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Auch ein Stück Zeitgeschichte: stimmungsvolle Erzählungen rund um die Jagd in Mecklenburg und Pommern - illustriert mit Zeichnungen des großen Wildtiermalers Manfred Schatz.

Produktbeschreibung
Auch ein Stück Zeitgeschichte: stimmungsvolle Erzählungen rund um die Jagd in Mecklenburg und Pommern - illustriert mit Zeichnungen des großen Wildtiermalers Manfred Schatz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.2000

Nur einen Schritt, Genosse Hirsch
Wie die DDR manch kapitalen Bock schoß, erzählt Wolfgang Köpp

Wer Jagderzählungen mit dem Titel "Stille am langen Bruch" zur Hand nimmt, hat lyrisch anmutende Naturschilderungen vor Augen, sieht lodengrüne knorrige Gestalten durch Feld und Wald pirschen. Die Geschichten des mecklenburg-vorpommerschen Tierarztes Wolfgang Köpp bieten solches, aber eben noch viel mehr. Hier hat ein über lange DDR-Jahre "bedrängter Geist" sein Ventil gefunden, die eigene Vergangenheit durch Schreiben zu bewältigen, aber auch erinnernd zu bewahren. Die große Naturverbundenheit, die ihm seine hinterpommersche Heimat gleichsam in die Wiege gelegt hatte, führte Köpp über den Umweg tierärztlicher Zufälle zur Ausübung der von ihm in erster Linie als Bewahrung der Schöpfung verstandenen Jagd. Denn "wer nur schießen will, der soll besser in einen Schützenverein gehen". Heftige Attacken reitet er gegen "pseudogrüne Demagogie" und "militante Naturschützer", die aus Unwissen oder wegen ihrer rein akademischen Betrachtungsweise durch widersinnige Schutzbestimmungen die Natur durcheinanderbrächten und damit mancher Art ihren Platz auf der roten Liste verschafften, während die Elstern sich "schackernd eins lachen". An solchen Stellen bricht sich das Temperament des erfahrenen Praktikers, der sich ein unverbildetes Verhältnis zu seiner Umwelt bewahrt zu haben glaubt, heftig Bahn.

Für den Nichtjäger dürften allerdings die steten Seitenblicke auf den DDR-Alltag interessanter sein. Zwar sind auch diese Passagen in der Regel an tierärztliche oder jagdliche Beispiele gebunden, sie erlauben aber durchaus verallgemeinerbare Einsichten: etwa das zunehmende Unverständnis der Kinder über den mühsamen dörflichen Lebenserwerb der Eltern; das Streben in die als "Arbeiterschließfächer" bezeichneten modernen Plattenbauten; die zur Verlotterung des "Volkseigentums" beitragende Devise: "Dat's nich min, dat's de Kolchos"; die dumpfen Parolen der "Fernaufklärer" oder "Beschleuniger" genannten lokalen Parteioberen; die einfallsreiche Devisenbeschaffung der DDR durch Hasenlebendfang und andere Perversitäten. Es stehen einem die Haare zu Berge, wenn der Tierarzt, obwohl ein Kugelkopf der Lenkung seines uralten Pkw nur provisorisch mit Draht zusammengebunden, der Rückspiegel blind ist und die Reifen blankgefahren sind, eine Ausnahmefahrerlaubnis bis maximal 60 Kilometer in der Stunde erhält, "wegen der Mängel an Ihrem Fahrzeug, aber fahren müssen Sie ja irgendwie, und wir haben auch keine Ersatzteile für Sie".

Ein Kapitel über die "Freundesjagden" ist - jedenfalls in der Rückschau - amüsanter zu lesen. Die russische Sprache hat keinen Begriff, kein Wort für das deutsche "wildern". Also wilderten die sowjetischen Offiziere mit ihren Puffnowkas und selbstgehacktem Bleischrot auch nicht, sondern nahmen sich die Jagd als selbstverständliches Recht heraus. Wer dagegen Einspruch erhob, verlor nicht nur seine Jagderlaubnis, es konnte ihn sogar seinen Beruf kosten. Kein Jägerlatein, sondern lebensgesättigte, ja saft- und kraftvolle Geschichten sind es, die Köpp für den Leser zusammengestellt hat. Das augenzwinkernde Meistern jeder Situation vor und die ironische Distanz zur Hektik der sich modern gebenden Welt nach der Wende lassen den unbescheidenen Wunsch nach mehr Autoren dieser Sorte aufkeimen.

CHRISTOPH STUDT

Wolfgang Köpp: "Stille am langen Bruch". Jagderzählungen. BLV Verlagsgesellschaft, München 1999. 159 S., Abb., geb., 34,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Christoph Studt findet vor allem deswegen Gefallen an diesem Buch, weil der Autor (im Hauptberuf Tierarzt) hier eine kuriose Mischung zwischen Naturschilderungen, Jägerleben und Spiegel des DDR-Alltags vorgelegt hat. Da sieht der Rezensent "lodengrüne knorrige Gestalten durch den Wald pirschen", gleichzeitig findet er es so aufschlussreich wie amüsant, wenn der Autor davon erzählt, wie er die Lenkung seines Autos - aus Mangel an Ersatzteilen - provisorisch mit Draht zusammengebastelt hat oder wie die DDR-Führung versuchte, durch den Fang von lebenden Hasen ("und anderen Perversitäten") zu Devisen zu kommen. Zwar scheint dem Rezensenten die Empörung Köpps über `militante Naturschützer`, die durch "rein akademische Betrachtungsweisen" nach Ansicht des Autors oft mehr Schaden als Nutzen in der Natur anrichten, doch etwas fremd. Insgesamt wünscht sich Studt jedoch "mehr Autoren dieser Sorte", die so unbescheiden wie Köpp "lebensgesättigte, ja saft- und kraftvolle Geschichten" wie diese schreiben können.

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