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Seit 1989 hat sich Europa fundamental verändert. Die Spaltung in Ost und West wurde überwunden, die ehemaligen Ostblockstaaten demokratisierten sich in atemberaubendem Tempo und öffneten sich in einer Art Schocktherapie der Marktwirtschaft. Zugleich stellte die Globalisierung die europäischen Gesellschaften vor ganz neue Herausforderungen, mit denen sie bis heute zu kämpfen haben. Der Kontinent ist abhängig geworden von den Finanzmärkten, und immer wieder lauern die dunklen Kräfte der Vergangenheit: imperiale Versuchungen und nationalistische Rückfälle, ethnisch-kulturell angetriebener Hass,…mehr

Produktbeschreibung
Seit 1989 hat sich Europa fundamental verändert. Die Spaltung in Ost und West wurde überwunden, die ehemaligen Ostblockstaaten demokratisierten sich in atemberaubendem Tempo und öffneten sich in einer Art Schocktherapie der Marktwirtschaft. Zugleich stellte die Globalisierung die europäischen Gesellschaften vor ganz neue Herausforderungen, mit denen sie bis heute zu kämpfen haben. Der Kontinent ist abhängig geworden von den Finanzmärkten, und immer wieder lauern die dunklen Kräfte der Vergangenheit: imperiale Versuchungen und nationalistische Rückfälle, ethnisch-kulturell angetriebener Hass, Gewalt und Blutvergießen. Andreas Wirsching durchleuchtet in seinem meisterhaften Überblick die Paradoxien der europäischen Gegenwartsgeschichte. Dabei wird deutlich: Die Krise Europas besteht in nichts anderem als in seinem Zusammenwachsen.
Autorenporträt
Andreas Wirsching ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Direktor des Instituts für Zeitgeschichte.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die historische Perspektive auf jüngere und jüngste Entwicklungen in Europa gönnt sich Tim Schanetzky mit Andreas Wirschings Buch. Der nüchtern-analytische, problemorientierte Blick des Zeithistorikers ermöglicht es laut Schanetzky auf relativ engem Raum eine enorme Stofffülle zu bewältigen und ausgehend vom Zerfall der kommunistischen Staaten über den Staatszerfall in Jugoslawien und die Globalisierung als eines staatlichen "Souveränitätsverzichts" nachzudenken. So scharfsinnig Wirschings Einsichten sich für den Rezensenten darstellen, so fragwürdig scheint ihm die Reichweite der Analysen bis Anfang 2015. Das soll bereits Geschichte sein, fragt der Rezensent etwas bange, aber auch mit Respekt für den Mut des Autors, sich derart zu exponieren - und seine Ergebnisse eventuell auch wieder revidieren zu müssen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.08.2015

Krise des Zusammenwachsens
Andreas Wirsching analysiert die Geschichte des europäischen Einigungsprozesses

Andreas Wirschings Überblick über Europas Entwicklung seit 1989 kommt zu einem mehr als kritischen Zeit-, wenn nicht Wendepunkt in der Geschichte des Einigungsprozesses. Die jüngsten Ereignisse innerhalb und am Rande der Union zeigen, wie sehr die Politik der EU und ihrer Mitgliedstaaten heute von Konflikt- und Krisenmanagement bestimmt wird: Der Ukraine-Konflikt mit all seinen Auswirkungen auf die Nachbarschaftspolitik der Union, das Drama um die Flüchtlingswellen über das Mittelmeer, die noch nicht überwundenen Herausforderungen aus der globalen Finanzkrise seit 2008, Griechenlands drohender Staatsbankrott (den Wirsching zum Zeitpunkt des Schreibens wohl noch hoffnungsvoll abgewendet sah) und schließlich die nicht zuletzt damit verbundene Herausforderung durch links- wie rechtspopulistische Bewegungen (diese thematisiert der Verfasser in einem separaten Unterkapitel) zeigen die Spannweite der Themen, die der Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in seiner konzisen Darstellung unter zwei Hauptlinien zusammenführt: Demokratie und Globalisierung.

In beiden Linien liegen zugleich Chance und Risiko. Der Zusammenbruch des Kommunismus und die mit der Auflösung der Sowjetunion verbundene Demokratisierung der osteuropäischen Bevölkerung waren Voraussetzung für die Erweiterung der Union, während gleichzeitig die Globalisierung der Märkte - Intensivierung internationaler Arbeitsteilung, Expansion des Welthandels, Ausdehnung der Direktinvestitionen, Grenzöffnungen und Migrationsbewegungen - auch in Europa (bei allen Vorbehalten) eine neue Dynamisierung der Wirtschaft beförderte. Beide Entwicklungen aber führten auch dazu, dass dieses Europa ein unübersichtlicheres, pluralisiertes, größeres und bisweilen auch weniger homogenes (mangelnde wirtschaftliche Konvergenz, kulturelle Vielfalt et cetera) geworden ist, was Wirsching zur zentralen These seines Bandes führt, wonach ebendie entscheidende Krise Europas in nichts anderem als in seinem Zusammenwachsen besteht.

