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"Er kam in Begleitung einer der aufregendsten Frauen, die je eine Bühne betreten haben, und sie machte auch entsprechend Furore. In Hamburg noch nicht so sehr, aber dann in Berlin und überall: Minna von Barnhelm. Als er abreiste, hatte er die Liebe seines Lebens kennengelernt. Dazwischen liegen drei Jahre, liegen Bekanntschaften, enttäuschte Hoffnungen am Theater, eine Pleite, unausgeführte Entwürfe für einige Theaterstücke, ein publizistischer Krieg, zwei Bücher, die wir nicht ungelesen lassen können, wenn wir die Frage beantworten wollen: Was ist Aufklärung?" Jan Philipp Reemtsma,…mehr

Produktbeschreibung
"Er kam in Begleitung einer der aufregendsten Frauen, die je eine Bühne betreten haben, und sie machte auch entsprechend Furore. In Hamburg noch nicht so sehr, aber dann in Berlin und überall: Minna von Barnhelm. Als er abreiste, hatte er die Liebe seines Lebens kennengelernt. Dazwischen liegen drei Jahre, liegen Bekanntschaften, enttäuschte Hoffnungen am Theater, eine Pleite, unausgeführte Entwürfe für einige Theaterstücke, ein publizistischer Krieg, zwei Bücher, die wir nicht ungelesen lassen können, wenn wir die Frage beantworten wollen: Was ist Aufklärung?"
Jan Philipp Reemtsma, Literaturwissenschaftler und Hamburger, legt mit diesem Essay ein fulminantes Portrait der Hamburger Jahre von Gotthold Ephraim Lessing vor. Einer der größten Autoren nicht nur des 18. Jahrhunderts, sondern der deutschen Literatur überhaupt wird uns - ganz ohne Marmorsockel und Geniepathos - auf dem Höhepunkt seines Wirkens vorgestellt: als Dichter, Verleger, Theaterdirektor, Literaturtheoretiker und als Polemiker.
Autorenporträt
Jan Philipp Reemtsma, geboren 1952 in Bonn, ist unter Geisteswissenschaftlern und Intellektuellen ein fester Begriff. Er lebt und lehrt in Hamburg, ist Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Hamburg und Vorstand des Hamburger Instituts für Sozialforschung und der Arno-Schmidt-Stiftung. Er ist Mitherausgeber der Werke Arno Schmidts und Autor zahlreicher Bücher. 1997 erhielt er den Lessing-Preis der Freien Hansestadt Hamburg, im Jahr 2015 den Gutenberg-Preis der Stadt Leipzig.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.06.2007

