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Vor über 400 Jahren, in eine zum Zerreißen gespannte Welt wurde Erzherzog Ferdinand Ernst hineingeboren, der als Ferdinand III. von 1637 bis zu seinem Tod 1657 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war. Sein Leben war ein Leben im Krieg auf der Suche nach Frieden. Zusammen mit den vielen Ländern der Monarchie der Habsburger hatte er einen Krieg geerbt, der militärisch von niemandem ganz zu gewinnen war und entsetzliches Leid über eine ganze Generation brachte. Was 1618 mit dem Prager Fenstersturz als auch religiös motivierter Aufstand des Adels gegen die Habsburger begonnen hatte, konnte er…mehr

Produktbeschreibung
Vor über 400 Jahren, in eine zum Zerreißen gespannte Welt wurde Erzherzog Ferdinand Ernst hineingeboren, der als Ferdinand III. von 1637 bis zu seinem Tod 1657 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war. Sein Leben war ein Leben im Krieg auf der Suche nach Frieden. Zusammen mit den vielen Ländern der Monarchie der Habsburger hatte er einen Krieg geerbt, der militärisch von niemandem ganz zu gewinnen war und entsetzliches Leid über eine ganze Generation brachte. Was 1618 mit dem Prager Fenstersturz als auch religiös motivierter Aufstand des Adels gegen die Habsburger begonnen hatte, konnte er erst 1648 mit dem Westfälischen Frieden auf einer gesamteuropäischen Ebene beenden. Wie man aus solch einem Krieg herauskam, musste erst gelernt werden und es bedeutete, sich von Positionen zu verabschieden, die man lange für absolut gehalten hatte: von der Einheit der Christenheit, vom Vorrang einer Konfession, von der Einheit der Dynastie, von der territorialen Integrität und Einheit desReiches. Der Frieden im Reich und mit den europäischen Nachbarn brachte, durch Zulassung von Differenz wider Willen, dauerhafte und tragfähige Lösungen für die Auseinandersetzung zwischen Protestanten und Katholiken. Die institutionelle Krise des Reiches wurde überwunden, der Friedenskongress zum Modell für zwischenstaatliche Konfliktlösung.
Autorenporträt
Prof. Dr. Mark Sven Hengerer ist Inhaber der Professur "Geschichte Westeuropas in der Frühen Neuzeit" an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.01.2013

Für Austrias Ehre und Erdbeeren
Ein Zauderer und Freund der Tafel auf der Schwelle der Neuzeit: Mark Hengerer hat eine beeindruckende Biographie des Habsburgerkaisers Ferdinand III. vorgelegt

In der Galerie der "Helden des Rückzugs", die Hans Magnus Enzensberger angesichts des Zusammenbruchs der Sowjetmacht in Osteuropa entworfen hat, kommt Ferdinand III. nicht vor. Dabei ist er einer der politischen Ahnherren jener Erben des Totalitarismus, die sich auf das Machbare beschränkten, irreale Großmachtphantasien aufgaben und das Dogma, dem sich ihre Vorgänger verschrieben hatten, auf ein Maß zurückschraubten, das ihrem Überleben dienlich war.

Das Dogma, das war für Ferdinand III. die Gegenreformation, die sein Vater Ferdinand II. in der ersten Phase des Dreißigjährigen Krieges mit Hilfe von Wallensteins Heeren bis an die Ostsee getragen hatte, bevor er den von dort heranrückenden Schweden und ihren französischen Verbündeten das eroberte Territorium stückweise preisgeben musste. Der Zusammenbruch der habsburgischen Herrschaftsansprüche in Norddeutschland, die auf eine konfessionelle (Stichwort Restitutionsedikt) und wahlrechtliche Hegemonie der katholischen Südstaaten des Heiligen Römischen Reiches hinausliefen, vollzog sich im gleichen Takt wie die Niederlagen der kaiserlichen Heere. Im Westfälischen Frieden von 1648 wurde unter beides ein Schlussstrich gezogen: Die Neuregelung der mitteleuropäischen Verhältnisse schwächte die Rolle des Kaisers im Reich, stärkte aber zugleich seine Macht als Landesherr. Das Haus Habsburg überlebte den Vernichtungskrieg, so dass es nur zwei Generationen später, unter Ferdinands Sohn Leopold I. und Prinz Eugen, weit nach Osten ausgreifen konnte.

Erstaunlicherweise waren Biographien des Herrschers, der diese historische Rückzugsbewegung befahl und erlitt, bis in allerjüngste Zeit Mangelware. Vor vier Jahren erschien dann Lothar Höbelts Buch über den "Friedenskaiser wider Willen", das den dritten Ferdinand als imposante, wenn auch manchmal etwas blasse Zentralfigur in ein vielfarbiges Panorama des europäischen Hochbarock stellte. Mark Hengerers Studie, die ebenfalls für 2008 angekündigt war, aber erst jetzt mit erheblicher Verspätung herauskommt, ist gewissermaßen das Gegenstück zu Höbelts Arbeit, im inhaltlichen wie im formalen Sinn. Wo Höbelt das Geschehen breit ausmalt und dabei auch Unschärfen zugunsten sprachlicher Flottheiten in Kauf nimmt, zeichnet Hengerer mit dünnen und präzisen Strichen. Und wo bei Höbelt der Anmerkungsteil nur dreißig von 480 Seiten ausmacht, sind es bei Hengerer, wenn man das Register mitzählt, fast zweihundert von 560 Seiten - ein einschüchterndes Mischungsverhältnis.

