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Eine Reise zu den Ursprüngen der Menschheit. Mittels der neuesten Methoden der Populationsgenetik entschlüsselt Spencer Wells die Spuren, die unsere Vorfahren in jedem von uns hinterlassen haben. Denn die Genealogie des Menschen lässt sich nun genauestens an unserer DNA ablesen. Mit seiner spannenden Recherche rund um die Welt gelingt es ihm zu beweisen, dass die vermeintlichen Unterschiede zwischen den Menschen die Unterteilung in Rassen und Völker zu vernachlässigen sind, verglichen mit den Gemeinsamkeiten, die uns alle einen.

Produktbeschreibung
Eine Reise zu den Ursprüngen der Menschheit. Mittels der neuesten Methoden der Populationsgenetik entschlüsselt Spencer Wells die Spuren, die unsere Vorfahren in jedem von uns hinterlassen haben. Denn die Genealogie des Menschen lässt sich nun genauestens an unserer DNA ablesen. Mit seiner spannenden Recherche rund um die Welt gelingt es ihm zu beweisen, dass die vermeintlichen Unterschiede zwischen den Menschen die Unterteilung in Rassen und Völker zu vernachlässigen sind, verglichen mit den Gemeinsamkeiten, die uns alle einen.
Autorenporträt
Spencer Wells, geboren 1969, Studium an der Harvard University Populationsgenetik und Evolutionsbiologie. Anschließend Arbeit an der Stanford University mit Luigi Luca Cavalli-Sforza. Ab 1999 Fortsetzung seiner Studien zur Populationsgenetik in Asien und Leitung der populationsgenetischen Forschungsgruppe des Welcome Trust Centre on Human Genetics, Oxford. Weiterhin Tätigkeit für die biotechnologische Industrie sowie eine Gastprofessor an der Harvard School for Public Health.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.10.2003

In Niedersachsen bleiben
Der Europäer - ein Asiat aus Afrika? Spencer Wells reist auf der genetischen Spur des Homo sapiens / Von Günter Paul

In einer denkwürdigen Fernsehsendung hat vor ein paar Jahren der amerikanische Evolutionsbiologe Spencer Wells vier in London lebende Männer genetisch analysiert. Er sollte zeigen, daß alle Menschen in noch recht junger Vergangenheit einen gemeinsamen afrikanischen Vorfahren haben. Einer der Probanden - ein Karibikbewohner afrikanischer Abstammung - hoffte, es könne seine genetische Verbindung zu den Zulus in Südafrika belegt werden, denen er sich kulturell zugehörig fühlte. Die Überraschung war groß, als der Forscher in dessen Y-Chromosom außer afrikanischen Spuren, die unter anderem auf Zulu-Vorfahren hinwiesen, einen für Europäer typischen "Marker" fand. Eine Frau unter den Ahnen des Probanden hätte demnach möglicherweise mit einem europäischen Vater ein Kind gezeugt, vielleicht zur Zeit der Sklaverei, als seine Vorfahren schon in der Karibik lebten.

Es ist erstaunlich, wie vieles die Gene eines Menschen dem Forscher verraten, nicht nur über Anfälligkeiten für Krankheiten. Mittlerweile geben sie auch erste Hinweise darauf, auf welchen Pfaden der moderne Mensch, der Homo sapiens sapiens, von Afrika aus die Erde erobert hat. Spencer Wells faßt in dem Buch "Die Wege der Menschheit - Eine Reise auf den Spuren der genetischen Evolution" die bisherigen Erkenntnisse über die Ausbreitungswellen kurzweilig zusammen.

