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Kaufmannsfamilie, in den Bombennächten und den Ostermärschen der achtziger Jahre - spiegeln sich die Wandlungen und Verwerfungen der großen Geschichte wie der familiären Lebenswelten. Der Versuch, die Familie zusammenzuhalten, scheint immer anachronistischer, bis sich für das durch Generationen weitergereichte Taufkleid kein Nachfahre mehr findet.
Sabine Schiffner skizziert das Poetische und das Erschreckende einer Welt, die aus den Fugen gerät.
In dem kurzen Moment zwischen Schlaf und Erwachen kehren die Gedanken in die Vergangenheit zurück. Sabine Schiffner erzählt von einer Welt, die
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Produktbeschreibung
Kaufmannsfamilie, in den Bombennächten und den Ostermärschen der achtziger Jahre - spiegeln sich die Wandlungen und Verwerfungen der großen Geschichte wie der familiären Lebenswelten. Der Versuch, die Familie zusammenzuhalten, scheint immer anachronistischer, bis sich für das durch Generationen weitergereichte Taufkleid kein Nachfahre mehr findet.

Sabine Schiffner skizziert das Poetische und das Erschreckende einer Welt, die aus den Fugen gerät.
In dem kurzen Moment zwischen Schlaf und Erwachen kehren die Gedanken in die Vergangenheit zurück. Sabine Schiffner erzählt von einer Welt, die aus den Fugen gerät: Es entfaltet sich die Geschichte einer Bremer Kaufmannsfamilie von der großbürgerlichen Welt der Jahrhundertwende über die Kriegszeiten bis in die jüngste Vergangenheit hinein. Alles fängt an mit dem verschwundenen Ururgroßvater und einer verschwiegenen Geburt. Ein Ausbruch aus der in Heimlichkeiten, Ängsten und Konventionen erstarrenden Familie scheint kaum mehr möglich. "Etwas ist in unserem Blut, weißt du Sigune, das hat schon vor langer Zeit angefangen, bei uns ist was falsch, schau mal. Sie zeigt die Hände vor, da kann Sigune die feinen weißen Striche in der Innenseite der Finger sehen. Da waren die Häute, die sie mir aufgetrennt haben. Alles fing an mit meinem verschwundenen Großvater, alles kehrt zu ihm zurück."
Autorenporträt
Sabine Schiffner, geboren 1965 in Bremen, Studium der Theaterwissenschaften und Germanistik in Köln, lebt und arbeitet in Köln und Bremen. Sie veröffentlichte Gedichte und Hörspiele.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.01.2006

Die Tragödie der Geburt
Erbfluch: Sabine Schiffners Roman einer Bremer Bürgerfamilie

Im Jahre 1891 bricht der Apotheker und passionierte Fotograf Heinrich Abken Freudenthal mit seiner Balgenkamera in die Wesermarsch auf. "Morgenstimmung an der Vogelinsel", schreibt er später in Sütterlin auf die Rückseite der Aufnahme, die an jenem kalten und klaren Tag im März entstanden ist und sich seitdem im Besitz der Familie befindet. Auch seine Ururenkelin Sigune Vorinsfeld hat die vergilbte Fotografie schon in den Händen gehalten. Um so erstaunter ist sie, als sie am Ostersamstag 1981 auf einem Bremer Flohmarkt in einem aus Mexiko stammenden Nachlaß auf einen weiteren Abzug stößt. "Ich habe den ganzen ollen Plunder von meiner Großmutter", erklärt ihr der Verkäufer, und Sigune Vorinsfeld, die gerade achtzehn Jahre alt geworden ist, ahnt, daß sie sich einem dunklen Punkt der Vergangenheit ihrer Familie nähert.

Die Frage, wie eine Fotografie, die vor fast hundert Jahren entstanden ist, nach Amerika und dann wieder zurück nach Deutschland gekommen ist, bildet den Ausgangspunkt von Sabine Schiffners weit ausholendem Debütroman "Kindbettfieber". Über fünf Generationen hinweg erzählt die 1965 geborene Schriftstellerin eine Geschichte aus dem verkrusteten Milieu des Bremer Bürgertums, und damit liegt sie zweifelsohne schwer im Trend. Familienromane erfreuen sich in den letzten Jahren wieder einer großen Beliebtheit, und insbesondere in der deutschsprachigen Literatur gibt es eine ganze Reihe von ziemlich erfolgreichen Versuchen, den zersprengten Zeitläuften des zwanzigsten Jahrhunderts die unerschütterliche Kontinuität einer Familiengeschichte entgegenzustellen.

