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Thomas Hobbes (1588 - 1679) ist ein Pionier der Moderne, dabei der Schöpfer einer der größten Staatsphilosophien der abendländischen Geistesgeschichte. Seine Vertragstheorie ist bis heute als wichtiger Gesprächspartner im politischen Diskurs präsent. Darüber hinaus hat Hobbes ein umfassendes philosophisches System entwickelt. Otfried Höffe arbeitet in diesem Buch die vielfältigen Aspekte dieses Werkes heraus und stellt sie in den Zusammenhang der politischen Ideengeschichte.

Produktbeschreibung
Thomas Hobbes (1588 - 1679) ist ein Pionier der Moderne, dabei der Schöpfer einer der größten Staatsphilosophien der abendländischen Geistesgeschichte. Seine Vertragstheorie ist bis heute als wichtiger Gesprächspartner im politischen Diskurs präsent. Darüber hinaus hat Hobbes ein umfassendes philosophisches System entwickelt. Otfried Höffe arbeitet in diesem Buch die vielfältigen Aspekte dieses Werkes heraus und stellt sie in den Zusammenhang der politischen Ideengeschichte.
Autorenporträt
Otfried Höffe, geboren 1943, ist Professor für Philosophie und Leiter der Forschungsstelle Politische Philosophie an der Eberhard Karls-Universität Tübingen, ist einer der produktivsten und einflussreichsten Denker der Gegenwart.
Er ist Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und erstes ausländisches Mitglied der Teheraner Akademie für Weltweisheit und Philosophie. Er ist Ehrendoktor der Universität (PUCRS) in Porto Alegre/Brasilien und Träger des Karl Vossler-Preises für wissenschaftliche Werke von literarischem Rang.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.04.2010

Alle haben eine Recht auf alles
Aber was nützt das ohne Frieden? – Ottfried Höffe führt in das Denken des Philosophen Thomas Hobbes ein
Thomas Hobbes (1588-1679) gehört zu den Gründern der Neuzeit, die radikal mit der Scholastik und ihrer unfruchtbaren Disputierkunst brechen und das menschliche Erkennen (René Descartes), Produzieren (Francis Bacon) und staatliche Zusammenleben (Thomas Hobbes) aus der Vernunft allein begründen wollen. Diese Denker beginnen die große Zeitenwende, die sich von der Orientierung an der Vergangenheit abkehrt und allmählich der Zukunft zuwendet: „Step into future now!“ Das ist die Signatur der Neuzeit, sie bestimmt uns bis heute. Wir sind entlassen aus den Verpflichtungen gegenüber der Herkunft und werten die Handlungen am Erfolg von morgen. Die Vergangenheit ist zur Folklore geworden, die wir nach unseren eigenen Gesichtspunkten zitieren und ordnen. Thomas Hobbes steht im Recht und in der Politik als Titan am Anfang: Keine Adelsdokumente zählen mehr, keine Heiligen Schriften mit päpstlichen Beglaubigungen, keine überkommenen Zünfte und verbrieften Privilegien, sondern die erforschbare Natur des Menschen, seine allen zugängliche Vernunft und sein anthropologisch fundierter notwendiger Friedenswunsch.
Otfried Höffe bietet eine rundum gelungene Einführung in die Philosophie von Thomas Hobbes, gut geschrieben, historisch abgesichert und verfasst mit einem systematischen Interesse an den einzelnen Stationen: Der Lehre von der Geometrie, der Physik, der Anthropologie und dann ausführlich dem Naturzustand, dem Staat und der Kirchengewalt und am Schluss dem Niedergang im „Kingdom of Darkness“. In das Zentrum stellt Höffe die Friedensproblematik, ein in Deutschland neuer, überzeugender Akzent der Hobbes-Rezeption. Höffe sieht keinen Bruch von einer stoisierenden Vorstellung im Frühwerk zu einer epikureischen im „Leviathan“, dem Hauptwerk von 1651 mit dem Giganten im Titelemblem. Über die Auffassung der Entwicklung, auch über die Interpretation des Emblems könnte man streiten.
Besonders verdienstvoll ist Höffes geduldige Zuwendung zu einzelnen Themen, unter denen sich so intrikate Probleme wie die Sprachphilosophie, die Kirchenpolitik und der persönliche Glaube von Hobbes befinden. Wer sich hier informieren möchte, wird eingeführt in die letzten Auseinandersetzungen der Sekundärliteratur und mit dem Textbefund bei Hobbes selbst konfrontiert. Häufig ist an Hobbes’ Doktrin nichts zu beschönigen, sondern nur zu beklagen: Die Ansprüche des Autors lassen sich nicht halten, sie sind widersprüchlich oder irrelevant. Hobbes’ Fundierung seiner gesamten neuen Wissenschaft als einer nach mathematischer Methode vorgehenden Neubegründung ist nicht haltbar, schon die Konzeption des wissenschaftlichen Erkennens nach dem Modell des Rechnens zerfällt, wie Höffe zeigt, in nichts. Dieses Mitdenken beim Vorführen des Autors ist höchst lehrreich, wie überhaupt wichtig ist, dass Höffe den Autor von dem Punkt her interpretiert, den dieser in den Vordergrund stellte: Hobbes wollte Wissenschaftler sein und seine Staatsphilosophie beweisen. Mit politischen Ratgebern wie Machiavelli hatte er nichts gemein, erst deutsche Schriftsteller um 1933 fanden für ihre Zwecke Gemeinsamkeiten.
Jeder weiß vom „jus omnium in omnia“, dem Recht aller auf alles im Naturzustand. Wenn dieser Zustand nicht friedlich ist, wie die Kirchenväter ihn sich ausmalten, sondern ein Krieg aller gegen alle, was nützt mir dann mein Recht auf alles? Es zeige sich, so Höffe, als selbstzerstörerisch, als Recht auf nichts „bei näherer Betrachtung“. Aber Hobbes konnte das selbst bemerken und dieses Nicht-Recht vor der Publikation einfach streichen, niemand im Naturzustand hätte es – gemäß Höffe – bemerkt und hinterher auch nicht, auch kein Leser. Hier liegt ein offenbar nicht bewältigtes Problem, wenn ein so wichtiges Theoriestück so kurzsichtig, überflüssig und sogar widersprüchlich sein soll. Im Leviathan findet sich jedoch eine Ergänzung des Rechts aller auf alles, die es zuvor nicht gibt: „every man has a Right to every thing, even to one another’s body“. Es werden also Sachen und Personen nicht unterschieden, mein Recht und das aller anderen bezieht sich auf alles und alle. Jeder lebt derart in einer nur subjektiven, daher widerspruchsfreien Rechtseinbildung, die erst mit dem Zivilzustand endet. Die neue, nun reale Rechtswelt des Leviathan wird eben dadurch möglich, dass alle im Urvertrag ihr subjektives Einbildungs-Allrecht an den künftigen Herrscher abgeben. Das nur subjektive Phantomrecht ist also in der Theoriekonstruktion unentbehrlich, denn jetzt verfügt nur noch der Herrscher über das Recht, er gibt Gesetze, denen der Untertan keinen rechtmäßigen Widerstand entgegen setzen kann. Jetzt erst gibt es neben dem Recht auch das Unrecht, und durch die Schlichtung wird der Friede im Staat möglich. Erst wenn man das „jus omnium in omnia“ erweitert zu dem bei Hobbes gemeinten, aber nicht immer ausdrücklich wiederholten „jus omnium in omnia et omnes“, gewinnt die in ihrer Wurzel paradoxe Hobbessche Staatsphilosophie Sinn und Verstand. REINHARD BRANDT
OTFRIED HÖFFE: Thomas Hobbes. Verlag C. H. Beck, München 2010. 251 Seiten, 14,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.2010

