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Der Gral ist der faszinierendste, fruchtbarste der aus dem Mittelalter überkommenen Mythen. Sein Ursprung verliert sich im Dunkel der keltischen Vorzeit, was folgte, war eine jahrhundertlange Rezeption, die bis heute andauert - von Chrétien und Wolfram über Wagner bis zu Monty Python und Indiana Jones. Was genau sich hinter dem "Gral" verbirgt? Fest steht nur: "Man kann ihn nicht besitzen. Man muss ihn suchen."

Produktbeschreibung
Der Gral ist der faszinierendste, fruchtbarste der aus dem Mittelalter überkommenen Mythen. Sein Ursprung verliert sich im Dunkel der keltischen Vorzeit, was folgte, war eine jahrhundertlange Rezeption, die bis heute andauert - von Chrétien und Wolfram über Wagner bis zu Monty Python und Indiana Jones. Was genau sich hinter dem "Gral" verbirgt? Fest steht nur: "Man kann ihn nicht besitzen. Man muss ihn suchen."
Autorenporträt
Volker Mertens, geboren 1937, studierte deutsche und englische Philologie, deutsche Volkskunde und Musikwissenschaft an den Universitäten Freiburg i.Br., Göttingen und Würzburg. Er promovierte 1966 über 'Das Predigtbuch des Priesters Konrad' und habilitierte sich mit 'Gregorius Eremita' 1976 in Würzburg. Seit 1977 ist er Professor für Ältere deutsche Literatur und Sprache an der Freien Universität Berlin. Gastdozenturen führten ihn nach Frankreich, Tschechien und China. Seine Veröffentlichungen umfassen den Bereich der mittelalterlichen und der neueren deutschen Literatur sowie den der Musik (vor allem Richard Wagner). Hinzu kommen regelmäßig Beiträge für Programmhefte und -bücher sowie Radiosendungen beim Sender Freies Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.09.2003