Sabine Schiffner, die für das Manuskript von "Kindbettfieber" mit dem Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung ausgezeichnet wurde, meint es nun sehr ernst damit. "In einer Familie müssen klare Strukturen herrschen", zitiert Sigunes Mutter Frieda eine der von Generation zu Generation weitergegebenen hanseatischen Weisheiten, und für alles, was jenseits dieser "klaren Strukturen" liegt, bleibt in diesem Roman dann auch nur wenig Platz. Die Kriegserklärung des Kaisers, die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg und die Terroristenfahndung in den frühen achtziger Jahren werden zwar pflichtschuldig erwähnt, doch die Bemerkung, daß "das Jahrhundert es nicht nur gut gemeint hat" mit den Vorfahren von Sigune Vorinsfeld, ist ein reines Lippenbekenntnis: Der Niedergang dieser "guten Bremer Familie" hat mit den politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen und Erschütterungen nur wenig zu tun.

Obwohl die Kapitelüberschriften aus Jahreszahlen wie 1911, 1941 oder 1963 bestehen, erscheint Sabine Schiffners Roman dennoch zunächst sonderbar zeitlos - und dann zunehmend antiquiert. Schuld daran ist nicht allein die behäbige und altertümliche Sprache mit ihren endlosen Sätzen und ungelenken Partizipialkonstruktionen. Wenn Sigune "mit der Schule fertig und das Leben vor sich habend" über den Flohmarkt streift und dort nach ihrem Zufallsfund unter der "dunklen, fremden Last" der Vergangenheit von einem Schwindel ergriffen wird, ist das nämlich nicht der Beginn einer Recherche in eigener Sache, sondern einfach nur einer von vielen Momenten, in dem, nun ja: das Verhängnis seinen Lauf nimmt. Kein Wunder also, daß die Verweise auf die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts so dünn ausfallen. "Kindbettfieber" gehört in eine ganz andere Zeit: Dieser Roman besteht aus lauter beunruhigenden Zufällen und düsteren Vorahnungen, und wie in einer Schicksalstragödie aus der fernen Epoche der Romantik tritt die eigentliche Handlung nach und nach hinter einem unheilvollen Raunen zurück. "Etwas ist in unserem Blut", erfährt Sigune unter anderem von ihrer Großmutter Elisabeth, "das hat schon vor langer Zeit angefangen, bei uns ist was falsch."

Sabine Schiffners literarische Ahnen Zacharias Werner und Adolf Müllner hätten es sich auch zusammen nicht schöner ausdenken können: Bei dem, was an dieser Familie "falsch ist", handelt es sich doch tatsächlich um einen sogenannten Erbfluch. Sigunes Vorfahr Heinrich Abken Freudenthal hatte mit einem Dienstmädchen ein uneheliches Kind gezeugt (über das die Abzüge seiner Fotografien im übrigen später nach Mexiko gekommen sind). Er habe eine andere unglücklich gemacht, schrieb er kurz vor seinem Selbstmord in einem Abschiedsbrief, und im gleichen Atemzug verwünschte er zornig seine Frau "und all ihre Kinder und Kindeskinder". Eine Brosche, die aus der Anstecknadel des "ruhelosen" Toten gefertigt wird und von Generation zu Generation weitergegeben wird, wird zum goldenen Träger des Fluchs, und seitdem der alte Freudenthal ins Wasser gegangen ist, kommt es bei den jungen Müttern der Familie zu Sturzgeburten, bedrohlichen Gemütsschwankungen oder zu der heimtückischen Infektionskrankheit, die dem Roman dann auch den Titel gegeben hat: dem Kindbettfieber.

Literarisch ist das ohne Frage sehr ambitioniert. Neben der schmerzvollen Reihe von unglücklichen Geburten zieht sich noch ein ganzes Bündel von aufgeladenen Leitmotiven und Metaphern durch das Buch. Fotos werden verbrannt, um Erinnerungen auszulöschen, gläserne Vogelkäfige künden vom lichten Gefängnis der bürgerlichen Ehe, und immer wieder begibt die Autorin sich hinab in die sumpfigen Niederungen der Naturlyrik, in der das "leise, gleichmäßige Rauschen der Kranichflügel" vom Kindersegen kündet - und der Anblick des frühlingshaften "jungen Grüns" Sigune schließlich als letzte des Geschlechts angewidert in den Gebärstreik treten läßt.

Hier paßt alles, und doch paßt das Ganze einfach nicht in unsere Zeit. Mit "Kindbettfieber" zeigt Sabine Schiffner, daß das gegenwärtig überstrapazierte Genre des Familienromans eigentlich in die Mottenkiste des neunzehnten Jahrhunderts gehört.

