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Hector ist ein krankhafter Sammler, so hortet er etwa kroatische Redewendungen, Käseetiketten, Glocken aus Seife und den Lärm um fünf Uhr morgens, eine kräftezehrende Sucht. Sein Selbstmordversuch mißlingt, und um seinen sechsmonatigen Klinikaufenthalt vor den Verwandten verbergen zu können, erfindet er eine Reise in die USA. Als Hector sich in der Bibliothek für die Berichte über seine erfundene Reise rüstet, lernt er Brigitte kennen, die ebenfalls behauptet hat, sie sei für längere Zeit in den USA. Die beiden verlieben sich, heiraten und verbringen die Flitterwochen in den USA. Anschließend…mehr

Produktbeschreibung
Hector ist ein krankhafter Sammler, so hortet er etwa kroatische Redewendungen, Käseetiketten, Glocken aus Seife und den Lärm um fünf Uhr morgens, eine kräftezehrende Sucht. Sein Selbstmordversuch mißlingt, und um seinen sechsmonatigen Klinikaufenthalt vor den Verwandten verbergen zu können, erfindet er eine Reise in die USA. Als Hector sich in der Bibliothek für die Berichte über seine erfundene Reise rüstet, lernt er Brigitte kennen, die ebenfalls behauptet hat, sie sei für längere Zeit in den USA. Die beiden verlieben sich, heiraten und verbringen die Flitterwochen in den USA. Anschließend gründen Hector und Brigitte ein sehr erfolgreiches Reisebüro für krankhafte Lügner.
Als Hector Brigitte beim Fensterputzen beobachtet, empfindet er diesen Augenblick als so erotisch und einzigartig, daß er beschließt, seine Frau heimlich dabei zu filmen. Liebevoll unterlegt er seine Videos - wieder eine Sammlung - mit Car-Wash-Soundtracks, bis eines Tages auf einem der Videos ein Mann auftauc
Autorenporträt
David Foenkinos, geb. 1974, Schriftsteller und Drehbuchautor, studierte Literaturwissenschaften an der Sorbonne und Jazz am CIM.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.09.2005

Bei Suppen hört der Spaß auf
Wadenkampf: David Foenkinos sammelt komische Augenblicke

Hector ist ein manischer Sammler. Er sammelt Käseetiketten, Aperitifspießchen, Briefmarken und - die Augenblicke, in denen seine Frau Brigitte die Fenster putzt. Nach einem vergeblichen Selbstmordversuch hatte er sich schon von seiner Sammelleidenschaft geheilt geglaubt, doch lernt er just seine spätere Frau kennen, als er in einer Bibliothek seine Amerika-Kenntnisse aufbessert, um einer vermeintlichen Auslandsreise Glaubwürdigkeit zu verleihen. Tatsächlich verbrachte er nach dem Selbstmordversuch sechs Monate im Krankenhaus.

An skurrilen Einfällen ist der Roman "Das erotische Potential meiner Frau" des Autors und Regisseurs David Foenkinos, der in Frankreich bereits drei Romane veröffentlicht hat, überreich. Mit einer gehörigen Portion Ironie betrachtet der räsonierende Erzähler die Geschicke seines "Pseudohelden" Hector, eines "Don Juan des Objekts", der kritisch vorgeführt, aber nie bloßgestellt wird. Dafür sorgt schon die Tatsache, daß die Zeitgenossen Hectors kaum weniger spleenig veranlagt sind. Jeder frönt im stillen seinen heimlichen Leidenschaften und errichtet seine Welt auf einer veritablen Lebenslüge.

Da ist etwa Gérard, Brigittes Bruder, der sich so lange an seiner vermeintlichen Radsportkarriere und seinem Sieg bei dem Rennen Ouarzazate-Casablanca berauscht, bis er schließlich selbst daran glaubt. Oder da ist die Tischtennisspielerin Laurence, die ihren Gästen nach den Hoden grapscht, ohne etwaige Übergriffe auf sie ähnlich gelassen hinzunehmen. Allerdings überstrapaziert Foenkinos manchen seiner Einfälle, denn daß Hectors Mutter eine Schwäche für jegliche Suppen hat und sein Vater ein Schnurrbartfetischist ist, hat man doch schnell mitbekommen, und so wirken die diesbezüglichen Räsonnements eher ermüdend. Ein gleiches gilt für seine Neigung zu ausgefallenen Vergleichen, die witzig sein sollen, aber in ihrer latenten Neigung zum Preziösen auch enervieren können: "Gérard torkelte rückwärts, etwa so, wie es der Turm von Pisa in einhundertzweiundfünfzig Jahren, vierzehn Tagen und zwölf Minuten tun wird."

