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Karl Liebknecht faszinierte durch Lebenslust, revolutionären Geist und Charisma. fesselnd schildert Annelies Laschitza das Schicksal seiner großen Familie, deren Lebensglück und -kampf mehr als hundert Jahre deutscher Geschichte spiegeln. Diese Biographie übertrifft bisherige Darstellungen von Leben und Werk Karl Liebknechts (1871 bis 1919) an Prägnanz und Detailfülle. Annelies Laschitza charakterisiert seine Träume, Leidenschaften, philosophischen und musischen Ambitionen, privaten Krisen und politischen Auseinandersetzungen. Ihre Interpretation von Schriften des großen Humanisten und die…mehr

Produktbeschreibung
Karl Liebknecht faszinierte durch Lebenslust, revolutionären Geist und Charisma. fesselnd schildert Annelies Laschitza das Schicksal seiner großen Familie, deren Lebensglück und -kampf mehr als hundert Jahre deutscher Geschichte spiegeln.
Diese Biographie übertrifft bisherige Darstellungen von Leben und Werk Karl Liebknechts (1871 bis 1919) an Prägnanz und Detailfülle. Annelies Laschitza charakterisiert seine Träume, Leidenschaften, philosophischen und musischen Ambitionen, privaten Krisen und politischen Auseinandersetzungen. Ihre Interpretation von Schriften des großen Humanisten und die Porträts seiner Mitstreiter und Widersacher in Partei und Parlament, Justiz und Militär werfen ein neues Licht auf Schlüsselereignisse von der Gründung bis zum Zusammenbruch des Wilhelminischen Reichs. Die Historikerin stützt sich auf bisher unbekannte Dokumente - darunter Briefe, die Sophie Liebknecht nach der Ermordung ihres Mannes an die Mutter schrieb.
Autorenporträt
Annelies Laschitza, geb. 1934, Historikerin, konzentrierte sich auf die deutsche Arbeiterbewegung vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis 1918 und speziell die Liebknecht- und Luxemburg-Forschung. 1971 zur Professorin berufen, Beraterin des Luxemburg-Films der Margarethe von Trotta, 1991/92 lehrte sie an der Universität Bremen. Weltweite Anerkennung durch die Edition der Gesammelten Briefe und Werke Rosa Luxemburgs.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.05.2008

Mit dem Kopf durch die Wand
Karl Liebknecht brach Ende 1914 mit der Parteidisziplin der SPD und führte einen Burgkrieg gegen das Kaiserreich

"Karl und Rosa", Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, genossen in der DDR geradezu kultische Verehrung als Märtyrer der kommunistischen Bewegung in Deutschland. Auch nach dem Ende der DDR gedenken alljährlich an einem Januartag mehrere tausend Menschen auf dem Friedhof Berlin-Lichterfelde der durch Freikorpssoldaten am 15. Januar 1919 ermordeten KPD-Führer Liebknecht und Luxemburg. Rosa Luxemburg gilt als die bedeutendere der beiden zentralen Gründerfiguren der Kommunistischen Partei Deutschlands. Über sie liegen mehrere Biographien vor, sechs Bände mit ihren gesammelten Briefen und fünf Bände ihrer gesammelten Werke; Margarethe von Trotta machte sie zum Gegenstand eines vielbeachteten Films. Als Beraterin bei diesem Filmprojekt, als Editorin der Briefe Rosa Luxemburgs, Mitherausgeberin ihrer Werke und Verfasserin einer Biographie über sie ist Annelies Laschitza gewissermaßen über Rosa Luxemburg zu Karl Liebknecht gekommen, über den sie nun eine umfängliche Biographie verfasst hat - mit der Absicht, ihn aus dem Schatten Rosa Luxemburgs herauszuholen. Das gelingt ihr. In einer faktenorientierten, sinnvoll proportionierten Darstellung beleuchtet sie die unterschiedlichen Facetten in diesem Leben. Der familiäre Kontext wird ebenso ausführlich behandelt wie Liebknechts Laufbahn und Wirken als Politiker, die Krisen in seiner Persönlichkeitsentwicklung kommen ebenso zur Sprache wie sein - um das mindeste zu sagen - "schwieriger" Charakter.

