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'Best Book of the Year' New York Times 2009: "Witzig, überraschend und von rauer Schönheit." Vanity Fair
Ein Mann wird zu Hause rausgeworfen, nachdem seine Frau innen auf der Windschutzscheibe einen Fußabdruck entdeckt hat, der nicht ihr eigener ist. Zwei sommerbetäubte Teenagerinnen rechnen draußen in den Wäldern miteinander ab. Wikinger überfallen eine bereits mehrfach geplünderte Insel in der Hoffnung, durch Blutvergießen und Brandschatzen ihre Winterdepressionen zu überwinden. Wells Towers Geschichten sind bevölkert von verkrachten Existenzen und Außenseitern: versoffene Träumer,…mehr

Produktbeschreibung
'Best Book of the Year' New York Times 2009: "Witzig, überraschend und von rauer Schönheit." Vanity Fair

Ein Mann wird zu Hause rausgeworfen, nachdem seine Frau innen auf der Windschutzscheibe einen Fußabdruck entdeckt hat, der nicht ihr eigener ist. Zwei sommerbetäubte Teenagerinnen rechnen draußen in den Wäldern miteinander ab. Wikinger überfallen eine bereits mehrfach geplünderte Insel in der Hoffnung, durch Blutvergießen und Brandschatzen ihre Winterdepressionen zu überwinden. Wells Towers Geschichten sind bevölkert von verkrachten Existenzen und Außenseitern: versoffene Träumer, unglückliche Väter und missratene Söhne. 'Alles zerstört, alles verbrannt' verbindet elektrisierende Erzählkraft mit bissigem Witz - Short Stories in der Tradition von Hemingway und Carver. Ein sensationelles Debüt von einem der aufregendsten amerikanischen Nachwuchsautoren.
Autorenporträt
Tower, Wells
Wells Tower wurde 1973 in Vancouver geboren und studierte an der Columbia University. Seine Erzählungen wurden unter anderem in 'The New Yorker' und 'The Paris Review' veröffentlicht und mehrfach ausgezeichnet. In den USA wird Tower bereits als einer der besten Nachwuchsautoren der amerikanischen Literatur gefeiert. Seit 2010 steht er auf der renommierten Liste der »20 besten Schriftsteller unter 40« des 'New Yorker'. Wells Tower lebt in Brooklyn und Chapel Hill, North Carolina. Er schreibt gerade an seinem ersten Roman.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2011

Menschen in Landschaft

Hüte dich vor der Seegurke, aber hoffe auf den Leoparden: In seinen Kurzgeschichten hört Wells Tower auf den Ruf der amerikanischen Wildnis.

Von Florian Balke

Der Strand ist schlammig, und auf dem Fußboden der Hütte erwacht Bob Munroe mit Kekskrümeln am Körper. Das Leben hat es in letzter Zeit nicht gut mit ihm gemeint. Seine Frau hat an der Windschutzscheibe des Autos den Fußabdruck einer Frau entdeckt, der nicht der Ihre ist, und Bob hinausgeworfen. Nun hockt er an einem der hässlicheren Abschnitte der Atlantikküste und versucht, das Strandhaus des Onkels und sein eigenes Selbstbewusstsein zu reparieren. Aber der Versuch, das verdreckte Aquarium der Verwandtschaft wieder in Ordnung zu bringen, scheitert an einer frisch eingesetzten Seegurke, die eines Morgens alle anderen, von Bob unten am Wasser mit Liebe gefangenen Tiere getötet hat.

Wells Tower geht es in seinen Kurzgeschichten um verschrobene Varianten einer noch immer wirksamen Grundannahme der amerikanischen Literatur: In der Begegnung mit der Natur lernt der Mensch, aus welchem zivilisatorischen Stoff er gemacht ist. Der Autor David Vann hat die Bedeutung dieses Narrativs in seinem Vorwort zu einer Neuausgabe von Jack Londons "Ruf der Wildnis" erst kürzlich abermals beschrieben. Nach wie vor gehe die von den englischen Romantikern ererbte amerikanische Sicht der Natur davon aus, dass der Mensch in ihr seine Erfahrungen hinter sich lassen könne, um einen Stand der Unschuld zu erlangen, der ihm grundsätzlich erreichbar sei. Der Glaube an das Gute im Menschen sei das Herz jedes Schreibens über die Natur.

