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Als junges Mädchen stürzte Rakel von einem Baum. Wäre ihr Leben anders verlaufen ohne die häßliche Narbe im Gesicht und ohne den verkrüppelten Fuß? Rakel heiratet einen Witwer und zieht mit ihm auf eine einsame Insel an den äußersten Schären. Doch das scheinbare Glück währt nur einen Sommer lang. Die schonungslose Lebensbeichte einer gezeichneten Frau - geschrieben in einer außergewöhnlich ausdrucksstarken, raffiniert einfachen Sprache.

Produktbeschreibung
Als junges Mädchen stürzte Rakel von einem Baum. Wäre ihr Leben anders verlaufen ohne die häßliche Narbe im Gesicht und ohne den verkrüppelten Fuß? Rakel heiratet einen Witwer und zieht mit ihm auf eine einsame Insel an den äußersten Schären. Doch das scheinbare Glück währt nur einen Sommer lang. Die schonungslose Lebensbeichte einer gezeichneten Frau - geschrieben in einer außergewöhnlich ausdrucksstarken, raffiniert einfachen Sprache.
Autorenporträt
Christine Falkenland wurde 1967 in Schweden geboren. Für ihren Roman "Mein Schatten" wurde sie mit dem Nils-Ferlin-Preis ausgezeichnet. Christine Falkenland gilt als eine der talentiertesten jungen Autorinnen Schwedens.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.05.2000

Ein Geruch nach Hund und Melancholie
Christine Falkenlands Innenansicht einer gezeichneten Frau
15-jährig ist Rakel von einem Baum gefallen. Seitdem hinkt sie, und eine hässliche Narbe verunziert ihre Stirn. Das eigentliche Leben ist damit zu Ende, bevor es überhaupt begonnen hat. Was Rakel bleibt, ist ein Jahrzehnte langes Schattendasein zu führen, eingeschlossen in einen Körper, den sie als ihren schlimmsten Feind erlebt.
Schließlich heiratet sie Georg, der den Geruch der Heringe, die ihn wohlhabend gemacht haben, beständig mit sich trägt und der, wenn er zum Hafen spaziert, zum Zeichen seiner bürgerlichen Behaglichkeit gern an seinen Hosenträgern zieht. Georg ist Witwer, er lebt ganz der Liebe zu seiner ersten Frau Viola, „einer Frau mit Sinn für Blumen und Handarbeiten”, mit der er am Ende im Grab wieder vereint sein wird. Die lebendige Ehefrau verkümmert im Schatten der übermächtigen Toten: „Er hatte dieselben Worte, dieselben Berührungen schon viele Male vorher angewandt. Ich bekam seine Liebe und seine Gesten gebraucht. ” So nimmt Rakel ihre Schoßhunde mit ins Bett, und „Georg schlief mit Violas Schatten neben sich”.
Zu ihrer Stieftochter Cornelia entwickelt Rakel ein fragiles Verhältnis, in dem Zuneigung und Neid auf das ganz und gar Unproblematische ihrer Existenz eine fragwürdige Verbindung eingehen. Dass Cornelia ein starkes und einfaches Liebesglück zuwächst, stürzt Rakel in eine Irritation, die sich schließlich in einer Verzweiflungstat entlädt. Nur Cornelias Sohn Paul, den Rakel als Leibesfrucht gehasst hat, nun aber verzweifelt liebt, belebt am Ende noch ihre Welt, doch auch er befindet sich bereits im Aufbruch zu jenen fernen Menschen, die „ohne Warum” leben und lieben.
Die 33-jährige Christine Falkenland ist in Schweden bereits durch einige Romane, namentlich aber auch durch vier Lyrikbände bekannt geworden. Ihre Art, zu erzählen, in aphoristisch verdichteten Sequenzen und in knappen, das treffende Detail beleuchtenden Einzelszenen, nähert sich oftmals der lyrischen Prosa, der sich so viele nordische Autoren der jüngeren Generation verschrieben haben. Doch trägt Mein Schatten die Gattungsbezeichnung Roman dennoch mit Recht, denn Christine Falkenland versteht es, im Medium dieser scheinbar unzusammenhängend irrlichternden Erinnerungsfragmente ein Unheilsgeschehen zu entfalten, das sich gegen Ende mit der Konsequenz eines Ibsen-Dramas entwickelt.
Überhaupt ist ein atmosphärischer Zusammenhang mit gewissen späten Stücken Ibsens spürbar, nicht nur durch die landschaftliche Kulisse eines Fischerorts auf einer westschwedischen Insel im frühen 20. Jahrhundert, sondern vor allem auch durch die Situation der Heldin Rakel, die an der Seite ihres mediokren Ehemanns und inmitten der kleinbürgerlichen Fischergemeinde eine geheimnisvolle Fremde bleibt, keine „Frau vom Meer” zwar, aber eine Frau, die doch einem beklemmend-mysteriösen Vakuum entstiegen ist. Weder Eltern noch Geschwister kommen in ihrer Konfession vor, dafür ungezählte Schoß- und Jagdhunde, sie bewegt sich in einer Welt animalischer, ungebrochener Körperlichkeit, und ein „Geruch nach Hund und Melancholie” erfüllt stets ihren Raum.
So gerät die Geschichte der vom Leben benachteiligten Rakel nie zum Rührstück mit den hierfür nötigen Ingredienzen. Christine Falkenland belässt ihre Heldin in den unauflöslichen Widersprüchen ihrer Existenz. Vieles bleibt unausgesprochen im Schatten zwischen dem Erzählten, und manches Ausgesprochene wird relativiert durch Rakels Bekenntnis: „Lügen sind immer schon mein Atem gewesen. ”
KLAUS BÖLDL
CHRISTINE FALKENLAND: Mein Schatten. Roman. Aus dem Schwedischen von Hedwig M. Binder. Nagel & Kimche Verlag, Zürich 2000. 158 Seiten, 29,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2000

