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Eva hat ihren Job verloren und kommt zurück nach Edering, wo sie aufgewachsen ist. Ihre Eltern führen dort in zweiter Generation ein Bestattungsunternehmen und bieten ihr an, ins Geschäft einzusteigen. Aber Eva zögert, die Gespenster der Vergangenheit holen sie ein. Als sie neun Jahre alt war, verunglückten kurz hintereinander sechs Kinder am Ort. Damals war Eva befreundet mit Lilith, einem Flüchtlingskind, das am Ortsrand, auf der Engelsalm, in einer Notunterkunft lebte. "Dort tragen die Engel Ederings Kinder gen Himmel", sagte der Großvater, und alle Erwachsenen meinten, die wilde Lilith sei…mehr

Produktbeschreibung
Eva hat ihren Job verloren und kommt zurück nach Edering, wo sie aufgewachsen ist. Ihre Eltern führen dort in zweiter Generation ein Bestattungsunternehmen und bieten ihr an, ins Geschäft einzusteigen. Aber Eva zögert, die Gespenster der Vergangenheit holen sie ein. Als sie neun Jahre alt war, verunglückten kurz hintereinander sechs Kinder am Ort. Damals war Eva befreundet mit Lilith, einem Flüchtlingskind, das am Ortsrand, auf der Engelsalm, in einer Notunterkunft lebte. "Dort tragen die Engel Ederings Kinder gen Himmel", sagte der Großvater, und alle Erwachsenen meinten, die wilde Lilith sei schuld am Tod der Kinder. Doch eins fehlte noch, in der finsteren Logik jener Jahre, fraß nicht auch der Wolf sieben Geißlein? Seit damals ist Lilith verschwunden, und nun, zwanzig Jahre später, macht sich Eva auf die Suche nach der Geschichte der Engelsalm. Sabine Zaplin erzählt eine Geschichte vom Ende der Kindheit, spannend, atmosphärisch, dicht, eine Geschichte von heute, ein böses, schönes Märchen.
Autorenporträt
Sabine Zaplin, geboren 1964, war jahrelang als Regieassistentin, Regisseurin und Darstellerin an verschiedenen Theatern tätig. Ab 1990 Studium der Literaturwissenschaft und Beginn ihrer literarischen Arbeit. 1992 Kulturförderpreis ihrer Geburtsstadt Herford. Zur Zeit als freie Journalistin u. a. für den "Bayrischen Rundfunk" und die "Süddeutsche Zeitung" tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2004

Eva und Lilith auf dem Dorfe
Und wenn sie nicht abgeschoben sind: Sabine Zaplins böses Märchen

Der Werbetext auf dem Umschlag nennt dieses Buch "ein böses, schönes Märchen vom Ende der Kindheit". So wissen wir noch vor der ersten Textzeile, daß der Roman von Kindern handelt, jedoch keineswegs für sie geschrieben ist. Denn würde ein Buchautor kleinen Lesern etwas Arges über ihre Kinderwelt zumuten? Das tut auch die Autorin Sabine Zaplin nicht, ihre Botschaft über das Böse richtet sich eindeutig an ein erwachsenes Publikum. Große Leute halten böse Märchen besser aus.

Kinder also, die künftigen Bürger eines kleinen Ortes namens Edering. Wo der liegt, ob er überhaupt existiert oder nur beispielhaft für andere Kleckernester seiner Art steht, verrät uns die Autorin nicht. Doch läßt ihre Fabel den Schluß zu, daß wir den Ort im südlichen Westdeutschland suchen müssen. Für den Süden spricht nicht mehr als ein gewisser katholischer Schimmer auf dem Ederinger Alltag. Der Westen jedoch ist eindeutig belegt durch ein Haßverhältnis zwischen den angestammten Bewohnern und einer Gruppe Flüchtlinge, die in einem Containerhaus ein schäbiges Asyl gefunden haben. Das Wiesenstück, auf dem die Blechkiste steht, heißt ironischerweise "Engelsalm".

Woher kamen die Asylbewerber? "Aus dem Krieg", lehrt uns die Autorin. Aus dem Zweiten Weltkrieg? Das kann eigentlich nicht sein. Immerhin leben die Ederinger in materiellen Verhältnissen, die es in den vierziger, auch in den fünfziger Jahren noch nicht gab. Allein die Fernsehfreuden, von denen erzählt wird, gab es frühestens in den sechziger Jahren. Sabine Zaplin ist 1964 geboren, da liegt es nahe, daß sie die Kinderwelt ihrer kleinen Helden nach dem Muster eigener früher Eindrücke schilderte. Von welchem Krieg also ist die Rede, wo in Europa hat man zu jener Zeit Männer und Frauen, wenn sie nicht flüchten konnten, massakriert, ihre Kinder an Holzwände genagelt?

