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Nach fast 30 Jahren treffen zwei ehemalige Freundinnen einander wieder. Der Mann, um dessentwillen sie sich damals getrennt haben, ist längst tot. Aber noch immer bestimmt er das Denken und Fühlen derjenigen, die ihn nicht bekommen hat. Und sie muss der anderen eine Frage stellen, die sie seit Jahren quält... Unerbittlich lotet dieser Roman die dunkelsten Winkel der menschlichen Seele aus.

Produktbeschreibung
Nach fast 30 Jahren treffen zwei ehemalige Freundinnen einander wieder. Der Mann, um dessentwillen sie sich damals getrennt haben, ist längst tot. Aber noch immer bestimmt er das Denken und Fühlen derjenigen, die ihn nicht bekommen hat. Und sie muss der anderen eine Frage stellen, die sie seit Jahren quält... Unerbittlich lotet dieser Roman die dunkelsten Winkel der menschlichen Seele aus.
Autorenporträt
Robert Schneider, geboren 1961, lebt in Meschach, einem Bergdorf in Vorarlberg. Für seinen Debütroman (1992) erhielt er zahlreiche in- und ausländische Preise.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.09.2002

Dada in Sydney
Zwei alte Damen suchen Worte:
Robert Schneiders „Schatten”
Zu den Schicksalen, die Bücher heute haben können, gehört es, schon wenige Tage nach dem Erscheinen – gebraucht aber „wie neu” – mit deutlichem Preisabschlag auf dem Marketplace des Internetbuchhändlers Amazon. de angeboten zu werden. So erging es auch dem neuen Roman von Robert Schneider, und man kann es dem Verkäufer nicht verdenken, dass er sich schnell von diesem Buch trennen will.
Seit dem überraschenden Erfolg seines Debüts „Schlafes Bruder” scheint Schneider blindlings einem Talent zu vertrauen, von dem gar nicht klar ist, ob er es hat. Er schreibt und schreibt, aber ist er ein Schriftsteller? In „Schatten” zeigt sich nirgends ein Talent. Im australischen Sydney wollen zwei „ältere” Damen offenbar Sándor Márais „Die Glut” nachspielen und enthüllen einander bei einem Abendessen ihre Lebens- und Liebestragödien, in denen ein gewisser Collin Lamont die männliche Hauptrolle spielt. Wahlweise werden die beiden älteren auch als „alte” Damen bezeichnet.
Diesen Collin wiederum darf man sich als nachlässig gekleideten und chronisch betrunkenen Schmierlappen mit schmutzigen Nägeln, dreckigem Hemdkragen und nikotingelben Fingern oder als den reinsten Menschen, der je gelebt hat, vorstellen. Ein widersprüchlicher, ja innerlich zerrissener Charakter also, der von sich sagt: „Ich bin ein Dichter”. Als jüngere Dame war Florence Goldin ganz hin und weg von solcher Sprachmacht: „Diesen Satz werde ich nie vergessen, oder vielmehr die Melodie des Satzes nicht”, vertraut sie ihrer ehemaligen Freundin und Collins einstiger Frau Kasha an.
So überaus melodisch klingt dieser Satz aber selbst dann nicht, wenn man berücksichtigt, dass Schneiders Roman in Australien spielt und Collin „I’m a poet” gesagt haben dürfte oder – dank seiner Alkoholprobleme – möglicherweise auch „Ummapoht”. Was immer er gesagt haben mag, in den liebenden Ohren der Florence Goldin klingt es noch heute nach: „Die Melodie von Collins Satz klang nämlich so: ,Ich bin kein Dichter. Ich werde nie ein Dichter sein. Ich werde nie die richtigen Worte für meine Traurigkeit und Verlorenheit finden, weil ich so traurig und verloren bin, dass ich gar keine Worte mehr habe.‘”
Was als Schwärmerei eines verknallten Backfisches noch eben durchgehen könnte, klingt aus dem Munde einer älteren, wenn nicht gar alten Dame ziemlich outriert. „Die Liebe braucht keine Macht”, vertraut Florence ihrer Freundin an: „Die Liebe hat Ohnmacht, tiefe, schutzlose Ohnmacht.” Die gute Kasha muss schlichtweg verdrängt haben, dass sie promovierte Psychoanalytikerin ist.
Wer sich gerne in die Kelche von Stilblüten vertieft, bis ihm so ganz tiefsinnig ums Herz wird, darf sich hier auf eine reiche Ernte freuen. Kulturhistorisch interessierte Leser können immerhin aus der Bemerkung, Florence habe in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg unter „Schriftstellern, Malern, Musikern, Dadaisten” verkehrt, auf eine späte Nachblüte der Dada- Bewegung in Sydney schließen. Wer aber beim Lesen nicht in der Luft gehen will, der sollte sein Gemüt vor diesen „Schatten” bewahren.
ULRICH BARON
ROBERT SCHNEIDER: Schatten. Reclam Verlag, Leipzig 2002. 207 Seiten, 18, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.2002

Die Liebe in Australien
Schlafes Nachfolger: Robert Schneiders neuer Roman "Schatten"