Anrüchiger Fisch
Christine Falkenlands lyrischer Roman "Mein Schatten"

In diesem Buch riecht es nach Fisch. Den Geruch ihres Mannes, eines auf der Schäreninsel angesehenen Fischhändlers, nimmt Rakel aber in Kauf. Sie ist froh, noch einen abgekriegt zu haben. Bei einem Sturz in der Kindheit hat sie sich eine Behinderung zugezogen, die ihr nennenswerte Begegnungen mit der Männerwelt verwehrt hat. Doch dann trifft sie Georg, den Witwer, der in pragmatischer Manier einen Ersatz seiner angebeteten ersten Frau und eine Erzieherin für seine heranwachsende Tochter sucht. Rakel hat nichts zu verlieren und zieht auf die Fischerinsel.

Doch leider ändert dies nichts an dem Status ihrer gestorbenen Vorgängerin, mit der sie sich, ebenso wie mit der nicht ausreichend devoten Haushälterin, in Konkurrenz sieht. Und mit den doch allzu simplen Inselfrauen und ihren Nähabenden kann man ebenfalls nicht warm werden. Die besten Freunde sind noch die Hunde, aber mit denen herumzukuscheln ist auf Dauer auch nichts. Zum Ersatz gewinnt Rakel die Sympathie der Stieftochter, bringt ihr so böse Dinge wie Canastaspielen bei und engagiert sich vor allem stellvertretend in der Romanze, die das blühende Mädchen mit einem jungen Mann anfängt, der ebenfalls berufsbedingt nach Fisch riecht. In einer Mischung aus Eifersucht und Faszination verfolgt Rakel das junge Glück, das bald - ach, der schwedische Mittsommernachtstanz! - zur Schwangerschaft und Familiengründung führt. So kann Rakel einen Einblick in die reproduktiven Aspekte der Weiblichkeit gewinnen, die an ihr selbst vorübergegangen sind.