Der Schluß des Romans legt es nahe, daß die Autorin uns im Hauptteil gar nicht aktuelle Flüchtlinge vorführt, sondern gewissermaßen deren Nachkommen. Sie erläutert das nicht weiter, möglicherweise deshalb, weil ihre Fabel nicht vordergründig vom Asylproblem lebt, sondern vom Ederinger Kinderdasein. Andererseits hat sie die Kinder so nachhaltig in den Asylschatten gestellt, daß man schon gern etwas mehr darüber erfahren hätte. Doch wir müssen uns mit dem begnügen, was der Roman in den Vordergrund rückt. Er zeigt uns zwei kleine Mädchen: Eva, als Kind Ehf gerufen, Tochter des Ederinger Bestattungsunternehmers; und Lilli, die eigentlich Lilith heißt, freche Göre aus dem Asylantenheim. Beide sind Freundinnen, und das ist im Ortsverständnis ein Fauxpas, denn Lilli steht unter Verdacht, irgendwie am Unfalltod von sechs einheimischen Kindern schuld zu sein. Ein Vorurteil, ebenso dumm wie unausrottbar, da hilft es auch nicht, daß die übelbeleumdete Lilli ihren wahren Namen zu verbergen sucht. Lilith, das wissen aufmerksame Kirchgänger, ist ein altisraelischer Dämon, der den Menschen Schaden tut. Und so etwas, raunen die braven Ederinger, wohnt auf unserer Engelsalm.

Eines Tages gibt es ein siebentes Opfer - Lilli ist verschwunden. In den Kinderköpfen Ederings geistert die Geschichte vom Wolf und den sieben Geißlein, aber sie trifft die Verhältnisse nicht richtig, denn im Märchen findet ja die Geißenmutter ihre sieben Jungen lebend wieder, und der Wolf verendet mit Wackersteinen im Bauch. Die sechs Ederinger Kleinen aber sind tot, und Lilli kehrt nie zurück. Als Ehf zu Eva, also erwachsen geworden ist, raunt man ihr zu, ihr Großvater habe vor Jahrzehnten ein russisches Flüchtlingsmädchen erschossen. Also stammt das Asylantenproblem doch aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, und alles, was sich später zutrug, ist dessen verfluchtes Erbe? Wenn man es so sieht, dann könnte der Großvater, könnte jeder im Ort auch Lilli umgebracht, genauer gesagt, als einheimischer Held den zugewanderten Dämon Lilith beseitigt haben. Eva sieht es offenbar so, und da sie unser Medium ist, haben wir nur ihre Perspektive.

Was wird aus dem Mörderstädtchen? Die Autorin läßt es nicht davonkommen. Schon gibt es kaum noch Kinder im Ort. Und Eva übernimmt das Gewerbe ihrer Eltern: Sie wird fortan Edering begraben.

SABINE BRANDT

Sabine Zaplin: "Engelsalm". Roman. Verlag C. H. Beck, München 2004. 253 S., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ob Sabine Zaplins Roman "Engelsalm" der Rezensentin Sabine Brandt gefallen hat oder nicht, geht aus ihrer Besprechung des Buches nicht eindeutig hervor. Begeisterung scheint das Buch bei ihr nicht ausgelöst zu haben, ihr Tonfall ist eher verhalten. Im Wesentlichen begnügt sich Brandt aber mit der Wiedergabe des Gelesenen. Demnach geht es in Zaplins Roman um das Kinderdasein in einem nicht näher lokalisierten Ort namens Edering. Das Hassverhältnis zwischen den angestammten Bewohnern und einer Gruppe Flüchtlinge, die in einem Containerhaus ein schäbiges Asyl gefunden haben, spielt dabei eine wichtige Rolle. Woher die Asylbewerber kommen, in welcher Zeit die Handlung spielt, bleibt laut Brandt offen. Im Mittelpunkt der Geschichte sieht sie zwei kleine Mädchen, Eva, Tochter des Ederinger Bestattungsunternehmers, und ihre Freundin Lilli, die freche Göre aus dem Asylbewerberheim. Die wird von den angestammten Bewohnern beschuldigt, irgendwie am Unfalltod von sechs einheimischen Kindern schuld zu sein. Doch dann kommt Lilli selbst ums Leben. Später wird Eva, die das Bestattungsunternehmen ihrer Eltern übernommen hat, erfahren, dass vermutlich ihr Großvater Lilli auf dem Gewissen hat.

© Perlentaucher Medien GmbH