Schämen soll sich, wer die Geburt Kants nicht vorhersah!

Thomas Hobbes, mit dem Korrekturstift gelesen: Otfried Höffe modernisiert den Gründervater der neueren politischen Philosophie. Er leistet sich dabei manche Anachronismen.

Eine politische Philosophie von Gewicht, auf der nicht, so oder so, die langen Schatten von Thomas Hobbes lägen, gibt es bis heute nicht. Schatten, die zumeist als bedrohlich empfunden werden. Denn Hobbes, dessen ganzes Denken um den alternativlosen Ausgang des Menschen aus dem Naturzustand kreist, scheint für seine Person doch auch in Letzterem steckengeblieben zu sein. Hobbes, der Heros am Eingang der gesitteten Welt, passt, eben weil er ein Heros ist, selbst in sie nicht hinein. Auch hier gilt die Weisheit Vicos: Wir heutigen Nicht-Heroen leben von Leuten, die uns notwendig unheimlich sind.

In der Hobbes-Literatur hat man immer wieder versucht, den unheimlichen Heros fürs Heute zu domestizieren. Leo Strauss etwa, der Hobbes als fast einen zweiten Erasmus aufgefasst hat, aber auch andere - Liberale, Etatisten, Marxisten - haben hier mitgewirkt. Auch Otfried Höffe geht es in einer neuen, kompakten Einführung um einen Hobbes nach dem Maß unserer Zeit. Höffe gibt zunächst einen Grundriss des Hobbes'schen Systems; der Leser erfährt hier im Referat das Wichtigste über Physik und Mathematik, Sprach- und Rhetorikauffassung des Philosophen in ihrem enzyklopädischen Zusammenhang. Spätestens aber, wenn es zur praktischen Philosophie und zur Politik kommt, wird rigoros der Korrekturstift gezückt. Hobbes, so lesen wir etwa, habe den "Fehler" begangen, nicht nur den Staat überhaupt, sondern gleich eine "absolute und ungeteilte Staatssouveränität" abzuleiten. Er hat also, anders als wir doch alle, nicht auf Gewaltenteilung und Souveränitäts-Splitting gesetzt - und in der Tat wäre nach Hobbes eine geteilte Souveränität eigentlich gar keine oder nur die Verschleierung der jeweils realen, diejenige, die je ausschlaggebende Macht in Händen hält. Hobbes habe weiter, so Höffe, keine "globale Komponente" gekannt, also dem internationalen Recht, einer "Weltfriedensordnung" zumal oder dem Völkerbund, leider nicht vorgearbeitet. Schlimmer noch: Hobbes besitze keine "echte Moralphilosophie", fehle es ihm doch an einer verbindlichen "Deontologie" - so, als habe Hobbes schon zu Kant Stellung zu nehmen gehabt, und als ob nicht in humanistischen Bahnen andere als Kantische Konzepte einer "philosophia moralis" denkbar wären.