Die Macht dieser Idee ist auch in den Kurzgeschichten von Wells Tower zu spüren, die im Original vor zwei Jahren bei Farrar, Straus & Giroux erschienen sind. Ebenso spürbar ist in ihnen aber auch, dass dem 1973 geborenen Tower der ehrwürdige Topos, der noch Kurzgeschichten wie "Brokeback Mountain" grundiert, nicht mehr ausreicht. Seine Menschen in Landschaft wirken daher auch, als habe man die Simpsons angeheuert, um für Marlboro Werbung zu machen. Sie haben viel Erfahrung darin, ihren Mitgeschöpfen Dummheiten zuzumuten, Gewalt anzutun und sich das eigene Leben zu ruinieren. Ihnen geht alles schief, das ist ihre Natur, aber sie gehen mit einem Witz darüber hinweg, der durch und durch Zivilisation ist, selbstironisch und wissend.

Auch Towers Natur ist skurril. Kein Wolf schnürt über die Szene, sondern eine Katze, die ihrer jungen Herrin am Morgen ein gerade geschlagenes Taubenküken in das Vorstadtbett legt, noch ganz ohne Federn und durchscheinend rosa. "Es sah aus wie ein halb gargekochter Radiergummi, der davon träumt, einmal Callgirl zu werden." So tödlich wie bei Annie Proulx, zu deren Kurzgeschichten zuletzt durchaus Grotesken, aber vor allem "Them Old Cowboy Songs" zählten, ist die Wildnis bei Tower nicht. Trotzdem kann Jacey, die Besitzerin der taubentötenden Katze, froh darüber sein, dass ihre Begegnung mit einem Mann, den sie zufällig im Wald kennengelernt hat, in "Wild America" gerade noch rechtzeitig abgebrochen wird. Weniger Glück hat der kleine Junge, der in einer Nebenhandlung der Erzählung "Auf dem Jahrmarkt" beiläufig in ein Toilettenhäuschen gezerrt und missbraucht wird, während die Eidechse, die er in der Hand hielt, gerade noch unter der zuschlagenden Tür hindurchschlüpfen kann. Towers Einzelkämpfer in freier Natur oder auf leeren Parkplätzen lauern einander auf wie wilde Tiere und enden stets mit noch weniger Unschuld als zuvor.

Die einzige Erfahrung zeitgenössischen amerikanischen Lebens, auf welche die Erzählungen dieses Autors, der sich sein Brot lange als Journalist mit Reportagen verdient hat, konsequent verzichten, ist die medientechnische. Von Facebook und Twitter ist in diesen zum Teil schon zu Beginn des neuen Jahrtausends verfassten Texten ohnehin nicht viel zu spüren, aber auch das Internet scheint nicht zu existieren, und sogar das Fernsehen spielt kaum eine Rolle. Immerhin wird gelegentlich telefoniert. Im Grunde aber beschränken sich die social media dieser Texte auf scheiternde oder gelingende Gespräche und unternommene oder unterlassene Handlungen. Im Zeitalter von Facebooks "Open Graph" ist dieser Ursprünglichkeitsidee das Utopische eigen, das mit der Rückkehr des Menschen in die Wildnis schon immer verbunden war.

Abwechslungsreich sind die neun Texte des Bandes, der zu den seltenen Kurzgeschichtensammlungen zählt, deren Lektüre man auf der ersten Seite beginnt und mit der letzten beendet, da man begonnen hat, dem Autor völlig zu vertrauen. "Alles zerstört, alles verbrannt", die Titelerzählung, beendet den Band als lustiges Nachspiel, in dem eine Gruppe gutmütiger und kampfmüder Wikinger im neunten Jahrhundert noch einmal einen Ort an der britischen Ostküste heimsucht, der ihre harte Hand schon kennengelernt hat. Geschichte wiederholt sich als Farce, und Tower verzerrt sein Thema der zerstörerischen Suche nach Beziehungen noch einmal ins besonders Burleske und Blutige.