Dieses obskure Objekt der Begierde
Volker Mertens verfolgt die Geschichte des heiligen Grals
Was ist der Gral? Auf die Frage hat man bis heute keine eindeutige Antwort gefunden. Bei Chrétien de Troyes, dessen Ende des 12. Jahrhunderts erschienener „Perceval” die Gattung des europäischen Gralromans begründete, ist er eine goldene Schüssel, die dazu dient, dem Gralkönig die geweihte Hostie zu bringen. In Robert de Borons um die gleiche Zeit verfasster, stärker heilsgeschichtlich geprägten Version der Geschichte ist es der Kelch, den Christus beim letzten Abendmahl benutzt hat und in dem das Blut des Gekreuzigten aufgefangen wurde. Wolframs von Eschenbach „Parzival” hingegen beschreibt den Gral als „ein Ding”, einen Stein, der gleich dem märchenhaften Tischlein-deck-dich alle gewünschten Speisen und Getränke hervorbringt, eine lebensverlängernde Kraft besitzt und durch wunderbare Inschriften den Willen Gottes offenbart.
„Wie ist der Gral?” sollte die Frage nach Volker Mertens deshalb auch besser lauten. Denn „der Gral als Objekt spiegelt nur die magische Aura des Rituals, er ist eine unterschiedlich zu füllende Leerstelle”. Gerade in seiner Rätselhaftigkeit und unbestimmten Herkunft liegt seit jeher die besondere Faszination dieses Gegenstandes. Während die älteste Theorie christliche Wurzeln annimmt, erkennt die jüngere Forschung den Ursprung des Gralmythos in der keltischen Überlieferung herrschaftlicher Initiationsrituale. Andere Thesen wiederum führen ihn auf Fruchtbarkeitsriten aus dem indoeuropäischen oder vorderasiatischen Raum zurück.
Mertens’ Geschichte des Grals hält sich indes mit Fragen nach der Herkunft nicht lange auf, sondern schreitet rasch voran zu den verschiedenen künstlerischen, vor allem literarischen Ausformungen, die der Urmythos seit dem hohen Mittelalter erfahren hat. Ausführlich, bisweilen im wahrsten Sinne erschöpfend, referiert der Autor stilistisch nicht immer ganz einwandfrei die Handlung der wichtigsten Graldichtungen von Chrétien und Wolfram über Robert de Boron und den Prosa-Lancelot bis zu Richard Wagners „Parsifal”, mit dem der Mythos vom Gral Eingang in die Moderne fand. Bei aller Detailgenauigkeit, die der „bunten Inhaltsfülle” mittelalterlicher Texte Rechnung tragen möchte, verliert Mertens seinen eigentlichen Gegenstand nicht aus dem Blick und rückt die religiöse Thematik der frühen Gralromane in den Vordergrund.
Ritter der Kokosnuss
Während der ausgestoßene Held im klassischen Artusroman nach einer Reihe von bestandenen Abenteuern und Zweikämpfen wieder in die höfische Gesellschaft aufgenommen wird, muss der Sünder Parsival erst Gnade vor Gott finden und den Weg der Buße beschreiten, um den Gral zu erlangen. In Wolframs „Parsifal”, dem Mertens überschwänglich eine „bestürzende Modernität” bescheinigt, wird der Gral als Stein seiner sakralen Bedeutung entkleidet und das religiöse Moment abgeschwächt. Das Gralabenteuer symbolisiert hier einen Lebensweg, der über die traditionelle Suche nach gesellschaftlicher Anerkennung und kollektiver Identität hinaus zur eigenen Subjektivität führt.
Dagegen betonte Richard Wagner, der an Wolframs Darstellung der Gralgeschichte das Religiöse, Esoterische vermisste, die Verbindung zwischen dem Gral und der Leidensgeschichte Jesu. Aus den verschiedenen Vorlagen konstruierte Wagner auch unter dem Eindruck Schopenhauers und des Buddhismus einen eigenen Kunstmythos, in dem Mitleiden und Triebbeherrschung zur Voraussetzung für Erlösung geraten.
Wagners übermächtiger „Parsifal” verhinderte für Jahrzehnte jede weitere eigenständige Auseinandersetzung mit dem mythischen Stoff. Doch gerade in Zeiten des Umbruchs und der allgemeinen Orientierungslosigkeit erlebt der Gral als Symbol existentieller Selbsterfahrung immer wieder Konjunktur, wobei mehr als der mythische Gegenstand oft die Suche danach im Mittelpunkt steht. Seine Unbestimmtheit und Offenheit für Deutungen lässt den Gral attraktiv für die verschiedensten Genres erscheinen. Mertens verfolgt dieses obskure Objekt der Begierde durch alle Höhen und Tiefen von Kunst, Kitsch und Kommerz: von T. S. Eliots „The Waste Land” bis zu Peter Handke, von Eric Rohmers schlichter Adaption des Stoffes bis zum Prototypen des prunkvoll ausgestatteten Hollywoodkino à la „Excalibur”, von Monty Pythons ironischem Anti-Gralfilm „Die Ritter der Kokosnuss” bis zu Spielbergs „Indiana Jones”, in dem der Gral zu einem leeren „McGuffin” gerät, der bloß noch die Handlung vorantreibt. Nur das weite Feld der Fantasy-Trivialliteratur würdigt Mertens, der ansonsten keine Berührungsangst mit den Produkten der Unterhaltungsindustrie kennt, keines Blickes.
MARION LÜHE
VOLKER MERTENS: Der Gral. Mythos und Literatur. Reclam Verlag, Stuttgart 2003. 280 Seiten, 7,40 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Das gut lesbare Bändchen bemüht sich, Licht ins Dunkel unterschiedlicher Auslegungen zu bringen und die unübersichtliche Fülle des Materials zu ordnen. ... Dem Interessierten liefert der Autor wertvolle Verstehenshilfen und aufschlussreiche Informationen.
Badische Neueste Nachrichten

Der hier vorgelegte Überblick über Bedeutung und Veränderung des Gralmotivs konzentriert sich auf die einflussreichsten literarischen Bearbeitungen, berücksichtigt aber auch Ausgestaltungen in Musik, Film und bildender Kunst. Entlang pointierter und luzider inhaltlicher Zusammenfassungen zeichnet Mertens den Wandel in Bedeutung und Betrachtungsweise des Grals präzise nach. ... Mitunter freilich terminologisch etwas voraussetzungsvoll, bietet das Buch einen äußerst lohnenden Einstieg für die Beschäftigung mit dem Gralmotiv, dessen epochenübergreifende Darstellung seiner Entwicklung in rezeptions- und kulturgeschichtlicher Hinsicht schon lange ein Desiderat war.
Germanistik

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Was, beziehungsweise wie ist der Gral? Sehr verschieden zumindest, das hat Marion Lühe der Studie von Volker Mertens entnommen, die durch die künstlerischen, vor allem literarischen Versionen des Gralsmythos galoppiere, ohne die Details zu vernachlässigen oder das Wesentliche aus den Augen zu verlieren: die Bedeutungsgeschichte der "Leerstelle", die den Suchenden mal göttliche Gnade, mal eher existenzielle Selbsterfahrung versprach - von den ersten Gralsromanen im 12. Jahrhundert bis zu Steven Spielbergs "Indiana Jones" wurde sie unterschiedlich gefüllt. Mertens referiere die Geschichte(n) der Kelche und Schüsseln erschöpfend - manchmal leider im wahrsten Sinne des Worte - und ohne Scheu vor Unterhaltungskultur, wenn er auch seltsamerweise das Feld der Fantasy-Literatur völlig unbeackert liegen lasse.

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