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Er war in der DDR einer der führenden Bürgerrechtler - und ist es in der Bundesrepublik geblieben: Friedrich Schorlemmer. In Gesprächen mit Hans-Dieter Schütt erzählt er über Morgengeier und Hoffnungstauben, das Elend von Feindbildern, die Kultur eines Pfarrhauses, Gerechtigkeit und Glockenläuten, das Wunder eines Jahreskreises, Menschsein im Widerspruch, Wert und Wagnis von Utopien, das gefährdete Solidarprinzip. Kurzum: Gespräche über Gott und Welt, Tod und Teufel.

Produktbeschreibung
Er war in der DDR einer der führenden Bürgerrechtler - und ist es in der Bundesrepublik geblieben: Friedrich Schorlemmer. In Gesprächen mit Hans-Dieter Schütt erzählt er über Morgengeier und Hoffnungstauben, das Elend von Feindbildern, die Kultur eines Pfarrhauses, Gerechtigkeit und Glockenläuten, das Wunder eines Jahreskreises, Menschsein im Widerspruch, Wert und Wagnis von Utopien, das gefährdete Solidarprinzip. Kurzum: Gespräche über Gott und Welt, Tod und Teufel.
Autorenporträt
Friedrich Schorlemmer, geboren 1944 in Wittenberge/Elbe, aufgewachsen in der Altmark. Studium der Theologie, 1978 - 92 Dozent am Evangelischen Predigerseminar und Prediger an der Schlosskirche in Wittenberg, seit 1992 Studienleiter an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in der Lutherstadt Wittenberg. 1989 erhielt er für sein Wirken die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte und 1993 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. 2009 wurde Friedrich Schorlemmer mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Hans-Dieter Schütt, geboren 1948 in Ohrdruf/Thuringen, war von 1984 bis 1989 Chefredakteur der FDJ-Zeitung »Junge Welt« und ist seit 1992 Feuilletonredakteur der Tageszeitung »Neues Deutschland«. Er veröffentlichte zahlreiche Interviewbucher.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.03.2012

