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Fritz Saxl studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien, habilitierte sich in Hamburg und ein zweites Mal in London. Im Zuge seiner Anstellung bei dem Kunsthistoriker und Kulturtheoretiker Aby Warburg spezialisierte er sich auf den Gebieten der Kunst Rembrandts und seiner Zeit, mittelalterlicher Astrologiegeschichte und spätantiker Religions- und Kunstgeschichte. Gezwungen durch die politischen Umwälzungen in Europa ging er nach London, wo er 1934 das Warburg Institute gründete. Fritz Saxl zeichnet sich durch seine wissenschaftlichen ebenso wie durch seine organisatorischen Leistungen…mehr

Produktbeschreibung
Fritz Saxl studierte Kunstgeschichte an der Universität Wien, habilitierte sich in Hamburg und ein zweites Mal in London. Im Zuge seiner Anstellung bei dem Kunsthistoriker und Kulturtheoretiker Aby Warburg spezialisierte er sich auf den Gebieten der Kunst Rembrandts und seiner Zeit, mittelalterlicher Astrologiegeschichte und spätantiker Religions- und Kunstgeschichte. Gezwungen durch die politischen Umwälzungen in Europa ging er nach London, wo er 1934 das Warburg Institute gründete. Fritz Saxl zeichnet sich durch seine wissenschaftlichen ebenso wie durch seine organisatorischen Leistungen aus. Sein Oeuvre umfasst die wissenschaftliche Behandlung von Mithrasdarstellungen bis zu illuminierten mittelalterlichen Handschriften über Magie, Astrologie, Heilkraft und Heilkunde, aber auch organisatorische Bemühungen um Warburgs Bibliothek und die Vortrags- und Schriftenreihen in Hamburg und schließlich die Gründung des Londoner Institutes, das bis heute entscheidende Impulse zur geistesgeschichtlichen Forschung setzt.
Autorenporträt
Dr. Dorothea McEwan, Honorary Fellow der Universität London, geboren in Eisenstadt, studierte Geschichte und Anglistik an der Universität Wien. Nach ihrer Übersiedlung nach London arbeitete sie in der British Library, am Missionary Institute London und am Goldsmiths' College in London sowie als freie Mitarbeiterin von Sir Ernst H. Gombrich. 1993 wurde sie erste Archivarin im Warburg Institute in London. Darüber hinaus arbeitete McEwan über jüdische Geschichte, Frauenforschung, insbesondere über das Frauenbild in den katholischen Kirche sowie über äthiopische Geschichte und Buchmalerei.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Tief beeindruckt erklärt Jutta von Zitzewitz, welches Verdienst Dorothea McEwan, der langjährigen Archivarin am Londoner Warburg Institute, mit ihrer Biografie über Fritz Saxl eigentlich zukommt. Es ist ganz einfach: Ohne Saxl kein Warburg Institute und möglicherweise auch kein Aby Warburg nach 1924. Dies nun herausgearbeitet zu haben, hält Zitzewitz für schlichtweg groß. Berufen dazu scheint ihr die Autorin allerdings schon durch ihre Bücher über den Briefwechsel Warburg/Saxl, auf den sie auch für dieses Buch zurückgreift, wie die Rezensentin anmerkt. McEwans Nacherzählung von Saxls Lebensweg vom jungen Assistenten Warburgs zum berufenen Nachlassverwalter wird laut Zitzewitz dadurch lebendig und lese sich, so die Rezensentin, besonders betreffend die schwierigen Kriegsjahre, mitunter wie ein Krimi. Saxls wissenschaftliche Arbeit scheint ihr zwar etwas zu kurz zu kommen, dafür entschädigt die Rezensentin jedoch ein umfangreicher Anhang.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.03.2013

„Erschütternde Liebe und Treue“
Lange unbesungen, tritt der Kunsthistoriker Fritz Saxl jetzt in einer neuen Biografie aus dem Schatten des Ziehvaters Aby Warburg
Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten, heißt es. Bei Aby Warburg, dem zu mythischer Größe angewachsenen Gründungsvater der Bildwissenschaft, war beides im Übermaß vorhanden, und der Schatten, den er warf, so übermächtig, dass mehrere Menschen darin Platz fanden. Zwei Hochbegabte teilten das nicht immer einfache Los, im Kielwasser eines Genies zu segeln. Neben der Philosophin Gertrud Bing, die nach Warburgs Tod dessen „Gesammelte Schriften“ in einer vorbildlichen Edition herausgab, war dies vor allem der Kunsthistoriker Fritz Saxl, der die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg in Hamburg leitete und erster Direktor des Warburg Institute in London wurde.
