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Als John Law, Abkömmling einer angesehenen schottischen Familie, mit gerade 21 Jahren 1694 im Londoner Gefängnis saß und um sein Leben bangte, war dies der erste Tiefpunkt im dramatischen Leben eines der ungewöhnlichsten Männer der modernen Wirtschaftsgeschichte. Vorausgegangen war ein Duell, bei dem Law seinen Kontrahenten getötet hatte. Die beiden Männer, beide attraktiv, mit großem Erfolg bei Frauen, waren die Stars der Londoner Gesellschaft. Insbesondere Law zog das Interesse auf sich, da er in den Salons der feinen Leute als genialer Spieler berühmt war. Ob die Konkurrenz der beiden oder…mehr

Produktbeschreibung
Als John Law, Abkömmling einer angesehenen schottischen Familie, mit gerade 21 Jahren 1694 im Londoner Gefängnis saß und um sein Leben bangte, war dies der erste Tiefpunkt im dramatischen Leben eines der ungewöhnlichsten Männer der modernen Wirtschaftsgeschichte. Vorausgegangen war ein Duell, bei dem Law seinen Kontrahenten getötet hatte. Die beiden Männer, beide attraktiv, mit großem Erfolg bei Frauen, waren die Stars der Londoner Gesellschaft. Insbesondere Law zog das Interesse auf sich, da er in den Salons der feinen Leute als genialer Spieler berühmt war. Ob die Konkurrenz der beiden oder die dunklen Gerüchte über die unfeinen Geldquellen von Laws Widersacher den Anlass für die tödliche Begegnung gaben, kann auch Janet Gleeson in ihrem spannenden Buch nicht endgültig klären. Sicher ist jedoch, dass Law in den Mühlen einer korrupten Justiz und durch die Machenschaften einflussreicher Gegner zugrunde zu gehen drohte. Aber auch Law hatte Freunde, und so gelang ihm s chließlich die Flucht auf den Kontinent. Auf seinen Reisen durch europäische Großstädte flogen Law nicht nur wie gewöhnlich die Frauenherzen zu; er studierte auch mit wachsender Begeisterung die ökonomischen Verhältnisse in Holland und Italien. Bei seiner Beschäftigung mit den damals noch jungen Wirtschaftswissenschaften kam ihm seine überragende mathematische Begabung zugute. Längst hatte er begriffen, dass dem sich in allen europäischen Staaten zuspitzenden Problem der Geldknappheit auf Dauer nur mit einem neuen Geld- und Wirtschaftsverständnis beizukommen war. Einige Staaten hatten bereits Versuche mit Papiergeld gemacht; so etwa Schweden, wo aus Mangel an Gold und Silber die Münzen aus Kupfer gefertigt wurden. Doch da der Gehalt an Metall dem Wert der Münzen entsprechen musste, konnten größere Geldmengen nur noch per Wagen transportiert werden. Das Vertrauen in den Wert eines Stück Papiers konnte sich jedoch nicht durchsetzen, daher brachen die neuen Geldmärkte immer wieder zus sammen. So behinderte das schwerfällige veraltete Geldsystem die florierenden Wirtschaften. Law entwarf ein neues Geldsystem, das auf Papiergeld beruhte und dessen Gegenwert Land sein sollte. Trotz aller Bemühungen konnte er keine europäische Regierung für seine Ideen begeistern. Des Herumreisens müde kehrte er mit seiner Frau Katherine nach Schottland zurück und verfeinerte dort seine Vision von Geld als Zahlungsmittel, das als Stoff wertlos war, dem aber ein stabiler Wert entsprach - wie bei einem Spielchip, der nach dem Spiel in Bargeld umgetauscht werden konnte. Im Zentrum einer solchen Geldwirtschaft steht eine Nationalbank, die den Geldfluss kontrolliert und den Gegenwert in Form von Land sichert. Doch es sollten noch einige Jahre und viele Enttäuschungen vergehen, bevor Law endlich in Frankreich ein offenes Ohr für seine Ideen fand. Erst als sein Freund Philippe Graf von Orleans und Neffe Ludwig XIV. den französischen Thron bestieg, war Laws Zeit gekommen ...
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.01.2002