Ein Polemiker sagt „Ich”
Jan Philipp Reemtsma schildert „Lessing in Hamburg”
Als im 19. Jahrhundert die großen Werkausgaben und Biographien der deutschen Klassiker entstanden, waren sie von einem Schwarm von Lebensabschnitts-Broschüren umgeben: Goethe in Karlsbad, Schiller in Mannheim, Herder in Bückeburg undsofort. Aus solchen biographischen Miniaturen entstand ein Genre, das der Lust am Anekdotischen ungern Zügel anlegte und dem häufig der Lokalpatriotismus die Feder führte. Ausgestorben ist es nie. Bis heute blieb es, auch dort, wo es zur Pedanterie neigte, eine Spielform der Literaturgeschichte.
Nun hat Jan Philipp Reemtsma, Bürger in Hamburg, Begründer und Stifter des dortigen Instituts für Sozialforschung, ein schmales Buch unter dem Titel „Lessing in Hamburg” publiziert. Es ist das Buch eines Literaturwissenschaftlers, aber die Maske der Lebensabschnitts-Broschüre trägt es nur zum Schein. Und mit Lokalpatriotismus hat es rein gar nichts im Sinn. Es beginnt so: „Hamburg hat ihm ein Denkmal gesetzt. Auf dem Gänsemarkt. Dort, wo das Theater gestanden hat, für das er schreiben sollte. Das Denkmal steht noch da; die Pleite des Theaters in der an ihm und dem Theater nicht interessierten Stadt steht in den Chroniken.”
So kühl wird Reemtsmas Ton immer, wenn es um die kalte Schulter geht, die Hamburg Lessing zeigte, der 1767 in die Stadt kam und sie 1770 in Richtung Wolfenbüttel verließ. Bei Lessings Ankunft war seine Komödie „Minna von Barnhelm” gerade erschienen, aber die Hamburger scheuten vor der Uraufführung zurück, wegen vermuteter Bedenken Preußens gegen das Stück. Erst Ende September, als Lessing selbst durch Rückfragen in Berlin die Bedenken ausgeräumt hatte, fand die Uraufführung statt. Reemtsmas Kommentar zur Verschiebung der Premiere wegen möglicher Beeinträchtigung der Handelsinteressen: „Hamburg wäre nicht Hamburg, wenn man sich anders entschieden hätte.”
Nun war Hamburg im 18. Jahrhundert durchaus eine Hauptstadt der deutschen Aufklärung, etwa, was das Verlagswesen und die Zeitungen betraf. Und nicht nur im Hause von Hermann Samuel Reimarus, dessen religionskritische Fragmente Lessing später von Wolfenbüttel aus dem Nachlass anonym herausgab, gab es den Geist der Kritik. Aber Reemtsma nimmt sich die Freiheit, die Hamburger Bekanntschaften Lessings nur knapp zu behandeln. Auch das Scheitern des Projektes „Nationaltheater”, für das der Schriftsteller Johann Friedrich Löwen und der Schauspieldirektor Konrad Ernst Ackermann Lessing angeworben hatten, resümiert er eher, als dass er es im Einzelnen nachzeichnete. Und weil erst kürzlich in der Reihe „Hamburger Köpfe” Paul Raabes Buch „Eva König” erschienen ist, kann er auch Lessings Besuche im Haus des Kaufmanns Engelbert König, dessen Frau Jahre später seine eigene wurde, weitgehend aussparen.
Die Lebensgeschichte ist hier nur Stoff, nicht Gegenstand. Gegenstand ist der Autor Lessing, mit dem, was er nach Hamburg mitbrachte – „Minna von Barnhelm” – und was er hier schrieb: die „Hamburgische Dramaturgie”, die „Briefe antiquarischen Inhalts” und die Abhandlung „Wie die Alten den Tod gebildet”. Doch so wenig wie eine biographische ist dieses Buch eine literarhistorische Miniatur. Die Freiheiten, die Reemtsma sich herausnimmt, sind die des Essayisten. Der Essay ist ein Feind der Vollständigkeit und des Enzyklopädischen. Er imprägniert seine Gegenstände mit dem Geist des „bei Gelegenheit von . . . ”. So ist „Lessing in Hamburg” hier nur die Gelegenheit, die intellektuelle Physiognomie Lessings insgesamt ins Auge zu fassen.
Das aber geschieht hier mit offenem Visier. Ein Ich will hier wissen, was es mit dem großen Lessing auf sich hat. Weil aber die deutsche Literatur gerade in Werk und Person Lessings zum ersten Mal (und sogleich mustergültig) lernte, „Ich” zu sagen, ist dies eine reizvolle Konstellation. Reemtsma hat es mit einem fintenreichen, herausfordernden, polemischen Autor-Ich zu tun, das seine Souveränität auch dann – und gerade dann! – nicht verliert, wenn es argumentativ ins Hintertreffen gerät, mit einem Ich, das seine Satisfaktionsfähigkeit nicht nur auf persönlichen Mut gründet, sondern vor allem auf seine stilistische Brillanz.
Wer je versucht hat, den Facettenreichtum des „Ich” in den Texten Lessings auszuloten, der hat ein Ahnung davon, was es heißt, diesem „Ich” gegenüber mit einem eigenen „Ich” zu bestehen. Reemtsma besteht nicht zuletzt deshalb, weil er Lessing die en gros-Bewunderung versagt. Man lese nur den Abschnitt, in dem er Lessings (scheiterndem) Versuch, mit Johann Joachim Bode einen eigenen Verlag zu gründen, so schneidend wie detalliert der Naivität und des Dilettantismus überführt. (Der Abschnitt ist im übrigen ein erhellender Exkurs über Raubdruck und Verlagswesen im 18. Jahrhundert).
Die „Hamburgische Dramaturgie” scheiterte nicht nur als Theaterprojekt. Sie wurde als Buch zum Opfer der Nachdrucker. Die darin erzählte Theater- und Aufführungsgeschichte schlägt Reemtsma weitgehend als Gegenstand aus. In der Theaterschrift sucht er die Moralphilosophie, die anthropologisch begründete Theorie der Emotionen, das Projekt der Selbstzivilisierung des Bürgertums. Und wie er sie nicht nur sucht, sondern auch findet, das führt ins Zentrum nicht nur des Lessing-, sondern eben auch des Reemtsma-„Ich”: zu der Frage nämlich, wie eine moderne Gesellschaft auf säkulare Weise ihre moralischen Normen begründet.
Dem Polemiker Lessing, der als Bruder des Theaterautors und Dramaturgen sein Ich auf die Textbühne schickt, um sie in ein Schlachtfeld zu verwandeln, widmet Reemtsma sein Kapitel über die „Briefe antiquarischen Inhalts”, die Polemik gegen den Hallenser Professor Christian Adolf Klotz. Reemtsma rechtfertigt darin nicht jede Finte Lessings – wohl aber die Aggressivität als unverzichtbares Element der schriftstellerischen Existenz. Diese Apologie der Polemik ist aufs engste mit der These verbunden, Lessing sei ein im Kern ungeselliger Autor gewesen. Denn Reemtsmas Lessing ist eine Figur des heroischen Alleinestehens, der alle Theodizee und Rechtfertigung der Welt, wie sie ist, abhanden gekommen ist. Das klingt in diesem Essay, der en passant vorführt, wie eine Erneuerung der deutschen Wissenschaftsprosa aussehen könnte, verführerisch. Aber es unterschätzt eine Seite an Lessing, die hier über Gebühr zurücktritt: den Spieler und Luftikus, der auch die Regionen des Albernen und des Kalauers nicht scheute. LOTHAR MÜLLER
JAN PHILIPP REEMTSMA: Lessing in Hamburg. 1766-1770. C. H. Beck Verlag, München 2007. 110 Seiten, 12 Euro.
Die Lebensgeschichte ist nur der Stoff, nicht der Gegenstand dieses Essays
Lessings „Ich” verdankt seine Satisfaktionsfähigkeit seiner stilistischen Brillanz
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.01.2007

