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Edwin Cameron erzählt in diesem eindrucksvollen, schonungslos ehrlichen Buch von seinem Leben mit der HIV-Infektion in Johannesburg, dem weltweiten "Epizentrum von Aids". Aber das Buch ist mehr als der Bericht eines Betroffenen: Cameron macht deutlich, warum Aids gerade Afrika so erbarmungslos heimsucht, welche Rolle Politiker und Pharma-Konzerne spielen und welche Wege aus der Krise führen.
Nelson Mandela hat den Kampf gegen Aids als die nächste große Herausforderung Südafrikas nach dem Ende der Apartheid bezeichnet. Daß dies nicht übertrieben ist, zeigt Edwin Camerons Buch, das in
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Produktbeschreibung
Edwin Cameron erzählt in diesem eindrucksvollen, schonungslos ehrlichen Buch von seinem Leben mit der HIV-Infektion in Johannesburg, dem weltweiten "Epizentrum von Aids". Aber das Buch ist mehr als der Bericht eines Betroffenen: Cameron macht deutlich, warum Aids gerade Afrika so erbarmungslos heimsucht, welche Rolle Politiker und Pharma-Konzerne spielen und welche Wege aus der Krise führen.
Nelson Mandela hat den Kampf gegen Aids als die nächste große Herausforderung Südafrikas nach dem Ende der Apartheid bezeichnet. Daß dies nicht übertrieben ist, zeigt Edwin Camerons Buch, das in Südafrika sofort zum Bestseller wurde. Cameron berichtet von seiner beginnenden Erkrankung und den panischen Versuchen, diese im Beruf und im Privatleben zu verbergen. Er erzählt, wie er als erster hoher Amtsinhaber in Südafrika seine Krankheit publik gemacht hat, mit rettenden Medikamenten versorgt werden konnte und zum führenden Aids-Aktivisten wurde. Das Buch ist bestechend, weil Cameron immer wieder über sein eigenes Schicksal hinaus den "schwarzen Kontinent" insgesamt in den Blick nimmt. Er erläutert, warum Infizierte hier so unvorstellbar rücksichtslos stigmatisiert werden, warum selbst höchste Politiker die Krankheit eher für eine Strafe halten und wie die Pharma-Industrie hiervon profitiert. Sein Bericht ist das beeindruckende Zeugnis eines Richters, der seinen persönlichen Kampf gegen Aids zu einem Kampf um das Überleben Afrikas gemacht hat.
Ausgezeichnet mit dem Alan Paton Nonfiction Award 2006, dem wichtigsten Literaturpreis Südafrikas.
Autorenporträt
Edwin Cameron, geboren 1953 in Südafrika, begann seine Karriere als Anwalt für Menschenrechte im Kampf gegen die Apartheid. In Nelson Mandelas Südafrika stieg er schnell in hohe Richterämter auf und wirkte beim Aufbau der neuen Institutionen mit. Heute ist er Richter am obersten Berufungsgericht Südafrikas und einer der führenden Aids-Aktivisten Afrikas.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.04.2008