Zehn Jahre ist es her, da veröffentlichte ein uneheliches Kind, das damals schon einunddreißig Jahre alt war - ein Bauer hatte es nach dem Zeugungsmalheur adoptiert, das Kind wuchs darauf in einem Bergdorf auf und konnte im Jahr 1992 endlich zeigen, was in ihm steckt -, einen Roman über ein uneheliches Kind, das in einem Bergdorf aufwuchs und noch früher als der Autor zeigen konnte, was in ihm steckte: ein Genie - ein musikalisches Genie mit einer Wahnsinnsliebe zu einer Frau, und das zusammen nun mitten in der Öde und dem tumben Schrecken des Landlebens. Das Manuskript war von sehr vielen Verlagen abgelehnt worden, was sehr viele Verlage nachher gewurmt hat. Denn der Roman "Schlafes Bruder" wurde ein Riesenerfolg. Das Buch von Robert Schneider bewegte die Herzen der Jugend und die der Erwachsenen. Sie begannen, heftig für die wahre Liebe und den genialen Außenseiter in der schlechten Welt zu schlagen. Robert Schneider blieb bei dem Beruf, der ihm den Erfolg gebracht hatte. Sein neuer Roman heißt "Schatten", und mit ihm wird die irdische Glut der himmlischen Liebe weiter am Leben gehalten. Dieses Mal sind wir dazu in Australien. Es hätte auch Neuguinea sein können oder Bolivien. Denn einerseits erfahren wir nichts über Australien. Und andererseits: Von was handelt denn die Literatur, und was hält denn die Welt am Rotieren, wenn nicht die Liebe? Da tauchen auch schon zwei Frauen auf. Sie treffen sich nach über zwanzig Jahren in Sydney in einer Bar, nehmen Platz, geben ihre Bestellung auf und erzählen sich an einem Abend und in einem Atemzug ihre Liebesgeschichten, die auch zwei Leidensgeschichten sind. Denn die beiden Frauen auf dem langen Marsch zu sich selbst oder an sich vorbei liebten denselben Mann. Doch der ungehobelte Mann, der heiratete nur eine der beiden. Jetzt ist der Mann schon lange tot. Er war ein Dichter. Nicht irgendeiner, sondern ein Dichter ohne Worte - gleich einem Pianisten, der kein Klavier, gleich einem Tennisspieler, der kein Tennis spielen kann.

Der Dichter, der Ärmste, aber war in den Augen derer, die sehen konnten, und das waren und sind immer nur ganz wenige, der Reichste: Er schrieb kein Wort, weil die Sprache ihm und dem, was er zu sagen hatte, nicht genügen konnte. Ein Dichter ohne Gedicht? Den beiden Frauen war's egal. Uns wäre das nicht egal gewesen. Die Frauen teilen sich ihren Job: Die eine hält ihren Monolog, die andere hält still. Wir hören, was sie sagen, wie sie leiden. Denn so hartherzig und so abgebrüht sind wir nicht, daß wir an diesem Gefasel über die Liebe und deren Geheimnis und Macht nicht leiden würden, das Schneider, selbst keiner der großen Dichter ohne Worte, den beiden Frauen eingebrockt hat.

EBERHARD RATHGEB

Robert Schneider: "Schatten". Roman. Reclam Verlag, Leipzig 2002. 207 S., geb., 18,90 [Euro]

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Robert Schneider zeichnet zwei Frauenporträts, die - was die Liebe anbetrifft - unterschiedlicher gar nicht zu denken sind. Die Frau, die über alle Maßen liebte, verliert den Mann ? die andere, die zur Liebe gar nicht fähig war, hat ihn bekommen. Schneider weiß um die Ungerechtigkeiten des Lebens. Er weiß um die quälende Not unerfüllter Liebe. Wer sich auf ein solch gefühlsbesetztes Erzählen einlässt, wird immer Leser und Kritiker zurücklassen, die diese tiefsten Tiefen ihres Empfindens verschlossen halten wollen. Schneider will sie öffnen. Ob es eigene Schmerzerfahrung ist, die ihn sprechen lässt, oder nicht: es ist erstaunlich, wie tief der Autor in menschliche Gefühlswelten einzudringen weiß.
Obschon Schatten als Roman bezeichnet ist, wirkt sein Erzählen glücklicherweise eher novellistisch. Mit allen Zügen des Besonderen und Einmaligen, von dem freilich der Autor glaubt, dass es allgemeine Gültigkeit besitzt. Die Entscheidung darüber aber bleibt beim Leser. Dass Schneider etwas Entscheidendes vorgelegt hat, wird man nicht leugnen können. Und ganz sicher hat der Autor wieder viel von jenem literarischen Vermögen zurückgewonnen, mit dem er bei Schlafes Bruder so überzeugt hatte."
(mdr-Kultur)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die selektive Auswahl und Orientierung, die ein Kritiker den Leser zu bieten hat, nimmt sich Ulrich Baron in dieser Rezension wirklich zu Herzen. Er stellt sich schützend vor den Leser, dem er die Lektüre dieses neuen Romans von Robert Schneider nicht zumuten möchte. Das Talent, das dem Autor nach dessen erfolgeichem Debüt ?Schlafes Bruder? zugeschrieben worden ist, ließe sich in seinem neuen Werk beim besten Willen nicht erkennen. Zwei alte Damen, die sich im australischen Sydney einander ihre erlebten ?Lebens- und Liebestragödien? enthüllen - zudem die Widersprüchlichkeit eines in den Geschichten auftauchenden männlichen Protagonisten. Bitter verweist Baron lediglich auf eigenwillige Lesebedürfnisse: ?Wer sich gerne in die Kelche von Stilblüten vertieft, bis ihm so ganz tiefsinnig ums Herz wird, darf sich hier auf eine reiche Ernte freuen?. Bis auf eine eventuelle Bereicherung durch die in Sydney geschilderten kulturhistorischen Ereignisse ist für Baron in diesem Roman nicht viel zu holen: Wer ?beim Lesen nicht in die Luft gehen will, der sollte sein Gemüt vor diesen Schatten bewahren?.

© Perlentaucher Medien GmbH