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Der Stuttgarter Elektroindustrielle Robert Bosch (1861 - 1942) stand als überzeugter Liberaler dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüber. Unter seiner Ägide arbeiteten im sogenannten "Boschkreis" führende Mitarbeiter mit Carl Goerdeler zusammen, um Hitler zu stürzen. Nach Kriegsausbruch kam es zu mehreren Friedensfühlern in der Schweiz und Großbritannien, um einen "Frieden ohne Hitler" zu erreichen. Auch in die Vorgänge, die zum Attentat des 20. Juli 1944 führten, war die Unternehmensführung einbezogen: Einige Mitarbeiter sollten Ämter in einer demokratischen Regierung nach Hitler einnehmen.…mehr

Produktbeschreibung
Der Stuttgarter Elektroindustrielle Robert Bosch (1861 - 1942) stand als überzeugter Liberaler dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüber. Unter seiner Ägide arbeiteten im sogenannten "Boschkreis" führende Mitarbeiter mit Carl Goerdeler zusammen, um Hitler zu stürzen. Nach Kriegsausbruch kam es zu mehreren Friedensfühlern in der Schweiz und Großbritannien, um einen "Frieden ohne Hitler" zu erreichen. Auch in die Vorgänge, die zum Attentat des 20. Juli 1944 führten, war die Unternehmensführung einbezogen: Einige Mitarbeiter sollten Ämter in einer demokratischen Regierung nach Hitler einnehmen. Dieser ungewöhnliche unternehmerische Widerstand im "Dritten Reich" fand erst mit dem Scheitern des Attentats auf Hitler ein gewaltsames Ende.
Joachim Scholtyseck schildert in seinem grundlegenden Buch die Geschichte dieses Kreises, dessen Wirken hier erstmals eingehend dargestellt wird.
Autorenporträt
Joachim Scholtyseck, geb. 1958, ist Professor für die Geschichte der Neuzeit an der Universität Bonn.
Forschungsschwerpunkte: Geschichte des "Dritten Reiches", Faschismus und Nationalsozialismus im Vergleich, Italienische Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Geschichte des deutschen Widerstands gegen Hitler, Geschichte der DDR, Ideengeschichte des Terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland, Geschichte des Kalten Krieges.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.07.2000