Dieser These folgend, schildert der Autor zunächst die Umbrüche in Europa seit 1989/90: von den Aufbrüchen und der Transformation der Beitrittsaspiranten in Mittel- und Osteuropa bis zur Rückkehr des Krieges und dem Zerfall Jugoslawiens. Dann thematisiert er die Anstrengungen der Union und ihrer Mitgliedstaaten, sich mittels verschiedener Initiativen ("Lissabon-Strategie", Agenda 2020) seit Ende der 1990er Jahre "fit" zu machen für die globale Wirtschaft und zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Anschließend analysiert er die daraus erwachsenen Schwierigkeiten Europas (Formwandel demokratischer Politik, Herausforderungen durch Rechtspopulismus, die anhaltende Debatte um Erweiterung versus Vertiefung, neue sicherheitspolitische Herausforderungen an den Rändern einer größeren Union - mit Implikationen für Europas globale Akteurqualität) in souveräner Weise.

Hier deutet Wirsching bereits an, was er als ein zentrales Problem ansieht: Gerade mit Blick auf das Projekt der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Union wird deutlich, dass Europa angesichts der großen globalen Herausforderungen zwar immer wieder gezwungen ist, effizienter und kohärenter zusammenzurücken, dass die reale Erfahrung aber immer vom gleichen reaktiven Grundmuster bestimmt ist, das politischen Anspruch und eigene Möglichkeiten auseinanderklaffen lässt. Dennoch sieht er das Projekt GASP unterhalb der Schwelle direkter militärischer Aktionen richtigerweise auf dem Weg einer schleichenden Überwindung der Logik rein zwischenstaatlicher Zusammenarbeit.

Das Kapitel "Krise Europas?" rundet die zuvor angestellten Überlegungen in überzeugender Weise ab, selbst wenn Wirsching - dies liegt in der Natur der von ihm ausgewählten Fallbeispiele: Finanz- und Euro-Krise, Ukraine-Krise und "Arabischer Frühling" - keine endgültigen Antworten auf die mit diesen Krisen verbundenen Herausforderungen anbieten kann. Fest steht nur, dass die Ukraine-Krise in der Tat einmal mehr die zentrale Frage nach den Grenzen Europas aufgeworfen hat und dass die Union Antworten finden muss auf die Aspirationen nicht nur der Ukraine zwischen sicherheitspolitischen Überlegungen (Russland) und der Erkenntnis, dass Europa (auch in Bezug auf seine Grenzen) "nichts Statisches ist, keine objektiv vorgegebene Größe".

Die europäische Nachbarschaftspolitik hat auf diese drängende Frage bislang keine endgültige Antwort - die es vielleicht angesichts des europäischen Narrativs von einem stets wandelbaren Raum und von flexiblen Mechanismen der Binnenintegration auch gar nicht gibt. Auch wenn man daher an der einen oder anderen Stelle gerne noch mehr Handlungsanleitendes gelesen hätte, ist Wirschings ausgesprochen gehaltvolle Studie daher nur konsequent, wenn sie einmal mehr auf Widersprüche und Paradoxien des europäischen Einigungsprozesses hinweist. In der Tat gehören permanente "Angleichung in der Ungleichheit", Fortschritt wie Stagnation oder gar Rückschritt, Vereinheitlichung bei fortschreitender Differenzierung und neue Desintegration zu den Paradoxien der europäischen Einigungsgeschichte.

STEFAN FRÖHLICH

Andreas Wirsching: Demokratie und Globalisierung. Europa seit 1989. C.H. Beck Verlag, München 2015. 288 S., 14,95[Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.12.2015

