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Eine Nacht vor zweitausend Jahren in einem Bergdorf namens Nazareth. Die Frau eines Zimmermanns sitzt am Sterbebett ihres betagten Gatten und läßt ihr Leben vor ihrem geistigen Auge vorüberziehen, ihr bewegtes und bewegendes Schicksal, das aufs engste verwoben ist mit dem mysteriösen Schicksal ihres Erstgeborenen. Am kommenden Morgen wird sie ihren geliebten Sohn aus ihrer Obhut entlassen müssen. Der neue Blick auf diesen besonderen Moment in der Menschheitsgeschichte ist von großem Ernst, voller Komik, Liebe und Weisheit zugleich und macht die Mitglieder der heiligen Familie wieder zu dem, was sie ursprünglich einmal waren: zu Menschen.…mehr

Produktbeschreibung
Eine Nacht vor zweitausend Jahren in einem Bergdorf namens Nazareth. Die Frau eines Zimmermanns sitzt am Sterbebett ihres betagten Gatten und läßt ihr Leben vor ihrem geistigen Auge vorüberziehen, ihr bewegtes und bewegendes Schicksal, das aufs engste verwoben ist mit dem mysteriösen Schicksal ihres Erstgeborenen. Am kommenden Morgen wird sie ihren geliebten Sohn aus ihrer Obhut entlassen müssen. Der neue Blick auf diesen besonderen Moment in der Menschheitsgeschichte ist von großem Ernst, voller Komik, Liebe und Weisheit zugleich und macht die Mitglieder der heiligen Familie wieder zu dem, was sie ursprünglich einmal waren: zu Menschen.
Autorenporträt
Maria Elisabeth Straub wurde 1943 in Schleswig-Holstein geboren. Sie studierte Kunstgeschichte und Germanistik und arbeitet seit 1970 als freie Autorin. Sie lebt im äußersten Norden Deutschlands. Die Titel 'Katzenzungen', 'Kleine Schwester' und 'Im Gehege' schrieb sie gemeinsam mit Martina Borger.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.04.2007

Nazareths Triumphgasse
Maria Elisabeth Straubs irritierender Roman über die Gottesmutter

Dieses Buch ist ein Ärgernis und eine Freude. Nach den ersten Seiten möchte man es von sich werfen. Denn für ihren Roman über die Gottesmutter Maria hat Maria Elisabeth Straub sämtliche Verleumdungen aus der Versenkung geholt, mit denen in der Spätantike Andersgläubige das aufsteigende Christentum zu diffamieren suchten. Auch wenn es zu Beginn, wohl um die Leselust zu kitzeln, nur angedeutet wird, ist bald klar, dass eine der bösartigsten Behauptungen Grundlage der Erzählung ist: nämlich jene, Maria sei durch Inzest schwanger geworden, und Joseph, ihr ältlicher Mann, habe die Geschändete wegen ihrer Mitgift geheiratet und so seine zerrüttete Zimmermannsexistenz gerettet.

Das ist in seiner sensationsgierigen Schlüssellochperspektive so geschmacklos und berechnend wie jene rechtzeitig zu Ostern überbordenden angeblichen Enthüllungen, die Jesu Familie samt Mausoleum identifiziert und damit das Auferstehungsdogma als Täuschung entlarvt haben wollen. Warum also ein solches Machwerk lesen? Weil in dieser ungewollt oder kalkuliert naiven Bibelausbeute ein wunderbarer Kurzroman steckt. Er ist als ein innerer Monolog Marias am Sterbebett Josephs niedergeschrieben.

Nein, Liebe empfindet sie nicht für diesen Mann, der noch ausgemergelter und misstrauischer als zu seinen Lebzeiten auf den Tod wartet. Aber sie achtet ihn, den sie für sich "den Hölzernen" nennt, respektiert ihn als Vater von fünf ihrer sieben Kinder und als den Mann, der sie mürrisch, aber endlich doch als Frau des Hauses anerkannt hat. So weit hat sie es gebracht, sie, die anfangs um ihr Leben zitterte, sich ihm, innerlich vor Angst halb wahnsinnig, in der Hochzeitsnacht verführerisch enthüllte, damit er sie in sein Bett nähme, statt sie bei der Entdeckung ihrer Schwangerschaft totzuschlagen, wie es jeder Mann Israels getan hätte.