Manchmal ist das Wilde die einzige Hoffnung, selbst um den Preis des Verlustes der Unschuld. Daher hofft der Junge, der in "Leopard" seinem Stiefvater entkommen will und von einem Polizisten zu seinem Elternhaus zurückgebracht wird, dass er sich das Rascheln, das er am Waldrand gehört hat, nicht einbildet. Von Zeit zu Zeit muss die Natur sich dem Menschen zeigen, rot an Klauen und Zähnen.

Wells Tower: "Alles zerstört, alles verbrannt". Stories.

Aus dem Amerikanischen von Malte Krutzsch und Britta Waldhof. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 269 S., geb., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Geschichten, in denen der Mensch durch die Begegnung mit der Natur seine zivilisatorischen Erfahrungen abwirft, hat Florian Balke schon häufig gelesen. Und auch Wells Tower greift in seinen neun unter dem Titel "Alles zerstört, alles verbrannt" herausgegebenen Kurzgeschichten auf diese Idee zurück, berichtet der Rezensent, dennoch erscheinen ihm seine Erzählungen irgendwie "skurriler". Vor allem bewahren sich Wells Protagonisten immer ihre Selbstironie, so Balke: Bob etwa, der eines Morgens feststellt, dass die liebevoll ins Aquarium gepflanzte Seegurke alle anderen Tiere getötet hat oder Jacey, die von ihrer Katze ein totes Taubenküken ans Bett gebracht bekommt, das wie ein "halb gargekochtes Radiergummi" aussieht. Das ist abwechslungsreich, schwärmt der Kritiker, der diesen Kurzgeschichtenband in einem Zug durchgelesen hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
Menschen in Landschaft

Hüte dich vor der Seegurke, aber hoffe auf den Leoparden: In seinen Kurzgeschichten hört Wells Tower auf den Ruf der amerikanischen Wildnis.

Von Florian Balke

Der Strand ist schlammig, und auf dem Fußboden der Hütte erwacht Bob Munroe mit Kekskrümeln am Körper. Das Leben hat es in letzter Zeit nicht gut mit ihm gemeint. Seine Frau hat an der Windschutzscheibe des Autos den Fußabdruck einer Frau entdeckt, der nicht der Ihre ist, und Bob hinausgeworfen. Nun hockt er an einem der hässlicheren Abschnitte der Atlantikküste und versucht, das Strandhaus des Onkels und sein eigenes Selbstbewusstsein zu reparieren. Aber der Versuch, das verdreckte Aquarium der Verwandtschaft wieder in Ordnung zu bringen, scheitert an einer frisch eingesetzten Seegurke, die eines Morgens alle anderen, von Bob unten am Wasser mit Liebe gefangenen Tiere getötet hat.

Wells Tower geht es in seinen Kurzgeschichten um verschrobene Varianten einer noch immer wirksamen Grundannahme der amerikanischen Literatur: In der Begegnung mit der Natur lernt der Mensch, aus welchem zivilisatorischen Stoff er gemacht ist. Der Autor David Vann hat die Bedeutung dieses Narrativs in seinem Vorwort zu einer Neuausgabe von Jack Londons "Ruf der Wildnis" erst kürzlich abermals beschrieben. Nach wie vor gehe die von den englischen Romantikern ererbte amerikanische Sicht der Natur davon aus, dass der Mensch in ihr seine Erfahrungen hinter sich lassen könne, um einen Stand der Unschuld zu erlangen, der ihm grundsätzlich erreichbar sei. Der Glaube an das Gute im Menschen sei das Herz jedes Schreibens über die Natur.

Die Macht dieser Idee ist auch in den Kurzgeschichten von Wells Tower zu spüren, die im Original vor zwei Jahren bei Farrar, Straus & Giroux erschienen sind. Ebenso spürbar ist in ihnen aber auch, dass dem 1973 geborenen Tower der ehrwürdige Topos, der noch Kurzgeschichten wie "Brokeback Mountain" grundiert, nicht mehr ausreicht. Seine Menschen in Landschaft wirken daher auch, als habe man die Simpsons angeheuert, um für Marlboro Werbung zu machen. Sie haben viel Erfahrung darin, ihren Mitgeschöpfen Dummheiten zuzumuten, Gewalt anzutun und sich das eigene Leben zu ruinieren. Ihnen geht alles schief, das ist ihre Natur, aber sie gehen mit einem Witz darüber hinweg, der durch und durch Zivilisation ist, selbstironisch und wissend.

