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„Iran: Der falsche Krieg“ ist die erste konsistente und faktenreiche Darstellung der Situation im Iran und der möglichen Folgen eines militärischen Konflikts.
Es scheint alles so klar und einfach zu sein: Auf keinen Fall dürfen die fanatischen Mullahs in Teheran in den Besitz der Atombombe gelangen. Lenken sie nicht ein, müssen sie eben die Konsequenzen tragen. Bis hin zum Krieg. Welche Beweise aber gibt es, dass der Iran tatsächlich nach Atomwaffen strebt? Und geht es in diesem Konflikt allein um die Bombe? 2003 führten die USA ihre "Koalition der Willigen" in einen Krieg mit dem Irak.…mehr

Produktbeschreibung
„Iran: Der falsche Krieg“ ist die erste konsistente und faktenreiche Darstellung der Situation im Iran und der möglichen Folgen eines militärischen Konflikts.
Es scheint alles so klar und einfach zu sein: Auf keinen Fall dürfen die fanatischen Mullahs in Teheran in den Besitz der Atombombe gelangen. Lenken sie nicht ein, müssen sie eben die Konsequenzen tragen. Bis hin zum Krieg. Welche Beweise aber gibt es, dass der Iran tatsächlich nach Atomwaffen strebt? Und geht es in diesem Konflikt allein um die Bombe?
2003 führten die USA ihre "Koalition der Willigen" in einen Krieg mit dem Irak. Doch von den Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins fehlt bis heute jede Spur. 2012 droht ein Angriff auf den Iran - aus ähnlichen Gründen. Läuft der Westen Gefahr, innerhalb weniger Jahre zum zweiten Mal den falschen Krieg zu führen? Michael Lüders erklärt, warum Teheran im Fadenkreuz liegt und stellt scheinbare Gewissheiten infrage. Dabei erzählt er die Geschichte Irans seit dem Sturz von Premier Mossadegh durch einen britisch-amerikanischen Putsch 1953. Er zeichnet ein lebendiges Bild der Islamischen Republik und beschreibt die machtpolitischen Verhältnisse zwischen Mittelmeer und Indien. Das Buch zeigt, wie gefährlich ein Angriff auf den Iran wäre. Er würde nicht allein die Hardliner um Präsident Ahmadinedschad stärken und die Opposition schwächen. Sondern auch, so die These, die gesamte Region in Brand setzen und wie ein Bumerang auf den Westen zurückschlagen. Ein mutiges Plädoyer gegen einen Krieg, der dieses Jahrhundert prägen könnte wie der Erste Weltkrieg das vorige.
Autorenporträt
Michael Lüders, geboren 1959 in Bremen, Studium der arabischen Literatur in Damaskus, der Islamwissenschaft, Politologie und Publizistik in Berlin. Promotion über das ägyptische Kino. Langjähriger Nahost-Redakteur der ZEIT. Buchveröffentlichungen. Der Autor lebt in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.04.2012