Die südafrikanische Tragödie
Erst spät hat das Land den Kampf gegen Aids aufgenommen
Die gute Nachricht ist nur ein paar Zeilen lang. Südafrika will für den Kampf gegen Aids bis 2011 für Medikamente und Aufklärung 2,4 Milliarden Euro ausgeben. Das finanzielle Engagement signalisiert einen neuen Umgang mit den mehr als fünf Millionen HIV-Infizierten des Landes, das eine der höchsten Aidsraten weltweit aufweist. Ein Ende der südafrikanischen Aids-Tragödie ist möglich geworden. Deren Geschichte erzählt Edwin Cameron, ein hochrangiger südafrikanischer Richter und selber HIV-positiv, in seinem Buch.
Aids ist dank antiretroviraler Medikamentencocktails längst keine tödliche Krankheit mehr. Aids-Kranke außerhalb von Europa und Nordamerika konnten sich die teueren Medikamente allerdings lange Zeit nur leisten, wenn sie zur Oberschicht ihres Landes gehörten. Als Arzneimittelhersteller aus Schwellenländern günstige Nachahmerpräparate auf den Markt brachten, versuchten Pharmakonzerne im Verein mit westlichen Regierungen die Generika unter Verweis auf den Patentschutz zu stoppen, zum Nachteil der Kranken in den ärmeren Ländern. Aids-Kranke in Südafrika waren obendrein einer absurden Aids-Politik ihrer eigenen Regierung ausgesetzt, die von Pharmakonzernen angebotene Medikamentenschenkungen ablehnte und auf Vitamine zur Seuchenabwehr setzte. In der Republik am Kap mussten Menschen noch sterben, als in weitaus ärmeren Ländern Kranke bereits behandelt wurden.
Cameron dröselt das komplizierte Geflecht aus Traumatisierung durch weiße Unterdrückung und Verschwörungstheorien auf, das südafrikanische Politiker zu Totengräbern ihrer aidskranken Landsleute werden ließ. Ein in ANC-Kreisen verbreitetes Dokument sah einen „allmächtigen Apparat” weißer Westler am Werk, die sich am Verkauf von Aids-Medikamenten bereichern sowie Schwarze demütigen und töten wollten. Die schnelle Ausbreitung der sexuell übertragbaren Seuche in Teilen Afrikas lieferte manchen Weißen tatsächlich Anlass für rassistische Phantasien. Bei deren Abwehr wiesen schwarze Politiker auch fundierte Erkenntnisse der Aidsforschung zurück, denn „sie glauben darin die Fortschreibung einer Jahrhunderte dauernden Tradition des lüsternen Blicks der Weißen auf die Schwarzen zu erkennen.” Selbst Präsident Thabo Mbeki, der sich als Vordenker einer afrikanischen Renaissance Anerkennung erwarb, folgte den unhaltbaren Aids-Spekulationen.
Cameron gelingt eine differenzierte Darstellung des Gemenges aus uralten Vorurteilen, politischen Strategien und wirtschaftlichen Interessen. Er benennt Gewalt und die Machtlosigkeit von Frauen in sexuellen Beziehungen als Gründe für die Ausbreitung der Seuche, aber er will auch die Existenzbedingungen für den Krankheitserreger und mögliche genetische Anfälligkeiten in die Ursachenforschung einbeziehen. Cameron erzählt von der Begegnung mit einem Mediävisten, der ihm von der Beulenpest im Mittelalter berichtete, die aus bisher ungeklärten Gründen einige Landstriche Europas im heutigen Polen und in den Niederlanden verschonte. Die Ursache läge sicher nicht in weniger „sündhaftem Verhalten oder in der Sexualität” der dortigen Bewohner, bemerkt Cameron.
Seine Erfahrungen als HIV-Positiver verleihen dem Buch eine berührende Authentizität. Edwin Cameron wurde 1953 in eine arme, zerrüttete Familie hineingeboren, aber seiner weißen Hautfarbe verdankte er Stipendien für gute Schulen, und mit großem Bildungseifer qualifizierte er sich für eine glänzende juristische Karriere.
1986 wird Cameron HIV-positiv getestet, elf Jahre später bricht die Krankheit aus. Auch nach dem Ende der Apartheid verhindert ein weit verbreiteter frömmelnder Moralismus Offenheit im Umgang mit der Seuche. Cameron versucht, seine Erkrankung zu verheimlichen. Die Krankenversicherung für Richter bezahlt ihm die lebensrettenden Medikamente, obwohl die Regierung die Arzneien als gefährlich brandmarkt. Zugleich muss Cameron mit ansehen, wie zahlreiche Landsleute der Seuche erliegen, darunter nicht wenige, weil sie sich schämen, ihre Krankheit beim Namen zu nennen und Hilfe anzunehmen.
Edwin Cameron outet sich 2000 bei seiner Rede auf der Internationalen Aids-Konferenz in Durban als Homosexueller und HIV-Positiver und verbindet sein Bekenntnis mit einem eindringlichen Appell: „Ich halte es für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass ich allein aufgrund meines relativen Wohlstandes leben darf, während andere sterben müssen.” GABY MAYR
EDWIN CAMERON: Tod in Afrika – Mein Leben gegen Aids. Mit einem Vorwort von Nelson Mandela und Beiträgen von Nathan Geffen. Aus dem Englischen von Rita Seuß und Thomas Wollermann. C.H. Beck Verlag, München 2007. 256 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2007

