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Dieses neue Lexikon mit seinen 4000 Einträgen zu Personen aus dem Kulturbetrieb der NS-Zeit ist ein konkurrenzloses Nachschlagewerk, das in die Handbibliothek derer gehört, die sich mit Nationalsozialismus beschäftigen. Interessant ist das Werk auch deshalb, weil der Autor so weit wie möglich auch die Nachkriegskarrieren recherchiert hat.Verzeichnet sind die wichtigsten oder bekanntesten Personen aus Adel, Archiv- und Büchereiwesen, bildender Kunst, Film, Geisteswissenschaft, Kunstgeschichte, Literatur, Musik (einschließlich Unterhaltungs-, Film- und auch Militärmusik), Rundfunk, Theater,…mehr

Produktbeschreibung
Dieses neue Lexikon mit seinen 4000 Einträgen zu Personen aus dem Kulturbetrieb der NS-Zeit ist ein konkurrenzloses Nachschlagewerk, das in die Handbibliothek derer gehört, die sich mit Nationalsozialismus beschäftigen. Interessant ist das Werk auch deshalb, weil der Autor so weit wie möglich auch die Nachkriegskarrieren recherchiert hat.Verzeichnet sind die wichtigsten oder bekanntesten Personen aus Adel, Archiv- und Büchereiwesen, bildender Kunst, Film, Geisteswissenschaft, Kunstgeschichte, Literatur, Musik (einschließlich Unterhaltungs-, Film- und auch Militärmusik), Rundfunk, Theater, etc.Hunderte der genehmsten Schauspieler, Schriftsteller, Maler, Architekten, Komponisten, Dirigenten, Musiker etc. waren 1944 in einer systematisch rubrizierten "Gottbegnadeten-Liste" (sic!) des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda unter Joseph Goebbels aufgeführt worden, was für die Genannten handfeste materielle Vorteile bedeutete. Viele Profiteure und Karierristen huldigten Hitler als dem "ersten Künstler der deutschen Nation", viele von ihnen sind selbst in Auschwitz zur Unterhaltung der SS aufgetreten.Das Lexikon dokumentiert darüber hinaus Hunderte von Opfern der damaligen Kulturpolitik: Verfemte und Verfolgte, die ins Exil gehen mussten bzw. ermordet worden.
Autorenporträt
Ernst Klee (1942 - 2013) war Journalist und durch seine Bücher zu nationalsozialistischen Tätern und Verbrechen ein bedeutender Historiker. Für seine Filme und Artikel erhielt er u.a. einen Adolf-Grimme-Preis (1982). Für Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer (1997) erhielt er den Geschwister-Scholl-Preis. Die Stadt Frankfurt am Main zeichnete ihn 2001 mit der Goethe-Plakette aus und 2007 das Land Hessen mit der Wilhelm Leuschner-Medaille. Seit 2005 ist eine Förderschule im westfälischen Mettingen nach ihm benannt.
2013 verstarb Ernst Klee, kurz nachdem er die Arbeit an seinem letzten Werk abgeschlossen hatte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2007

Was aus den Tätern, Mitläufern und Opfern wurde
Karrieren von Künstlern im "Dritten Reich"

"In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht", sang der Bassist Hans Erl 1938 in der Festhalle - und wurde von seinen späteren Henkern freigelassen. "Nach dem Osten abgewandert", vermeldete 1942 die Gestapo.

Hans Erl und Franz Konwitschny. Bassist am Opernhaus Frankfurt der eine, Frankfurter Generalmusikdirektor der andere. Als der Dirigent Konwitschny 1938 die Stelle antrat, hatte der Sänger Erl seine längst verloren - als Jude 1933 entlassen. Doch einen großen Auftritt hatte Erl noch. Im November 1938, als Konwitschny schon in Frankfurt dirigierte, sang er in der Festhalle. Sein Publikum waren Gestapo- und SS-Leute sowie jüdische Frankfurter, die nach der Pogromnacht von diesen ins KZ Buchenwald befördert werden sollten.

Die Szene ist zu einer Frankfurter Legende geworden. "Was sind Sie von Beruf?", fragte ein Obergruppenführer den Festgenommenen. "Ich bin Opernsänger." "Dann singen Sie mal die Arie aus der ,Zauberflöte' und singen sich damit frei." Erl sang vom Balkon der Festhalle: "In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht" - und war frei. Allerdings nur vorübergehend. Die letzte Nachricht über den Bassisten stammt vom 30. September 1942, verfasst von der Gestapo: "Der vorbezeichnete Jude ist am 11. 6. 1942 nach dem Osten abgewandert." "Nach dem Osten abgewandert" war die Standardformel für die Verschleppung in ein Vernichtungslager. Im Falle Erls hieß es Majdanek.