Afghanistan, Irak – und jetzt Iran?
Michael Lüders warnt mit guten Argumenten vor einem israelischen Militärschlag
Das Buch des Nahost-Experten Michael Lüders beginnt mit einem erschreckenden Satz: „Nur ein Wunder scheint den Irankrieg noch verhindern zu können.“ Was sich diesbezüglich abspielt, erinnert durchaus an eine böse Science-Fiction-Klamotte. Der Westen, Israel und die USA auf den Vordersitzen, befindet sich in einem Auto, und viele scheinen zu meinen: Wenn er es mit viel Karacho gegen eine Wand fährt, dann fällt die Wand um, und das Auto hat anschließend freie Fahrt für freie Bürger.
Lüders zitiert eine Umfrage von Ende 2011: Rund achtzig Prozent der Deutschen seien gegen einen Irankrieg. Es wundert ihn, dass die hiesigen Medien vielfach anderer Meinung sind. Man könnte ihm antworten: Vielleicht zeigt sich darin nicht nur die aus der Schoah erwachsene Verpflichtung gegenüber Israel, sondern auch eine besondere Spielform des deutschen Korporatismus: Kaum ist ein Deutscher von Beruf politischer Kommentator, sieht er die Welt mit den Augen der Bundesregierung. Spätestens seitdem Angela Merkel 2008 auf Besuch in Israel dem Ministerpräsidenten Netanjahu ihre volle Solidarität zugesichert hat, wären die Würfel demnach gefallen: Wenn Israel oder die USA Iran attackieren, um atomare Anlagen des Landes zu zerschmettern, müssen die Deutschen das gutheißen.
Iran strebe den Bau der Atombombe an, heißt es. Irans Präsident Ahmadinedschad habe kundgetan, dass er Israel von der Landkarte tilgen wolle. Folglich sei ein präventiver Militärschlag gegen Iran gerechtfertigt – dieses auch dann, wenn es dafür keine völkerrechtliche Legitimation gibt, weil Russland und China ihr Plazet dazu nicht geben würden.
In seinem exzellenten Buch schildert Michael Lüders, warum diese Haltung verblendet ist. Militärschläge gegen Iran würden grauenhafte Folgen zeitigen. Grob zusammengefasst, lauten seine Argumente so: Iran würde sich wehren, nicht mit konventionellen Waffen, sondern indem er (Selbstmord-)Terroristen in alle Länder ausschickt, die er nun als seine Feinde betrachten müsse. Iran könnte Computerhacker anheuern, die, wie ein CDU-Politiker es kürzlich im Gespräch mit der SZ formulierte, „dafür sorgen, dass in Tel Aviv plötzlich alle Ampeln auf Grün stehen – und das wäre noch das wenigste“. Die aus einem Konflikt wahrscheinlich resultierende Erhöhung der Ölpreise hätte böse Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Die iranische, auf mehr Demokratie erpichte Opposition würde durch einen israelischen Angriff mit einem Schlag ausgelöscht: Vielen Einheimischen ist das gegenwärtige Regime zuwider, aber die meisten Iraner sind zuallererst Patrioten.
Falls der Westen einen von vielen erwünschten Regimewechseln mit Waffengewalt durchsetzen sollte, wäre dieses große Land, das als Staat funktioniert, dem gleichen Chaos anheimgegeben, das der Westen durch die Invasion 2003 in Irak verursacht hat, der seither kein funktionierender Staat mehr ist.
Dieses Schreckensszenario unterfüttert Lüders mit einer klugen, sorgfältigen Darstellung. Wie ist es zu der gegenwärtigen Eskalation gekommen? Seine Argumentation kann hier nur angerissen werden: Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben erst Großbritannien und dann die USA Persien respektive Iran ausgebeutet und für ihre eigenen Zwecke missbraucht. 1993 deklarierte Bill Clinton, sowohl Irak als auch Iran müssten im Zaum gehalten, müssten „eingegrenzt“ werden. Clinton gab Operationen in Auftrag, die zur inneren Destabilisierung Irans führen sollten.
2001 hat es dem iranischen Reformpräsidenten Chatami nichts genutzt, dass er die Terroranschläge vom 11. September verdammte, dass Iran den USA bei der Bekämpfung der Taliban in Afghanistan hilfreich war. Der Westen kam Chatami nicht entgegen. Sein Nachfolger wurde der populistische Hardliner Ahmadinedschad. Lüders zeigt, dass die Ahmadinedschad zugeschriebene Formulierung, Israel müsse von der Landkarte verschwinden, auf einer falschen Übersetzung beruht. Er macht plausibel, warum die jetzige iranische Regierung, trotz ihrer verantwortungslosen Rhetorik, um Ausgleich bemüht sei. Und er legt dar, dass der US-Politik an einer Verständigung mit Iran wenig gelegen sei. Von dem Verteidigungsminister Peter Struck bleibt vor allem ein Satz: Deutsche Interessen würden „auch am Hindukusch verteidigt“. Heute liegt es im deutschen Interesse, dass ein Angriff gegen Iran unterlassen wird.
FRANZISKA AUGSTEIN
MICHAEL LÜDERS: Iran: Der falsche Krieg. Wie der Westen seine Zukunft verspielt. C. H. Beck, München 2012. 208 Seiten, 14,95 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Leider keine Science-Fiction, was Franziska Augstein in diesem, wie sie findet, äußerst wichtigen Buch des Nahost-Experten Michael Lüders lesen muss: Der Irankrieg steht bevor und er wird weltweit katastrophale Folgen haben, von denen die Ölpreiserhöhung die harmloseste darstellt. Wie es dazu kommen musste, erläutert Augstein, indem sie die Argumentation des Autors anreißt. Von den Interessen und Beutezügen der Großmächte GB und USA in Persien und später im Iran, berichtet Lüders, von gezielter Destabilisierung, von Manipulation und Verständigungsverhinderung. Deutsche Interessen, weiß Augstein spätestens nach dieser Lektüre, werden im Fall eines Kriegs im Iran gewiss nicht verteidigt.

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