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Warmherzig und bewegend: Aliza Olmert erzählt vom Traum eines besseren Lebens, von Aufbruch und Ankommen, von der Liebe eines Mädchens zum Meer. Es ist die Geschichte ihrer Familie im jungen Staat Israel. Alusia ist fünf Jahre alt, als sie mit ihren Eltern ein Schiff besteigt. Krieg, Verfolgung und das Wunder, überlebt zu haben, liegen hinter der Familie, die nun das Gelobte Land ansteuert. Für das Mädchen ist die Welt der Erwachsenen ein Buch mit sieben Siegeln. Anuschka, die melancholische Mutter, fürchtet die Lebensumstände und sehnt sich nach Europa, wo sie den geliebten Toten näher ist.…mehr

Produktbeschreibung
Warmherzig und bewegend: Aliza Olmert erzählt vom Traum eines besseren Lebens, von Aufbruch und Ankommen, von der Liebe eines Mädchens zum Meer. Es ist die Geschichte ihrer Familie im jungen Staat Israel.
Alusia ist fünf Jahre alt, als sie mit ihren Eltern ein Schiff besteigt. Krieg, Verfolgung und das Wunder, überlebt zu haben, liegen hinter der Familie, die nun das Gelobte Land ansteuert. Für das Mädchen ist die Welt der Erwachsenen ein Buch mit sieben Siegeln. Anuschka, die melancholische Mutter, fürchtet die Lebensumstände und sehnt sich nach Europa, wo sie den geliebten Toten näher ist. Olek, der tatkräftige Vater, träumt von einem Neuanfang im Staat der Juden. Aber in Palästina liegt das Glück nicht auf der Straße. Geld und Liebe sind nicht so einfach zu erwerben, und die Schatten der Vergangenheit sind lang. Doch die heranwachsende Alusia weiß:"Wer ein Stück vom Meer sehen kann, muss glücklich sein."
Autorenporträt
Aliza Olmert wurde 1946 in Eschwege, Deutschland, geboren. Sie hat Dramen und Drehbücher verfasst und gehört zu den renommiertesten bildenden Künstlern in Israel. Sie ist mit dem Politiker Ehud Olmert verheiratet und Mutter von vier Kindern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2008

Ratten pflasterten ihren Spielplatz

Keiner fragt nach den verletzten Seelen: Aliza Olmert, die Frau des israelischen Ministerpräsidenten, erzählt in ihrem Roman von einer Einwandererkindheit in Palästina.

Sie eilte von Fenster zu Fenster, suchte nach möglichen Gefahren, die dort lauerten, schob den Hals durch die Öffnung zur Straße ... atmete tief ein in der südlichen Sonne, die Gesundheit verhieß, und befahl mir, glücklich zu sein. Nicht jeder habe die Möglichkeit, in ein Zimmer zu ziehen, das früher ein Festsaal war, besonders nicht in ein Zimmer, von dessen Badezimmerfenster aus man ein schmales Stück vom Meer sehen könne." So könnte in der Tat eine glückliche Kindheit anfangen, im Süden, nahe am Meer.

Aber Aliza Olmerts Roman handelt von dem einen Jahr zwischen dem Sommer 1952 und 1953. Der Ort ist Manschija, eine kleine, ehedem arabische Siedlung, deren Bewohner 1948 nach Gaza geflohen waren und von deren Dächern aus man Tel Aviv entstehen sehen kann. Die Gefahren, nach denen die Mutter der fünfjährigen Erzählerin sucht, sind europäischen Ursprungs. Und sie lauern überall. Ihre Präsenz zu wittern ist der Mutter seit der Heimsuchung Polens durch die Deutschen zur zweiten Natur geworden. Die Familie - Vater Olek, Mutter Anna und Tochter Alusia Meller, polnische Juden, die sich nach einem Aufenthalt in einem Lager in Eschwege in München angesiedelt hatte - gehört zu den Tausenden von Neueinwanderern nach Israel, deren seelische Traumata den äußersten Gegensatz zur optimistischen Aufbruchs- und Aufbauideologie der alteingesessenen Zionisten des jungen Landes bildeten und deren Sedimente noch immer unterschwellig israelische Politik bestimmen.