Und was ist aus dem Dirigenten Franz Konwitschny geworden, der in normalen Zeiten im Frankfurter Opernhaus Erl die Einsätze gegeben hätte? Nach dem Krieg wurde er Opernchef in Hannover und Hamburg, 1949 Gewandhauskapellmeister in Leipzig, 1953 Generalmusikdirektor der Staatsoper Dresden und 1955 der Deutschen Staatsoper in Ost-Berlin. "Einer der namhaftesten Musiker des sowjetischen Besatzungsgebietes", heißt es nach seinem Tod 1962 im Deutschen-Bühnen-Jahrbuch. Was soll man Konwitschny vorwerfen? Dass er 1937 in die NSDAP eingetreten war? Dass er, wie es in den Frankfurter Magistratsakten heißt, seit dem 1. Juli 1923 Mitglied der Bruderpartei der NSDAP in der Tschechoslowakei war? Dass er 1942 einen Auftritt als Gastdirigent im Getto Litzmannstadt hatte? Der Autor Ernst Klee wirft Konwitschny gar nichts vor. Er registriert in seinem "Kulturlexikon zum Dritten Reich" lediglich, was er in Akten, Jahrbüchern, Programmen und anderen öffentlich zugänglichen Dokumenten über Kulturschaffende während der Nazizeit gefunden hat. "Wer war was vor und nach 1945?" lautet seine Frage und auch der Untertitel seines Kulturlexikons, das jetzt im S. Fischer-Verlag erschienen ist.

Vorher und nachher. Zum Beispiel Lothar Baumgarten. 1912 in Frankfurt geboren. Hat seine Theaterkarriere als Bühnenbildner bei den hiesigen Städtischen Bühnen begonnen. Von 1935 bis 1945 war er Leiter der Dekorationswerkstatt am Schauspielhaus Breslau. Der Autor Klee hat eine merkwürdige Ankündigung entdeckt. "Am Montag, den 15. März 1943, 20 Uhr, findet das 2. Gastspiel des Schauspielhauses Breslau statt. Zur Aufführung gelangt das Lustspiel ,Die drei Eisbären' . . . Bühnenbild: Nach Ideen Lothar Baumgartens hergestellt in den Werkstätten der Waffen-SS Auschwitz." Bei dem Gastspiel handelte es sich um eine Veranstaltung der Truppenbetreuung, den Text hat die Kommandantur von Auschwitz als Rundschreiben herausgegeben. Nachher, nach dem Krieg, war Baumgarten Gast am Fritz-Rémond-Theater, von 1985 an dessen Leiter. Wie viel er von Auschwitz wusste, kann niemand mehr sagen.

Bernhard Hahnefeld war ein Verleger. Ein furchtbarer Verleger, muss man sagen, denn er veröffentlichte Karl Blessingers Werk "Lexikon der Juden in der Musik". Wer hier aufgeführt wurde, dessen Todesurteil war faktisch geschrieben. Doch ein Gutes hat selbst dieses fürchterliche Lexikon. Es bewahrte die Namen von ermordeten jüdischen Musikern, von denen man sonst nichts wüsste: Rosalie Dürkheim etwa, Klavierlehrerin in Frankfurt. Gestorben 1942 in Treblinka. Nicht zu vergessen Magda Spiegel, Frankfurts Opernstar, eine der größten Sängerinnen des deutschsprachigen Raums, wie der Musikkenner Theodor Adorno schrieb. "Spiegel ist am 28. 9. 1942 nach Theresienstadt verbracht worden. Die Ruhegeldzahlung ist am 1. 9. 1942 eingestellt worden", vermeldet ihre Personalakte an den Bühnen.

