Marktplatzangebote
11 Angebote ab € 1,49 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Produktdetails
  • Verlag: Haffmans
  • Seitenzahl: 237
  • Abmessung: 185mm
  • Gewicht: 272g
  • ISBN-13: 9783251203451
  • ISBN-10: 3251203452
  • Artikelnr.: 24588854
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.01.2005

Der Nörgler
Ein tiefer Schluck Wahrheit: Flann O’Briens „Golden Hours”
Stammtischgespräche sind nicht bekannt für intellektuelle Höhenflüge. Eher für dumpfe Bierseligkeit und leere Parolen. Hohe Literatur pflegt man an diesem Ort gewöhnlich nicht zu suchen. Obwohl sich Flann O’Briens Kolumnen streckenweise wie ein vollalkoholisierter Monolog am Tresen lesen, muss man alle Sinne beisammen haben, um ihre sprachliche Originalität zu würdigen.
Sonderlich sympathisch wird der 1911 in Irland geborene Flann O’Brien dem Leser trotzdem nicht. Pedantisch geht er in seinen unzähligen Kolumnen, die er unter dem Pseudonym Myles na gCopaleen ab 1940 fast 25 Jahre lang in der Irish Times veröffentlicht, gegen alles und jeden vor: mit Vorliebe gegen sprachliche Schludrigkeiten in der eigenen Zeitung, aber auch die verhasste Theaterszene, Naturphänomene („Gehen Sie zum Strand hinunter und sehen Sie selbst. Sehen Sie, wie nichtssagend und steril alles ist”), und die irische Gesellschaft bekommen ihr Fett weg. O’Brien mäkelt hier, zetert dort und würde er nicht seine Ärgernisse mit einem faszinierenden Sprachwitz angehen, könnte sich der Leser schnell von diesem selbstverliebten Nörgler genervt fühlen.
O’Brien betreibt ein schwindelerregendes Rollenspiel vom verbohrten Grammatiker zu Gott und wieder zurück zum Dubliner Arbeiter. Dabei immer herrlich arrogant, niemals selbstkritisch und stets äußerst unterhaltsam. Die Inhalte seiner Kolumne fand er auf den Straßen Dublins, und obwohl die satirischen Texte nah am gesellschaftlichen Leben sind, unterhalten sie auch heute noch bestens.
Jedenfalls in der richtigen Dosis. Denn „Die goldenen Stunden des Myles na gCopaleen” gleichen einem etwas zu langen Kneipenabend. Eine Glosse folgt der nächsten wie ein Bier dem anderen und weicht langsam die Schärfe des vorangegangenen Textes auf. Außerdem sind viele der aberwitzigen Wortspiele einfach nicht ins Deutsche zu übersetzen, ohne an Komik einzubüßen, wodurch das Buch deutlich an Fahrt verliert. Entschädigt wird man durch die Fußnoten.
Mindestens genauso bekannt wie der Autor, der mit seinem ersten Roman „Auf Schwimmen-zwei-Vögel” 1939 eine erfolgreiche Karriere als Schriftsteller begann, ist sein Übersetzer Harry Rowohlt. Mit dem Herausgeber und gleichfalls leidenschaftlichen O’Brien-Fan John Wysee führt der Deutsche einen höchst amüsanten Dialog abseits des eigentlichen Textes. Er entschlüsselt Anspielungen und Decknamen und muss sich trotzdem oft vor der Unübersetzbarkeit einer Myles na gCopaleen-Kolumne geschlagen geben. Das aber zumindest ganz und gar in Flann O’Briens Manier.
LAURA WEISSMÜLLER
FLANN O’BRIEN: Golden Hours. Die goldenen Stunden des Myles na gCopaleen. Aus dem Englischen von Harry Rowohlt. Verlag Kein & Aber, Zürich 2004. 240 Seiten, 18 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Die Zeitungskolumne als Betätigungsfeld des Humoristen hat im englischsprachigen Raum Tradition, informiert der Rezensent Joachim Kalka vorab. Ein bedeutender Vertreter dieses Genres in der irischen Literatur ist der Romancier Flan O'Brien: Von seinen Kolumne ist nun eine zweite Auswahl erschienen ist - und Kalka schwärmt in höchsten Tönen. Hier werde Irland während des Zweiten Weltkriegs "wie in einem schräg gestellten Spiegel" präsentiert, lobt er. Doch auch wenn man in den von Kalka als "kostbar" bezeichneten Texten viel über Irland zu dieser Zeit erfährt, bleibe "das eigentliche große Thema des Humoristen immer die Sprache selbst. Amüsiert führt er einen unspektakulären Dialog an einer Bushaltestelle als Beispiel an, in dem O´Brien gleichzeitig Lokalkolorit und "universelle selbstverliebte Dummheit" vorführe, die den Leser zunächst amüsiere, dann aber verlegen mache. Besonders legt Kalka dem Leser den umfangreichen Fußnotenapparat ans Herz, der zum einen durch die Lektüre helfe, zum anderen aber auch Spuren enthalte, denen man unbedingt folgen solle.

© Perlentaucher Medien GmbH