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  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • Verlag: Reclam, Ditzingen
  • Seitenzahl: 350
  • Deutsch
  • Abmessung: 215mm
  • Gewicht: 602g
  • ISBN-13: 9783150104569
  • ISBN-10: 3150104564
  • Artikelnr.: 24252278
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.01.2000

Dissidenzvermögen
Mit Trotzki und Pink Floyd: die Geschichte der Popkultur
Pop ist in, Pop ist out – je nachdem, ob als Kommerz oder als Protestkultur verstanden. Längst vergangen sind die Zeiten, da laute Rockrhythmen mit gerechteren sozialen Verhältnissen oder gar sozialistischen Utopien zusammengebracht wurden, Hippies auf Marihuanawolken von Love & Peace träumten oder Punks sorgfältig inszeniert der Gesellschaft ihr hässliches Spiegelbild vorhielten.
Dreißig Essays haben die Herausgeber in diesem Band versammelt, ursprünglich entstanden für das neue Funkkolleg „Jugendkultur und Popmusik” im Hessischen Rundfunk. Sie beschreiben die Popkultur, vor allem die Kultur der Popmusik, von den Fünfzigern bis heute, von Rock’n’Roll bis Techno, als den Weg von der Protest- zur Spaßkultur. Gesellschaftlicher Widerstand etwa interessiert mit Designerdrogen stimulierte Tanzwütige bei der Love-Parade kaum, Abgrenzungen zu anderen Gruppen sind längst wichtiger geworden. Diese Grenzen, so Tom Holert, ergeben sich durch Lebensstil und Konsumverhalten. Aber Risse gab es auch schon im ansonsten ordentlich schwarzweißen Weltbild der 68-er, als Pop noch mehrheitlich links und Rechtsrock vom Schlage der Böhsen Onkeltz in weiter Ferne waren. Widersprüchlich, schreibt Martin Büsser, sei auch damals schon gewesen, dass trotzkistische Wohngemeinschaften den lieben langen Tag Millionenseller von Pink Floyd dudelten. Erst mit Punk startete die Attacke gegen die Plattenfirmen – die rasch im Establishment endete.
Dass von Jugendkultur nur im Plural geredet werden kann, zeigt schon das Inhaltsverzeichnis: Schwarze Musik, Reggae, New Wave, DDR-Rock, HipHop, Grunge und Drum’n’Bass lassen sich nur schwer unter den schillernd-unförmigen Hut Pop bringen, allzu groß sind die Abstände zwischen Nena und Bob Dylan, Bob Marley und Lara Croft. Und so hält dieses Buch vor allem die Frage danach zusammen, ob es „das viel beschworene Dissidenzvermögen des Pop noch gibt, mit dem Heranwachsende seit fünfzig Jahren gegenüber Gleichaltrigen und Erwachsenen Unterscheidungsgewinne verbuchen können” (Peter Kemper). Die Betroffenen, die Jugendlichen also, so sich ihnen überhaupt die Frage stellt, antworten mit Ja.
GERD HAMMER
PETER KEMPER, THOMAS LANGHOFF, ULRICH SONNENSCHEIN: Alles so schön bunt hier. Die Geschichte der Popkultur von den Fünfzigern bis heute. Verlag Philipp Reclam jun. , Stuttgart 1999. 321 Seiten, 49,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Stefan Hentz weist dankenswerter Weise zunächst darauf hin, dass es sich bei den hier versammelten Texten um die Beiträge zum Funkkolleg "Jugendkultur und Popmusik", also eine eher akademische Verarbeitung des Themas handelt. Besonders zeichnet er dabei anhand mehrerer Essays nach, wie sich die Jugendkultur aus einer Revolte gegen die Eltern zu einem selbstbezüglichen System entwickelte, in dem es nicht mehr so sehr ums Aufbegehren ging, sondern darum, "sich voneinander abzugrenzen". Rocker gegen Mods, Hippies gegen Punks - undsoweiter. Für Hentz beibt ein "sonderbarer Beigeschmack" bei dem Buch. Ihn stört, dass manche Autoren mit "objektivem" Anspruch auftreten und dabei nur ihre subjektiven Fanstrategien durchsetzen wollten.

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