Formwandel der Demokratie
Überall Krisen und neue Herausforderungen: Andreas Wirsching durchleuchtet die Geschichte Europas seit 1989 – und geht dabei auch ein Risiko ein
So viel Krise war selten in und um Europa: Flüchtlingskrise, Staatsegoismen beim Streit um Flüchtlingsquoten, Attacken des IS auf Paris, Syrienkrieg und Islamfeindlichkeit, Rechtspopulismus, Euro- und Staatsschuldenkrise und schließlich die von der Ukraine-Krise geweckten Erinnerungen an den Kalten Krieg – niemand hielte es heute für eine gute Idee, eine europäische Erfolgsgeschichte zu schreiben.
  Viele der gegenwärtigen Probleme Europas wird man besser verstehen, wenn man sie in eine historische Perspektive stellt. Das tut Andreas Wirsching in seinem neuesten Buch. „Demokratie und Globalisierung“ blickt nüchtern-analytisch auf die jüngste europäische Geschichte, die gerade „keinem linearen Entwicklungsmodell“ folgt.
  Der Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte geht problemorientiert vor, um auf wenig Raum eine gewaltige Stofffülle zu bewältigen. Den Zusammenbruch des Kommunismus nimmt er als Ausgangspunkt, um zwei entscheidenden Faktoren des Umbruchs nachzuspüren. Erstens zeigte sich in Ostmitteleuropa die Strahlkraft des westlichen Modells: Parlamentarische Demokratie und Marktwirtschaft waren und blieben fast überall die politischen Zielvorstellungen, selbst angesichts der von den ökonomischen Schocktherapien der frühen Neunzigerjahre dramatisch verschärften sozialen Misere. Stabilisierend wirkte dabei vor allem das Streben nach der Mitgliedschaft in der EU.
  Das Gegenbeispiel ist Jugoslawien: Eindrucksvoll schildert Wirsching das Wiederaufflammen des Nationalismus, den Staatszerfall und die hilflosen europäischen Reaktionen auf den Bürgerkrieg.
  Zweitens veränderten sich Demokratie und Marktwirtschaft zu dieser Zeit aber auch im Westen, sodass die postkommunistischen Gesellschaften vor einem besonders schwierigen Anpassungsprozess an ein bewegliches Ziel standen. Gewiss war die Rede von der „Krise der Demokratie“ übertrieben, aber sinkende Wahlbeteiligung und schwindende Milieuverankerung der Parteien, neuartige Erfolge von Rechtspopulisten und radikale Parteienkritik gab es überall. Zu diesem Formwandel der Demokratie zählten nicht zuletzt die Reaktionen auf die Globalisierung: Einerseits kam es zu einer bis dato unbekannten Konvergenz der Lebensstile, andererseits zu Wettbewerbsdruck bei Löhnen, Sozialstandards und Steuern. Die Globalisierung kam nicht „irgendwie“ über die Europäer, sondern war politisch ebenso gewollt wie das begleitende Mantra von Entstaatlichung, Deregulierung und Dienstleistungsökonomie. Es handelte sich um einen staatlichen Souveränitätsverzicht, der so lange konsensfähig war, bis der denunzierte Staat in der Finanzkrise seit dem Jahr 2008 dann doch wieder in die Bresche springen musste.
  Viele dieser scharfsinnigen Analysen finden sich bereits in Wirschings großer Geschichte Europas, die vor dreieinhalb Jahren erschien. Ihre Darstellung reichte bis in den Herbst 2011. Der neue, kompaktere Band schreibt die Geschichte jetzt für ein größeres Publikum fort und endet mit Ereignissen vom Beginn dieses Jahres. Aber ist das bereits Geschichte? Das Problem tritt etwa in den gut abgewogenen Passagen über die Griechenland-Krise und die außenpolitischen Gehversuche der Europäischen Union im Ukraine-Konflikt hervor: Hier irritiert schon die sprachliche Vergangenheitsform, und den Leser beschleicht mitunter das ungute Gefühl, die historische Deutung könnte von der nächsten Wahl oder der nächsten Entscheidung einer Rating-Agentur wieder einkassiert werden.
  Dieses Risiko geht Andreas Wirsching bewusst ein und deshalb hat er nicht nur ein kluges, sondern auch ein mutiges Buch geschrieben. Es stellt die Geschichte der europäischen Institutionen und ihrer allmählichen Demokratisierung, besonders aber den Prozess der Erweiterung in einen gesellschafts- und mentalitätsgeschichtlichen Rahmen. So historisiert es die ubiquitäre „Krise Europas“, denn eigentlich bestand diese ja in „nichts anderem als seinem Zusammenwachsen“.
TIM SCHANETZKY
Tim Schanetzky ist Privatdozent für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Jena. Jüngst erschien von ihm „Regierungsunternehmer. Henry J. Kaiser, Friedrich Flick und die Staatskonjunkturen in den USA und Deutschland“ (Wallstein).
Die Krise Europas besteht in
„nichts anderem als in
seinem Zusammenwachsen.“
  
  
  
  
Andreas Wirsching,
Demokratie und Globalisierung. Europa seit 1989. Verlag C.H. Beck 2015,
248 Seiten,
14,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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"Ein Band, den jeder zur Hand nehmen sollte, der sich konzise und verlässlich über die jüngste Zeitgeschichte Europas informieren möchte."
Thomas Kroll, Historische Zeitung, 305-2, 2017

"An dem Werk kommt niemand vorbei, der sich für die Zeitgeschichte Europas seit den 1980er-Jahren interessiert."
Kiran Klaus Patel, h-soz-u-kult, 18. November 2015

"Ausgesprochen gehaltvolle Studie."
Stefan Fröhlich, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. August 2015