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Der 13jährige Heck zeichnet nicht nur Superhelden, er kann sich bei Bedarf selbst in einen verwandeln. Als seine Mutter ohne Adresse verreist und ihn gut untergebracht glaubt, muss er wahre Superheldentaten vollbringen, um durchzukommen. Martine Levitt erzählt mit viel Sinn für Komik, wie ein begabter Junge mithilfe seiner Fantasie die Wirklichkeit meistert.

Produktbeschreibung
Der 13jährige Heck zeichnet nicht nur Superhelden, er kann sich bei Bedarf selbst in einen verwandeln. Als seine Mutter ohne Adresse verreist und ihn gut untergebracht glaubt, muss er wahre Superheldentaten vollbringen, um durchzukommen. Martine Levitt erzählt mit viel Sinn für Komik, wie ein begabter Junge mithilfe seiner Fantasie die Wirklichkeit meistert.
Autorenporträt
Martine Leavitt, geboren 1953, lebt in High River, Kanada, und ist Mutter von sieben Kindern. Ihre Kinderbücher wurden vielfach ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.03.2006

Mutter-Sohn-Geschichte
Nachts im Thunderbird
Martine Leavitt: „Mein Leben als Superheld”
Sie haben uns ausgesperrt, Heck. Frag, ob du ein oder zwei Tage bleiben kannst, ja? So lange, bis ich alles geklärt hab?
Das war das letzte, was der 13-jährige Heck von seiner Mutter hörte, sie hatte bei seinem besten Freund Spence angerufen, wo er die Nachmittage verbringt, nach der Schule, danach ist sie verschwunden. Heck ist auf sich allein gestellt, er kann nicht mehr in die Wohnung, für die keine Miete mehr gezahlt worden ist, kommt nicht mehr an Schulsachen und Stifte, an Dusche und Deo und nicht an die Kunstmappe, die er am Freitag im Unterricht präsentieren soll.
Die Mutter ist in die Hyperzeit entwichen - und es ist nicht das erste Mal, dass sie das tut. Und keiner darf davon etwas merken, denn dann müsste die Mutter in die Anstalt, Heck in ein Heim. Er schwänzt die Schule, treibt sich auf den Straßen herum und im Einkaufszentrum, hungrig und schmutzig, er klaut seinem Freund einen Zwanziger, schluckt eine Velocity-Nine-Kapsel, schläft nachts im Thunderbird eines Nachbarn, kämpft gegen die scheußlichen Schmerzen in seinen Zähnen, wo die Nerven blank liegen.
Fünf Tage im Mai, ein genaues, zärtliches, völlig unsentimentales Protokoll vom Überleben. Das physische Überleben und das seelische, der Hunger und der Schmerz, aber auch die Würde und das Selbstvertrauen. Aus den Comics weiß Heck, dass die Hyperzeit eine Brücke in Parallelwelten ist. Die helfen dir, mit dem fertig zu werden, was dein Leben dir täglich aufbürdet. Bei deinen Bemühungen, endlich die Ultimative Gute Tat zu liefern, zu der du verpflichtet bist, als Heck Superhero (so der Originaltitel). Es ist ein unglaublich intensives, ein physiologisches Erzählen, das Martine Leavitt praktiziert, sie lässt die simple Erzählpsychologie weit hinter sich - berühmt wurde sie durch eine Reihe dichter Fantasy-Romane. Gefühle und Empfindungen, Lust und Ekel, die Körpersäfte und -funktionen werden in Aktion beschrieben, das Ziel ist die vollkommene Kommunikation, die molekulare Verbindung der Menschen miteinander. „In Marions Gehirn zu schwimmen war zuerst, wie einen Johnny-Craig-Comic zu lesen. Explodierte Kulis und zerkratzte Rubbellose und Glaskugeln und verbogene Büroklammern trieben zwischen den Nervenzellen seines Gehirns herum. Heck befand sich im freien Fall im Zytoplasma, drang in einen Zellkern ein, stieg DNA-Leitern hoch . . . Zusammen spazierten sie in Marions Gehirn herum. In der Dimension des ,Deine Mutter ist tot‘. Es war eine raue Dimension. Wer nimmt dich in dieser Dimension in den Arm? Wer küsst dir das Gesicht, wenn du Akne hast und kein Mädchen in deinem Alter bereit ist, dich zu küssen, auf Jahre hinaus nicht oder wenigstens so lange nicht, bis du ein schickes Auto hast?”
Ein Liebeslied ist der Roman, an die Mutter. Das Berlioz-Zitat macht es klar, das als Motto dient: „Die Geliebte selbst wird für ihn zur Melodie, gleichsam zu einer fixen Idee, die er überall wiederfindet, überall hört.”
FRITZ GÖTTLER
MARTINE LEAVITT: Mein Leben als Superheld. Aus dem Englischen von Birgitt Kollmann. Nagel & Kimche 2006. 157 Seiten, 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.06.2006