Gerade der Anachronismus, dem Höffe hier huldigt, kann uns indes umgekehrt darauf verweisen, wem Hobbes auch in der Ethik zuletzt verpflichtet war: Francis Bacon nämlich, dessen Wissenschaftsbegriff, wie schon Kuno Fischer mit Nachdruck betont hat, für Hobbes theoretisch wie praktisch normsetzend war. Moralische (Natur-)Gesetze sind bei Hobbes wie physikalische nichts anderes als Induktionen einer beobachtenden Vernunft - Induktionen, die ihre Güte darin beweisen, dass ihnen nicht zu folgen in praktischer Hinsicht zerstörerisch ist. Bei Hobbes ist darum, ganz ohne kategorischen Imperativ, mehr als jeder andere gerade der Souverän an die Beachtung der natürlichen Gesetze des Handelns gebunden - bei Strafe nämlich des sonst zwangsläufigen Verlustes der Souveränität.

Zunächst reizvoll sind Höffes Überlegungen zu der Frage, inwieweit wir es bei Hobbes, so entschieden er sich als Feind der Scholastik gibt, dennoch mit einem "Aristoteliker wider Willen" zu tun haben. Allerdings entstehen auch Zweifel - und zwar umso mehr, als Höffe vor allem das gerüttelt Maß an frühneuzeitlichem Stoizismus übersieht, ohne das Hobbes kaum zu verstehen ist. Ganz (neu-)stoisch ist schon das Hobbes'sche Prinzip der Selbsterhaltung und diese als letztes Ziel. Gut stoisch sind aber ebenso seine ganz unaristotelische "Vorstellungsphilosophie", seine nominalistische Sprachphilosophie und Semiotik, ist zudem die "materialistische Theologie", der Hobbes, zur Verwunderung vieler, anhängt.

A propos Theologie: Höffe darf man es als Verdienst anrechnen, dass er die oft ganz überlesene andere Hälfte des Leviathan, die durchaus komplexe Auseinandersetzung mit der Religion, angemessen zur Sprache bringt. Denn auch, wenn man nicht, wie Höffe, einen veritablen "Bruch" im "Kontinuum" des Ansatzes durch die Aufnahme "jüdisch-christlicher Theologumena" unterstellt: dass ein Autor, der in seinem Hauptwerk das Wort "Gott" über eintausend Mal im Munde führt, auch als Denker der Religion ernst genommen werden will, liegt auf der Hand. Was Hobbes jedenfalls vertritt, ist die These von der inneren Affinität zwischen einer mechanistisch gedachten natürlichen und politischen Welt auf der einen Seite und einer "erastianisch", also im Sinne des anglikanischen Staatskirchentums, regulierten religiösen Vorstellungswelt auf der anderen.

Darin liegt zum einen ein Fingerzeig darauf, dass nach Hobbes in der Religion Motivationspotentiale liegen, die der Souverän im eigenen Interesse politisch zu binden hat. Und darin liegt zum anderen der Hinweis, dass umgekehrt sich womöglich die Sprache der Politik aus Ressourcen speist, die nicht einfach nur dem Alltagsverstand verdankt sind. Der (politischen) Vernunft, wenn sie über sich aufgeklärt ist, geschieht nach Hobbes dabei nicht zwingend ein Abbruch; eher im Gegenteil. Der Korrekturstift kann bisweilen auch ruhen.

THOMAS SÖREN HOFFMANN

Otfried Höffe: "Thomas Hobbes". Verlag C.H. Beck, München 2010. 251 S., Abb., br., 14,95 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Michael Schefczyk stellt diese Einführung zu Thomas Hobbes von Otfried Höffe denjenigen von Wolfgang Kersting und Herfried Münkler an die Seite und stellt fest: Der Autor bestätigt die heute gültige Meinung, Hobbes sei einerseits ein Pionier auf dem Gebiet der liberalen politischen Philosophie, sei mit seiner Vorstellung von unumstößlicher staatlicher Gewalt andererseits aber auch überholt. Schefczyk findet Höffe gelehrter und nüchterner als seine Kollegen, seine Darstellung tiefergehend. Dies obgleich ihm nicht entgeht, mit welchem Sicherheitsabstand der Autor (als Kantianer) seinem Objekt begegnet. Insgesamt hält der Rezensent das Buch für empfehlenswert, wenn ihm auch hier und dort (etwa betreffend die Frage nach Hobbes eigener Revision seiner Lehren) eine ausführlichere Betrachtung gut gefallen hätte.

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