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Dieses Buch versammelt die letzten naturwissenschaftlichen Essays des großen Evolutionsbiologen.
Wieder einmal schafft es Gould, auf unterhaltsame Art und Weise, Verbindungen herzustellen, die auf den ersten Blick nahezu absurd erscheinen: Wie lassen sich beispielsweise das über eine Millionen Basenpaare umfassende Genom eines Bakteriums und ein Gedicht aus dem 16. Jahrhundert zusammendenken? Wie hängt die Beerdigung von Karl Marx mit der Evolutionstheorie eines konservativen Biologen zusammen? Oder die Flugfähigkeit von Dinosauriern mit Stalin?
Die Antworten sind erheiternd, verwirrend,
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Produktbeschreibung
Dieses Buch versammelt die letzten naturwissenschaftlichen Essays des großen Evolutionsbiologen.

Wieder einmal schafft es Gould, auf unterhaltsame Art und Weise, Verbindungen herzustellen, die auf den ersten Blick nahezu absurd erscheinen: Wie lassen sich beispielsweise das über eine Millionen Basenpaare umfassende Genom eines Bakteriums und ein Gedicht aus dem 16. Jahrhundert zusammendenken? Wie hängt die Beerdigung von Karl Marx mit der Evolutionstheorie eines konservativen Biologen zusammen? Oder die Flugfähigkeit von Dinosauriern mit Stalin?

Die Antworten sind erheiternd, verwirrend, erhellend und immer auch unterhaltsam. In diesen Texten zeigt sich erneut, mit welcher Virtuosität und Klarheit der 2002 verstorbene Naturwissenschaftler uns an der gesamten Breite und Komplexität seines Wissens teilhaben lässt und welch ein Optimismus aus den Texten spricht.

Eine intelligente und spannende Reise quer durch die Evolutionsgeschichte und zugleich das persönlichstes Buch von Gould.
Was macht einer der konservativsten Naturwissenschaftler seiner Zeit auf der Beerdigung von Karl Marx? Welche Rolle spielten Schmetterlinge im Leben Nabokovs und warum existieren Gedichte über die Syphilis?
Stephen Jay Gould, der wohl bekannteste Naturwissenschaftler Amerikas, beantwortet diese und Unmengen anderer Fragen in seinen virtuosen und zu Klassikern gewordenen Essays.
Autorenporträt
Stephen J. Gould, geb. 1941 in New York, wurde mit 26 ordentlicher Professor an der Harvard University, wo er Geologie und Zoologie lehrte. Er gilt in den USA als der am meisten gelesene Naturwissenschaftler. Sein Hauptwerk wird mit Darwins 'Origin of Species' verglichen. Stephen J. Gould starb am 20. Mai 2002. In Deutschland ist er durch zahlreiche Veröffenlichungen bekannt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2005