Daß wir alle von Afrikanern abstammen, ist eine noch verhältnismäßig junge Erkenntnis, die frühere Forscher ziemlich verblüfft hätte. Gibt es denn nicht ganz unterschiedliche Rassen, die schon rein äußerlich auf unterschiedliche Ursprünge hindeuten? Der schwedische Botaniker Carl von Linné unterschied den Afrikaner, den Indianer, den Ostasiaten und den Homo monstrosus. Zu diesem hat er auch den von Charles Darwin beschriebenen Feuerländer gerechnet. Einige Forscher haben versucht, die Einteilung der Menschen in Rassen durch die Vermessung von Schädeln zu untermauern, später kamen Untersuchungen der Blutgruppen hinzu. Diese sind schließlich den genetischen Analysen gewichen, die darauf beruhen, daß die von Charles Darwin für die Evolution postulierten Mutationen nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Tatsächlich zeigt sich: Eva hat den Analysen zufolge vor 150 000 bis 200 000 Jahren in Afrika gelebt, und Adam war vor etwa 60 000 Jahren auf diesem Kontinent zu Hause - wobei die zeitlichen Unsicherheiten allerdings noch recht groß sind. Die Erinnerung an die Zeitgenossen von Adam und Eva ist genetisch verlorengegangen, was auch der Grund dafür ist, daß der genetische Adam und die genetische Eva aus unterschiedlichen Epochen stammen.

Den Analysen liegt ein recht einfacher Sachverhalt zugrunde: Wenn eine bestimmte genetische Veränderung bei einer Person beispielsweise in Niedersachsen auftritt, ist anzunehmen, daß sie in den nachfolgenden Generationen hauptsächlich bei Menschen in Niedersachsen und nicht etwa in der Ukraine zu beobachten ist, weil die Mehrheit der Nachfahren in der Region bleiben dürfte. Die Wissenschaftler sind darangegangen, auf dieser Basis anhand genetischer Analysen die Wanderungen der Menschheit zu entschlüsseln und auch zu datieren. Dabei haben sich viele neue Fragen gestellt, andere konnten beantwortet werden. Etwa wie es kommt, daß es den modernen Menschen schon vor 50 000 bis 60 000 Jahren in Australien gab, obwohl doch Adam erst vor 60 000 Jahren in Afrika beheimatet war.

Ein Marker in den Genen verrät nach Meinung des Autors, daß die Menschen damals entlang einer Art Küsten-Autobahn zügig von Afrika über Südasien nach Australien gelangt sind, während sie das Inland erst später eroberten. Den heutigen Menschen im Nahen Osten fehlt dieser Marker fast völlig, in Europa ist er überhaupt nicht zu finden. In Indien macht er dagegen mehr als zwanzig und in Australien fast hundert Prozent der Mitochondrientypen aus. Manches spricht dem Autor zufolge dafür, daß die äußerlich den Afrikanern ähnelnden Negritos, "Restvölker" in einigen Regionen Südostasiens, von dieser ersten Wanderungswelle zeugen. Es gibt allerdings keine Artefakte, die den Vorgang belegen. Möglicherweise wurden sie von Wasser überschwemmt.

Nach Europa zu kommen ließ sich der moderne Mensch Zeit, wie Wells in dem Buch berichtet. Zwar gelangten einige kleine Gruppen schon früh auf den Balkan, wenn man den Ergebnissen der Genanalysen trauen darf. Aber erst 10 000 Jahre später wurde Westeuropa erobert - von Jägern, die keineswegs zielstrebig aus dem Nahen Osten dorthin aufgebrochen waren. Vielmehr führte die Hauptroute der Wanderung zu jener Zeit, als die ersten modernen Menschen den Balkan erreichten, nach Zentralasien und Südsibirien, und erst aus der zentralasiatischen Steppe zogen dann einzelne Gruppen wieder nach Westeuropa. Die Europäer haben also sowohl afrikanische als auch asiatische Komponenten in ihren Genen.

Im Laufe der Wanderungen hat sich auch die Sprache der Menschen verändert und differenziert. Wells geht unter anderem der Frage nach, ob es eines Tages möglich sein wird, für die Sprachfamilien eine ähnliche Weltkarte wie für die genetischen Verwandtschaften zu schaffen. Und er bemerkt schließlich, daß sich in der genetischen Vielfalt der Menschen auch kulturelle Aspekte spiegeln. Weil in den patrilokalen Gesellschaften die Frauen nach der Heirat zu den Männern ziehen und somit mobiler sind als diese, verteilt sich die Mitochondrien-DNS im Laufe der Zeit ziemlich gleichmäßig über größere Personengruppen. Mit der Analyse dieser DNS kann man deshalb keine einzelnen Wanderwege entschlüsseln. Diese verraten sich statt dessen im männlichen Y-Chromosom. In einer matrilokalen Gesellschaftsform sollte es genau andersherum sein. Genau das ist bei der genetischen Untersuchung der Karen bestätigt worden, eines Bergvolks, das in Nordthailand und Burma in matrilokaler Gesellschaftsform lebt.