Die Familie: Karl Liebknecht wurde in eine ausgesprochen "politische Familie" hineingeboren. Der Vater Wilhelm Liebknecht stand viele Jahre neben August Bebel an der Spitze der jungen deutschen Sozialdemokratie. Er hatte aus seiner ersten Ehe zwei Töchter, aus der zweiten Ehe fünf Söhne; Karl, geboren 1871, war der zweitälteste. Nach Studium und Referendariat trat er als Sozius in die Anwaltskanzlei seines Bruders Theodor ein. Im Alter von 29 Jahren trat er in die SPD ein, wurde 1901 Stadtverordneter in Berlin, 1908 Mitglied des Preußischen Landtags, 1912 Reichtagsabgeordneter und war auch ein gesuchter Redner und Anwalt in politischen Prozessen. Seine Agitation galt vorrangig dem Kampf gegen den "Militarismus" und zielte vor allem auf eine Mobilisierung der Arbeiterjugend - das Partei-Establishment zeigte seinen eifernden Aktivitäten jedoch die kalte Schulter. Sein Buch "Militarismus und Antimilitarismus" trug ihm 1907 die Verurteilung zu einer anderthalbjährigen Festungshaft wegen Hochverrats ein.

Diese Vorgänge, die ihn deutschlandweit bekannt machten, fielen zusammen mit einer tiefen Lebenskrise. 1906 entbrannte der 35 Jahre alte Vater von drei kleinen Kindern in leidenschaftlicher Liebe zu einer 22-jährigen Russin, der Kunstgeschichtsstudentin Sophie Ryss aus einer gutsituierten jüdischen Familie in Rostow. Diese Liebe, die bei Begegnungen an verschiedenen Orten verstohlen ausgelebt wurde, brachte Liebknecht zeitweilig völlig aus dem Gleichgewicht und erregte im Familienkreis und bei der Parteiführung heftigen Unmut. Da Karls Briefe an Sophie erhalten geblieben sind, kann Frau Laschitza ausgiebig aus ihnen zitieren und belegen, dass Sophie in diesen Jahren zu seiner intimsten Vertrauten wurde. Als Ehefrau Julia 1911 plötzlich verstarb, war der Weg frei für die Heirat mit Sophie, die ihm in den folgenden schweren Jahren eine hingebungsvolle und treue Gefährtin war. Es war Liebknechts engagiertes Auftreten gegen die militaristischen Tendenzen in Staat und Gesellschaft sowie gegen die Praktiken der Rüstungsindustriellen, durch das er immer stärker nach links rückte. Erstaunlicherweise kam es aber bis 1914 zu keiner engeren persönlichen Fühlung mit Rosa Luxemburg. Schon in den Vorkriegsjahren trat Liebknechts schroffe Unbedingtheit immer deutlicher zutage. Genossen vom rechten Parteiflügel hielten ihn für "geistig nicht normal" und attestierten ihm "pathologische Eitelkeit". Nach Kriegsbeginn 1914 nahm Liebknecht dann mit rücksichtsloser Entschlossenheit den Kampf gegen die Kriegspolitik der Regierung und der Parteimehrheit auf. Unter Bruch der Parteidisziplin stimmte er ab Dezember 1914 offen gegen die Bewilligung der Kriegskredite; seine Parole lautete "Burgkrieg, nicht Burgfriede".

Den unbequemen und gefährlichen Gegner wollte die Regierung so schnell wie möglich ausschalten. Im Januar 1915 wurde der fast 44-Jährige zu einem Armierungsbataillon eingezogen. So gut es unter diesen Umständen ging, beteiligte er sich an Organisierung und Agitation der innerparteilichen Opposition, die er ungeduldig zu Aktionen zu treiben bemüht war. Er selbst wollte ein Beispiel geben. Auf einer von ihm initiierten Antikriegsdemonstration, zu der sich am 1. Mai 1916 rund 10 000 Menschen auf dem Potsdamer Platz in Berlin versammelten, rief er laut: "Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!" Er wurde sofort verhaftet und von einem Militärgericht zu einer vierjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Von der Mehrheit der Deutschen verfemt, wurde er zum Idol derer, die den Krieg möglichst rasch beendet sehen wollten. Karl Kautsky äußerte im August 1916: "Liebknecht ist heute der populärste Mann in den Schützengräben, das wird von allen übereinstimmend versichert, die von dort kommen."

