Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 15,00 €
  • Gebundenes Buch

Mai 1945. Das "Protektorat Böhmen und Mähren" ist Vergangenheit, und im Städtchen Kostelec kann wieder Ruhe einkehren. Bevor es aber soweit ist, muß noch ziemlich viel erledigt werden. Danny Smirický steht mitten im aufregenden Trubel, bereitet mit seinen Orchesterfreunden den Aufstand vor, kümmert sich um freigelassene britische Gefangene und befördert einen Panzer der SS in den Graben. Dabei macht er das alles nur wegen Irena, die ihn immer noch nicht erhört hat. Sie soll ihn als "Held der Revolution" bewundern und endlich ihren Zdenek vergessen. Irena denkt aber nicht daran. Lieber stellt…mehr

Produktbeschreibung
Mai 1945. Das "Protektorat Böhmen und Mähren" ist Vergangenheit, und im Städtchen Kostelec kann wieder Ruhe einkehren. Bevor es aber soweit ist, muß noch ziemlich viel erledigt werden. Danny Smirický steht mitten im aufregenden Trubel, bereitet mit seinen Orchesterfreunden den Aufstand vor, kümmert sich um freigelassene britische Gefangene und befördert einen Panzer der SS in den Graben. Dabei macht er das alles nur wegen Irena, die ihn immer noch nicht erhört hat. Sie soll ihn als "Held der Revolution" bewundern und endlich ihren Zdenek vergessen. Irena denkt aber nicht daran. Lieber stellt sie sich auf den Heldenplatz von Kostelec und jubelt mit ihren Freundinnen den Soldaten der Roten Armee zu ...
Autorenporträt
Skvorecký, Josef
Josef Skvorecký, geboren 1924 in Náchod/Ostböhmen, ging 1968 nach dem sowjetischen Einmarsch ins Exil. Er lebte in Kanada, wo er lange Professor für Englisch und Film an der Universität Toronto war. Dort gründete er gemeinsam mit seiner Frau den Exilverlag Sixty-eight Publishers für tschechoslowakische Literatur. 1999 erhielt er den tschechischen Staatspreis für Literatur. Skvorecký starb im Januar 2012 in Toronto. Bei Deuticke erhältlich sind die Romane Eine prima Saison (1997), Der Seeleningenieur (1998), Feiglinge (2000) und Das Mirakel (2001).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.07.2000

Als der Krieg zu Ende war
Porträt einer Jugend: Josef Skvoreckys Roman "Feigling"

Bei diesem Buch handelt es sich um den Bericht eines jungen Mannes über die letzte Kriegswoche in einer tschechischen Kleinstadt im Mai 1945. Zum ersten Mal 1958 in der tschechischen Originalsprache erschienen, 1969 ins Deutsche übersetzt, liegt das Buch wieder vor, und man liest es heute anders als damals. Man geht kaum fehl, wenn man eine starke autobiografische Komponente in diesen tagebuchartigen Eintragungen vermutet. Alter und Lebensumstände der Zentralgestalt stimmen mit denen des Autors überein. Tausende Einzelheiten und Dutzende Porträts von Nebenpersonen verdanken sich eher der Erinnerung als der Erfindung.

Der Autor weist durch die Namensgebung darauf hin, indem er seinen Ich-Erzähler Smiricky nennt, mit dem nicht zufälligen Anklang an Skvorecky. Das sicherste Zeichen ist aber die (Selbst-)Ironie, mit der der Autor die Gestalt behandelt, die dadurch zu seinem jugendlichem Ebenbild wird. Aus den zahllosen Details im Alltag des jungen Menschen heben sich zwei Themen ab: das Ende des Krieges in der besetzten Tschechoslowakei mit seinen Gefahren und Unruhen sowie die musikalischen und erotischen Passionen der Hauptfigur. Es ist wahrscheinlich, dass man im Erscheinungsjahr des Romans, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges und des bolschewistischen Regimes in Prag, eher die politische Dimension wahrgenommen und die Schicksale der vorkommenden Personen in ihrem Licht gesehen hat, den Grad ihrer Anpassung beziehungsweise ihres Widerstandes gegen die deutsche Besatzung, die Wärme oder Kälte, mit der sie die Ankunft der sowjetischen "Befreier" aufnahmen, et cetera.

