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Kensington Gardens ist eine berauschende farbenprächtige Reise. In einer Nacht erzählt der Schriftsteller Hook dem kleinen Kaiko das Leben von Sir Barries, dem Erfinder Peter Pans. Seine Erzählung führt von den 70er Jahren zu den Anfängen Pans in den Kensington Gardens vor 100 Jahren. Und so unerschrocken wie Peter Pan, der nie erwachsen werden wollte und von einem Abenteuer zum anderen trieb, folgt auch Hook den Exzessen der Londoner Swinging Sixties: Sind die Beatles und die Stones nicht die neuen Peter Pans? Und am Ende der langen Nacht werden noch ganz andere, unglaubliche Geheimnisse von Sir Barrie und Hook gelüftet. …mehr

Produktbeschreibung
Kensington Gardens ist eine berauschende farbenprächtige Reise. In einer Nacht erzählt der Schriftsteller Hook dem kleinen Kaiko das Leben von Sir Barries, dem Erfinder Peter Pans. Seine Erzählung führt von den 70er Jahren zu den Anfängen Pans in den Kensington Gardens vor 100 Jahren. Und so unerschrocken wie Peter Pan, der nie erwachsen werden wollte und von einem Abenteuer zum anderen trieb, folgt auch Hook den Exzessen der Londoner Swinging Sixties: Sind die Beatles und die Stones nicht die neuen Peter Pans? Und am Ende der langen Nacht werden noch ganz andere, unglaubliche Geheimnisse von Sir Barrie und Hook gelüftet.
Autorenporträt
Rodrigo Fresan,1963 in Buenos Aires geboren, ist der bedeutendste Schriftsteller Lateinamerikas. "Kensington Gardens" ist sein siebter Roman. Fresan lebt in Barcelona
Rezensionen
Exzessiv, schwindelerregend, üppig El Pais

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.2004

Im Krokodilbauch rast die Zeit
Rodrigo Fresáns Roman auf den Londoner Spuren Peter Pans

Auf der Bühne: Kobolde, Krokodile und fliegende Kinder, Seeräuber, Rothäute und Harlekine - eine gigantische Menagerie phantastischer Geschöpfe, die verworrene Dialoge voll verrückter Scherze sprechen. Hinter, über und unter der Bühne: ein Hexenkessel aus Gerüsten und Seilen, Winden und Flaschenzügen. Das Stück, unter das sein Autor J. M. Barrie am 1. März 1904 den (vorläufigen) Schlußpunkt setzt, ist der Albtraum eines jeden Theatermachers. Selbst Berrhom Tree, der Spezialist für die aufwendigen Produktionen am His Majesty's Theatre, kapituliert. "Barrie ist vollkommen übergeschnappt", warnt er seinen New Yorker Kollegen Charles Frohman. Aber Frohman lacht, liest, liebt und läßt es sich etwas kosten. Damit hat er das große Los gezogen: Barries Theatermonster kommt noch im gleichen Jahr zur Uraufführung, Peter Pan fliegt durch den Bühnenhimmel, und die ganze Welt steht kopf.

Bis heute hat der Junge, der nicht erwachsen werden wollte, nichts von seinem Zauber verloren. Just kam "Finding Neverland", die jüngste Verfilmung zu Barries Klassiker, den der Dramatiker später zum Roman umarbeitete, in die englischen Kinos. Und auch die Schriftsteller können vom Jüngling im grünen Jäckchen nicht lassen. Rodrigo Fresán, 1963 in Buenos Aires geboren und mittlerweile etabliert als einer der wichtigsten jungen lateinamerikanischen Romanciers, hat vor einem Jahr mit "Jardines de Kensington" eine Forschungsreise rund um Peter Pan unternommen. Nun liegt "Kensington Gardens" in deutscher Übersetzung vor.

"Ich finde es großartig, daß Schriftsteller Biographien schreiben", sagt der schriftstellernde Ich-Erzähler mit dem beziehungsreichen Namen Peter Hook und läßt in "Kensington Gardens" nicht nur sein eigenes, sondern auch gleich das Leben Barries Revue passieren. Es mangelt nicht an Parallelen, obwohl exakt hundert Jahre zwischen ihren Geburten liegen. Beide haben als Kind einen Bruder verloren und sind von diesem Unglück gezeichnet; beide sind kinderlos geblieben; beide haben sich in Kinderwelten gerettet und eine Kinderbuch-Kultfigur geschaffen. Barrie allerdings vergöttert alles, was unter zwölf ist, und hat seinen fliegenden Neverland-Bewohner, der auch schon mal seinen Schatten vergißt, aus fünf unschuldig, aber innig geliebten Jungs zusammengesetzt. Hook dagegen scheut sein junges Publikum wie der Teufel das Weihwasser.