Wo der Mensch landet
Keine Wissenschaft ohne Phantasie: Letzte, meisterhafte Essays von Stephen Jay Gould
Naturgeschichte - das klingt in deutschen Ohren nach Botanisiertrommel und Gesteinssammlung, jedenfalls nicht nach einem Stoff für spannende Geschichten, die ein breites Publikum zu fesseln vermögen. Doch die Wissenschaft von den Fossilien und anderen vorgeschichtlichen Funden kann durchaus amüsant, kurzweilig und zudem belehrend sei. Das hat Stephen Jay Gould, der 2002 verstorbene Professor für vergleichende Zoologie an der Universität Harvard, in seinen zahlreichen populärwissenschaftlichen Essays, die nun auch auf Deutsch in mehreren Sammelbänden vorliegen, eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der letzte Band trägt in der Übersetzung den vieldeutigen Titel „Das Ende vom Anfang der Naturgeschichte”.
Es handelt sich zum einen um eine Anspielung auf den Abschluss einer äußerst beliebten Artikelserie, die Gould seit 1977 für die Zeitschrift „Natural History” schrieb und die wegen ihres großen Erfolges sukzessiv in Buchform erschien; zum anderen kehrt der Autor in dieser abschließenden und letzten größeren populärwissenschaftlichen Veröffentlichung zu seinen biographischen Wurzeln zurück. Gould schildert uns auf sympathische und eindrückliche Weise den Zufall, dass zwei für seine Biographie bedeutsame Ereignisse jeweils auf den 11. September gefallen sind. Sein geliebter Großvater, ein aus Ungarn mit sechseinhalb Dollar in der Tasche eingewanderter Jude, schrieb genau hundert Jahre vor dem wohl einschneidendsten Ereignis in der jüngeren amerikanischen Geschichte in seine englische Grammatik, mit der er sich die neue Sprache auf der Schiffspassage anzueignen versuchte: „Ich bin gelandet. 11. September 1901.”
Diesen Tag, an dem sich für eine der zahllosen jüdischen Einwandererfamilien der amerikanische Traum zu verwirklichen begann, wollte Gould 100 Jahre später mit einem Besuch des Einwanderermuseums auf Ellis Island feiern. Daraus wurde bekanntlich nichts. Das Flugzeug, das ihn rechtzeitig von einer Europareise zurück nach New York bringen sollte, konnte wegen der Absperrung des amerikanischen Luftraums nicht landen.
Wie sehr das Trauma des 11. September einen amerikanischen Naturwissenschaftler erschüttert hat, der in großen, evolutionsgeschichtlichen Zeiträumen dachte, merkt man den Essays an, die diese Kongruenz der Ereignisse reflektieren. Sie sind sehr persönlich gehaltene Vignetten eines unmittelbar Betroffenen, der immer an die Vernunft des Menschen geglaubt hat und nun plötzlich mit der Urgewalt des Irrationalismus und des Fanatismus, also mit den dunklen Seiten der Naturgeschichte des Menschen, konfrontiert wurde.
Im Mittelpunkt dieses Buches stehen jedoch nicht die zeitgeschichtlichen Ereignisse, die den amerikanischen Traum, den sein Großvater geträumt und er als Enkel verwirklicht hat, in den Grundfesten erschüttert haben, sondern die Themen, die in Goulds populärwissenschaftlichen Arbeiten seit den siebziger Jahren immer wiederkehren. Zu diesen sich perpetuierenden Narrativen gehört sein Credo, dass Naturwissenschaft nicht notwendigerweise unverständlich sein muss, sondern für ein breites Publikum aufbereitet werden kann, und zwar ohne Abstriche bei der Wissenschaftlichkeit zu machen.
Darwin, Marx und Baseball
Gould hat aus seinem Erfolgsrezept kein Geheimnis gemacht. In seinem letzten Buch, das durch den frühen Tod des Verfassers zu einer Art literarischem Vermächtnis geworden ist, verrät er seine Mixtur. Erstens soll man seinen Leser als Partner betrachten und nicht als jemanden, der belehrt werden muss. Die gleiche Augenhöhe ist also entscheidend. Zweitens muss man Spaß am Schreiben haben. Das merkt man in der Tat jedem dieser wundervollen Essays an. Und drittens: Es kommt auf den gelungenen Einstieg an. Das kann eine Anekdote, eine kuriose Geschichte oder ein merkwürdiges Geschehen aus der jüngsten Vergangenheit sein.