Auch Towers Natur ist skurril. Kein Wolf schnürt über die Szene, sondern eine Katze, die ihrer jungen Herrin am Morgen ein gerade geschlagenes Taubenküken in das Vorstadtbett legt, noch ganz ohne Federn und durchscheinend rosa. "Es sah aus wie ein halb gargekochter Radiergummi, der davon träumt, einmal Callgirl zu werden." So tödlich wie bei Annie Proulx, zu deren Kurzgeschichten zuletzt durchaus Grotesken, aber vor allem "Them Old Cowboy Songs" zählten, ist die Wildnis bei Tower nicht. Trotzdem kann Jacey, die Besitzerin der taubentötenden Katze, froh darüber sein, dass ihre Begegnung mit einem Mann, den sie zufällig im Wald kennengelernt hat, in "Wild America" gerade noch rechtzeitig abgebrochen wird. Weniger Glück hat der kleine Junge, der in einer Nebenhandlung der Erzählung "Auf dem Jahrmarkt" beiläufig in ein Toilettenhäuschen gezerrt und missbraucht wird, während die Eidechse, die er in der Hand hielt, gerade noch unter der zuschlagenden Tür hindurchschlüpfen kann. Towers Einzelkämpfer in freier Natur oder auf leeren Parkplätzen lauern einander auf wie wilde Tiere und enden stets mit noch weniger Unschuld als zuvor.

Die einzige Erfahrung zeitgenössischen amerikanischen Lebens, auf welche die Erzählungen dieses Autors, der sich sein Brot lange als Journalist mit Reportagen verdient hat, konsequent verzichten, ist die medientechnische. Von Facebook und Twitter ist in diesen zum Teil schon zu Beginn des neuen Jahrtausends verfassten Texten ohnehin nicht viel zu spüren, aber auch das Internet scheint nicht zu existieren, und sogar das Fernsehen spielt kaum eine Rolle. Immerhin wird gelegentlich telefoniert. Im Grunde aber beschränken sich die social media dieser Texte auf scheiternde oder gelingende Gespräche und unternommene oder unterlassene Handlungen. Im Zeitalter von Facebooks "Open Graph" ist dieser Ursprünglichkeitsidee das Utopische eigen, das mit der Rückkehr des Menschen in die Wildnis schon immer verbunden war.

Abwechslungsreich sind die neun Texte des Bandes, der zu den seltenen Kurzgeschichtensammlungen zählt, deren Lektüre man auf der ersten Seite beginnt und mit der letzten beendet, da man begonnen hat, dem Autor völlig zu vertrauen. "Alles zerstört, alles verbrannt", die Titelerzählung, beendet den Band als lustiges Nachspiel, in dem eine Gruppe gutmütiger und kampfmüder Wikinger im neunten Jahrhundert noch einmal einen Ort an der britischen Ostküste heimsucht, der ihre harte Hand schon kennengelernt hat. Geschichte wiederholt sich als Farce, und Tower verzerrt sein Thema der zerstörerischen Suche nach Beziehungen noch einmal ins besonders Burleske und Blutige.

Manchmal ist das Wilde die einzige Hoffnung, selbst um den Preis des Verlustes der Unschuld. Daher hofft der Junge, der in "Leopard" seinem Stiefvater entkommen will und von einem Polizisten zu seinem Elternhaus zurückgebracht wird, dass er sich das Rascheln, das er am Waldrand gehört hat, nicht einbildet. Von Zeit zu Zeit muss die Natur sich dem Menschen zeigen, rot an Klauen und Zähnen.

Wells Tower: "Alles zerstört, alles verbrannt". Stories.

Aus dem Amerikanischen von Malte Krutzsch und Britta Waldhof. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 269 S., geb., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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