4000 Namen enthält Klees Buch. Namen von Tätern, Vordenkern, Mitläufern, Widerständlern, Opfern. Die damalige kulturelle Elite Deutschlands. Einige zählten dann zur nachmaligen. Henri Nannen etwa, der Gründer des "Stern". Im Munzinger-Archiv heißt es über ihn, er sei 1937 wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt in ein Verfahren verwickelt gewesen, von der Universität relegiert und mit einem journalistischen Arbeitsverbot belegt worden. Das Arbeitsverbot sei allerdings dank der Fürsprache des Münchener Kunstverlegers Hugo Bruckmann wiederaufgehoben worden. Vielleicht war Nannen ein innerer Gegner des Naziregimes. So, wie Hans Filbinger nach der Überzeugung von Ministerpräsident Günther Oettinger ein Nazi-Gegner war. Freilich nicht ein Gegner, der seine Gegnerschaft in Taten ausdrückte.

Auch bei Nannen kann der Widerstand wohl nur in Gedanken stattgefunden haben. Worauf seine schriftlichen Hinterlassenschaften allerdings wenig hinweisen. 1939 schrieb Nannen unter anderem: "Die Erneuerung des deutschen Menschen aber ist das Werk des Führers, er hat ihm den neuen und doch ewigen alten Glauben an sich selbst und an das Schicksal seines Volkes zurückgegeben." Klee bewertet den Fall nicht, sagt nicht, ob Nannen ein Widerständler, ein Opfer, ein Mitläufer oder ein Opportunist war. Er breitet, wie bei allen anderen, nur seine Belege aus.

HANS RIEBSAMEN

Ernst Klee: "Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945". S. Fischer-Verlag, Frankfurt. 29,90 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.03.2007

Deutscher Geist, Schmuck des Verbrechens
Ernst Klees aufklärerisches „Kulturlexikon zum Dritten Reich” steuert den Benutzer in eigenwilliger Weise
Auch im „Dritten Reich” gab es ein intensives Kulturleben, das selbst oder gerade im Krieg nicht erlahmte, in dem einem damals häufig zu hörenden Satz zufolge „die Musen nicht schwiegen”. Der Begriff „Kultur” deckte, glaubt man dem „Reichskulturkammergesetz” vom 22. September 1933, die gleichen Felder ab wie heute: Schrifttum, Theater, Film, Musik, bildende Kunst – doch sollten diese alle, und das war neu und unerhört, zu einem „einheitlichen Schaffen im Sinne des Nationalsozialismus” zusammengefasst werden. Aufgrund dieser Gleichschaltung haftet ihnen das Odium des Minderwertigen, Provinziellen und Käuflichen an, weshalb nach einem Diktum von Werner Bergengruen „alle Menschen geistigen Ranges, die sich mit dem braunen Ungeist einließen, diesen Rang fast augenblicklich einbüßten”.
Alles einstampfen
Noch bekannter ist das Verdikt Thomas Manns unmittelbar nach Kriegsende: „Es mag Aberglaube sein, aber in meinen Augen sind Bücher, die von 1933 bis 1945 in Deutschland überhaupt gedruckt werden konnten, weniger als wertlos und nicht gut in die Hand zu nehmen. Ein Geruch von Blut und Schande haftet ihnen an. Sie sollten alle eingestampft werden. Es war nicht erlaubt, es war unmöglich, „Kultur” zu machen in Deutschland, während rings um einen herum das geschah, wovon wir wissen: es hieße die Verkommenheit beschönigen, das Verbrechen schmücken. Zu den Qualen, die wir litten, gehörte der Anblick, dass deutscher Geist, deutsche Kunst sich beständig zum Schild und Vorspann des absolut Scheusäligen hergaben”.
Thomas Mann und andere plädierten für eine weitgehende damnatio memoriae, und dies mag erklären, dass es bis jetzt kein Nachschlagewerk gab, in dem man sich über die wichtigsten Vertreter des damaligen Kulturlebens auf einen Blick informieren kann.
Ernst Klee, der verdienstvolle Erforscher der NS-Medizin und ihrer Opfer, füllt nun diese Lücke und schließt nach Aufbau und Ziel an sein 2003 erschienenes, umstrittenes „Personenlexikon zum Dritten Reich” an. Sein neues Repertorium enthält etwa 4000 Namen und orientiert umfassend über die Hauptakteure des damaligen Kulturlebens, vor allem Schauspieler und Regisseure von Theater und Film, Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Architekten, Komponisten, Dirigenten, Musiker, Sänger, Journalisten und so weiter, von denen eine beträchtliche Anzahl auch noch das kulturelle Leben der frühen Bundesrepublik bestimmte.
Angesichts der Tatsache, dass der Reichskulturkammer etwa 140 000 Personen angehörten, musste Klee eine Auswahl treffen. Er hält sich an die Namen, die in einschlägigen Fachpublikationen auftauchen und folgt, wenn möglich, der von Goebbels 1944 aufgestellten Liste der sogenannten Gottbegnadeten, die die Namen von Spitzenkünstlern enthielt, welche vom Kriegsdienst freigestellt wurden. Aber auch viele der von den Nazis verfolgten, vertriebenen und ermordeten Künstler werden aufgenommen, um zu dokumentieren, dass sie nach wie vor zum deutschen Kulturleben gehörten.
„Entjudete” Opern-Libretti
Klee ist ein eigenwilliger Lexikograph mit aufklärerischem Impetus, der immer wieder seine Neutralität aufgibt. Dies beginnt bei den Berufsbezeichnungen der erfassten Personen, die in Einzelfällen als „Pionier der ,Entjudung‘ von Opern-Libretti”, „Erster Literaturhistoriker ,auf rassischer Grundlage‘” oder „HJ-Lyrikproduzent” bezeichnet werden. Auch Charakterisierungen durch aus dem Kontext gerissene Zitate zeitgenössischer wie späterer Sekundärliteratur weisen in die gleiche Richtung.
Doch Klee geht noch weiter mit der Steuerung der Benutzer, wenn er zahlreiche Namen von NS-Verbrechern in sein Lexikon aufnimmt, beispielsweise von Mitwirkenden an der „T 4-Aktion”, der von den Nazis zynisch „Euthanasie” genannten Ermordung von Behinderten. Durch diese Konfrontation soll offenkundig das Besondere und Anstößige der Kultur im „Dritten Reich” verdeutlicht werden.
Dieses Ziel erklärt auch die selektive Auswahl von Professoren aus den Bereichen Germanistik, Ur- und Frühgeschichte sowie Anglistik, die sich in irgendeiner Form mit Germanenkunde befasst haben. Sie erklärt jedoch nicht die Berücksichtigung von „Parteigenossen, die Angehörige fürstlicher Häuser sind” und die man in einem Kulturlexikon kaum suchen würde. Stattdessen hätte man gern die Namen der fast völlig ausgeblendeten Verleger (Eugen Claassen, Henry Goverts, Peter Suhrkamp), der Kulturmanager aus den Ministerien (Rudolf Erckmann, Otto Henning, Adolf Jürgens) oder der häufig übersetzten ausländischen Erfolgsautoren (Mile Budak, Svend Fleuron, Mika Waltari) gefunden.
Ernst Klee liefert ein Nachschlagewerk, das er selber als lexikalisches Mahnmal bezeichnet. „Alle, Täter, Vordenker, Mitläufer, wirklich Widerständige und Opfer, gehören zu unserem kulturellen Erbe”. Das ist unbestreitbar, aber manchmal hätte man sich in diesem Buch weniger Pointierung und mehr Differenzierung gewünscht. FRANK-RUTGER HAUSMANN
ERNST KLEE: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007. 715 Seiten, 29,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

