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In dieser ersten auf deutsch erschienenen Biographie erzählt Salomon Malka von den zentralen Stationen und wichtigen Begegnungen im Leben Emmanuel Lévinas'. Aus einer von jüdischen Traditionen geprägten Welt in Litauen findet Lévinas seinen Weg zum Studium nach Frankreich. Zu Beginn der 30er Jahre zunächst als Ausbilder für jüdische Lehrer tätig, wird er zum Kriegsdienst verpflichtet und gerät 1940 in Kriegsgefangenschaft. Bis Kriegsende verbleibt er in einem Speziallager für jüdische Kriegsgefangene in der Lüneburger Heide. Als er erfährt, daß unter den Opfern des Holocaust auch seine Eltern,…mehr

Produktbeschreibung
In dieser ersten auf deutsch erschienenen Biographie erzählt Salomon Malka von den zentralen Stationen und wichtigen Begegnungen im Leben Emmanuel Lévinas'. Aus einer von jüdischen Traditionen geprägten Welt in Litauen findet Lévinas seinen Weg zum Studium nach Frankreich. Zu Beginn der 30er Jahre zunächst als Ausbilder für jüdische Lehrer tätig, wird er zum Kriegsdienst verpflichtet und gerät 1940 in Kriegsgefangenschaft. Bis Kriegsende verbleibt er in einem Speziallager für jüdische Kriegsgefangene in der Lüneburger Heide. Als er erfährt, daß unter den Opfern des Holocaust auch seine Eltern, seine Geschwister und weitere Familienangehörige sind, beschließt er, nie wieder deutschen Boden zu betreten. Die Auseinandersetzung mit dem Grauen der Vernichtung der europäischen Juden wird fortan zu einem zentralen Angelpunkt seiner Philosophie.

Salomon Malka gewährt zudem sehr persönliche Einblicke in den Alltag des Philosophen - er zeigt sein Temperament, seinen Humor, seine Überzeugungen und schildert eindrücklich Lévinas' Begegnungen mit so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Martin Heidegger, Paul Ricoeur, Johannes Paul II, Jacques Derrida oder Maurice Blanchot.
Emmanuel Levinas (1906-1995) zählt zu den bedeutendsten Denkern des 20. Jahrhunderts. Als Sohn jüdischer Eltern in Kaunas (Litauen) geboren, studierte er in den 20er Jahren Philosophie zunächst in Straßburg, später bei Edmund Husserl und Martin Heidegger in Freiburg. Seine innovative und radikale Weiterentwicklung der Phänomenologie Husserls und der Daseinsanalyse Heideggers, insbesondere seine Überlegungen zum Umgang mit dem Anderen, haben ihn vor allem in Deutschland und Frankreich zu einem der wichtigsten und einflußreichsten Philosophen der letzten Jahrzehnte werden lassen.
Autorenporträt
Salomon Malka war Schüler von Emmanuel Lévinas. Er ist heute Essayist und Journalist und lebt in Paris.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.07.2004