Der herannahende Zusammenbruch des Kaiserreichs brachte Liebknecht am 23. Oktober 1918 die Freiheit. Gleich nach der Entlassung aus dem Zuchthaus stürzte er sich in den Kampf, hielt aufputschende Reden und organisierte seine Anhänger im Spartakusbund. Die Machtkonstellation, die der 9./10. November 1918 brachte, war für ihn und seine Kampfgenossen eine unerträgliche Halbheit. Zügellos agitierten sie gegen die Regierung der Volksbeauftragten und die Einberufung der Nationalversammlung, für eine totale wirtschaftliche und soziale Umwälzung - in völliger Verkennung der Machtrealitäten im Deutschland dieser Tage. Selbst auf ihm Wohlgesinnte machte Liebknecht damals den "Eindruck eines Besessenen, eines manischen Menschen", und in großen Teilen des Bürgertums nahm der Hass auf ihn dramatische Ausmaße an. Plakate der "Antibolschewistischen Liga" forderten öffentlich "Tötet Liebknecht". Nach dem Gründungsparteitag der KPD und der Niederwerfung des Januar-Aufstands in der Reichshauptstadt nahm das Verhängnis seinen Lauf. Liebknecht und Luxemburg mussten untertauchen, wurden am 15. Januar 1919 aufgespürt, verhaftet und noch in dieser Nacht von Freikorpssoldaten bestialisch ermordet.

Ein gerechtes Urteil über Karl Liebknecht zu fällen ist nicht leicht. Sein persönlicher Mut, der sich bis zur Tollkühnheit steigerte, die schonungslose Unbedingtheit bei der Vertretung seiner politischen Überzeugungen vermögen zu beeindrucken. Doch die blinde Entschlossenheit, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, alle Realitäten zu ignorieren, können erschrecken, und über sein Wirken von November 1918 bis Januar 1919 ist wohl ein kritisches, ja negatives Urteil erlaubt. Frau Laschitzas mit Empathie geschriebene Biographie verzichtet auf prononcierte Wertungen, legt die Fakten vor und spart auch die weicheren, durchaus sympathischen Züge bei Karl Liebknecht nicht aus. Das von ihr entworfene Lebensbild ist lesenswert.

EBERHARD KOLB

Annelies Laschitza: Die Liebknechts. Karl und Sophie - Politik und Familie. Aufbau Verlag, Berlin 2007. 511 S., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Unzufrieden hat diese Liebknecht-Biografie Rezensent Volker Ullrich zurückgelassen, in der er wenig mehr als "eine sozialistische Musterbiografie im Stile eines bürgerlichen Bildungsromans" erkennen konnte und die auch ihr Titelversprechen als Doppelbiografie von Sophie und Karl Liebknecht für ihn nicht eingelöst hat. Für seinen Geschmack eine Spur zu geradlinig und distanzlos nämlich folgt die Historikerin aus der ehemaligen DDR ausschließlich Karl Liebknechts Weg auf der Via Dolorosa des sozialistischen Märtyrertums und merkt, wie Ullrich meint, nicht mal, wenn ihr "Heldendenkmal" in den eigenen Quellen Risse bekommt. Das reiche Material zur privaten und politischen Biografie Liebknechts wird für seinen Geschmack nämlich nicht scharf genug ausgedeutet. Auch ist der "hagiografische Duktus" der Darstellung für den Rezensenten oft nur schwer erträglich. Erst in den Kapiteln über den Ersten Weltkrieg gewinnt Laschitzkas Darstellung für ihn an Farbe. Dass die Biografin dann auf die "kaltblütige Ermordung" von Liebknecht und Luxemburg nur kurz eingeht und keine Anstalten macht, die nach wie vor ungeklärten Hintergründe auszuleuchten, findet der Rezensent dann wieder höchst bedauerlich.

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"Ein großartiges Buch!" (Margarethe von Trotta)