Seine besten Seiten hat das Buch in Foenkinos' sicherem Gespür für Situationskomik und dem gleichermaßen poetischen wie komischen Potential, das er den Banalitäten des Alltags abgewinnt. Als Hector, der stets vorbildliche Sohn, seinen Eltern etwa gestehen will, daß er nicht in den Vereinigten Staaten war, sondern vielmehr einen Selbstmordversuch begangen hat, heißt es: "Nach einem Augenblick der Stille fingen seine Eltern an zu lachen. Sie glucksten über ihr Glück, einen so sanften und so humorvollen Sohn zu haben, den größten aller Hectoren, den witzigsten Sohn!" Was Wunder, daß in einer so beschaffenen Welt Lebenslügen und Verrücktheiten gepflegt statt ausgemerzt werden und wirkliche Wandlungen der Charaktere nicht gelingen.

Der lakonische Ton, der auch in der Heiterkeit jegliche grellen Effekte meidet, sorgt nicht zuletzt für einen bewußt herabgestimmten Umgang mit dem Thema Sexualität und Erotik. Dies fängt schon damit an, daß das spezifisch "erotische Potential" von Brigitte, von dem im übrigen nicht nur Hector eingenommen ist, in ihrer Haltung beim Fensterputzen besteht und nicht von ihren Beinen oder Brüsten, sondern von ihren Waden die größte Faszination ausgeht. Und wie eine Karikatur Houellebecqscher Paarungs- und Erlösungsphantasien liest es sich, wenn sich Hector auf Wunsch Brigittes bei dem befreundeten Pärchen Marcel und Laurence vollständig entblößt - statt einen erotischen Reigen auszulösen, amüsiert sich Brigitte über Hectors Vorstellung, darin könnte tatsächlich ihre geheime sexuelle Phantasie bestehen.

Daß Hector allerdings auch seine letzte, skurrilste (Sammel-)Leidenschaft aufgeben muß, nimmt man dem Buch fast übel. Zu poetisch und liebenswert waren diese Momente reinen Glücks für ihn, als daß man mit ihnen ähnlich umzugehen hätte wie mit einer Schwäche für Käseetiketten. Die Geburt von Drillingen sorgt indes hinreichend dafür, daß dem Sammeln auch in Zukunft ein weites Feld bestellt sein wird.

THOMAS MEISSNER

David Foenkinos: "Das erotische Potential meiner Frau". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Moshe Kahn. Verlag C. H. Beck, München 2005. 188 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2005

Die Lügen hinter der Gardine
„Das erotische Potential meiner Frau”: David Foenkinos erzählt von einem Mann, der alles und jedes sammelt
Hector ist ein Gefangener seiner Sammelsucht. Auf der Suche nach Befriedigung für sein verkorkstes Selbst hat er Rührstäbe, Aperitifspießchen und Geräusche um fünf Uhr morgens angehäuft und doch nie die erhoffte Erfüllung gefunden: „In gewisser Weise war er ein Don Juan des Objekts.” Er glaubt sich von seiner Manie geheilt, als er Brigitte kennenlernt und heiratet. Bis er erschrocken feststellt: „Ich sammle die Augenblicke, in denen meine Frau die Fenster putzt.” Der junge französische Autor David Foenkinos blickt in „Das erotische Potential meiner Frau” hinter die Gardinen des Durchschnittsbürgers, dort wo die kleinen Lügen des Lebens gemeinsam mit einem Wust an Verdrängtem hausen. Foenkinos erzählt mit Tempo und Ironie. Dabei läuft er Gefahr, den Leser mit seinem anspielungsreichen Witz auf die Dauer ein wenig auf die Nerven zu gehen.
Eine skurrile Episode folgt auf die nächste, und man wird das Gefühl nicht los, hier möchte jemand seinen übersprudelnden Esprit auf Kosten der Figuren vorführen - Foenkinos bedient sich eines allwissenden Erzählers, der weitaus gebildeter ist als Hector und Brigitte, und das versäumt er nicht zu erwähnen: „Hector hatte Aragon nicht gelesen, und letzten Endes braucht man Aragon auch gar nicht gelesen zu haben, um zu erfahren, dass die sinnliche Lust eine Diktatur ist.”
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David Foenkinos
Das erotische Potential meiner Frau
C.H. Beck Verlag, München 2005. 188 Seiten, 16,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Gut unterhalten fühlte sich Thomas Laux von David Foenkinos "Das erotische Potential meiner Frau". Geschildert werden, in einem Stil, der von fern an Boris Vian erinnert und dessen Humor zwischen Surrealismus und Albernheit schwankt, die Malaisen eines leidenschaftlichen Sammlers. Hector sammelt Spielzeug und Hasenpfoten, später wendet er sich erotischen Augenblicken zu. Also installiert er eine versteckte Kamera, die das Objekt seiner Begierde, Brigitte, beim Fensterputzen filmt. Dies sind für ihn faustische Momente, "Verdichtungen reinen Glücks". Durch Hectors seltsame Interessen laufen die Dinge aus dem Ruder, und es kommt zwischen ihm und Brigitte zu Irritationen und Eifersuchtsszenen. Damit auch die gehobene Leseerwartung nicht enttäuscht wird, bringt der Autor immer wieder "schwebende Diskurse der Pariser Schickeria und Intelligentsia" ins Spiel, wie Laux anmerkt.

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