  Lange unbesungen, tritt Fritz Saxl nun aus dem Schatten seines geistigen Ziehvaters. Vor Kurzem erschienen zwei Schriften des Österreichers in einer Neuauflage („Gebärde, Form, Ausdruck“). Und jetzt, endlich, liegt auch eine Biografie Saxls vor. Sie stammt aus berufener Feder. Dorothea McEwan war lange Archivarin am Londoner Warburg Institute. Große Verdienste erwarb sich McEwan bereits, indem sie die mehr als 30 000 Briefe der Warburg-Korrespondenz katalogisiert und in englischsprachigen Zusammenfassungen zugänglich gemacht hat. Über den Briefwechsel zwischen Saxl und Warburg hat sie bereits zwei Bücher geschrieben, und auch in ihrer vorzüglich geschriebenen neuen Saxl-Biografie greift McEwan vor allem auf die Briefschätze im Archiv zurück. Das macht ihre Erzählung sehr lebendig, auch wenn die Würdigung der wissenschaftlichen Arbeiten Saxls manchmal zu kurz kommt. Dafür aber wird der Leser mit einem umfangreichen Anhang entschädigt.
  Als sich die Wege Fritz Saxls und Aby Warburgs im Jahre 1910 kreuzten, war Saxl ein junger Mann von zwanzig Jahren, der bei Max Dvorak in Wien Kunstgeschichte studierte und sich auf die Rembrandt-Forschung und die Geschichte der Sterngläubigkeit in Antike und Mittelalter spezialisierte. Aby Warburg hatte sich seit zwei Jahren ebenfalls in dieses entlegene Forschungsgebiet vertieft. Sein Hauptinteresse galt dem Nachleben der Antike und der Spannung zwischen „Mathematik und Dämonenfurcht“ in der Astrologiegeschichte.
  Damit begann ein reger Austausch, freundschaftlich und durchaus auf Augenhöhe. Von Beginn an übernahm der 44-jährige Privatgelehrte Aby Warburg dabei die Rolle des väterlichen Freundes. Während der frühreife Fritz Saxl in Wien im Alter von nur 22 Jahren über Rembrandt promovierte, arbeitete Warburg fieberhaft an seiner epochalen Studie zum Freskenzyklus des Palazzo Schifanoia in Ferrara, die er im Oktober 1912 auf dem Kunsthistorischen Kongress in Rom zum Vortrag brachte. Seine Entschlüsselung des Freskenprogramms bedeutete die Geburtsstunde der Ikonologie und den Durchbruch der kulturwissenschaftlichen Methode Warburgs. Fritz Saxl, der im Publikum saß, erkannte die Tragweite des Moments. Viele Kollegen, schrieb er, seien danach in der Überzeugung nach Hause gefahren, „das Herandämmern einer neuen Ära in der Kunstgeschichte“ miterlebt zu haben.
  Zwei Jahre später kam Fritz Saxl zu Aby Warburg nach Hamburg, um sein Assistent zu werden. Mittlerweile war er verheiratet, was seinem Chef nicht behagte, „da seine Beweglichkeit darunter leiden müsse“. Schon früh sprachen beide über die Institutionalisierung der kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburgs. Saxl begriff sofort, dass sie das intellektuelle Rückgrat für Warburgs Studien war, eine „Einheit lebendigen Denkens“ (Saxl) bildete, die keiner starren Systematik zu unterwerfen war.
  Der Erste Weltkrieg durchkreuzte alle kühnen Gelehrtenpläne. Saxl trat seinen Dienst an der Front im Dienst Österreich-Ungarns an, während der kränkelnde Warburg zu seinem großen Bedauern nicht in den Kriegsdienst eintreten konnte. Der kontinuierliche Briefwechsel in dieser Zeit ist ein schönes Zeugnis für die Freundschaft der beiden Männer. Dorothea McEwans Buch liest sich in den Kriegsepisoden wie ein Krimi, fast filmisch schneidet sie zwischen den Akteuren hin und her. Erstaunt erfährt man, dass Saxl in seinem Artilleriestand noch Zeit fand zum Forschen und zum Korrekturlesen der Druckfahnen seines „Verzeichnisses astrologischer und mythologischer illustrierter Handschriften des lateinischen Mittelalters in römischen Bibliotheken“ (1915), eines bis heute unverzichtbaren Standardwerkes.
  Nach dem Krieg kehrt Fritz Saxl zunächst nach Österreich zurück, während Warburg in Hamburg einen schweren psychischen Zusammenbruch erleidet. Abys Bruders Max Warburg bietet Saxl eine Stelle in der Bibliothek an, die Saxl 1920 antritt. So packend Dorothea McEwan die Kriegsjahre schildert, so seltsam blass erscheint die Folgezeit, die Aby Warburg zwischen 1921 und 1924 im Sanatorium Bellevue in Kreuzlingen verbringt.