Ihr Sohn Jesus (der Name fällt nie, stattdessen tituliert Maria ihn im Stillen mit einem aramäischen Umgangswort als "Mamser", Bastard) ist ihr Augapfel. Ein Träumer, hübsch und klug, auch eitel und für einen Mann ungewöhnlich interessiert an Körperpflege, guter Kleidung und schönen Dingen. Beunruhigt verfolgt sie, wie sein schwärmerisches Wesen ihn in den Glauben an die eigene überirdische Bedeutung treibt. Maria Elisabeth Straub erzählt das aus den offiziellen Evangelien ausgeschiedene Wunder des Jesusknaben, der tönerne in lebende Vögel verwandelte. Bei ihr formt der Knabe sie, um seine Geschwister zu beeindrucken. Es misslingt. Als er Wochen später das Spielzeug zufällig wiederfindet, wirft er enttäuscht den letzten Tonvogel in einen Busch - aus dem in der nächsten Sekunde ein lebender auffliegt. Ein Wunder? Der Junge schweigt lächelnd, Maria schwankt wortlos zwischen Zufall und göttlichem Wirken. Joseph aber, der alles beobachtet hat, fürchtet sich fortan, befangen im magischen Glauben seiner Vorväter.

Maria weiß, dass ihr Sohn nur noch den Tod des Vaters abwartet, um zu gehen. Sie wird ihn ziehen lassen, so wie sie ihre Töchter nach deren Heirat still auf Nimmerwiedersehen verschwinden sah. Ziehen ließ sie auch David, den einzigen Mann, den sie je liebte, der einzige, der sie wahrhaft "erkannte". Eine Todsünde kann sie, die nachdenklich Glaubende, darin nicht sehen. Ihr wäre das Verlassen ihres Mannes und ihrer Kinder das schwerer wiegende Vergehen gewesen - nicht weil sie als Kind die Steinigung einer Ehebrecherin mit angesehen hat, sondern wegen ihres Verantwortungsgefühls.

Stärke gibt ihr auch Deborah, die Schwester Davids und Freundin aus Kindertagen. Ihr früher Tod ist eine dauernde Wunde und lässt sie mit Gott hadern, der zuließ, dass eine Giftnatter aus dem Rosenstrauch schoss, den Deborah so liebte. Biblische Bilder wie dieses (ein anderes ist die hinreißende farbige Beschreibung des Berges Tabor, wo die Erzählerin Maria und ihre Familie mit dem Bau von Laubhütten für das jüdische Hochfest Jesu Verklärung vorwegnehmen lässt) fügen sich zwanglos in die Handlung. Sie gewinnen zurück, was ihnen die mittelalterliche Symbolik geraubt hat: Leben als Zeichen irdischer Erfülltheit, Freude, Genuss.

Die Maria dieses Romans lebt gerne. Gegen Leiden kämpft sie an, Freuden kostet sie aus, ohne äußeres Gleichgewicht zu verlieren. Ihr Inneres findet sie durch Unvoreingenommenheit, Hingabe und vernunftbegabten Trotz. So sprengt diese Romanfigur den Lebensrahmen einer Dörflerin im "Gelobten Land" ebenso wie den der Ikone des Christentums. Ihre Schwestern sind die Wäscherin Farfalla aus Ricarda Huchs Novelle "Aus der Triumphgasse" oder einige der lebensklugen Frauengestalten Theodor Fontanes.

"Alles hat seine Zeit." Der biblische Satz ist einer der letzten der Erzählung. Maria sieht ihren Ältesten am Horizont verschwinden und einen ihrer jüngeren Söhne, der von Geburt an hinkte, geheilt von seinem Bruder zurückkommen, den er ein Stück Wegs begleitet hat. Sie wird eine vernünftigen Erklärung suchen und doch unruhig bleiben. Jetzt wünscht sie dem Davonziehenden ein glückliches und langes Leben. Wenn er nach drei Jahren den Martertod stirbt, wird sie innerlich mit ihm sterben. Aber sie wird bleiben, solange es ihrem Leben beschieden ist.

DIETER BARTETZKO

Maria Elisabeth Straub: "Das Geschenk". Roman. Diogenes Verlag, Zürich 2006. 333 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zunächst möchte Rezensent Dieter Bartetzko diesen Roman "von sich werfen", so "geschmacklos und berechnend" findet er dieses "Machwerk", das die Geschichte von Maria, Joseph und Jesus aus der sensationsgierigen Schlüssellochperspektive betrachte, und eine der "bösartigsten Behauptungen" zu seiner Grundlage mache: dass nämlich Maria durch Inzest schwanger geworden sei, und Joseph die Geschändete wegen ihrer Mitgift geheiratet habe, um seine zerrüttete Zimmermannsexistenz zu retten. Aber dann entdeckt Bartetzko in der als "innerer Monolog Marias am Sterbebett Josephs niedergeschriebenen Geschichte einen "wunderbarer Kurzroman". Nun wandelt sich das Ärgernis zur Freude und der Rezensent schwelgt in der ergreifenden Geschichte einer jungen Frau und dem aufwühlenden Wechselbad ihrer Gedanken und Gefühle, ihrer melodramatischen Lebensgeschichte. Am Ende adelt Bartetzko Protagonistin Maria zur Verwandten der "lebensklugen Frauengestalten Theodor Fontanes".

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