Mit dem Furor der Unbedingtheit
Friedrich Schorlemmer und Hans-Dieter Schütt im Gespräch: „Zorn und Zuwendung“ will nicht Lehre sein, sondern Selbstbefragung
Scheidewege: Als der evangelische Pfarrer Friedrich Schorlemmer 1983 vor oppositionellen Jugendlichen zu nächtlicher Stunde im Lutherhof der Schlosskirche Wittenberg ein Schwert zu einem Pflugschar umschmieden ließ, da war der einstige Dramaturg und spätere Chefredakteur der Jungen Welt Hans-Dieter Schütt Redenschreiber für den Zentralrat der FDJ – „Kaderreserve der Partei“. Dass zwei so konträre Persönlichkeiten in freimütigen Gesprächen zueinanderfinden, erfreut uns im Nachwende-Deutschland nicht allzu oft.
„Zorn und Zuwendung“ heißt das jüngste Gesprächsbuch von Hans-Dieter Schütt, und der Titel meint zuerst Schorlemmers Befindlichkeit, jenen Erregungszustand, der einen aktiven Christen nie zur Ruhe kommen lässt. Die Überschrift des Dialogs spielt aber auch auf das Verhältnis zwischen Befragtem und Fragesteller an, das Letzterem eine Katharsis abverlangte: Zorn gegen sich selbst zu richten, damit sich Reserviertheit in Zuneigung kehren konnte.
Das erste Gespräch handelt von Gott und der Welt, Christus, der Bibel und der Kirche. Schorlemmers provozierende Glaubensäußerungen sind bekannt. Wir zählen die Jahre „nach Christi Geburt“ – „ich muss anders zählen“, sagt er: „X nach Auschwitz, X nach Hiroshima.“ Oder: „Rom als Prinzip“, das ein Prinzip der „Wahrheitsbeschränkung“ sei, „widerspricht dem Jesus von Nazareth.“ Solche Worte haben manche erzürnt. Das Angenehme und das oft Unerhörte seiner Rede ist: Sie kommt nie als Lehre daher, sondern als Selbstbefragung.
Im zweiten Gespräch geht es um den gesellschaftlichen Umbruch 1989/90 und die Wiedervereinigung. Des Christen Position: „Bei der Auseinandersetzung mit der DDR wäre eine Atmosphäre zu entwickeln gewesen, in der jeder Verstrickte so erzählen kann, dass man den einstigen Zusammenhang versteht, in dem er handelte. Es geht nicht um Rechtfertigung, aber sehr wohl ums Verstehen . . .“
Es ist bereits das zweite Buch, in dem sich Friedrich Schorlemmer dem Publizisten Hans-Dieter Schütt und einer breiten Leserschaft bis in biographische Details öffnet. Und es ist das zwanzigste in einer Reihe von Gesprächsprotokollen, die Schütt vorgelegt hat. Diese geben „mit dem Furor der Unbedingtheit“ Aufschluss über Gert Voss, Robert Menasse, Klaus Löwitsch, Alfred Hrdlicka, um nur einige Namen zu nennen. In seinem Essayband „Doppelt leben“ (Karl Dietz Verlag, Berlin 2010. 295 S., 19,90 Euro) hat Schütt seinem Vorbild Günter Gaus eine lustvolle Abhandlung über politischen Journalismus gewidmet. Die fortwährende „Abgrenzungsnoblesse“, als die er den Essay charakterisiert, ist ihm zum Teil auch Verteidigungsrede – nicht seiner selbst, sondern für andere: Außenseiter wie den wenig bekannten Lyriker Uwe Greßmann und Heinz Czechowski, den Mitläufer und den wahlverweigernden „Verräter“, auch für sogenannte Renegaten wie Arthur Koestler. Schütt liefert frische, geistvolle Porträts, die das Diffizile der Person nie aussparen, über Handke, Enzensberger, Walser . . .
Mit seiner Vergangenheit geht Schütt schonungslos ins Gericht. Sein memorierender Großessay „Glücklich beschädigt“ (Wolf Jobst Siedler, Berlin 2009. 222 Seiten, 22 Euro) ist der Dante’sche Gang durchs Fegefeuer, eingedenk der einstigen Funktion des Autors als „Windmacher für das Fahnenflattern“ in SED- und FDJ-Medien. Die bittere Erfahrung der „Selbstgeiselnahme“ scheint auch in den Gesprächen mit Friedrich Schorlemmer durch.
Das eigentlich Bestaunenswerte: Alle diese „genauigkeitsschönen“ Arbeiten erwachsen in und trotz der Hektik einer Tagesredaktion. Schütt ist nämlich Feuilleton-Chef der sozialistischen Tageszeitung Neues Deutschland. Aus seinen Texten kann man allerlei Bonmots und Aperçus sammeln. Dass ein Autor nicht seines Namens, sondern seines sprühenden Esprits wegen buchwert ist, auch dies ist selten.
JENS GRANDT
HANS-DIETER SCHÜTT: Friedrich Schorlemmer. Zorn und Zuwendung. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2011. 240 Seiten, 16,95 Euro.
Schütt, früher ein „Windmacher
für das Fahnenflattern“, hat sich ins
Fegefeuer der Selbstkritik begeben
Schorlemmer (links) und Schütt Fotos: Sandy Rau, Burkhard Lange
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Jens Grandt weiß die Gesprächsbände von Hans-Dieter Schütt wegen ihres Esprits und ihrer Genauigkeit zu schätzen. Dies gilt auch für das jüngste Werk des Feuilleton-Chefs der Tageszeitung Neues Deutschland, das ihn im Gespräch mit dem DDR-Bürgerrechtler und evangelischen Pfarrer Friedrich Schorlemmer zeigt. Die beiden scheinen Grandt durchaus "konträre Persönlichkeiten", umso erfreuter ist er über das Gelingen des Gesprächs über Gott und die Welt sowie über den gesellschaftlichen Umbruch 1989/90. Besonders gefällt ihm an Schorlemmers auf manche vielleicht provozierend wirkenden Äußerungen, dass sie "nie als Lehre", sondern immer als "Selbstbefragung" daherkommen.

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