Keiner wird ein Ungeheuer, der nicht wird wie Lessings Kinder
Bitte nehmen Sie's persönlich: An der Hand des hitzigsten deutschen Aufklärers führt uns Jan Philipp Reemtsma kaltblütig in das polemische Handwerk ein

Wer kann heutzutage noch Polemik? "Das ist ja nichts als Polemik", heißt es gleich geringschätzig, wenn einer von der grauen Diskursstraße mal abkommt und auf Seitenpfaden ein bisschen frech wird. Zwar lässt man sich in der Diskursgemeinschaft geduldig die überflüssigsten Aufgebauschtheiten gefallen - Hauptsache, man wird mit irgendeinem Schwachsinn gekitzelt -, aber eine blitzende Polemik, in der sich einer nach allen Regeln der Kunst in den Gegner verbeißt - wo, bitte, gibt's eine solche richtige Polemik noch?

Leider, leider ist das Genre des gekonnten Höhnens und Spottens in Verruf geraten. Die großen Höhner und Spötter wurden von den kleinen Wadenbeißern abgelöst, von den Reklamemachern, die meilenweit durchs Seichte gehen, um nur ja einen Klick mehr abzubekommen. Wo ist er geblieben: der kontrollierte persönliche Angriff, der gerade dadurch, dass er's persönlich meint, ins Herz der Sache zielt? Der in seiner gezielten Übertreibung und Einseitigkeit aufs Wesentliche geht? Der einfach mal neue Töne anschlägt?