Olmerts bewegender Roman, der vorzüglich ins Deutsche gebracht wurde, schildert den Erfahrungshorizont eines Kindes, das dem Befehl, glücklich zu sein, unbedingt Folge leisten will, weil es die Eltern liebt. Aber ein Neuanfang und Glück sind unmöglich, solange die Vergangenheit in der Gegenwart nicht ihren konkreten Platz gefunden hat. Nie hätten die Mellers, denen die ersten Schritte in eine bürgerliche Nachkriegsexistenz gelungen waren, sich zur Auswanderung nach Israel entschlossen, wenn Olek nicht in den Ruinen eines Münchner Hauses Tausende von gleißend neuen Schnallen für Gürtel, Taschen, Helme und dergleichen entdeckt hätte. Ihr Hersteller, ein Halbjude, floh in den letzten Kriegstagen. Olek bringt die Schnallen an sich und verfällt der Idee, sich mit ihrer Hilfe in Israel als Lieferant der Armee zu etablieren. Er verspricht Anna, die noch immer auf Nachricht von überlebenden Angehörigen wartet, ein Haus mit Bougainvilleen und die Rückkehr zur feinen Lebensart ihrer großbürgerlichen Familie in Lodz. Er dagegen wird ein "Jude der neuen Art" werden. Unbelastet von Europa, wird er mit anderen Juden ein neues Land aufbauen.

In Manschija bekommen die Mellers zunächst eine Einzimmerwohnung für Neueinwanderer. Aus den Schnallenschachteln bauen sie Tisch und Sitze. Jeden Morgen zieht Olek aus, um seine Schnallen zu verkaufen. Jeden Abend kommt er geschlagen, aber Erfolg vortäuschend nach Hause. Anna, die sich weigert, Hebräisch zu lernen, weil sie nur in ihrer Erinnerung lebt, verbringt ihre Tage in völliger Isolation, in die sie auch ihre Tochter miteinbezieht. ",Alle Menschen gehen ihrem Ende entgegen, nur ich gehe vom Ende zum Anfang', sagt Mutter mit eingezogenen Schultern." Damit ist die gegenläufige Bewegung beschrieben, die diesen Roman kennzeichnet. Während Olek auf Teufel komm raus in die Zukunft preschen will, lebt die Mutter nur in den Bildern der "Familie, die nicht mehr da ist". Sie versetzt sich aus ihrer sozialen Sackgasse in Manschija zurück in ihre Kindheit in Lodz. Zwischen Vater und Mutter, zwischen Zukunft und Vergangenheit wird die Tochter zerrieben. Ratten werden ihre imaginären Spielgefährten.

Erst die Typhuserkrankung der Tochter nach einem Rattenbiss bringt die Eltern halbwegs zur Besinnung. Mutter und Tochter verbringen den Spätsommer auf der Mauer einer zerstörten Moschee, von der aus sie Oleks Schnallen in einen Gully werfen. Zu diesem Spiel laden sie die Kinder in der Nachbarschaft ein. Schließlich ist es Olek, der die Spannung zwischen Vision und Realität nicht mehr aushält. Er entledigt sich seiner fixen Idee, mit gestohlenem Material aus der nationalsozialistischen Zeit eine Zukunft als neuer Jude aufbauen zu wollen, in zwei Wutausbrüchen, die seine Tochter in Mitleidenschaft ziehen. Das zerstört das Vertrauensverhältnis von Vater und Tochter, das auf Illusionen basierte, schafft aber auch die Möglichkeit der Neuorientierung.