KOLJA MENSING

Sabine Schiffner: "Kindbettfieber". Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 333 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Rezensent Kolja Mensing ist gehörig genervt von diesem antiquiert wirkenden Familienroman und nützt die in seinen Augen recht misslungene Geschichte, in der ein "so genannter Erbfluch" tatsächlich eine tragenden Rolle spielt, zu einer Abrechnung mit der Tendenz: Das "gegenwärtig überstrapazierte Genre des Familienromans gehört eigentlich in die Mottenkiste des 19. Jahrhunderts". "Die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche" des letzten Jahrhunderts berühren die Roman-Familie, die dem Bremer Bürgertum entstammt, jedenfalls kaum - und machen sie damit wohl auch etwas uninteressant Auch stilistisch gefällt der Roman und seine "behäbige und altertümliche Sprache" dem Rezensenten nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2005

Ach, Agnes, ach, Patagonien!
Von sitzengelassenen Dienstmägden, durchdrehenden Vätern und liebenden Ururenkeln: In ihrem Romandebüt erzählt Sabine Schiffner von einer Bremer Familie im 20. Jahrhundert
Von Hans-Peter Kunisch
Bei manchen Büchern, vor allem weniger guten, gilt es als Sünde, den Schluss zu verraten. Das müssen keine Kriminalromane sein. Wichtiger ist, dass sie von der Auflösung eines Rätsels leben: Kriegt sie ihn, oder etwa nicht, begeht er Selbstmord oder lässt er es bleiben? Bei anderen Büchern interessiert der Weg, das Wissen vom Ausgang macht auf den Rest gespannt. So etwas ist Sabine Schiffner jetzt gelungen. „Kindbettfieber”, das Erzähldebüt der 1965 geborenen Bremerin, ist ein Familienroman über vier Generationen, der mit einer Abtreibung endet.
Doch geht es diesem Roman nicht um klassische Sozialkritik. Die jungen Mütter, die hier, über das zwanzigste Jahrhundert verteilt, monologisieren dürfen, aber meistens lieber Tänzerin oder Sängerin geworden wären, werden fast alle als wohlhabend dargestellt. Die Familie, der sie angehören, hat sich aus der Verbindung alteingesessener Bremer Bürger immer wieder neu gebildet. Diese Bürger heißen noch wie bei Thomas Mann, und wenn Ansgar Vorinsfeld, der Vater von Sigune, bei Romanbeginn in das Prokuristen-Büro der Reederei eilt, treffen die morgendlichen Kaffeeschwaden in den Bremer Straßen des Jahres 1981 auf „glatten und glänzenden schurwollenen Anzugsstoff.”
Das passt, in Tateinheit mit dem Genre Familienroman, auf den ersten Blick gut in den seit einigen Jahren feststellbaren Trend zu einem Bildungsbürgertum aus zweiter Hand, das unterhaltsamen Genuss am Kaminfeuer gern schon als antitelevisionäre Hochkultur versteht. Was ungefährlich ist, wenn dabei kein historischer Kitsch entsteht. War Deutschland lange gleichbedeutend mit „Nazis”, ist die eigene Heimat für geschichtsbewusste Neubürger schon wieder das Land der Dichter, Denker und guten Opas geworden, die durch gepflegte Gründerzeitgärten promenieren.
Etwas von solch unfreiwilliger Komik hängt auch über manchen Seiten von Sabine Schiffner; etwa, wenn sich der Ton von 1911, in dem die Urgroßmutter Hinrike erzählt, noch in Sigunes Geschichte von 1981 einschleicht. Doch selbst Sigunes Geschichte, die schwächste, gewinnt mit der Zeit jene Schärfe, die in den drei anderen tragenden Perspektiven steckt. Sie bewirkt, dass man Schiffners „Kindbettfieber” schon wieder als Erinnerung an die weniger eindrücklichen Seiten deutschbürgerlicher Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts lesen kann. Der getragen-intime Stil der Monologe wird nämlich immer durch mindestens eine den Figuren unangenehme Erinnerung gebrochen.
Hinrike beispielsweise treibt im 1911er Kindbett die Geschichte ihres verschwundenen Vaters um. Er hatte, wie sich herausstellt, das Dienstmädchen geschwängert, sich - dies der eigentliche Faux pas - auch noch in diese Agnes verliebt, war daraufhin offenbar ganz durchgedreht, hatte Agnes sitzen gelassen und seine Familie in einem Abschiedsbrief verflucht. Elisabeth, Hinrikes Tochter, hat andere Sorgen. Sie träumt im 1941er Kindbett noch immer dem Juden Robert hinterher, der sich gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. Bei Frieda, Elisabeths Tochter, ist es 1963 ein schwarzer Amerikaner, der sie in ihren Gefühlen für den anvisierten Gatten stört und Mitschuld daran trägt, dass die junge Mutter plötzlich aus ihrem einstigen Kinderzimmer springt, wobei sie sich allerdings bloß ein Bein bricht.