Jan Philipp Reemtsma weiß um den intellektuellen Verlust, der mit dem Aussterben der Polemik verbunden ist, und rät, bei Gotthold Ephraim Lessing in die Schule zu gehen. Reemtsmas charmantes, ebenso behende wie faktenreich erzähltes, gerade mal hundert Seiten dickes Buch über "Lessing in Hamburg" ist nur vorderhand ein Traktat über die fünf wichtigen Hamburger Jahre von 1766 bis 1770 im Leben des hitzigen Aufklärers Lessing. In Wirklichkeit ist Reemtsmas Büchlein eine konzentrierte Anleitung, wie sich unter Lessings kundiger Führung der geistigen Umweltverschmutzung trotzen lässt. Es geht Reemtsma nicht um eine, wenn auch noch so zentrale lokale Episode, es geht ihm darum, uns durch die Hamburger Seitentür zu Lessing als einem Moralphilosophen und Polemiker zu bringen. In diesem Sinne liest Reemtsma Lessings "Hamburgische Dramaturgie" von 1767 nicht als eine Kasuistik der Bühnendarstellung, sondern als eine der bedeutendsten Schriften der deutschen Aufklärung - was er nach eigenem Dafürhalten nicht könnte, "wäre ihre Bedeutung einzig um die Diskussion von Theaterrelevantem beschränkt". Im Gegenteil, so Reemtsma: "Wenn man sie nur als literaturtheoretisches Dokument liest, wird sie rasch langweilig."

Programmatisch entfaltet der Verfasser Lessings "Dramaturgie" - "ein kurioses thematisches Patchwork" - daher als philosophisches, als anthropologisches Dokument: "Die ,Hamburgische Dramaturgie' fällt ebenso ins Fach der Theaterliteratur wie der Anthropologie", erklärt Reemtsma unter souveräner philosophiegeschichtlicher Bezugnahme. Er beschreibt Lessings "Dramaturgie" im Kern als eine Ethik - als eine "Ethik in Form einer Theorie der Emotionen aus Anlass einer dramaturgischen Kasuistik" - und widmet ein eigenes, herrlich streitsüchtiges Kapitel Lessings polemischer Kunst. Es ist eindeutig das schönste Kapitel nach dem Exkurs "Lessing, ein Metaphysiker?".

Polemik, so wird deutlich, ist selbst nichts anderes als ein philosophischer, ein erkenntnisfördernder Akt. Treffsicher rührt sie, indem sie persönlich wird, an des Pudels Kern. Bei der Polemik gibt es keine halben Sachen. Entweder sie sitzt und vernichtet. Oder sie sitzt nicht und denunziert nur. Der Polemiker muss die Sache, die er mit seiner persönlichen Attacke bloßstellen möchte, vorher genau durchdacht haben. Verfehlt er die Sache nur um ein Haar, hat er verspielt. Darum, sagt Reemtsma, "darum ist Polemik so riskant: Wo sich der Polemiker in seinen Behauptungen irrt, wird er zum bloßen Schläger."

Wer an der Hand Reemtsmas bei Lessing in die Schule geht, lernt nicht irgendwelche faulen Witzchen und Kalauerkaskaden. Er lernt nicht ein Späßchen hier, ein Späßchen da. Nicht irgendwelche Ungezogenheiten. Er lernt etwas sehr Grundlegendes: dass ohne eine gehörige Portion Aggressivität man das Schreiben lieber bleiben lassen sollte; dass zum Schreiben sich nur aufraffen kann, wer geladen ist, wer sich in einen Gegenstand verbeißen kann. Will man die gebleckten Zähne zeigen, so tue man es leichthin, aber entschieden.