Verbrecherische Aids-Leugner
Edwin Cameron berichtet, wie er mit HIV in Afrika überlebt

Jahr für Jahr veröffentlichen die Vereinten Nationen und die Weltgesundheitsorganisation einen Statusbericht zur Entwicklung der Aids-Epidemie. Erschreckenderweise nehmen sowohl die Zahl der Neuinfektionen mit dem HI-Virus als auch die Anzahl der Aids-Todesfälle weiter zu. Schon lange ist bekannt, wie man sich vor einer Ansteckung mit dem Virus schützen kann. Eine der Säulen staatlicher Aids-Politik sind die massiven Kampagnen zur Aufklärung der Bevölkerung, die vor allem den Gebrauch von Kondomen verordnen. Seit rund zehn Jahren aber muss man nicht mehr nur auf vorbeugende Maßnahmen vertrauen. Aids ist zwar nach wie vor unheilbar, doch mit Hilfe eines Cocktails verschiedener HIV-Medikamente kann die Ausbreitung des Virus im Körper dauerhaft gestoppt werden. Wenn sie anschlägt, ermöglicht die antiretrovirale Kombinationstherapie selbst schwer an Aids erkrankten Patienten ein vergleichsweise beschwerdearmes Weiterleben.

Erstmals offiziell diagnostiziert wurde Aids 1981 von dem amerikanischen Arzt Michael Gottlieb in Los Angeles. Er beobachtete das gehäufte Auftreten einer seltenen Lungenentzündung unter homosexuellen Männern. Zwei Jahre später isolierte Luc Montagnier vom Institut Pasteur in Paris als Erster das Aids auslösende Virus, später "Humanes Immunschwächevirus" (HIV) genannt. Während sich Aids in Nordamerika und Europa bis heute vorwiegend in bestimmten "Risikogruppen" - unter homosexuellen Männern, Drogenabhängigen und Blutern - verbreitet, hat sich das Immundefektsyndrom in Afrika zu einer Massenepidemie der heterosexuellen Bevölkerung entwickelt. UNAIDS, das Aids-Bekämpfungsprogramm der Vereinten Nationen, schätzt, dass derzeit rund 25 Millionen Afrikaner mit HIV infiziert oder bereits an Aids erkrankt sind. In den Ländern des mittleren und südlichen Afrikas beträgt die Durchseuchungsrate bei Erwachsenen bis zu 30 Prozent. Während in Deutschland dank hochpotenter Medikamente nur noch wenige Menschen sterben müssen, hatte Afrika südlich der Sahara im vergangenen Jahr wieder mehr als zwei Millionen Tote zu verzeichnen, nahezu drei Viertel aller Aids-Toten der Welt.

Wie es sich anfühlt, in einem der am schlimmsten von der Seuche heimgesuchten Länder zu überleben, beschreibt das Buch des Südafrikaners Edwin Cameron. Dass der 1953 geborene Cameron mit dem Leben davonkam, verdankt er einer Verkettung glücklicher Umstände, nicht zuletzt aber auch den Privilegien, die er als Weißer im Apartheidstaat genoss: Sie ermöglichten ihm eine gute Ausbildung und eine erfolgreiche juristische Laufbahn. Camerons Krankheit brach erst aus, als die "hochaktive antiretrovirale Therapie" bereits auf dem Markt war und er es sich als Richter am High Court von Johannesburg leisten konnte, 4000 Rand (rund 600 US-Dollar) im Monat für die notwendigen Medikamente auszugeben.

