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Was hat ein köstliches Essen mit einem Dauerlauf zu tun? Oder eine großzügige Spende mit dem Nervenkitzel beim Roulette? Ist es für unser Wohlbefinden herzlich egal, ob es durch Liebe oder Arbeit zustande kommt? Wie entstehen eigentlich die guten, die "Hochgefühle"? Anhand vieler anschaulicher Beispiele klärt uns der renommierte amerikanische Neurowissenschaftler David J. Linden darüber auf, was in unserem Gehirn geschieht, wenn wir Freude, Vergnügen und Lust empfinden. Dabei macht er eine erstaunliche Entdeckung: So verschieden kann die Lust am Essen von der Freude, die wir etwa beim Sport…mehr

Produktbeschreibung
Was hat ein köstliches Essen mit einem Dauerlauf zu tun? Oder eine großzügige Spende mit dem Nervenkitzel beim Roulette? Ist es für unser Wohlbefinden herzlich egal, ob es durch Liebe oder Arbeit zustande kommt? Wie entstehen eigentlich die guten, die "Hochgefühle"? Anhand vieler anschaulicher Beispiele klärt uns der renommierte amerikanische Neurowissenschaftler David J. Linden darüber auf, was in unserem Gehirn geschieht, wenn wir Freude, Vergnügen und Lust empfinden. Dabei macht er eine erstaunliche Entdeckung: So verschieden kann die Lust am Essen von der Freude, die wir etwa beim Sport oder sogar beim Lernen verspüren, gar nicht sein. Denn alle diese Tätigkeiten senden neurale Signale aus, die in derselben Hirnregion zusammenlaufen, im sogenannten Belohnungszentrum. Es vermittelt uns sogar das Hochgefühl, das wir etwa bei Meditation erleben oder auch, wenn wir für einen guten Zweck tief in die Tasche greifen.
Doch dieses Wohlfühlzentrum, das uns mit Vergnügen, Spaß und guten Gefühlen versorgt, hat auch eine dunkle Seite. Denn künstliche Stimulantia wie Nikotin, Alkohol oder Drogen nutzen die Vorgänge im Belohnungszentrum ebenfalls. Neueste Forschungsergebnisse sprechen dafür, dass hier die Süchte mit all ihren schlimmen Auswirkungen entstehen. Wir mögen es bedauern, aber unser Gehirn scheint zwischen Tugend und Laster erst einmal keinen Unterschied zu machen. Die Lust ist unser Kompass, egal welchen Pfad wir wählen. Doch hat diese Erkenntnis auch einen positiven Aspekt: Sie kann uns durchaus helfen, Abhängigkeiten nicht nur besser zu verstehen, sondern sie auch wirksamer zu therapieren.
Autorenporträt
David J. Linden, geb. 1961 in Los Angeles, ist Professor für Neurowissenschaft an der Johns Hopkins University in Baltimore, USA.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.06.2012

