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Dies ist die offenherzige und leidenschaftliche Abrechnung von Brigid Keen, die über dreißig Jahre als Haushälterin bei Pater Mann gearbeitet hat. Die katholische Kirche war ihr Familie, Arbeitgeber und Sinngeber zugleich, bis der Bischof Brigid fallen ließ.

Produktbeschreibung
Dies ist die offenherzige und leidenschaftliche Abrechnung von Brigid Keen, die über dreißig Jahre als Haushälterin bei Pater Mann gearbeitet hat. Die katholische Kirche war ihr Familie, Arbeitgeber und Sinngeber zugleich, bis der Bischof Brigid fallen ließ.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.11.1999

Kehraus im Haus des Herrn
Kathleen Ferguson trauert mit einer irischen Haushälterin

Ohne sein Schattenheer, das unentgeltlich kocht, schrubbt und Socken flickt, kann kein patriarchalisches System überdauern. Der Erkenntniswert dieser Feststellung ist am Ende des emanzipatorischen Jahrhunderts gering, und doch gelingt Kathleen Ferguson ein interessanter Zugriff auf das Thema. In ihrem Debütroman "Die Haushälterin" gibt die Autorin aus Nordirland einen Einblick in das Schicksal einer Frau, die fast scheitert, nachdem sie die Arbeitskraft eines ganzen Lebens in den Dienst am Klerus gestellt hat. Ferguson verkehrt die Perspektive des in Irland beliebten Haushälterinnen-Genres, hier geht es einmal nicht um die erotischen Eskapaden des Herrn, hier ergreift in einem langen Monolog die sonst schweigende Dienerin das Wort.

Die Halbwaise Brigid wächst im Internat Bethel auf, das vom Orden der Barmherzigen Schwestern geführt wird. Ein Leben außerhalb der katholischen Kirche scheint ihr undenkbar, deshalb stimmt sie zu, als sie in den frühen sechziger Jahren einem jungen, gerade ordinierten Pfarrer als Haushälterin zugewiesen wird. Die Wahl fällt auf Brigid, weil sie eine attraktive junge Frau ist - ihr Pfarrer erscheint dem amtierenden Bischof als unsicherer Kandidat, dessen Keuschheitsgelübde es zu testen gilt. Entgegen den Erwartungen des Bischofs erweisen Brigid und Father Mann sich als folgsame Schäfchen. Bei ihrer ersten Begegnung knistert es noch, danach lenken sie ihre Energien in die vorgeschriebenen Kanäle. Gehorsam beginnen sie ihr uniformiertes Leben, sie trägt fortan Wolle und Tweed, ihm verbietet der Bischof seinen blauen Anorak. Er dient der Kirche, und Brigid dient ihm.

Sie bekommt keinen Dank, kein Gehalt, keine Alterssicherung. Zwischen ihr und Father Mann entsteht eine seltsame Liaison des Schweigens, beide stellen ihre Rede zurück, um den reibungslosen Ablauf des Alltags zu garantieren. Er habe sie behandelt, als ob sie zum Inventar gehöre, sagt Brigid Keen: "Er hat mich gezwungen, es genauso zu machen. So konnte ich ihm nicht zur Last fallen, und er musste sich nicht mit mir herumstreiten." Bei all ihrer Diskretion erweist Brigid Keen sich als unabhängige Beobachterin, die ihre eigenen Schlüsse zieht. Als Haushälterin sitzt sie in der Schaltzentrale der Macht, sie blickt hinter die Kulissen der Sakristei und unter die Bettdecken der Gemeinde, sie weiß um geheime Schwangerschaften, zu früh geschlossene Ehen und auf ihrem Weg strauchelnde Geistliche. Immer wieder durchqueren subversive Gedankensplitter den Monolog der Brigid Keen, und sei es nur, dass die Hostie, Leib des Herrn, ihr Dasein als graue, unappetitliche Teigmasse beginnt.

Kathleen Fergusons Gestus ist nicht denunziatorisch, wenn es um die Misogynie und den Machtwillen der katholischen Kirche geht; wer mit Lehm werfen wollte, hätte in der gegenwärtigen antiklerikalen Debatte in Irland ganz andere Brocken finden können. In Fergusons Roman agieren zwei im besten Sinne altmodische Menschen, die den Kürzeren ziehen, weil das sie umgebende System korrupt ist. So viel guter Wille wächst sich zum Nachteil eines Romans aus, der zudem weder im Aufbau noch in seiner alltäglichen Sprache besondere Raffinessen bietet. Man hätte einem solch triftigen Gegenstand mehr erzählerische Reibungsfläche gewünscht, mindestens mehr Gespür für skurrile Szenen, die angelegt, aber nicht entwickelt werden.

Das Schicksal ereilt Brigid Keen und Father Mann im Gewand der Alzheimerkrankheit. Sie werden aufs Land versetzt, um der Gemeinde von Derry die Schande eines senilen Predigers zu ersparen. Beide verlieren durch diese besondere Variante der Arbeitslosigkeit ihren Glauben: Welches Interesse mag Gott schon an einem imbezilen Priester haben? Brigid Keens Schicksalsbote ist abermals der Bischof: "Du hast deine Arbeit getan, Brigid. Mach dir ein schönes Leben." Wohin geht so eine wie Brigid Keen, eine ohne Familie, Einkommen, Wohlstand oder Rente? ",Ein schönes Leben?', sag ich. ,Mit wem denn? Und wie?'" Notgedrungen wird Brigid Keen die Anweisung des Bischofs dann doch beherzigen.

TANYA LIESKE

Kathleen Ferguson: "Die Haushälterin". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Kathrin Razum. Haffmans Verlag, Zürich 1999. 256 Seiten, geb., 36,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Über den irischen Gegenwartsroman denkt Hansjörg Graf an Hand der folgenden zwei Bücher nach:
1) Kathleen Ferguson: "