Sein Überlebensbericht schildert die "zweite Chance", die ihm die antiretrovirale Therapie bescherte, fast wie eine Wiederauferstehung - und doch ganz ohne Pathos. Denn Cameron stellt seine eigene Geschichte immer nur so wohldosiert aus, wie es der klugen Analyse der südafrikanischen Verhältnisse und dem politischen Appell an die Mitverantwortlichen dient - und scheint doch kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Mit "Witness to Aids", einer persönlichen Zeugenaussage in Sachen Aids, hat sich Cameron, der in Südafrika als Menschenrechtler, Aids-Aktivist und politischer Intellektueller hohes Ansehen genießt, nun auch literarische Meriten erworben. Im vergangenen Jahr wurde diese Dokumentation eines Lebens mit und gegen Aids in Afrika mit dem wichtigsten Literaturpreis des Landes, dem "Alan Paton Nonfiction Award", ausgezeichnet.

Einen der neuen Helden Südafrikas nennt ihn Nelson Mandela - Indiz sowohl für das Maß an Wertschätzung, das die junge südafrikanische Demokratie dem weißen, homosexuellen Richter entgegenbringt, als auch für den politischen Erfolg von Camerons beharrlichem Kampf für eine vernünftigere Aids-Politik am Kap. Welche Rolle dieser Aufsatzsammlung dabei zukommt, ist augenblicklich nicht abzuschätzen. Fasst sie lediglich eine Entwicklung zusammen, deren entscheidende Wendepunkte - das Ende der Preistreiberei für lebensrettende Medikamente, die Abkehr von einer Staatspolitik der Aids-Leugnung - glücklicherweise bereits hinter uns liegen? Oder wird "Witness to Aids" auch den Westen für die verheerenden Folgen in die Pflicht nehmen können, die etwa der Patentschutz für neue Medikamente in Ländern wie Südafrika hat? Kann das Buch dazu beitragen, dass endlich nicht mehr Millionen von Afrikanern an einer Krankheit sterben müssen, die in Europa und Nordamerika weitgehend beherrschbar geworden ist?

Im Hinblick auf die fahrlässige Gesundheitspolitik der Regierung Thabo Mbekis, die sich jahrelang weigerte, die "Hypothese" zu akzeptieren, dass Aids eine sexuell übertragbare Viruskrankheit ist, sprach der wohl bekannteste Aids-Aktivist Südafrikas, Zackie Achmat, von einem "Holocaust an den Armen". Camerons Argumentation ist, sicherlich auch seinem Amt als Richter am Obersten Berufungsgericht Südafrikas geschuldet, subtiler und doch nicht weniger vernichtend als die seines Freundes. Er vergleicht die Politik der demokratischen Regierung Südafrikas zwar nicht mit der systematischen Judenvernichtung der Nationalsozialisten, stellt aber die Leugnung des massenhaften Aids-Sterbens auf eine Stufe mit dem Straftatbestand der Holocaust-Leugnung. Hinter beiden Ideologien stecke, so Cameron, eine Verschwörungstheorie. Die antisemitischen Wahnvorstellungen von einem die Welt beherrschenden Judentum sind hinlänglich bekannt. Aids-Dissidenten wiederum glaubten an eine rassistische Intrige des Westens, der versuche, Afrikaner sexuell zu demütigen und mit teuren Medikamenten zu vergiften.

Und doch hat die bizarre Weltanschauung der afrikanischen Aids-Leugner, die in Südafrika so viel Unheil anrichtet, für Cameron auch einen rationalen Kern: Zu Recht wehre sie sich gegen die Unterstellung einer "zügellosen" Sexualität. Nach Camerons Ansicht fristet hier ein Versatzstück kolonialen Denkens sein Dasein in einem epidemiologischen Rätsel: Warum breitet sich Aids im mittleren und südlichen Afrika so viel dramatischer aus als im Rest der Welt? Auch in Asien lebten Millionen Menschen in bitterer Armut, die vielen Wanderarbeiter seien keine Besonderheit Afrikas, und selbst im kriegsgeschüttelten westafrikanischen Liberia liege die Infektionsrate um rund vier Fünftel niedriger als im Süden des Kontinents. Da keiner der angebotenen Gründe - Armut, Migration, Krieg - eine befriedigende Erklärung liefere, werde im Sexualverhalten der entscheidende Unterschied gesucht.