Schöne These ohne Beleg
Ein Historiker fahndet nach dem liberalen Widerstand
JOACHIM SCHOLTYSECK: Robert Bosch und der liberale Widerstand gegen Hitler 1933–1945. C. H. Beck, München 1999. 749 Seiten, 98 Mark.
Robert Bosch (1861–1942) war ein in vieler Hinsicht moderner Industrieller – nicht nur als Vertreter einer exportorientierten Branche, sondern auch als liberaler, sozial denkender und handelnder Unternehmer. Kaum verwunderlich, dass er dem Dritten Reich und seinem Kriegskurs wenig abgewinnen konnte. Bosch gehört zu den wenigen Unternehmern, die dem Widerstand gegen Hitler zuzurechnen sind, mit ihm seine engsten Mitarbeiter wie der Unternehmensleiter Hans Walz und der Privatsekretär Willi Schloßstein.
Bosch half Ende der dreißiger Jahre bedrängten Juden mit finanzieller Hilfe bei der Auswanderung, er unterstützte die „Deutsche Rundschau”, eine Zeitschrift der so genannten inneren Emigration, vor allem aber stellte er, nachdem Carl Goerdeler als Leipziger Oberbürgermeister zurückgetreten war, diesen als Berater in Finanzfragen und Vertreter bei den Berliner Behörden an und bot ihm damit eine legale Plattform und Tarnung für seine ausgedehnte politische Reisetätigkeit. Robert Bosch und sein Kreis wurden Teil des vielfachen Wandlungen unterworfenen Netzwerks von Oppositionellen, das sich um den zurückgetretenen Generalstabschef Ludwig Beck und um Goerdeler gruppierte und schließlich im Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 kulminierte. Goerdeler hatte in vielen Auslandsreisen versucht, die Unterstützung des Auslands, insbesondere Großbritanniens, für die Verschwörer zu sichern, deren angekündigte Staatsstreichversuche jedoch aus den verschiedensten Gründe bis 1944 nie zustande kamen. Auch Mitglieder des Bosch-Kreises pflegten solche konspirativen Kontakte.
Liberal oder konservativ?
Die Grundzüge der Widerstandstätigkeit des Bosch-Kreises, die über den Tod des Unternehmers hinaus fortgeführt wurde, sind schon aus der 1954 erschienenen Goerdeler-Biographie von Gerhard Ritter bekannt. Dennoch macht das Buch von Scholtyseck neugierig, zumal der Titel den Eindruck erweckt, Robert Bosch sei Teil einer breiteren, liberalen Widerstandsströmung gewesen. Aus diesem politischen Lager ist bislang nur die kleine linksliberale Robinsohn-Strassmann-Gruppe bekannt gewesen.
Doch einen unentdeckten liberalen Widerstand findet man auch bei Scholtyseck nicht; er beschreibt ausschließlich den Bosch-Kreis. Sein Ansatz ist ein anderer: Er will zeigen, dass es einen bürgerlichen Widerstand gab, der liberal, nicht restaurativ geprägt war. Dabei nimmt er insbesondere Hans Mommsen aufs Korn, der bereits Mitte der 60er Jahre antiliberale und antidemokratische Züge im gesellschafts- und verfassungspolitischen Denken des nationalkonservativen Widerstands, wie er unter anderem von Goerdeler repräsentiert wurde, grundlegend analysiert hat.
Vom Zwiespalt befreit
Scholtyseck ist deutlich bemüht, den Widerstand von derlei Zwiespältigkeiten zu befreien und ihn in eine ungebrochene Traditionslinie einzuordnen, die zur Demokratie und sozialen Marktwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland führt. Das ist allerdings mit der jüngeren Forschung und vor allem mit den Tatsachen schwerlich in Einklang zu bringen. Daher landet Scholtysecks Darstellung überall da, wo sie sich an der rauhen historischen Wirklichkeit stoßen könnte, immer wieder im Ungefähren und Ungenauen. Eine scharfe Definition des Liberalismusbegriffs gibt der Autor (der übrigens mit Nicolai Hammersens Studie über das politische Denken im Widerstand ein Grundlagenwerk zu seinem Thema schlicht ignoriert hat) nirgends. So spricht er einerseits – wenn auch in Anführungszeichen – von einer „Demokratisierung” Goerdelers durch den Bosch-Kreis und stellt anderseits fest, der Bosch-Kreis habe auch die „problematischeren Ideen” Goerdelers akzeptiert.
Den Widerspruch zu seiner Liberalismus-These, der sich hier auftut, vernebelt der Verfasser mit der rein spekulativen Aussage, die Angehörigen des Bosch-Kreises hätten wohl ohnehin nicht an die Realisierung der Ideen Goerdelers geglaubt. Derlei zusammenphantasierte Hilfskonstruktionen durchziehen das ganze Buch, an dessen nur über viele weitschweifige Umwege erreichbaren Ende Scholtyseck die rätselhafte Feststellung trifft: „Wenn die Quellen versiegen, ist der Historiker auf die intellektuellen Fähigkeiten des Lesers angewiesen. ” Vielleicht aber handelt es sich hierbei ja um einen Druckfehler. Sinn machen würde jedenfalls sehr viel eher folgende Version: „Wenn die intellektuellen Fähigkeiten des Historikers versiegen, ist der Leser auf die Quellen angewiesen. ”
JÜRGEN ZARUSKY
Der Rezensent ist Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte in München.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Buchtitel erwecke den Eindruck, als habe es im liberalen Lager einen breiteren Widerstand gegen Hitler gegeben, schreibt Jürgen Zarusky quasi kopfschüttelnd, denn der Rezensent kommt zu dem Schluss, dass dieser Eindruck täuscht, auch wenn es der Autor vielleicht gern so hätte. Bosch war in der Tat einer der wenigen Unternehmer, die gegen Hitler waren, und er scharrte einen Kreis von Vertrauten und Mitarbeitern um sich. Der Rezensent, Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte in München, kann dennoch keine rückwirkende Traditionslinie des bundesdeutschen Unternehmertums in den deutschen Widerstand entdecken, zumal er die gedankliche und personelle Überschneidung mit den Widerstandskreisen von Beck und Gordeler für problematisch hält. Eine gewagte These ohne jeden Beweis, schlussfolgert Zarusky.

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