Doch man sollte sich nicht einschüchtern lassen. Der üppige Nachspann hat beispielsweise den Vorteil, dass zahlreiche Spuren aus dem Text nach Belieben weiterverfolgt werden können: etwa jene Anmerkung zum zweiten Kapitel, die den Zusammenhang zwischen der Quecksilbergewinnung im istrischen Bergwerk Idrija und der Silberproduktion der bolivianischen Mine Potosí beleuchtet, oder die in einer anderen Endnote verzeichnete Klage von Ferdinands Bruder Leopold Wilhelm, der als Statthalter in Brüssel amtierte, dass in ganz Flandern "khein mensch waiss, was die Alchimia ist", weshalb es mit der Goldmacherei bei den chronisch unterfinanzierten Habsburgern nicht voranging. Das Kriegführen war schon damals eine globale Angelegenheit, die Geld- und Soldatenbeschaffung auf dem Tiefpunkt der Kleinen Eiszeit um 1640 auch eine Frage des Klimas, und Ferdinand III. sah sich als Festlandsdegen des spanisch-habsburgischen Weltreichs in einer Mächtekonstellation gefangen, in der seine Interessen als Landesfürst oft mit den weiter gespannten Zielen seiner Dynastie kollidierten.

Dass er am Ende dann doch seinen landesherrlichen Pflichten den Vorzug gab und die Loyalität zu Spanien hintanstellte, lag nicht nur am ungünstigen Kriegsverlauf, der die Schweden nach der Schlacht von Jankau 1645 bis vor die Tore Wiens brachte und ihnen noch im Jahr des Friedensschlusses die Einnahme der Prager Kleinseite ermöglichte, sondern auch an Ferdinands frühen Bildungs- und Bindungserlebnissen. Ihnen widmet Hengerer, wiederum anders als Höbelt, besondere Aufmerksamkeit, und in dieser Fleißarbeit, die durch Fundstücke auch aus kleinsten Archiven beglaubigt wird, liegt ein nicht geringer Vorzug seines Buchs. Obwohl Ferdinand von Mathematik, Astronomie und Optik fasziniert war, Arien komponierte und italienische Gedichte verfasste, blieb er, wie Hengerer zeigt, noch tief dem thomistischen Welt- und Menschenbild des Spätmittelalters verhaftet.

Der Widerspruch zwischen neuzeitlichem Können und Fühlen - auf Schicksalsschläge reagierte der Kaiser stets mit psychosomatischen Krankheiten - und traditionellem Denken spiegelte sich auf Regierungsebene in dem Gegensatz zwischen propagierter Religions- und angewandter Realpolitik. Schon bei seiner Krönung zum König von Ungarn 1625 in Ödenburg musste Ferdinand notgedrungen die Glaubensfreiheit seiner Untertanen beschwören. Fast jeder weitere Schritt zur Erhaltung des Hauses Österreich war mit Konzessionen an Calvinisten und Lutheraner erkauft, während die Päpste in Rom mit wachsendem Fleiß die Sache des habsburgischen Erzfeinds Frankreich betrieben. Die Gemengelage im Europa des siebzehnten Jahrhunderts überforderte auch wendigere Charaktere als den mariengläubigen Familienmenschen Ferdinand. In seinen späten Jahren verlegte er sich in den zahllosen Konflikten, die rings um seinen Herrschaftsbereich aufflammten, immer mehr aufs Abwarten. Die meisten seiner Ängste erledigten sich von selbst.

Hengerers Buch hat eine Achillesferse: den Krieg. Die Schilderungen der Gefechte und Feldzüge, an denen Ferdinand als Thronfolger teilnahm und auf die er als Kaiser politisch reagieren musste, sind von eklatanter Unanschaulichkeit. Aber selbst dieser Lapsus fügt sich ins Lebensbild eines Monarchen, der viel lieber auf Wildschweine als auf Feinde des Glaubens anlegte und die Freuden seiner Tafel offenbar allen anderen vorzog. Genüsslich zitiert Hengerer aus einem Hofbericht von 1651: Der Kaiser habe sich "mit essung Erdtböhr und andern dergleuchen khüelenden sachen, den Magen verderbt". Der Fluchtpunkt aller Haupt- und Staatsaktionen war eben auch damals schon das Buffet.

ANDREAS KILB.

Mark Hengerer: "Kaiser Ferdinand III (1608-1657)". Eine Biographie.

Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar, 2012. 560 S., Abb., Musik-CD, geb., 49,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit dieser Biografie zu Kaiser Ferdinand III. von Mark Hengerer sieht Andreas Kilb eine Lücke geschlossen. Wo Vorgängerbiografen mit allzu breitem Pinsel malten, schätzt Kilb den dünnen, präzisen Strich des Autors und die Verbannung der vielen weiterführenden Bemerkungen in den Anmerkungsteil des Bandes. Die Anmerkungen, rät Kilb, sollten uns durch ihren bloßen Umfang nicht einschüchtern, schließlich steht es uns frei, sie zu lesen. Die frühen Bildungs- und Bindungserlebnisse des Kaisers, von Hengerer mit besonderem Interesse verfolgt, sollten wir laut Rezensent indes lesen, hat sich der Autor mit ihrer in kleinsten Archiven recherchierten Darstellung doch besonders viel Mühe gegeben, wie Kilb respektvoll konstatiert. Über die eher unanschauliche Darstellung der Kaiserlichen Kriege kann Kilb hinwegsehen.

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