In einer letzten, ironischen Schleife verknüpft Fresán die Nachtmahre des einen schließlich unmittelbar mit den Tagträumen des anderen: Das 1960 geborene Kind - Peter Hook - glaubte an Peter Pan wie an die Bibel. Doch leider können nicht einmal himmlisch heitere, göttlich gleichmütige Steppkes fliegen, wenn man sie des Nachts aus dem Fenster ins Sternenzelt hineinschubst - und so mußte der kleine Bruder sterben. Der große wird Jahrzehnte später selbst aus dem Fenster springen, an der Hand den Kinder(film)star seines eigenen Kultbuchs. "Ab jetzt wird jede Erfindung für Kinder einer genauen Prüfung unterzogen werden", jubelt der komatöse Hook nach dem Fenstersturz. "Ich war ein Kinderbuchautor, dessen einziger Zweck es war, die Kinderliteratur zu zerstören; denn die Kinderliteratur hat mich zerstört", deliriert er. "Ich bin die späte, aber beispielhafte Rache Barries."

Für den Leser jedoch ist er ein Geschenk Barries: Rodrigo Fresán hat sich durch den viktorianischen Schriftsteller und sein Theatermonster zur Schöpfung eines schillernden Romanmonsters verführen lassen. Dessen "zerstörter" Held kämpft nach allen Richtungen. Er ringt mit seinen toten Eltern und den unsterblichen Sechzigern, von denen nicht mehr übrigblieb als ein bitterer Nachgeschmack und ein paar billige Legenden. Sein Vater war ein Bandleader und Ray Davies von "The Kinks" nachempfunden; seine Kicks bekam er, nach einer zeitgemäßen Phase mit sex, drugs and rock 'n' roll, immer dann, wenn die verhaßten Beatles in die Knie gingen. Gegen den ewig kindlichen und kindischen Kosmos der Hippie-Jahre hält Hook die Epoche, in der die Kindheit erfunden wurde, die Epoche des J. M. Barrie. Und trotzdem mischen sich die Jahrhunderte, verhaken sich in diesem Wirbel aus Zettelkastenpoetik samt Namenslisten von Bands, Clubs, Orten, "Zitatimplantaten", wie Barrie selbst es nannte, und selbstironisch-postmodernem Harakiri-Rambazamba.

Die Biographie Barries und die biographische Fiktion Hooks werfen lange Schatten - aus philosophischen Facetten und kulturhistorischen Kaffeesatzlektüren, aus großer Historie und kleinen Histörchen, aus Popgeschichte und Peter-Pan-Mythen. Und weil Fresán sein Handwerk versteht, bleibt dieser Schatten meist schön dort, wo er hingehört: an die Füße des Textes geheftet, mag der auch tanzen und die Motive und Themen durch die verschiedenen Ebenen katapultieren wie Barrie einst sein Ensemble in der Uraufführung von "Peter Pan". Das alles ist klug choreographiert, gekonnt einstudiert, meisterlich konstruiert. Aber gleichzeitig so künstlich wie der Name Peter Hook.

Wenn Barrie mit seinem Bernhardiner und "seinen" Jungs in den Kensington Gardens Peter Pan spielte, hörte er die Elfen im Gras wispern und die Uhr im Krokodilbauch ticken, derweil die Zeit stehenblieb. Und wenn Fresán darüber schreibt, hören wir, sehen wir, fühlen wir Barrie. Sonst aber, in den Passagen über den Pop-sozialisierten Selbstmörder, sehen wir bloß - ein Buch. Ein Buch über ein Buch und zwei, drei Songs. Ein schimmerndes, ein schlaues Buch. Allein: Nichts, wovor man warnen müßte.

ALEXANDRA KEDVES

Rodrigo Fresán: "Kensington Gardens". Roman. Aus dem Spanischen von Matthias Strobel. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2004. 460 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

" Dieser Roman des argentinischen AutorsRodrigo Fresan verknüpft die Biografie des Schöpfers derKultfigur Peter Pan, J. M. Barrie, mit einer fiktiven Figur, die den"beziehungsreichen Namen" Peter Hook trägt, erklärtAlexandra Kedves. Hook erzählt in Ich-Form über seineKindheit in den sechziger Jahren und sein Leben, das deutlicheParallelen zur Biografie des genau hundert Jahre frühergeborenen Barries aufweist, fasst die Rezensentin zusammen. Hook hatunter Einfluss der Peter Pan-Figur seinen kleinen Bruder dazugebracht, aus dem Fenster zu springen, was diesen das Leben gekostethat. Daran leidet der Protagonist sein ganzes Leben lang. Fresan"versteht sein Handwerk" und hat seinen Roman "klugchoreographiert" und "meisterlich konstruiert", räumtdie Rezensentin ein. Sie zeigt sich vom "Wirbel ausZettelkastenpoetik" und "selbstironisch-postmodernenHarakiri-Rambazamba" auch durchaus beeindruckt, und wenn derAutor sich auf Barrie konzentriert, findet Kedves die Schilderungenüberzeugend und mitreißend. Doch sobald der Protagonist inden Vordergrund rückt, findet die Rezensentin das Buch papierenund kosntruiert.

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