Der Vater sucht nun Arbeit in seinem alten Beruf als Agraringenieur. Er bekommt eine Stelle im Landwirtschaftsministerium, wenige Tage nachdem die Familie in eine neue Wohnung umgezogen ist. Unter dem Eindruck des wirtschaftlichen Aufschwungs, der die Annäherung an die früheren Lebensverhältnisse erlaubt, beginnt die Mutter, sich aus ihrer Depression herauszuschälen. Dauerhaft wird die Überwindung der Sucht nach der Vergangenheit aber erst, als die Mutter durch Zufall in die Lage versetzt wird, in ihrer neuen Wohnung eine polnische Leihbücherei einzurichten, die zur Anlaufstelle für polnische Überlebende wird. Sie wird zum Zentrum eines sozialen Netzwerks und damit zu einer Ersatzfamilie.

Zu diesem Zeitpunkt hat die Vergangenheit der Jahre 1939 bis 1945, die von Olmert nur zögernd und kryptisch verwischt erzählt wird, der Tochter Alusia allerdings schon dauerhafte Wunden geschlagen. Erst die Begegnung mit einem Mädchen von gleichartiger Herkunft und mit ähnlicher Verwundung ermöglicht es Alusia am Ende des Buches, erstmals aus ihrer Vereinsamung auszubrechen und sich einem anderen Kind zu nähern.

Die Spekulation liegt nahe, dass Aliza Olmert das Mädchen Alusia ist. Aliza Olmert wurde selbst 1946 als Tochter von Überlebenden in Eschwege geboren und kam 1949 nach Israel. In ihrem aufwühlenden Buch, das in Israel schon 2001 erschien, als ihr Mann Ehud Olmert noch nicht Premierminister von Israel, sondern Bürgermeister von Jerusalem war, hat sie nach eigenem Bekenntnis "autobiographische Erinnerungen" verarbeitet. In Israel ist Frau Olmert sowohl für ihren Einsatz zugunsten vernachlässigter Kinder als auch für ihre progressive politische Einstellung bekannt. Unschwer lässt sich der Bezug des Romans zur Wirklichkeit erkennen: Die brutale Herauslösung der Eltern aus allen sozialen Bezügen führt in der nächsten Generation zu einer Kindheit voller Traumata.

Hat diese Erkenntnis eine politische Dimension? Nicht in diesem Buch. Die Familie Meller ist ja in ein Haus eingezogen, deren arabische Vorbesitzer sich 1948 abgesetzt hatten. Von den Traumata dieser Kinder lesen wir nichts in Olmerts Buch - vielleicht, weil sie jedem Israeli jeden Tag so feurig vor Augen stehen.

SUSANNE KLINGENSTEIN

Aliza Olmert: "Ein Stück vom Meer". Roman.

Aus dem Hebräischen übersetzt von Mirjam Pressler und Eldad Stobezki. Aufbau Verlag, Berlin 2007. 368 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.05.2008