Mach mich glücklich!
Drogen und andere Stimulationen: In seinem Buch „High“ bietet der Neurophysiologe David Linden lauter Hochgefühle
An dem Tag, an dem die männliche Stockente mit seiner Fensterscheibe kollidierte, saß Dr. Moeliker in seinem Büro. Er ging hinaus, um sich die Sache anzusehen, und entdeckte, dass bereits ein zweiter Erpel angekommen war, der den Leichnam volle 75 Minuten lang unablässig missbrauchte. Als Moeliker diese Beobachtung in einem Artikel für eine Fachzeitschrift niederschrieb, stellte er fest, dass homosexuelle Nekrophilie bei Stockenten in der Fachliteratur bereits beschrieben worden war.
Seien Sie jetzt bitte nicht empört, dieser Bericht entstammt dem Buch „High“ des respektablen amerikanischen Neurophysiologen David J. Linden. Erwähnt werden außerdem Flussdelfine im Amazonas, die einander den Penis ins Blasloch schieben – das einzige aus der Forschung bekannte Beispiel für nasalen Sex; Große Tümmler, die unter Zuhilfenahme zappelnder Aale masturbieren; und Rentiere, die sich am vergifteten Urin ihrer Artgenossen berauschen. Für David Linden sind all diese Tiere Glücksritter, ständig auf der Suche nach dem nächsten Kick.
Genau wie wir. Die von Linden eröffnete Phänomenologie der Sehnsucht nach den guten Gefühlen reicht vom Fadenwurm bis zu menschlichen Kokainisten, Spielern, Gourmets und meditierenden Mönchen. Nicht alle der Genannten verfügen über ein Gehirn, aber jeder über einen Belohnungsschaltkreis, der sie ihren jeweiligen Freuden hinterherjagen lässt.
Bei Menschen liegt dieser Belohnungsschaltkreis im medialen Vorderhirn. Hier, tief in unserem Kopf, befindet sich der anatomische Bereich, der „am stärksten von Gesetzen, religiösen Geboten und Sitten eingeschränkt wird“. Jedes Kind weiß, dass Glücksspiel in den Ruin, Rausch in den Untergang und Liebe in den Tod führen kann. Darum versuchen alle Gesellschaften, ihre Hochgefühle zu beherrschen. „Freuden", so erklären sie nüchtern, „darf man nur in Maßen genießen. Freuden muss man sich verdienen. Freuden muss man auf natürlichem Weg erlangen. Freuden sind vergänglich. Der Verzicht auf Freuden stärkt den Geist.“
Das ist vernünftig. Und langweilig. Zum Glück interessiert sich „High“ viel mehr für irische Äthersäufer und Bluetooth-gesteuerte Anus-Sonden, also für alle maßlosen, unverdienten und künstlichen Lüste, und da ist man natürlich sofort dabei. Doch dann muss man plötzlich lauter Sätze wie diesen lesen: „Die eine exprimiert Dopaminrezeptoren vom Typ D2 und erstreckt sich (unter anderem) zum ventralen Pallidum, während die zweite, die D1-Rezeptoren exprimiert, sich in andere Regionen erstreckt.“
Zwischen den Passagen, in denen der Autor über die Welt, und jenen, in denen er über das Gehirn spricht, besteht offensichtlich ein mindestens so großer Unterschied wie zwischen einem Nüchternen und einem Betrunkenen. Trotzdem soll das eine das andere erklären: Worte wie „Pallidum“ sind keine Didi-Hallervorden-Lautpoesie, sondern Teil einer Wissenschaft, die Anspruch auf Wahrheit erhebt. Aber warum eigentlich? Schließlich wurde immer schon behauptet, dass ferne, für das bloße Auge unsichtbare Ereignisse unser Glück bestimmen. Ob das nun Sterne und Götter über den Wolken oder die Neuronen unter der Schädeldecke sind, ist doch eigentlich egal.
Linden greift allerdings zu einem bewährten Überzeugungsmittel: der Evidenz der Gewalt. Er berichtet über Dr. Robert Galbraith Heath, einen Psychiater und Neurologen aus New Orleans, der zwischen 1949 und 1980 mit den Gehirnen psychisch kranker Patienten experimentierte, und zwar oft ohne deren Einwilligung. Heath implantierte Elektroden in das tief im Hirn gelegene Septum und war so in der Lage, „eine fast überwältigende Euphorie und Freude“ auszulösen. Eine Patienten stimulierte sich so oft, dass sich an der Fingerspitze, die sie zum Einstellen der Amplitude verwendete, ein chronisches Geschwür bildete. „Von Zeit zu Zeit“, so schließt der klinische Bericht, „flehte sie ihre Familie an, sie von dem Stimulator fernzuhalten, nur um nach einer kurzen Pause die Rückgabe zu fordern.“
Dieser Versuch zeigt in all seiner Härte, wie eng Gehirn und Bewusstsein kausal zusammenhängen. Auch wenn beide nicht unbedingt identisch sind, ist es doch möglich, die Gefühle über das Gehirn zu manipulieren. Es ist wohl nur ein Zufall, dass der berühmte Wissenschaftstheoretiker Ian Hacking sein Kriterium für wissenschaftliche Wahrheit einmal in dem kuriosen Satz formuliert hat: „So far as I’m concerned, if you can spray them, then they are real“ – Linden erwähnt nämlich ein mit dem „Kuschelhormon“ Oxytocin versetztes Nasenspray mit dem hübschen Markennamen „Liquid Trust“.
Die Frage, ob wir bald alle Vertrauen versprühen können, das wir zuvor in der Apotheke gekauft haben, ist jedoch gar nicht so interessant. Schließlich gibt es Bierseligkeit ja auch längst an der Tankstelle. Viel aufschlussreicher ist der Teil des Buches, in dem David Linden über die raffiniert guten Gefühle schreibt, die insbesondere das menschliche Gehirn zu goutieren scheint – über so seltsame und interessante Perversionen wie die monogame Ehe oder die Entwicklung abstrakter Ideen. Wer das nachlesen und verstehen möchte, dem sei an dieser Stelle viel Vergnügen gewünscht.
JAN FÜCHTJOHANN
DAVID LINDEN: High. Woher die guten Gefühle kommen. Aus dem Englischen von Norbert Juraschitz. Verlag C.H. Beck, München 2012. 272 Seiten, 19,95 Euro.
Nasalsex, Kuschelhormone
– ein Belohnungsschaltkreis lässt
jeden den Freuden hinterherjagen
Make my day: Orgasmen, Jackpots, Vollräusche und andere gute Gefühle finden, so die neusten Erkenntnisse der neurobiologischen Forschung, wesentlich im Kopf statt.
Abbildung: Gordon Sean Magnin
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Viele absonderliche Anekdoten aus dem Tierreich entnimmt ein sich über diese glänzend amüsierender Jan Füchtjohann dieser Studie des Neurophysiologen David Linden: Homosexuelle Nekrophile, nasale Sexpraktiken und ausgefallene Masturbationstechniken weisen ihm den Weg zur Erkenntnis, dass der Mensch mit seiner "Suche nach dem nächsten Kick" nicht alleine in der Biologie ist, auch wenn der Mensch als einziges Wesen zur Zügelung seiner Lust über ein kulturelles Regiment aus religiösen, moralischen und juristischen Leitsätzen verfüge. Dass Linden sich mit der Langeweile solcher Verzichtsinstrumentarien nicht allzu lange aufhalte, sondern voll aus den "maßlosen, unverdienten und künstlichen Lüsten" schöpfe, dankt ihm der Rezensent mit Freuden. Wenig Lust verspürte er allerdings bei der Lektüre einiger arg mit Wissenschaftsvokabular durchsetzter Passagen. Schlussendlich nimmt Füchtjohann einiges aus diesem Buch mit, nicht zuletzt die Erkenntnis, wie solitär pervers unser Gehirn dastehe, wenn es um die Freuden der monogamen Ehe oder gedanklicher Abstraktionsvorgänge gehe.

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