  Fritz Saxl übernahm Leitung und Organisation der Bibliothek, unterstützt durch Gertrud Bing, die dazugestoßen war. Zugleich kümmerte er sich mit einer an Selbstaufgabe grenzenden Fürsorge um den schwer erkrankten Freund Warburg, zu dessen Heilung Saxl in ganz entscheidender Weise beitrug. Saxl war Warburgs Verbindung zur Welt und bestätigte ihn in seiner Identität als Wissenschaftler. Die Zusammenarbeit beider in den Klinikjahren brachte zwei Glanzleistungen hervor, die Lutherschrift und den legendären Vortrag über die Hopi-Indianer, der unter dem Titel „Schlangenritual“ Warburgs späten Nachruhm sichern sollte. Dass diese Jahre für Fritz Saxl oft qualvoll waren, spart McEwan aus, obwohl sie seine Leistungen in dieser Zeit so ausführlich würdigt. Davide Stimilli hat in dem Buch „Die unendliche Heilung“ (2007) aufschlussreiche Dokumente aus der Hand Fritz Saxls ausgebreitet, in denen ein zweifelnder Forscher Kontur gewinnt, der um die Emanzipation von dem großen Vorbild ringt und unter dem „strengen Saturn-Vater“ (Saxl) Warburg leidet.
  Aby Warburg, der nur selten Worte des Lobes fand, vergaß seinem Freund die Unterstützung in den Kreuzlinger Jahren nie, die er als „erschütternde Liebe und Treue“ würdigte. Nach der Rückkehr Warburgs konnte Fritz Saxl endlich seine eigenen Forschungen wieder aufnehmen. In seiner Ehe seit Jahren unglücklich, fing Saxl eine Beziehung zu seiner Kollegin Gertrud Bing an, die Warburg erfolglos zu unterbinden suchte, die aber, obwohl sich Saxl nie von seiner Frau scheiden ließ, bis zu seinem Tod unerschüttert blieb. Nach dem Tod Aby Warburgs im Jahre 1929 wurde Saxl dann Leiter der „Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg“ in Hamburg (KBW), die seit 1926 in einem Neubau neben Warburgs Haus untergebracht war. Seiner Weitsicht in den Jahren bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten war es zu verdanken, dass die gesamte KBW, als dreijährige Dauerleihgabe getarnt, am 13. Dezember 1933 nach London verschifft werden konnte: „Hermia schwimmt!“, lautete ein konspiratives Telegramm an Fritz Saxl in dieser „Stunde null zwischen KBW und Warburg Institute“ (McEwan).
  Erst in der Emigration, so scheint es bei McEwan, kam Fritz Saxl zu sich selbst. „Er hält sich rein äußerlich gerader als in Hamburg“ und habe in London „Festigkeit und Heiterkeit“ gefunden, so sah es seine Lebensgefährtin Gertrud Bing. In England schaffte Fritz Saxl das unglaubliche Kunststück, den Aufbau der Warburg-Bibliothek und den Umbau zu einem Forschungsinstitut ein zweites Mal und unter schwierigeren Bedingungen zu stemmen. Darüber hinaus setzte er sich in den Dreißigerjahren für Freunde und Weggefährten wie Ernst Cassirer, Raymond Klibansky und Erwin Panofksy ein, dem er seit der gemeinsamen Arbeit an ihrem Aufsatz über Dürers „Melencolia I“ (1923) freundschaftlich verbunden war. Sehr plastisch schildert McEwan die Jahre des Zweiten Weltkriegs. In dieser schwierigen Interimsperiode mit ständigen Sorgen um Finanzierung und Verbleib der Bibliothek erwies sich Saxl als meisterhafter Netzwerker und Stratege. Gute Nachrichten gab es erst wieder 1944, als das Warburg Institute in die öffentliche Hand überging und der Fortbestand der Bibliothek als Teil der University of London (heute zu deren „School of Advanced Study“ gehörig) damit dauerhaft gesichert werden konnte. „A Present from Germany“, so bejubelte die englische Presse diesen Zugewinn durch Warburgs Nachlass.
  Mit aller Kraft trieb Fritz Saxl die Umwandlung des Warburg Institute zu einem universitären Forschungszentrum voran, bis er 1948 an einem Herzinfarkt starb. Saxl hatte sich „buchstäblich zu Tode gearbeitet“, wie McEwan ohne Übertreibung konstatiert. Eine Aby-Warburg-Biografie, die Saxl angefangen hatte, blieb unvollendet. Saxl hätte die Arbeit daran nie zu Ende gebracht, weil er nicht seine eigene Rolle hätte schildern können, „ohne die eine Warburg-Biografie nur die halbe Geschichte enthalten würde“, so Gertrud Bing. Diesen enormen Anteil Fritz Saxls am „Projekt Warburg“ jetzt erhellt zu haben, darin liegt das Verdienst der Biografie von Dorothea McEwan.
JUTTA VON ZITZEWITZ
Beim „Herandämmern einer
neuen Ära der Kunstgeschichte“
war Fritz Saxl dabei
Der Neuaufbau der berühmten
Warburg-Bibliothek in London
war eine Meisterleistung
  
  
Dorothea McEwan: Fritz Saxl. Eine Biografie. Aby Warburgs Bibliothekar und erster Direktor des Londoner Warburg Institutes. Böhlau Verlag, Wien/
Köln/Weimar 2012.
344 Seiten, 39 Euro.
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