Offenbarungsleid
Superheld am Boden: Martine Leavitt versinkt im Chaos

Ist das nun eine Konzession an ein vermeintliches Publikumsbedürfnis, die man gerade noch akzeptieren kann, oder ist das so ärgerlich wie symptomatisch? Am Ende eines bitteren und aufregenden Jugendromans jedenfalls, als der tapfere Teenager Heck endlich nicht mehr weiterkann und -weiß, taucht wie durch ein Wunder seine Mutter wieder auf, in der gleichen Klinik, in die es auch ihn verschlagen hat. Sofort plant er wieder fürsorglich für sie beide, wie er es schon das ganze Buch über getan hat, doch seine zwar psychisch instabile, irgendwie aber geläuterte Mutter wehrt das ab: "Ich werde mich darum kümmern, daß wir Hilfe bekommen", sagt sie, "ich schaff' das."

Warum sie auf einmal zu einem Satz in der Lage sein soll, den ihr Sohn sein Leben lang gern aus ihrem Mund gehört hätte und nie zu hören bekam, wissen die Götter - und ob man ihn glauben soll, ebenso. Heck jedenfalls hat das Buch hindurch, also die letzten paar Tage vor diesem Satz, mehr oder weniger auf der Straße gelebt, die Mutter gesucht, verzweifelt gegen das wachsende Chaos angekämpft und einen Freund sterben sehen. Er hat sich als Superheld gefühlt, der die Welt retten soll, und dabei immer mehr an Boden verloren, und die schonungslose Beschreibung dieses Prozesses ist der Autorin Martine Leavitt so glänzend gelungen, daß man ihr das allzu versöhnliche Ende des Romans eben nicht abnehmen mag.

Verantwortung ist ein großes Thema der Kinder- und Jugendliteratur unserer Zeit, Verantwortung für andere und mehr noch für sich selbst. Was darf, was kann man jungen Protagonisten aufbürden, was nehmen sie selbst auf sich, weil es sonst ja keiner tut? Heck nimmt sich in die Pflicht, die Fassade bürgerlicher Ordnung aufrechtzuerhalten, auch wenn das Familiengebäude dahinter längst krachend zusammengebrochen ist. Denn nach der Offenbarung anderen gegenüber, das hat er gelernt, kämen die Fragen von fürsorglichen Lehrern und Sozialarbeitern, käme das Jugendamt, käme womöglich die Trennung von der kranken Mutter.

Und so sieht man ihm zu, gerührt, entsetzt und zornig, wie er zwischen Aktionismus und Lethargie gleich zwei Leben in ruhige Bahnen zu bringen versucht, obwohl er doch eigentlich nicht einmal die volle Verantwortung für das seine tragen sollte, wie er in seiner Not seinen besten Freund bestiehlt, wie er jede angebotene Zuflucht ausschlägt und beinahe auch aus seinem großen Talent als Zeichner nichts machen wird, bis er keinen Ausweg mehr weiß.

Superhelden sehen anders aus. Seinem Freund Spence bleibt es vorbehalten, den Fall in Worte zu fassen: "Sieht so aus, als wäre deine Mission gescheitert, dem ganzen Planeten Frieden und Freude zu bringen", sagt er, als er Heck im Krankenhaus besucht. Aber der antwortet nur: "Ich bin noch jung." Das ist ein Satz, hinter dem sich Abgründe auftun. Wenigstens in diesem Buch.

TILMAN SPRECKELSEN

Martine Leavitt: "Mein Leben als Superheld". Aus dem Englischen übersetzt von Birgitt Kollmann. Nagel & Kimche im Carl Hanser Verlag, München 2006. 158 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Martine Leavitts Held, der 13-jährige Heck, hat alle Hände voll zu tun: Nicht nur dass er seine lebensuntüchtige Mutter suchen muss, die einfach verschwunden ist, als sie die Kündigung für ihre Wohnung erhielt, nein, er muss auch noch gegen teuflische Zahnschmerzen ankämpfen und begegnet einem Jungen, der den Bezug zur Realität noch mehr verloren hat als Heck. Wenn der Junge verloren durch die Straßen irrt, dann glaubt Siggi Seuss, fast sein Herz schlagen zu hören, so mitgerissen ist er von dieser geschichte, die weit mehr als eine Persiflage auf Superhelden-Geschichten sei, sondern eine sehr tragische und gut erzählte Mutter-Sohn-Geschichte. Auf das "Moralritual" am Ende hätte Seuss allerdings gut verzichten können.

© Perlentaucher Medien GmbH