Nun muss es aber irgendwie noch dramatisch werden. Folglich bricht eine nicht näher bestimmte Seuche aus (gemeint ist wohl die "spanische Krankheit" 1918/19) und rafft eine Reihe von Schärenbewohnern dahin, darunter auch das junge Paar. Nur den kleinen Paul nicht, den Rakel in ihre Obhut nimmt. Immerhin ein Zugang zur vermissten körperlichen Nähe - der Ehemann sitzt ja in seiner trauernden Verbitterung noch länger im Arbeitszimmer als zuvor. Das Kleinkind hingegen riecht ausgesprochen gut, und nachdem die Erzählerin auch den gebrochenen Ehemann sterben lässt, kann Rakel den langsam größer werdenden Stiefenkel ungestört zu sich ins Bett ziehen, bis der keine Lust mehr hat.

Christine Falkenland, Jahrgang 1967, lässt ihren ersten auf Deutsch erscheinenden Roman in einer unbestimmten Vorkriegsvergangenheit spielen, an die Rakel sich erinnert, als der unkonventionell aufgewachsene Paul schon erwachsen ist. Die Erinnerung an die besonders für Rakel süße Kindheit des Ziehsohnes durchzieht das Buch, auch schon dort, wo der Leser noch nicht weiß, um wen es sich bei Paul handelt. Dies ist allerdings schon die einzige formale Besonderheit bei einem ansonsten linearen Erzählstil. Streckenweise gelingt es der Autorin gut, die düstere Atmosphäre des engen Aktionskreises einzufangen, in dem die Protagonistin ihre Biografie des Verzichts zu bewältigen sucht. Die Begleitumstände bleiben allerdings konturlos wie das ständig rauschende Meer, das offenbar, wie der raue Wind, beim Leser diffuse emotionale Assoziationen auslösen soll.

Das sprachliche Mittel, das zur behutsamen Ausbreitung des seelischen Geschehens eingesetzt wird, ist eine - zuweilen stakkatoartige - Simplizität. Man merkt, dass Falkenland Lyrikerin ist und in Zeilen, nicht in Absätzen oder Seiten denkt. So entsteht durch wenige Striche ein Gesamtbild in einer Weise, die von einigem Talent zeugt, und nicht ohne emotionale Suggestivität. Die Methode bringt jedoch gleichzeitig einen unangenehmen Mangel an Eleganz mit sich, der in der Übersetzung doppelt spürbar wird. Die Form von sprachlicher Naivität, die im Schwedischen mehr oder minder als künstlerischer Anstrich aufgefasst wird, erscheint in der deutschen Übersetzung - der man dies kaum vorwerfen kann - nicht selten als erschreckende Banalität.

JOHAN SCHLOEMANN.

Christine Falkenland: "Mein Schatten". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Hedwig M. Binder. Nagel & Kimche, Zürich 2000. 157 S., geb., 29,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

So ganz lässt sich aus der Kurzkritik des Rezensenten mit dem Kürzel "c.hr." nicht herauslesen, ob ihm der Roman nun gefallen hat oder ob er darin nur den Versuch des Verlags sieht, ein neues, kommerziell interessantes "Schreibtalent" zu lancieren. Immerhin zeichnet er die Fabel, die auf einer westschwedischen Insel spielt, detailliert nach und scheint an der von einem Unfall gezeichneten Hauptfigur einiges Interesse zu finden. In seiner Handlungs- und Personenführung erinnert ihn der Roman ans 19. Jahrhundert, seine Sprache findet er einfach und effizient, den Plot allerdings etwas unwahrscheinlich. "Da ist ein Potenzial vorhanden, das zu entwickeln sich lohnt."

© Perlentaucher Medien GmbH
"Mit diesem packenden, bewegenden Roman zeigt Christine Falkenland, dass sie zweifellos eine der begabtesten jungen Prosa-Schriftstellerinnen ist." Aftonbladet