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Dieses Buch beschäftigt sich mit dem nicht immer spannungsfreien Verhältnis von Sozialstaat und Marktwirtschaft. Auf Grundlage der Ordnungskonzeption der Sozialen Marktwirtschaft und der grundgesetzlichen Festlegung des Sozialstaatspostulats wird aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen und bei welcher instrumentellen Ausgestaltung der auf den ersten Blick entstehende Zielkonflikt entschärft werden kann. Am Beispiel der Sozialhilfe werden diese zunächst theoretisch abgeleiteten Thesen in einen sozialpolitisch relevanten Zusammenhang gestellt.

Produktbeschreibung
Dieses Buch beschäftigt sich mit dem nicht immer spannungsfreien Verhältnis von Sozialstaat und Marktwirtschaft. Auf Grundlage der Ordnungskonzeption der Sozialen Marktwirtschaft und der grundgesetzlichen Festlegung des Sozialstaatspostulats wird aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen und bei welcher instrumentellen Ausgestaltung der auf den ersten Blick entstehende Zielkonflikt entschärft werden kann. Am Beispiel der Sozialhilfe werden diese zunächst theoretisch abgeleiteten Thesen in einen sozialpolitisch relevanten Zusammenhang gestellt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.04.2000

Die Krise des Sozialstaats
Eine ordnungspolitische Analyse

Peter Thuy: Sozialstaatsprinzip und Marktwirtschaft - Eine ordnungspolitische Analyse unter besonderer Berücksichtigung des Sozialstaatspostulats und der Sozialen Marktwirtschaft. Verlag Paul Haupt, Berlin/Stuttgart/Wien 1999. 359 Seiten, 48 DM.

Der Sozialstaat scheint bankrott. Das gilt für viele westliche Industrienationen und nicht zuletzt für die Bundesrepublik Deutschland. Wie hat es so weit kommen können? Sind die Anreize falsch gesetzt gewesen, so dass auch jene den Sozialstaat "nutzen", die es gar nicht nötig haben? Das Thema spaltet die Gemüter, denn es geht um die Frage der Gerechtigkeit, und viele "Berechtigte" fühlen sich vom Staat im Stich gelassen.

Peter Thuy untersucht in seinem Buch die Krise des Sozialstaats. Der Autor verdeutlicht, dass es sich bei dieser Krise um eine "konzeptionelle Krise" handelt. Einer seiner Kritikpunkte lautet entsprechend: Die Interpretation des Sozialstaatsprinzips berücksichtige zu sehr juristische, soziologische und gesellschaftspolitische Wertvorstellungen und zu wenig das Denken in ökonomischen Ordnungen. Diese arbeitet Thuy - und das ist ein großes Verdienst - anhand Walter Euckens Postulat des Denkens in Ordnungen heraus. Die Frage nach der Ordnungskonformität wirtschafts- und sozialpolitischer Maßnahmen stellt sich für jede Wirtschaftsordnung, so dass es Thuy nicht nur bei einer Untersuchung rein marktwirtschaftlicher Systeme belässt. Allerdings kommt die Untersuchung über Zentralverwaltungswirtschaften etwas zu kurz.

Für seine Analyse wählt der Autor das Referenzmodell "Soziale Marktwirtschaft". Das ist nahe liegend, denn schließlich widmet sich Thuy in einem konkreten Anwendungsfall der gegenwärtigen Sozialhilfepraxis in der Bundesrepublik. Was also erwartet den Leser? Zunächst eine historische Aufarbeitung des Begriffs "sozial" und "Sozialstaat", wobei sich Thuy von Jean-Jacques Rousseau über Otto von Bismarck bis heute vorarbeitet. Dabei wird das Sozialstaatspostulat auch klar zum wohlfahrtsstaatlichen Konzept abgegrenzt. Der Leser erhält einen verfassungsrechtlichen Grundkurs zum Thema und unternimmt schließlich eine Reise durch das ordnungspolitische Gedankengut zur "sozialen Frage" der Gründerväter der Sozialen Marktwirtschaft. Der Leser trifft auf Alexander Rüstows Vitalpolitik, auf die christliche Soziallehre Alfred Müller-Armacks und auf Wilhelm Röpkes Denken in sozialen Ordnungen.

Aber immer wieder greift Thuy auf Euckens Interdependenz der Ordnungen zurück, um schließlich das Referenzmodell der Sozialen Marktwirtschaft auf die Bundesrepublik anwenden zu können. Ob es notwendig gewesen wäre, die Grundzüge der Sozialen Marktwirtschaft so ausführlich zu erläutern, mag dahingestellt sein. Entscheidend ist, dass Thuy herausarbeitet, dass die Soziale Marktwirtschaft darauf gezielt hat, sozialen Fortschritt durch marktwirtschaftliche Aktivitäten zu erreichen. In ihren Grundlagen ist sie also aus sich selbst heraus sozial, weil "die Schaffung der ökonomischen Voraussetzungen von ,Wohlstand für alle' zur Überwindung der alten, konservativen Sozialstruktur . . . beitrage". Der Autor errechnet, dass die Beiträge zu Sozialversicherungen kontinuierlich gestiegen sind und dass sich die Zahl der Sozialhilfeempfänger von 1963 bis 1993 prozentual fast verdoppelt hat. In seinen ordnungspolitischen Analysen weist Thuy nach, dass es zu einfach wäre, für die Überschuldung des Sozialstaats allein den "Leistungsmissbrauch" verantwortlich zu machen. Aber der Sozialstaat hat sich zu weit von marktwirtschaftlichen Prinzipien entfernt, so dass dieser Missbrauch überhaupt möglich geworden ist. Im letzten Kapitel präsentiert Thuy einen Ansatz für eine Lösung. Für arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger müssten die Kommunen vermehrt Arbeitsgelegenheiten schaffen. Hier stellt sich die Frage nach der politischen Durchsetzbarkeit. Aber alle ordnungskonformen Reformen des Sozialhilferechts - das sieht Thuy völlig richtig - verpuffen, wenn in der Wirtschafts- und Sozialpolitik kein Umdenken einsetzt.

INDIRA GURBAXANI

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Indira Gurbaxani stimmt mit den meisten Thesen Thuys überein, von denen sie die wichtigsten in ihrer Rezension kurz vorstellt. Besonders bedeutend erscheint ihr die These, dass das "Denken in ökonomischen Ordnungen" bei der Interpretation des Sozialstaatsprinzips gegenüber gesellschaftspolitischen und soziologischen Aspekten gemeinhin zu wenig berücksichtigt wird. Ihrer Ansicht nach hätte der Autor zwar nicht unbedingt die Grundzüge der Sozialen Marktwirtschaft mit solch großer Ausführlichkeit abhandeln müssen. Wichtig erscheint ihr jedoch, dass Thuy dezidiert darauf eingeht, inwiefern die Soziale Marktwirtschaft eigentlich "sozialen Fortschritt durch marktwirtschaftliche Aktivitäten" erreichen sollte. Darüber hinaus weise der Autor nach, dass es keineswegs der "Leistungsmissbrauch" ist, der zur Krise des Sozialstaats geführt habe, sondern dass der Missbrauch vielmehr in der Entfernung des Sozialstaats von "marktwirtschaftlichen Prizipien" begründet sei. Auch einen Lösungsansatz biete Thuy, der jedoch - wie die Rezensentin zustimmend anmerkt - ein Umdenken in der Wirtschafts- und Sozialpolitik für unerläßlich hält.

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