Ein großes Sanatorium für müde Menschen
Der Aufbruch einer Familie von Displaced Persons von München nach Israel: Aliza Olmerts Roman „Ein Stück vom Meer”
Sie ist die Frau des israelischen Ministerpräsidenten. Aber eigentlich tut das nichts zur Sache. Denn der autobiographische Kindheitsroman von Aliza Olmert spricht für sich selbst. „Ein Stück vom Meer” ist ein lebenskluges Buch, ein leiser, unspektakulärer Roman, der keinerlei Promotion nötig hat.
„Geschichte, Geschichte. Wer braucht Geschichte? Es gibt viel zu viel Geschichte . . . Schau uns an, Olek, zwei Überlebende, die gerade aus der Geschichte gekommen sind.” Das sagt die Mutter der Erzählerin zu ihrem Mann. Beide sind polnische Juden, die als Einzige ihrer Familien den Nationalsozialismus überlebt haben, sie in einem sibirischen Arbeitslager, er in einem KZ. Nach dem Ende des Krieges sind sie sich auf einem Viehmarkt in Samarkand über den Weg gelaufen. Anna saß fast zahnlos und mit verkrüppelten Zehen auf einem Baugerüst, als Alexander Meller um sie warb.
Das hält sie ihm manchmal zugute und manchmal vor, je nachdem, in welcher Stimmung sie gerade ist. Der ganze Roman ist aus einer virtuos gehandhabten Kinderperspektive erzählt: als eine Art Stimmungsbarometer der aus allen Zusammenhängen gerissenen dreiköpfigen Kleinfamilie Meller, die im wahrsten Sinne des Wortes aus Displaced Persons besteht.
Die fünfjährige Alusia, die wie ihre Autorin 1946 im Lager für Displaced Persons in Eschwege geboren ist, nimmt ihre Eltern mit jener seismographischen Genauigkeit eines Kindes wahr, das weiß, dass sein ganzes Wohl und Wehe von diesen beiden Personen abhängt. Die Erzählzeit des Romans umfasst zehn Monate, vom Aufbruch der Familie aus ihrer Wohnung in München, über die ernüchternde Ankunft in Tel Aviv, die erste provisorische Heimstatt in einem völlig heruntergekommenen ehemals arabischen „Festsaal”, in dem sie sieben Monate lang wohnt, bis zur ersten richtigen Wohnung in Ramat Gan.
Aliza Olmert gibt ihrer kleinen Heldin einen liebevollen Blick und ein feines Ohr und verbindet beides ohne erkennbaren Bruch mit der eigenen Lebenserfahrung. So spricht und denkt kein Kind, aber so könnte es fühlen. Und später hat es die Worte dafür: für die Streitereien und Versöhnungsszenen zwischen zwei Erwachsenen, die sich lieben, obwohl sie völlig unterschiedlich sind. Der Vater will die Vergangenheit vergessen und glaubt an die Zukunft des „Judenstaats” sowie an eine Karriere als Unternehmer, während die Mutter in Ruhe um ihre Toten trauern will. Statt all der zukunftsgläubigen Ungeduld wäre es ihr lieber, wenn sich Israel in ein „großes Sanatorium für müde Menschen” verwandeln würde. Während sie in tiefer Depression versinkt und die Tochter fast an Typhus stirbt, zieht der Vater durch Tel Aviv. Er versucht die Unmenge an Schnallen, die er in München aus einer zerbombten Fabrik entwendet und als Startkapital mit nach Israel gebracht hat, an Militär und Polizei zu verkaufen. Zahllose Schachteln voller Schnallen sind das kuriose, offenbar der Wirklichkeit entstammende Leitmotiv des Romans. Sie ersetzen Tisch und Bett, dienen als Spielzeug und schließlich als Material für Kettenpanzer bei einer Aufführung zum Chanukka-Fest. Viel zu schwer für die schauspielenden Kinder liegen sie am Ende abgeworfen auf offener Bühne: Symbol einer allzu schweren Last und der Befreiung von ihr.MEIKE FESSMANN
ALIZA OLMERT: Ein Stück vom Meer. Roman. Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler und Eldad Stobezki. Aufbau-Verlag, Berlin 2007. 368 Seiten, 19,95 Euro.
Aliza Olmert im März 2006 in Jerusalem Foto: AFP
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Berührt zeigt sich Susanne Klingenstein von Aliza Olmerts Roman "Ein Stück vom Meer". Die Autorin, Frau des israelischen Ministerpräsidenten, erzählt darin die Geschichte der Familie Meller, die nach dem Zweiten Weltkrieg, der Verfolgung durch die Nazis entkommen, nach Israel zieht. Im Mittelpunkt sieht die Rezensentin dabei die fünfjährige Tocher, die am meisten unter dem  Herausgerissenwerden aus dem vertrauten Umfeld leidet, zumal ihr Vater sich in Aktionismus flüchtet und die Mutter in Depressionen versinkt. Erst am Ende des Buchs gelinge es dem Kind, durch eine Begegnung mit einem Mädchen mit ähnlicher Herkunft seine Einsamkeit zu überwinden. Klingenstein hebt hervor, dass der Roman autobiografisch gefärbt ist. Der Bezug zur Wirklichkeit ist für sie unübersehbar: "Die brutale Herauslösung der Eltern aus allen sozialen Bezügen führt in der nächsten Generation zu einer Kindheit voller Traumata."

© Perlentaucher Medien GmbH