"Erschreckend" für Rezensent Rudolf Walter ist die Kontinuität, mit der Biografien von NS-Mitläufern nach dem Krieg einfach so weiter liefen, beispielsweise in einer Studienkommission zur Erwachsenenbildung in Schleswig-Holstein. Und einer von Hitlers handverlesenen Lieblingsschriftstellerinnen sei noch 1979 eine Sonderbriefmarke gewidmet worden. Dass Ernst Klee hier mit "scharfen Charakterisierungen" nicht hinter dem Berg halte, wertet der Rezensent als "Verdienst" seiner auf jahrzehntelangen Recherchen beruhenden Arbeit. Bei den 4000 ausgewählten Namen des Kulturlexikons komme es naturgemäß zu Überlappungen mit dem vor vier Jahren erschienen "Personenlexikon zum Dritten Reich". Wenig "überzeugend" aus Sicht des Rezensenten sei hingegen, wenn Personen und Gruppen angeführt würden, die entweder nichts mit Kultur zu tun oder aber lange vor der Nazizeit gelebt hätten. Ernst Klees Aufnahme in das Verzeichnis bleibe hier eine Begründung schuldig. Solche Einwände schmälerten aber gleichwohl nicht die grundsätzliche Bedeutung des Werkes und auch nicht seinen praktischen Wert als Nachschlagwerk. Der Autor untertreibe keineswegs, wenn er selbst von einem "lexikalischen Mahnmal" spreche.

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