Zu dieser Entschiedenheit gehört, dass man im Geiste regelrecht das Genre wählt, bevor man sich äußert: eben die Polemik. "Für Lessing, der sich wie wenige andere in Themen verbeißen konnte, war sie eine bevorzugte Textsorte, und er durchmischte auch durchaus unpolemische Texte mit polemischen Zutaten, in der ,Hamburgischen Dramaturgie' sind es mehr als bloß Zutaten", schreibt Reemtsma. Die große Polemik der Hamburger Zeit, die Auseinandersetzung mit Christian Adolf Klotz, zeige beide Seiten schriftstellerischer Bissigkeit: "Lessings polemische Energie ist - auch gemessen an der Bedeutung von Anlass und Gegenstand - ungeheuer und die aufgewandte Arbeit, den erwählten Gegner der vollständigen fachlichen Inkompetenz zu überführen, vielleicht noch ungeheurer. Das Wort stellt sich nicht von ungefähr ein: ungeheuer. In der Polemik konnte Lessing eine Art Ungeheuer werden."

Die Frage ist also die: Wie wird man ein Ungeheuer? Anhand einiger großartiger polemischer Volten Lessings gibt Reemtsma eine Einführung ins Ungeheuerwerden. Jeder, der es darauf anlegt, ein Ungeheuer zu werden; jeder, der den Eindruck hat, ihm fehle zum Reden und Schreiben die nötige aggressive Energie; jeder, der sich für ein schlafmütziges Temperament hält und dies im Alltag von Herzen bedauert - all denen ist unbedingt anzuraten, Reemtsmas schmale oder gleich Lessings dicke Schrift zu lesen. Hier wie dort wird vorgeführt, wie das geht, die Gegner das Fürchten zu lehren, die es wagen, sich an uns zu vergreifen (und sei es nur, indem sie mit irgendeiner Dämlichkeit unser kritisches Bewusstsein beleidigen).

Um ein Ungeheuer zu werden, muss man vermeiden, dass einem die Welt geheuer wird. Man muss also eine methodologische Begriffsstutzigkeit an den Tag legen, um die vielen Scheinerklärungen und Scheinevidenzen mit einem Stirnrunzeln auflaufen zu lassen und sie sodann kaltblütig zur Strecke zu bringen. Wenn irgendeine hochtrabende Wortklauberei polemisch zu Fall gebracht werden soll, tut man gut daran, sie erst einmal lebensweltlich abzugleichen, sie gleichsam stur von unten zu betrachten, statt - wie der angegriffene Experte wohl fordern wird - brav in der Arena der Experten zu bleiben. "Wesentlich für die Polemik ist, sich darauf nicht einzulassen, nicht vom Turnierplatz mit viel Publikum zurück in die Bibliothek zu gehen" (Reemtsma).

Im Idealfall funktioniert die Polemik also nach dem Transparenzgesetz von "Des Kaisers neue Kleider": In der Rolle des Kindes gibt man zum Besten, was doch eigentlich jeder sehen können müsste. Oder frei nach Jan Philipp Reemtsma: Keiner wird ein Ungeheuer, der nicht wird wie Lessings Kinder. Ach, hätten wir doch mehr von denen.

CHRISTIAN GEYER

Jan Philipp Reemtsma: "Lessing in Hamburg". 1766 bis 1770. Verlag C. H. Beck, München 2007. 109 S., br., Abb., 12,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Einfach "brillant" findet Rezensent Manfred Koch diesen Lessing-Essay von Jan-Philipp Reemtsma, der ihn mit seiner präzisen und eigenen Lessing-Lesart zutiefst beeindruckt hat. Reemtsma skizziert den Informationen des Rezensenten zufolge in seinem Text "mit wenigen Strichen", wie aus dem Misserfolg von Gotthold Ephraims Lessings Hamburger Theateraktivitäten mit der "Hamburgischen Dramaturgie" ein "verwirrend buntscheckiges" und doch zentrales Werk der Aufklärung entstand. Reemtsma kann den Rezensenten auch mit der Stringenz beeindrucken, wie er Lessings Weg von seinen eigenen Dramen zu der in der "Hamburgischen Dramaturgie" entwickelten Art der "theatralischen education sentimentale" nachvollzieht, die sich von der Sensibilisierung des Einzelnen durch das Unglück der Bühnenfiguren Einfühlung und verständigungsbereites Miteinander erhoffte.

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