Der freundliche Herr serviert gern Tee
Salomon Malka sammelt Anekdoten und Meinungen über Emmanuel Lévinas
Emmanuel Lévinas war einer der großen Wegbereiter und Erneuerer der Phänomenologie in Frankreich. Bei Edmund Husserl und Martin Heidegger hatte er Ende der zwanziger Jahre in Freiburg studiert, und Husserls „Cartesianische Meditationen” übersetzte er ins Französische, lange Jahre, bevor sie endlich im deutschsprachigen Original publiziert wurden. Sein Verhältnis zu Heidegger dagegen sollte zeitlebens ambivalent bleiben. Er verachtete dessen nationalsozialistisches Engagement, griff den existenzphilosophischen Ansatz jedoch auf und erweiterte ihn um die ethische Dimension der Beziehung zum Anderen.
So oder so ähnlich würde ein Eintrag zu Lévinas in einem philosophischen Nachschlagewerk lauten, und wer mehr wissen wollte, müsste auf die Lektüre der Werke zurückgreifen. Nun treibt aber die biographische Neugierde Fragen eigener Art hervor, wie die, die sich Salomon Malka zu Beginn seiner Lebensbeschreibung vornimmt, nämlich: Woraus besteht ein philosophisches Leben, wenn es denn mehr sein sollte als die Lektüre weiterer philosophischer Schriften und das Nachdenken darüber?
Am Ausgangspunkt von Malkas biographischen Nachforschungen steht seine persönliche Bekanntschaft mit Lévinas. Er war sechzehn, als er in die Ecole Normale Israélite Orientale eintrat, deren Direktor Lévinas damals war, und dreißig Jahre nach der ersten Begegnung legt er dessen Biographie vor. „Leben und Spur” lautet der Untertitel des französischen Originals, und das ist durchaus programmatisch zu verstehen als eine Suche nach den Spuren, die Lévinas nicht durch sein Werk, sondern in der persönlichen Begegnung mit anderen hinterlassen hatte. Wenn das Buch anhebt mit der Beschreibung der Beerdigungszeremonie, der Gruppen, die sich auf dem Friedhof versammelten und die den Kosmos darstellten, in dem sich das Leben Lévinas abgespielt hatte: der Freundes- und Familienkreis, Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die ehemaligen Schüler, Studenten und akademischen Kollegen, dann sind hier schon alle beisammen, die Malka später nach ihren Erinnerungen befragen wird. Sein Buch ist voller persönlicher Andenken, gleichzeitig anekdotengesättigt und dezent, wie es Gespräche über Verstorbene zu sein pflegen.
Rendezvous mit Derrida
Durch die überwiegend subjektive Perspektive der Darstellung tritt uns Lévinas als ein freundlicher älterer Herr gegenüber, der Gäste gern bei Tee und einem Glas Cointreau empfing und im Umgang gelegentlich etwas schwierig sein konnte. Die wenige freie Zeit zum Schreiben sparte er sich von seinen Verwaltungsaufgaben in der Schule ab, wobei er selbst über Kleinigkeiten wie verstopfte Abflusssiebe in Erregung geraten konnte. So weit, so unphilosophisch. Dass er nicht nur im Alltag die jüdischen Glaubensvorschriften befolgte, sondern regelmäßig am Sabbat eine Tora-Auslegung auf der Grundlage des kanonischen Kommentars von Raschi gab und daneben einen wöchentlichen Talmud-Kurs einrichtete, lässt die Konturen seiner Philosophie ebenfalls nicht deutlicher hervortreten, sondern macht seine eigentümliche Verbindung der phänomenologischen Tradition mit biblischen Lektüren, von griechischem und jüdischem Denken allenfalls noch rätselhafter. Paul Ricoeur bestätigt dies, wenn er von Husserl und der Tora als den beiden „Berührungspunkten” spricht, die er mit Lévinas teile und von denen er nicht wisse, „wie sie zusammengehen. Und wie es bei ihm zusammengeht, weiß ich auch nicht”.
An solchen für sich genommen aussagekräftigen Zitaten ist das Buch reich. Sie werden jedoch kaum einer Wertung unterzogen oder gegeneinander abgewogen. Wir finden uns vor einer großen Menge von kaum aufbereitetem und teilweise redundantem Rohmaterial.
Besonders ärgerlich ist das Kapitel über Derrida, in dem wir hauptsächlich über die Schwierigkeiten unterrichtet werden, sich mit Starphilosophen zu verabreden. Schließlich findet das Treffen doch statt, an der Bar des Hotels Lutetia, Derrida „im braunen Anzug, von dem das weiße Haar abstach”. Und? „Im Grunde”, resümiert Malka, „sind es vor allem Anekdoten, die von dieser Unterhaltung im Gedächtnis geblieben sind.”
Ob Derridas Aufsatz von 1964, „Gewalt und Metaphysik”, eine Wende in Lévinas’ Denken ausgelöst haben mag oder nicht - Malka stellt die Frage und beantwortet sie mit einer Vielzahl von unentschiedenen Floskeln. Wir wissen nun, dass es einen „möglichen Einfluss” gegeben haben mag, von dem „viele (nicht alle)” Interpreten ausgehen, „in jedem Fall” aber handele es sich um einen Text „von entscheidender Wichtigkeit”.
In dieser Aneinanderreihung von Anekdoten und Meinungen bleibt das Buch insgesamt von einer erschreckenden Harmlosigkeit. Wenn Lévinas als der Denker von „Verfolgung und Trauma” schlechthin bezeichnet werden kann, wie es der Titel einer Studie von Elisabeth Weber nahe legt - sollte seine Internierung in einem deutschen Kriegsgefangenenlager und die Ermordung seiner gesamten litauischen Familie durch die Nationalsozialisten dann keine anderen Spuren hinterlassen haben als einige Idiosynkrasien gegenüber Heidegger und die Weigerung, nach dem Krieg jemals wieder deutschen Boden zu betreten?
SONJA ASAL
SALOMON MALKA: Emmanuel Lévinas. Eine Biographie. Aus dem Französischen von Frank Miething, Verlag C. H. Beck, München 2004. 314 S., 29,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Woraus besteht ein philosophisches Leben, sieht man mal von der geistigen Lektüre des- oder derjenigen ab? Sonja Asal begleitet Salomon Malkas biografische Annäherung an das Leben des französischen Philosophen und Wegbereiters der Phänomenologie Emmanuel Levinas zunächst mit großer Sympathie. Malka war ein Schüler Levinas' an der Ecole Normale Israelite Orientale, erzählt sie, und als Mitglied des Schüler- und Freundeskreises beginne er auch mit der Schilderung der Beerdigungszeremonie, um den Kosmos abzustecken, in dem Levinas sich bewegte. Malkas Bericht sei entsprechend anekdotengesättigt, und dabei doch dezent, versichert Asal. Auch die widersprüchlichen Seiten Levinas', der einerseits die Existenzphilosophie Heideggers aufgriff, auch wenn er ihn politisch heftig ablehnte, und andererseits die Talmud-Lektüre suchte, kommen deutlich zum Vorschein, so Asal, zumal in den Aussagen befreundeter Philosophen wie Paul Ricoeur. Die Rezensentin bemängelt allerdings, dass Malka die aussagekräftigen Zitate anderer keinerlei Wertung und Abwägung unterzieht. Am meisten ärgert die Rezensentin das Kapitel über Derrida, das völlig im Anekdotisch-Belanglosen stecken bleibe. So erscheint ihr Malkas biografische Spurensuche als eine Ansammlung teilweise interessanten Rohmaterials, das erst noch zu einer Biografie geformt werden müsste und in Bezug auf das Thema Nationalsozialismus außerdem von "erschreckender Harmlosigkeit" sei.

© Perlentaucher Medien GmbH
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