Gould gelingt es immer wieder, die Aufmerksamkeit für naturwissenschaftliche Fakten zu wecken, indem er Verbindungen zwischen Phänomenen oder Ereignissen knüpft, die auf den ersten Blick nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. Auch im vorliegenden Band trifft man auf eine ganze Reihe solcher zunächst absurd erscheinender Parallelen - wie zum Beispiel die Frage, was das Niederlagentrauma einer amerikanischen Baseball-Mannschaft (zufälligerweise Goulds Lieblingsclub) mit einem Mythos der Südstaaten-Geschichte, dem Heldentod Jim Bowies im Kampf mit den Mexikanern, zu tun hat. Und viertens gehört zu seinem Erfolgsrezept auch die Verbindung von Detailgenauigkeit und Faktizität mit stilistischer Brillanz.
Dies gilt für die biographischen Miniaturen, die Gould so meisterhaft beherrscht und auch in diesem Band dem neugierig gewordenen Leser präsentiert, unter anderem über Sigmund Freud als Anhänger des Lamarckismus und über die Freundschaft eines erzkonservativen englischen Naturwissenschaftlers mit Karl Marx. Eines dieser Porträts ist nicht von ungefähr Vladimir Nabokov gewidmet. Hier scheint so etwas wie Seelenverwandtschaft vorzuliegen, denn der Verfasser von „Lolita” war bekanntlich auch ein angesehener Schmetterlingsforscher, dessen außerordentliche wissenschaftliche Leistung hier Gould wieder ins Gedächtnis zurückrufen möchte. Die Maxime Nabokovs („Es gibt keine Wissenschaft ohne Phantasie und keine Kunst ohne Fakten”) könnte über vielen der Essays stehen, mit denen Gould Begeisterung für die Naturwissenschaften zu wecken versucht hat.
Selbst die gekonnte Popularisierung, verbunden mit einem aufklärerischen Impetus, ähnelt meist einem Bohren dicker Bretter. Das gilt insbesondere für ein Herzensanliegen des Autors, der ein weltweit anerkannter Experte für Fossilien gewesen ist, nämlich zu einem richtigen Verständnis der Evolutionstheorie in den Köpfen der Laien beizutragen. Welche Bauchschmerzen ein Paläontologe mit dem religiösen Fundamentalismus in den USA haben muss, der Darwin aus den Lehrplänen der Schulen verbannen will und die biblische Schöpfungsgeschichte für verbindlich erklärt, kann man sich gut vorstellen. Gleich mehrere Essays kommentieren auf unterschiedliche Weise die Entscheidung der Erziehungsbehörde im Bundesstaat Kansas, den Schülern nicht mehr die Evolutionstheorie beizubringen.
Doch im Unterschied zu Voltaire ruft Gould als leidenschaftlicher Aufklärer nicht gleich „Ecrasez l’infâme”. Er macht den Gegner nicht einfach lächerlich. Er liefert sowohl allgemeinverständliche und unumstößliche Beweise für die Richtigkeit der Darwinschen Lehre als auch ein Plädoyer für mehr Toleranz im Umgang miteinander, indem er der Religion ihren legitimen Platz in der Gesellschaft zuweist. Zwar lässt er keinen Zweifel daran, dass an der Tatsachenerkenntnis der Naturwissenschaft in einer modernen Welt kein Weg vorbeiführt, gibt aber offen zu, daß damit noch keinerlei ethische Erkenntnis verbunden sei. Diese, so Gould, falle eindeutig in das Aufgabengebiet der Religion und der Philosophie.
ROBERT JÜTTE
STEPHEN JAY GOULD: Das Ende vom Anfang der Naturgeschichte. Aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 508 Seiten, 24,90 Euro.
Evolution und Fortschritt: Dieses Gemälde für ein Dinosauriermuseum in Utah stammt von dem Paläontologen Ernest Untermann (1864-1956), einem deutschen Einwanderer, der in den USA nicht nur als Zoodirektor wirkte, sondern auch die Werke von Karl Marx ins Englische übersetzte.
Foto: Bettmann/CORBIS
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Noch immer birgt der Nachlass des verstorbenen Naturwissenschaftlers Stephen Jay Gould wahre Schätze, stellt die "upj" zeichnende Rezensentin erfreut fest, zumal es sich nicht um Wissenschaft der schwer verdaulichen, sondern der lesbaren Art handele. In seinen Essays verstehe es der Wissenschaftler, so gegensätzliche Dinge wie Wissenschaft und Kunst zu vereinen, die für ihn untrennbar miteinander verbunden sind. Als Beispiel zitiert die Rezensentin die von Gould illustrierten Anstöße, die Humboldt sowohl dem Maler Church als auch dem Wissenschaftler Darwin für ihre Arbeiten geliefert habe, was seiner Ansicht nach Goulds große Fähigkeit illustriert: "Ideen und geistige Konzepte durch Zeiten und Köpfe" hindurch zu verfolgen.

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