Wer nicht tauschen will, muß fühlen

Am 5. Januar 1720 stand John Law auf dem Scheitelpunkt seines Ruhms: Herzog Philipp von Orléans, Regent Frankreichs bis zur Volljährigkeit Ludwigs XV., hatte ihn zum Generalkontrolleur der Finanzen ernannt, zum ersten Minister der mächtigsten Nation Europas. Laws Aufstieg zur Macht ebenso wie sein Sturz sind verbunden mit einem der größten Skandale der Bank- und Börsengeschichte. Das von den Kriegen Ludwigs XIV. ruinierte Frankreich stöhnte unter der Schuldenlast. Als Gegenmittel verordnete Laws Vorgänger inflationäre Münzverschlechterungen. Wer sein Geld zurückhielt oder ins Ausland schaffte, konnte aufs Rad geflochten, auf die Streckbank geschnallt, an den Pranger gestellt, gehenkt oder auf die Galeeren verschickt werden. Das Inflationsproblem löste Law, indem er es durch Papiergeld radikalisierte. Gedeckt war seine neue Papierwährung nicht mehr durch Gold, sondern durch den Traum vom El Dorado. Law erwarb die Konzession zur Ausbeutung der damaligen französischen Kolonie Louisiana. Im Glauben, bares Gold zu erwerben, zeichneten die Anleger massenhaft die Aktien seiner 1719 gegründeten "Mississippi-Kompanie", die den Überseehandel mit Tabak, Sklaven und anderen Gütern monopolisierte. Im Dezember 1718 wurde Laws Privatbank zur staatlichen "Banque Royale". Die Kontrolle über die Menge der ausgegebenen Banknoten war jetzt absolutistischer Willkür anheimgegeben, und John Law war kein Wim Duisenberg, der dem Herzog von Orléans Unabhängigkeit abgetrotzt hätte. Eine soeben ins Deutsche übertragene, sehr volkstümliche Biographie lobt die Verdienste des Geldtheoretikers Law - eine vergriffene Auswahl seiner Schriften erschien im Akademie Verlag, die autoritative Biographie schrieb der Wirtschaftshistoriker Antoin E. Murphy -, schildert aber nur die anekdotische Seite des Lebens dieses casanovahaften Libertins, der als Sohn eines schottischen Goldschmieds und Bankiers geboren wurde und sich als Glücksspieler an den Höfen und Handelsstädten Europas herumtrieb, während er seine Theorie der Geldvermehrung erdachte (Janet Gleeson: "Der Mann, der das Geld erfand". Aus dem Englischen von Michael Müller. Kreymayr und Scheriau Verlag, Wien 2001. 318 S., geb., 20,- [Euro]). Rund um die Uhr wurde also gedruckt - damit das Volk, meistens auf Kredit, Aktien kaufen konnte und Law die exorbitanten Dividenden seiner Kolonialgesellschaft würde ausschütten konnte. Die warf außer großen Erwartungen nichts ab - aber das reichte, damit sich der Wert der Anteile innerhalb weniger Monate vervielfachte. Noch im selben Jahr erwarb Law das Recht zur Steuereinnahme in Frankreich und brachte dazu neue Mississippi-Aktien im Wert von fast der Hälfte der französischen Staatsschuld an den gierig danach lechzenden Mann - zu Tausenden strömten die Leute aus der Provinz und dem Ausland nach Paris, um schnell reich zu werden. Law konnte so die Staatsschulden günstig refinanzieren. Die Inflationsorgie tat der französischen Wirtschaft, wie von Law prophezeit, gut, aber der Erfolg des Papiergeldes beruhte nicht auf Vertrauen in die Königliche Bank, sondern nur auf den kolonialen Phantasien. Um das Land zu erschließen, wären jedoch Siedler nötig gewesen. Law ließ Verbrecher, Landstreicher, Prostituierte, Arbeitslose, Waisenkinder und Armenhäusler zwangsweise nach Louisiana deportieren. Anstatt dort Bodenschätze zu heben, wurden sie von Skorbut, Ruhr, Malaria und Gelbfieber gequält, und als sich das herumsprach, wurde auch der Wert der Aktien schließlich wie von einer Epidemie dahingerafft. Um die Inflation einzudämmen, ergriff Law im Stil seiner Vorgänger die bekannten drakonischen Quarantänemaßnahmen, die das Übel verschlimmerten: Er verbot, Münzen auszuführen, Edelsteine zu kaufen und größere Goldbestände zu horten; er beschloß, Gold- und Silbermünzen innerhalb einer Übergangsfrist von einigen Monaten ganz abzuschaffen und nur noch Papiergeld zuzulassen; das Papiergeld wurde auch noch abgewertet. Die Folgen waren fast so schlimm wie die der Pest, die ebenfalls 1720 ausbrach. Am ersten November 1720 endete das System des Papiergelds in Frankreich, die Staatsbank wurde geschlossen. Besitzer von Staatsanleihen und Aktien waren ruiniert, aber die Schulden der Krone hatten sich um zwei Drittel verringert - allerdings auf Kosten langfristig höherer Zinssätze für französische Staatsanleihen.

CHRISTOPH ALBRECHT

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In erster Linie ist Christoph Albrecht in seiner Rezension damit beschäftigt, die Geschichte von John Law nachzuerzählen, der eine der ersten Spekulationsblasen der Wirtschaftsgeschichte für die Erfindung des Papiergelds und die Sanierung der französischen Staatsfinanzen nutzte. Kein gutes Zeichen für seine Bewertung des besprochenen Bandes, und tatsächlich hält er die neue John-Law-Biografie für reichlich "volkstümlich". Viel mehr als Anekdoten, insbesondere über den "casanovahaften" Lebenswandel Laws, findet er nicht und verweist auf die autoritative Biografie von Antoin E. Murphy. Gut ausgegangen ist die Geschichte im übrigen nicht: beim Platzen der Blase waren die Zeichner der Anleihen, die an Gold in Louisiana und an Laws "Mississippi-Kompanie" geglaubt hatten, ihr Geld los.

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