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Fünf Jahre nach seiner Auszeichnung mit dem renommierten Joseph-Breitbach-Preis legt "der magische Realist" Hans Boesch seinen lange erwarteten neuen Roman vor. Im Anschluss an die Romanfolge Simon Mittler' zeigt Schweben Figuren an bekanntem Ort, aber eine völlig neue Sprache: in einem schwerelosen, kunstvollen Erzählstil treffen in dieser Geschichte zwei sehr unterschiedliche Menschen aufeinander und schließen eine seltsame Freundschaft. "Hans Boeschs Erzählen ist ein betörender Strom von Wahrnehmung und Gefühl." Brigitte Kronauer

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Produktbeschreibung
Fünf Jahre nach seiner Auszeichnung mit dem renommierten Joseph-Breitbach-Preis legt "der magische Realist" Hans Boesch seinen lange erwarteten neuen Roman vor. Im Anschluss an die Romanfolge Simon Mittler' zeigt Schweben Figuren an bekanntem Ort, aber eine völlig neue Sprache: in einem schwerelosen, kunstvollen Erzählstil treffen in dieser Geschichte zwei sehr unterschiedliche Menschen aufeinander und schließen eine seltsame Freundschaft.
"Hans Boeschs Erzählen ist ein betörender Strom von Wahrnehmung und Gefühl." Brigitte Kronauer
Autorenporträt
Hans Boesch, 1926 in der Ostschweiz geboren, studierte Tiefbautechnik, arbeitete als einer der anerkannten Verkehrsplaner der Schweiz und als Schriftsteller, veröffentlichte Romane, Satiren und Essays. Neben vielen anderen Auszeichnungen erhielt er für sein Gesamtwerk 1996 den hoch dotierten Jaeckle-Treadwell- und 1998 den Joseph-Breitbach-Preis. Hans Boesch lebte in der Nähe von Zürich und in den Bündner Bergen. Hans Boesch starb im Juni 2003.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.08.2003

Ein Lächeln liegt auf diesem Land
Hans Boeschs Erzählung aus einer Welt wie vor dem Sündenfall

Die Ereignisse in Hans Boeschs Erzählung "Schweben" finden im Sommer statt, und doch ist sie eine Weihnachtsgeschichte: Am Ende wird die Ankunft eines Kindes verkündigt. Die weibliche Hauptfigur zeigt, wie viele Roman- und Filmheldinnen seit "Lola rennt", die Idealität ihres Charakters, indem sie die Berge hinauf- und hinabläuft und sich schier zu Tode hetzt; die wenigen Menschen, denen sie begegnet, folgen ihrem Treiben mit sorgenvollen Blicken. Doch im Fortgang der Erzählung dämpft sie ihr heftiges Wesen und verspricht, vorsichtiger bergan zu eilen und bergab zu springen - bis sich schließlich herausstellt, daß sie sich zurückhält, weil sie nun weiß, daß sie ein Kind bekommt. Zum Glück kehrt gerade im Augenblick der Verkündigung auch der Geliebte und Vater des Kindes zurück, der sein Glück in Amerika hatte versuchen wollen und von der Neuen Welt enttäuscht worden war - die Ordnung der Natur ist wiederhergestellt.

Die Natur nämlich ist die eigentliche Heldin der Erzählung. Sie gehören eben doch zusammen: die Menschen, die Berge, Wind, Wetter und Licht - und sie sind glücklich, wenn sie einander begegnen. Des Jubelns und Jauchzens ist daher kein Ende. Die "Sprinterin, die den Anschluß verpaßt hatte" (so scheint es, solange sie nichts von der Gnade ihrer Schwangerschaft weiß), begegnet unter den hohen Gipfeln einem alten Mann, der täglich dasselbe Stück Land abmißt, um die Blumen und Gräser zu zählen, und sie kann es kaum glauben, wie "ein alter Mann so jubelnd lachen kann". Auch wenn seine Stimme nicht schön ist, so bricht die Freude doch immer wieder als Alpenmusik aus ihm hervor: "Er jauchzt jetzt und singt. Johlt und jodelt." Aber auch die Bauern, die in der Wärme der Häuser, der Ställe, der Stuben nisten, haben "ein Lachen im Gesicht, wenn ein Kind vorbeigeht". Kurz: es ist ein Zustand wie vor dem Sündenfall, die Menschen selbst nehmen sich aus wie Mitglieder von Engelschören. Die junge Mutter, die kaum von ihrer Empfängnis etwas ahnt, liegt, eine nackte Eva, auf einem Fels wie im Paradies, indem sie "schläft und alles vergißt - auch die Schlangen vergessen hat, die es hier gibt".