Heute ist aus dem Zeitroman unversehens ein historischer geworden. Der Abzug der deutschen Truppen, die letzten tödlichen Scharmützel mit der SS, das Eintreffen der sowjetischen Armee, das Flüchtlingschaos auf den Plätzen und Straßen des nur halb fiktiven Städtchens Kostelec, all das ist für den heutigen Leser der mehr oder weniger zufällige Hintergrund für das Psychogramm einer Jugend, die, wie jede andere Generation auch, ihr Reif- und Erwachsenwerden einer sozialen Wirklichkeit abtrotzen muss, auf deren Beschaffenheit sie keinen Einfluss hat. Die Heraufbeschwörung der pferdegezogenen Britschkas, der Vorhut der russischen Heeresmacht, musste bei den ersten Lesern des Romans unweigerlich die Schrecken des sowjetischen Einbruchs symbolisieren, die Errichtung eines diktatorischen Regimes in einem westlichen Land, einen Prozess, der den friedlichen Leidenschaften des jungen Beobachters für Musik und weibliche Reize diametral entgegengesetzt war. Heute rücken die Nöte des Jungseins, die Verliebtheit in alle Mädchen, die völlige Verstricktheit des Helden in den Jazz in den Vordergrund, während der Abzug der einen Unterdrücker und der Einzug der nächsten Barbaren nur das zeitliche Kolorit für das ehedem verspottete "Allgemein-Menschliche" abgeben. Schließlich verschmelzen die beiden Sphären zum überzeugenden Bildnis einer ambivalenten Jugend. Die Gedanken des jungen, jedwedem Heroismus abholden Helden beim Vorüberziehen der sowjetischen Pferdewagen ringen sich am Ende in einem inneren Monolog zum Bewusstsein durch: "Die Luft füllte sich mit ihrem Geruch wie nach Tundra oder Taiga. Ich betrachtete die wettergegerbten Gesichter dieser Menschen, die nichts vom Jazz wussten und wahrscheinlich nicht mal was von Mädchen, die einfach dahinzogen, erregt, trunken, siegreich, ohne an die Dinge zu denken, an die ich dachte, ganz anders als ich und schrecklich fremd, dennoch anziehend, ich bewunderte sie; also das war die sowjetische Armee, sie jagte vorwärts, staubbedeckt, schweißüberströmt, voll ungezügelter Wildheit. Ich wusste nicht, ob hier etwas Neues begann, etwas wie eine Revolution, und ob das mit mir und meiner Welt zu tun hatte."

EGON SCHWARZ

Josef Skvorecky: "Feigling". Roman. Aus dem Tschechischen übersetzt von Karl-Heinz Jähn. Deuticke Verlagsgesellschaft, Wien und München 2000. 494 S., geb., 49,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Hermann Wallmann schnipst mit den Fingern und bekommt keineswegs den Blues, denn es ist der Jazz, den er bei seiner Rezension von Josef Skvoreckys neuaufgelegtem Roman "Feiglinge" heraushört. Der Roman sei außerdem "bedeutsam", so der Rezensent, weil er und seine Hauptfigur gleichsam zum Spiegelbild des 20. Jahrhunderts mit seinen ideologischen Gegensätzen und sogar der heutigen Zeit wird, in der "neue Fundamentalismen und politische Korrektheiten allüberall herumzensieren". Dies gelinge dabei aber eben nicht über drögen Abbildrealismus, sondern im Rhythmus des Jazz: "noch in der Übersetzung wird `hörbar` dass Skvorecky ein Instrument spielt", schwärmt der Rezensent und legt das Buch heutigen "juvenilen Debütanten" ans Herz, deren musikalische Welt mit ihren Love Parades seiner Meinung nach weit weniger musikalischen, literarischen und politischen Sprengstoff enthält als der Jazz der Nachkriegszeit.

© Perlentaucher Medien GmbH