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Produktdetails
  • Beck'sche Reihe
  • Verlag: Beck
  • Seitenzahl: 175
  • Gewicht: 198g
  • ISBN-13: 9783406459504
  • ISBN-10: 3406459501
  • Artikelnr.: 24374856
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.05.2001

Fülle und Mangel

DDR-ALLTAG. 1966 gab es einen schönen Sommer. Reich war die Ernte an Obst und Gemüse. Der sozialistische Handel verstand es dennoch, aus der Fülle einen Mangel zu machen. Die Verkaufsstellen wurden oft so beliefert, daß einerseits die Geschäfte schon am Nachmittag nichts mehr im Angebot hatten, andererseits Obst verfaulte. Als in den sechziger Jahren nach westlichem Vorbild das Einkaufen per Katalog möglich wurde, war die Begeisterung der Kunden so groß, daß die im Katalog angebotenen Produkte aus dem Sortiment normaler Kaufhäuser verschwinden mußten, um sie im Katalog weiter anbieten zu können. Dennoch konnte Mitte der siebziger Jahre nur noch die Hälfte aller Bestellungen aus dem Katalog erfüllt werden. Der Katalog wurde daraufhin abgeschafft. Als die SED beschloß, es sollten viele neue Wohnungen gebaut werden, um die Wohnungsnot zu lindern, entstanden zwar Hunderte von Plattenbausiedlungen. Gleichzeitig aber verfielen die Wohnungen in den Innenstädten. Auf jede neu gebaute Wohnung kam statistisch eine verfallene. Als Ende der fünfziger Jahre nach den Entbehrungen der Nachkriegszeit die Grundversorgung mit Lebensmitteln gesichert schien, setzte eine Freßwelle ein. In keinem anderen Land etwa wurde so viel Butter verbraucht. Das SED-Politbüro mußte sich die Frage stellen, wie man der eigenen Bevölkerung gesunde Ernährung nahebringen konnte. Das war schon deshalb schwierig, weil es Obst, Gemüse oder Fisch nicht ausreichend gab. Als die DDR-Führung die delikat -Läden mit ihren teuren Waren erfand, um die niedrigen Preise für Brot, Brötchen und Milch als soziale Errungenschaften weiter zu sichern, wanderten immer mehr Waren aus dem normalen Sortiment in die gehobene delikat -Klasse um auch dort bald wieder zu Mangelwaren zu werden. Das Beispiel DDR zeigt, daß dem Konsumverhalten eine systemsprengende Kraft innewohnt. Denn der Wunsch, einmal in westlicher Warenfülle einkaufen zu können, hat das Ende der DDR mehr befördert als alle politischen Forderungen. In jüngster Zeit sind viele Einzeldarstellungen zur Konsumgeschichte der DDR erschienen. Annette Kaminsky faßt diese nun in ihrem kurzweiligen Buch zusammen, das in aller Kürze klarmacht, was die DDR entgegen aller Hoffnungen und Utopien im Alltag war und warum sie früher oder später untergehen mußte. (Annette Kaminsky: Wohlstand, Schönheit, Glück. Kleine Konsumgeschichte der DDR. Verlag C.H. Beck, Becksche Reihe, München 2001. 176 Seiten, 19,90 Mark.)

F.P.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die durch das Kürzel F.P. unterzeichnende Rezensentin begrüßt das Buch von Annette Kaminsky und schildert anekdotenhaft einige der Absurditäten der SED-Politik bezüglich der Konsumgüter in der DDR. Sie konstatiert, dass im Konsumverhalten eine systemsprengende Kraft innewohne, da der Wunsch, einmal so wie im Westen einkaufen zu können, das Ende der DDR mehr befördert habe, als alle politischen Forderungen. Die vielen Einzeldarstellungen, die jüngst zur Konsumgeschichte der DDR erschienen sind, seien von Kaminsky in einem kurzweiligen Buch zusammengefasst, das klarmache, wie die DDR im Alltag wirklich war und warum die DDR früher oder später untergehen musste.

© Perlentaucher Medien GmbH