Dem Leser aus den kalten Regionen der Moderne stellt Boesch die heile Welt der Berge vor, die Wärme und menschliche Nähe, die in diesen Zonen noch möglich sei: Der alte Gebirgsbewohner "hört die Stimmen, die Fragen, die sorgsam umgehen mit dem Angesprochenen, die den kleinen Raum warm machen, eine Wärme, die man hinaustragen wird in den Vormittag, in den Schnee, in die Einsamkeit, die bleiben wird, den Tag über, die über Monate bleiben wird, über Jahre, die auch jetzt in ihm ist".

Der Seelenzergliederung, der geistigen Skepsis, der sprachlichen Verkümmerung der gegenwärtigen Literatur setzt Boesch seine inzwischen schon mit einigen Preisen ausgezeichnete Neuauflage des Heimatromans entgegen. Boeschs Erzählung tut mit ihrer Naturverbundenheit groß und liest sich wie eine Rucksacklektüre für Bergtouristen. Sie weist mit einem stilistischen Zeigefinger auf die Schönheit der Bergwelt, der Flora, der Wolkenformationen und Wettererscheinungen hin, sie läßt Bäche sehr hörbar rauschen und hält auch einige ethnologische Besonderheiten bereit, wie etwa die Geschichte der Hebamme, die jedes Kind rettet, bis sie und ihre Freundin endlich 32 davon aufzuziehen haben, so daß der Leser aus der Stadt, zerstreut, wie er ist, sich nicht zu langweilen braucht.

Stilistisch schließt sich der Autor an seinen bedeutendsten Vorfahren, an Stifter, an und vermeint dessen eindringliche Sprödigkeit zu erreichen, wenn er Hilfsverb um Hilfsverb aneinanderreiht. Stil wird zur Manier, und noch in sie schleicht sich oft genug der Slang unsrer Zeit ein. Über Wurzelstöcke springt die junge Frau "federnd und kompakt", und das geschieht unter "kompakt weißen, starr weißen Gipfeln". Schließlich fängt sie in dieser erhabenen Kulisse zu philosophieren an und fragt sich: "Ist, was von der Zeit übrigbleibt, nur die abgegraste Wiese, mit Kuhfladen belegt, süßduftenden?" Das Ergebnis der ganzen Andacht vor der Natur ist eine "grüne", eine demokratische Metaphorik, in der die uralten höfischen Vergleichsstücke Rose, Löwe, Adler ausgedient haben und endlich die niederen Sinnesorgane auf ihre Rechnung kommen.

HANNELORE SCHLAFFER

Hans Boesch: "Schweben". Roman. Verlag Nagel & Kimche, München/Wien 2003. 138 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Beatrice Eichmann-Leutenegger ist hingerissen von diesem Kurzroman. Es geschehe zwar wenig, meint die Rezensentin, doch würden "Naturphänomene" auf eine "seltene Weise" beschrieben, die dann geradezu "orchestrale Wirkung" entfalteten. Dagegen gibt es auch Textpassagen, die einen eher kontemplativen Blick auf die Natur werfen, ganz dem "Schauen" verpflichtet sind, charakterisiert Eichmann-Leutenegger, die dadurch "neue Qualitäten" von Raum und Zeit entstehen sieht. Gleichwohl hat sie in dem Buch auch eine "groß sozialkritische Klage" gegen die frühere sexuelle Ausbeutung junger Frauen gefunden, die eine Vorfahrin der Protagonistin anstimmt. Die Rezensentin trägt ihre Besprechung in einem hohen, geradezu emphatischen Ton vor und zeigt sich durch den Roman regelrecht in Bann geschlagen. Während sich einiges zu den "leidenschaftlichen" Beobachtungen Boeschs hinzudenken lasse, so die Rezensentin begeistert, kann man sich auch genauso gut dem "Schweben" des Textes anheim geben und einfach nur "Schauen".

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