Die Liebe zu einem geflohenen Juden wirkt in Romanen wie diesem immer etwas aufdringlich, auch wenn sich das häufig so ereignet haben mag. Interessant aber ist in der hier durch verschiedene Generationen wie selbstverständlich geschaffenen historischen Kontinuität dennoch, wie „Kindbettfieber” die Nagelprobe jeder deutschen Familiengeschichte, die Nazi-Zeit, letztlich doch besteht.
Dies liegt vor allem an der Zwiespältigkeit, mit der Schiffner Friedrich, den deutsch-nationalen Mann von Elisabeth, darstellt; und an Elisabeth selbst, die, als ehemalige Möchtegern-Rassenschänderin, den störrischen Erzkonservativen Friedrich aus opportunistisch-vernünftigen Gründen ermuntert, der NSDAP über die SA näher zu treten, was Friedrich später büßen muss.
Geschickt benutzt Schiffner den Monolog als Mittel, auf schillernde Weise offen zu lassen, inwieweit sie die Entschuldigungen, obskuren Verblendungen, Schönrednereien und Selbstbezichtigungen der Beteiligten für bare Münze nimmt. Problematisch, aber interessant ist auch, wie Schiffner die deutsche Friedens- und Protestbewegung gegen die USA in den Gedanken ihrer Figuren auch als Antwort auf die „Besatzung” darstellt, die „schlechte Behandlung” durch die Amerikaner nach dem Krieg. Ein absichtlich mit scharfem Senf bestrichenes Brot, ein böser Scherz mit einem kleinen Jungen, schon sind die Amerikaner bei Familie Wilkens auf Jahrzehnte „unten durch” - wie vieles die Familie dabei ausgeblendet hat, weiß man.
Die literarische Nutzung des notorisch unsicheren Wirklichkeitsbezugs von Monologen ist jedoch nur eine der Qualitäten von „Kindbettfieber”. Eine andere ist die dichte Sinnlichkeit, die Schiffner bei der Darstellung von Naturvorgängen und vergangenen Zeiten erreicht, ob es sich um Kraniche über der Weser oder Einladungen zum Tanztee handelt. Den deutschen Horizont erweitern die Träume des Dienstmädchens Agnes: sie träumt von Patagonien, wohin sich ihre Mutter mit dem unpassenden Sohn der Tochter abgesetzt hat. Und aus dem fernen Mexiko, wo Henrich, der Junge mit dem Senfbrot, arbeitet, kommen Sombrero-Bilder in die Familie.
Schiffner lässt sich bei der Entwicklung ihrer Charaktere und Geschichten viel Zeit, gewinnt dabei im Verlauf des Romans einen erstaunlichen epischen Atem und schafft auf diese Weise sogar das Kunststück, eine dramaturgisch halsbrecherische Wendung der Handlung glaubwürdig zu gestalten: Ulrich, ein Abkömmling des vom Ururgroßvater geschwängerten Dienstmädchens, macht sich von Mexiko aus auf die Suche nach seinen Bremer Ahnen. Sigune trifft ihn 1981 auf einem Bremer Flohmarkt, wo Ulrich Trödel verkauft, darunter einige Familienfotos, die Sigune sofort irritieren, da sie sich an ähnliche Bilder erinnert. Sorgfältig fügt Schiffner, die für „Kindbettfieber” den diesjährigen Jürgen-Ponto-Preis erhalten hat, die beiden vor Jahrzehnten auseinander geratenen Lebensstränge zusammen.
Sabine Schiffner
Kindbettfieber
Roman. S. Fischer Verlag. Frankfurt am Main 2005. 334 Seiten, 18,90 Euro.
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"Sabine Schiffner schickt uns mit "Kindbettfieber" direkt in die Köpfe ihrer Figuren: So lehrt sie uns, das zwanzigste Jahrhundert zu sehen, zu hören, zu riechen und zu schmecken. Wir geraten in Tuchfühlung mit vier Frauengenerationen, von der Urgroßmutter, die am Vorabend des Ersten Weltkriegs im Wochenbett liegt, bis zur Urenkelin, die Anfang der achtziger Jahre zwischen Ostermarsch und Westernhagen-Konzert unverhofft auf die Geschichte ihrer Vorfahrinnen stößt. Es ist, als würden die fieberhaften Anfälle bis an den Rand des Wahns ebenso wie die fiebrigen Träume von den Müttern auf die Töchter übertragen. Denn während die Großväter, Väter und Söhne frühmorgens das Haus verlassen, um über den Deichweg in den Sumpf zu verschwinden, oder auf Dienstreisen gehen, oder für immer in die Fremde ziehen, bleiben die Frauen zurück in Bremen, der wachsenden, Erinnerungsspur um Erinnerungsspur auslöschenden Stadt. Umweht von Seeluft und Kolonialwarendüften, zwischen Sombreros, Papageien und