Auf Dauer, so warnt Wells in dem anregenden Buch, wird die heutige Mobilität der Menschen zu einer genetischen Einheitlichkeit führen. Denn die Mobilität hat eine weltweite Vermischung zur Folge. Deshalb sei es wichtig, die Ergebnisse der Analysen gewissenhaft zu dokumentieren. Später nämlich seien entsprechende Arbeiten wohl nicht mehr möglich.

Spencer Wells: "Die Wege der Menschheit". Eine Reise auf den Spuren der genetischen Evolution. Aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003. 320 S., Abb., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2003

Großer Jäger, kleine Knollen
Wild war die Steinzeit: Spencer Wells auf den Spuren der genetischen Evolution
Mit Haut und Haaren, Statur und Gesichtszügen kommt das Menschengeschlecht abwechslungsreich daher. Doch das äußere Erscheinungsbild trügt. Auf molekularer Ebene erweist sich die Spezies Homo sapiens als ausgesprochen einförmig – bei den Schimpansen ist die genetische Vielfalt rund dreimal so groß. Die mehr als sechs Milliarden Menschen, die sich derzeit auf der Erde tummeln, sind allesamt eng miteinander verwandt. Wahrscheinlich lebten ihre letzten gemeinsamen Vorfahren vor nicht einmal 200 000 Jahren.
Zu dieser Schlussfolgerung führten molekulargenetische Analysen, an denen auch Spencer Wells beteiligt war. Dabei ging es um Fehler, wie sie sich hin und wieder einschleichen, wenn die Erbsubstanz DNA für eine neue Generation kopiert wird. Viele dieser Mutationen werden weitervererbt. So dokumentieren sie die Abstammung von bestimmten Vorfahren. Kompliziert wird die Sache dadurch, dass beide Eltern ihren Teil zum genetischen Inventar eines Sprösslings beisteuern, wobei das Erbe in jeder Generation neu zusammengewürfelt wird.
Eine Ausnahme macht der spezifisch männliche Teil der Erbschaft, das so genannte Y-Chromosom. Stets nur vom Vater an den Sohn weitergereicht, archiviert es die Geschichte der männlichen Linie. Wenn Männer unterschiedlicher Herkunft einbezogen werden, lassen sich aufschlussreiche Stammbäume erstellen. Sie bestätigen zum einen, dass die gesamte Menschheit aus Afrika stammt. Zum anderen zeigen sie, dass unsere Urahnen erst vor 60 000 Jahren aus Afrika ausgewandert sind. Es könnte auch doppelt so lange her sein – genauer lässt sich der Zeitpunkt nicht schätzen.
Wann der Mensch in Australien auftauchte, bezeugen fossile Spuren. Fundstellen im Süden wurden auf knapp 40000 Jahre datiert, die ältesten Steinwerkzeuge im Norden auf 50 000 Jahre. Anscheinend ist der moderne Homo sapiens auf diesem entlegenen Erdteil früher angelangt als in Europa. Während Australien Neuland war, stießen die Zuwanderer hierzulande auf die Neandertaler. Diese Ureinwohner waren Nachfahren eines urtümlichen Menschenschlags, der sich schon zu Beginn des Eiszeitalters von Afrika nach Eurasien aufgemacht hatte. Hart im Nehmen, trotzten die Neandertaler mehr als 200 000 Jahre den eiszeitlichen Klimaschwankungen in Europa. Als der moderne Homo sapiens in ihrer Heimat Fuß fasste, starben sie binnen weniger Jahrtausende aus, was sicher kein Zufall war. Letztlich mussten sie wohl den überlegenen Konkurrenten weichen. Ob dabei stets brutale Gewalt im Spiel war, ist eine offene Frage. Womöglich gab es zeitweilig friedliche Kontakte, kulturellen Austausch. Manche Forscher interpretieren – anders als der Autor – Werkzeugfunde aus Spanien und Frankreich in diesem Sinn.
