 368 S., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ein großartiges Geschichtspanorama - und eine politische Streitschrift. Wie man komplexe Wechselwirkungen ohne simplifizierende Antworten entschlüsseln kann, demonstriert Gregor Schöllgen auf meisterliche Weise. Und in einer ebensolchen Sprache.« Bernd Greiner, Süddeutsche Zeitung