Die eindringlichsten Passagen, aber auch die, die am meisten zu denken geben, weil sie in ihrer Analyse gewissermaßen auf der Stelle treten, kreisen um das Phänomen der Stigmatisierung. Dieser komplexe sozialpsychologische Vorgang, bei dem Opfer und Täter in geheimer Absprache am gleichen Strang zu ziehen scheinen, erweist sich als Epizentrum der cameronschen Aids-Seismographie. Schlimmer als der körperliche Verfall, sagt Cameron, "verstörender und unbeherrschbarer", sei die mit Aids verbundene Scham. Er beschreibt sie als "inneres Stigma", das in vorauseilendem Gehorsam die gesellschaftliche Ächtung vorwegnimmt. Zwölf Jahre hat es gedauert, bis sich Cameron selbst öffentlich zu seiner Krankheit bekannte, obwohl er längst an prominenter Stelle die Interessen Aids-Kranker vertrat: 1993 hatte er ein Anti-Diskriminierungs-Projekt gegründet, und seit 1996 beriet er den Rechtsausschuss des südafrikanischen Parlamentes in Aids betreffenden Fragen. Erst als eine schwarze Südafrikanerin 1998 von Mitbewohnern ihrer Township gesteinigt wurde, weil sie im Radio über ihre HIV-Infektion gesprochen hatte, sah er sich gezwungen, sein Schweigen zu brechen.

Auf der englischen Homepage "witnesstoaids" kann man eine Diskussion verfolgen, die Cameron und Nathan Geffen, der zu dem Buch zwei großartige Kapitel über Patentschutz und internationale Gerechtigkeit beigesteuert hat, mit dem Kapstädter Philosophen David Benatar geführt haben. Benatar begreift den Staat nach vertragstheoretischem Muster als eine Art Versicherungsgesellschaft, die den Bürger nur so weit entschädigen muss, wie er für seine prekäre Lage nicht selbst verantwortlich ist. Dass die Regierung nach dieser Logik nicht moralisch verpflichtet wäre, eine Aids-Therapie für Erwachsene zu bezahlen, die sich durch ungeschützten Verkehr angesteckt haben, empfinden Cameron und Geffen im Hinblick auf die Armut und das Ausmaß der Epidemie in Afrika zu Recht als skandalös. Die Moralphilosophie erscheint unter diesen Vorzeichen als das überflüssigste Geschäft überhaupt: Sie lenkt Wasser auf die Mühlen des sozialen Vorurteils und der persönlichen Scham.

Unter dem Titel "Rasse, Sex und Tod in Afrika" schreibt Cameron über das Erbe der weißen Kolonisierung Afrikas und den selbstdiskriminierenden Umgang mit Aids. Zwischen den Zeilen legt er hier eine Erklärung für die hohe Infektionsrate in Südafrika nahe, die weniger mit sexuellen Gewohnheiten als mit einem historischen Trauma zu tun haben könnte. Die Opfer einer HIV-Infektion erlebten diese als Schandfleck, ganz unabhängig davon, bei welcher sexuellen Praxis sie sich angesteckt hätten. Wenn Täter und Opfer der Apartheid die Jahrzehnte währende Rassentrennung ebenfalls als Schande empfänden, dann wäre es vielleicht kein Zufall, dass der Aberglaube der Aids-Leugner gerade im ehemaligen Apartheidstaat auf so fruchtbaren Boden fällt.

BETTINA ENGELS

Edwin Cameron: "Tod in Afrika". Mein Leben gegen Aids. C. H. Beck, München 2007. 256 S., geb., 19,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Bettina Engels lässt keinen Zweifel an der Wichtigkeit des Buches. Die Aufsätze Edwin Camerons hat sie allerdings weniger als persönlichen Erfahrungs- und Überlebensbericht "ohne Pathos" gelesen denn als subtile Analyse der Verhältnisse in Südafrika und offenen Appell an die Mitverantwortlichen der Aids-Epidemie. Bemerkenswert findet Engels die Rationalität, mit der der Autor Phänomene wie die Aids-Leugnung und die Stigmatisierung der Opfer zu ergründen sucht, und Moralphilosophen wie David Benatar skandalisiert, die die Verantwortung für Aids am liebsten den Opfern überlassen würden.

© Perlentaucher Medien GmbH