Doch wie dem auch sei, im Erbgut heutiger Europäer haben die Neandertaler keine erkennbaren Spuren hinterlassen. Dass sie nicht in unsere Ahnengalerie passen, belegen DNA-Fragmente aus fossilen Knochen. Bei dieser prähistorischen DNA handelt es sich um Erbsubstanz aus Mitochondrien, jenen Zellbestandteilen, die Energie für den Stoffwechsel liefern. Da sie aus Bakterien hervorgegangen sind, die zugunsten einer innigen Symbiose ihre Selbständigkeit aufgegeben haben, bergen sie noch immer einen kleinen Bestand eigener Gene. Ob sie ihre Karriere einst, wie der Autor meint, als Parasiten begannen oder von Anfang an in Eintracht mit ihren Gastgebern lebten, mag dahingestellt bleiben.
Dass die Mitochondrien nur über die mütterliche Linie vererbt werden, muss sich der Leser zunächst aus dem Zusammenhang erschließen. So unterhaltsam Spencer Wells zu erzählen versteht, mitunter scheint seine Geschichte mit ziemlich heißer Nadel genäht. An der nötigen Fantasie, um prähistorische Zeiten lebendig werden zu lassen, fehlt es dem Autor nicht. Vielleicht ließen sich solche Szenen aber bisweilen differenzierter zeichnen. So zum Beispiel, wenn der moderne Homo sapiens in guter männlicher Tradition als großer Jäger geschildert wird. Das war er zweifellos. Doch wie anthropologische Studien zeigen, haben Jäger und Sammler in warmen Klimazonen meist einen sehr vielseitigen Speiseplan.
Nahrhafte Wurzelknollen auszugraben, Beeren zu pflücken und Kleintiere aufzustöbern ist zwar weniger prestigeträchtig als die Großwildjagd, oft aber einträglicher. Mit derartigen Jobs standen Frauen in der Steinzeit vor demselben Dilemma wie heutzutage. Um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, brauchten sie eine zuverlässige Kinderbetreuung. Wäre es nicht denkbar, dass die Erfolgsgeschichte des modernen Homo sapiens mit Veränderungen in der Sozialstruktur begann? Dass sich der neue Menschentyp erstaunlich schnell in aller Welt ausbreiten konnte, lässt jedenfalls auf eine zahlreiche, gut versorgte Nachkommenschaft schließen.
Die prähistorischen Wanderrouten sind bis heute im genetischen Inventar der Menschheit erkennbar geblieben. Dank globaler Mobilität werden diese Spuren allerdings zusehends verwischt - wissbegierige Forscher müssen sich sputen.
DIEMUT KLÄRNER
SPENCER WELLS: Die Wege der Menschheit. Eine Reise auf den Spuren der genetischen Evolution. Aus dem Englischen von Sebastian Vogel. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2003. 301 Seiten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Molekulargenetische Untersuchungen haben es möglich gemacht, den menschlichen Stammbaum bis zu seinen Anfängen zurückzuverfolgen, erklärt die Rezensentin Diemut Klärner. Dies geschehe mit Hilfe von DNA-Analysen, mit denen Fehler feststellen könne, die sich gelegentlich einschleichen, wenn die DNA für die nächste Generation kopiert wird. Diese Fehler würden häufig wiederum an die folgende Generation weitervererbt. Bei der menschlichen Gen-Fülle sei dabei das - eindeutig von der männlichen Seite vererbte - Y-Chromosom besonders hilfreich. Spencer Wells, der an solchen Untersuchungen teilgenommen habe, fasse die gewonnenen Erkenntnisse in einer prähistorischen Menschheitsgeschichte zusammen. Der Leser erfahre, dass "die gesamte Menschheit aus Afrika stammt", dass "unsere Urahnen" erst vor 60.000 Jahren aus Afrika ausgewandert sind, dass Australien weit früher als Europa bevölkert wurde, und nicht zuletzt, dass der Neandertaler nicht zu unserer Ahnenreihe gehört. Doch so unterhaltsam Spencers phantasievolle Darstellung auch sein mag, der Rezensentin missfällt, dass hier offensichtlich mit "ziemlich heißer Nadel genäht" wurde. Sie hätte sich eine differenzierter Darstellung der prähistorischen Zeit gewünscht.

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