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Dieter Fortes grandioses Buch ist kein Roman, kein Sachbuch und kein Essay, aber vielleicht alles zusammen: Eine poetische Geschichte der Bilder und Bücher, des Lesens und Schreibens, des menschlichen Miteinanders im Lauf der Jahrhunderte. Das alles vor dem Hintergrund der alten europäischen Kulturstadt Basel, in der Dieter Forte seit vier Jahrzehnten lebt - eine Stadt der Künstler und Denker, der Drucker, Kupferstecher und Alchimisten, der Kaufleute und Bankiers, der Wissenschaftler und Narren. Sie kommen aus der Tiefe der Vergangenheit, verweilen vor dem Auge des Lesers, verwickeln ihn in…mehr

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Produktbeschreibung
Dieter Fortes grandioses Buch ist kein Roman, kein Sachbuch und kein Essay, aber vielleicht alles zusammen: Eine poetische Geschichte der Bilder und Bücher, des Lesens und Schreibens, des menschlichen Miteinanders im Lauf der Jahrhunderte. Das alles vor dem Hintergrund der alten europäischen Kulturstadt Basel, in der Dieter Forte seit vier Jahrzehnten lebt - eine Stadt der Künstler und Denker, der Drucker, Kupferstecher und Alchimisten, der Kaufleute und Bankiers, der Wissenschaftler und Narren. Sie kommen aus der Tiefe der Vergangenheit, verweilen vor dem Auge des Lesers, verwickeln ihn in ein Gespräch der großen Fragen und Antworten: Was ist der Mensch? Was macht er mit seiner Zeit - und was die Zeit mit ihm?
Autorenporträt
Dieter Forte, 1935 in Düsseldorf geboren, gestorben 2019 in Basel. Seine hoch gerühmten Romane »Das Muster«, »Tagundnachtgleiche« (ursprünglich »Der Junge mit den blutigen Schuhen«), »In der Erinnerung« und »Auf der anderen Seite der Welt« bilden die »Tetralogie der Erinnerung«. Als Theaterautor gelang Forte mit »Martin Luther & Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhaltung« ein Welterfolg, dem weitere Dramen, erfolgreiche Fernsehspiele und preisgekrönte Hörspiele folgten. Zuletzt erschien »Als der Himmel noch nicht benannt war«. Über seine Arbeit gibt Auskunft der Materialienband »Es ist schon ein eigenartiges Schreiben ¿«, herausgegeben von Jürgen Hosemann. Literaturpreise: In Auswahl: 2005 Niederrheinischer Literaturpreis 2005 Johann-Jakob-Christoph von Grimmelshausen-Preis 2004 Hans-Erich-Nossack-Preis 2003 Ehrengabe der Heinrich-Heine-Gesellschaft Düsseldorf 1999 Bremer Literaturpreis 1992 Basler Literaturpreis Stipendien der Kulturstiftung Nordrhein-Westfalen und des Deutschen Literaturfonds Darmstadt 1980 Fernsehspiel des Monats Oktober (für: Der Aufstieg) 1980 Hörspiel des Monats Juli (für: Sprachspiel)
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Martin Halter scheint die Vorliebe des Autors für alte, unverständliche Geschichten zu teilen. Dass Dieter Forte es nicht darauf anlegt, Wahres oder ordentlich mit Anfang und Ende Versehenes zu erzählen, Geschichten mit Pointen oder gar Moral, und stattdessen eigenwillige Außenseiter als Helden bevorzugt, passt laut Halter ganz gut zu diesem Autor, den er selbst für ein bisschen "aus der Zeit gefallen" hält. Das Buch nimmt er als Mischung aus Essay und Gedankensplittern, Betrachtungen und Basler Stadtgeschichten, in denen berühmte Basler Selberdenker nur mit Initialen vorkommen. Dafür, schwärmt Halter, geben sie aber um so schönere Gedanken über Bücher und das Wahre und Gute zum besten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.05.2013

Narratorium der Phantasie

Geschichten sind wie Zaubersprüche, meint Dieter Forte in seinem Buch "Das Labyrinth der Welt": Wenn sie wirken sollen, darf man sie nicht verstehen.

In Basel erlebte Dieter Forte im Jahr 1970 sein triumphales Theaterdebüt mit "Martin Luther & Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhaltung". Nicht nur deshalb wurde die Stadt am Rheinknie zu seiner Wahlheimat. Basel ist für Forte Denk- und Lebensform, das "absolute Gegenteil" seiner Geburtsstadt Düsseldorf: ein Zentrum des europäischen Humanismus und der Aufklärung, aber auch ein guter Platz für die weltfremden Schwärmer, Narren und Träumer, die sich mehr um die Nachtseiten der Vernunft kümmerten. Nicht zufällig schrieb Erasmus hier sein "Lob der Torheit" und Sebastian Brant sein "Narrenschiff".

Die Händler, Bankiers und Pharmakonzerne, denen Basel seinen Reichtum verdankt, interessieren den Kritiker der doppelten Buchführung naturgemäß weniger als die Büchernarren, Raritätensammler, eigenwilligen Selberdenker und weltklugen Skeptiker, die hier Asyl und fruchtbaren Boden fanden. Fortes zweite Heimat ist ein "Narratorium der Phantasie", in dem jeder nach seiner Fasson selig werden kann. Wo der gregorianische Kalender nur mit Verzögerung eingeführt wurde und die Fasnacht bis heute eine Woche später als anderswo gefeiert wird, gehen die Uhren traditionell anders: "Unser Schreiben ist hier in Sicherheit", schreibt Forte, der als Autor selbst ein wenig aus der Zeit gefallen ist.

Neun Jahre nach "Auf der anderen Seite der Welt", einer elegischen Nachschrift zu seiner Düsseldorfer Erinnerungstrilogie, legt Forte jetzt sein Basler Vermächtnis vor: "Das Labyrinth der Welt". Man sieht dem Buch mit der ebenso schlichten wie stolzen Gattungsbezeichnung "Ein Buch" an, dass es Alter, Krankheit und langen Schreibpausen abgetrotzt wurde: Halb geschichtsphilophischer Essay, halb Geschichtensammlung, ist es vor allem ein Mosaik von unzusammenhängenden Gedankensplittern, Betrachtungen und Stadtgeschichten ohne Anfang und Ende, Pointen und Moral. Das Thema ist unzweifelhaft Basel, aber der Name wird nicht einmal erwähnt, und auch die fiktiven und historischen Figuren treten oft nur unter ihren Initialen auf: Klassiker wie Erasmus, Vesalius und Paracelsus, Isaak Iselin, der fortschrittsgläubige Aufklärer, und Jean Tinguely, der Konstrukteur skurriler Weltmaschinen, aber auch typisierte Stadtbewohner wie die Alchemistin, Alpen- und Kirchenmaler, kauzige Entdeckungsreisende und verschrobene Privatgelehrte. Comenius wird - vermutlich wegen seines Buchs "Das Labyrinth der Welt" - zum Basler ehrenhalber erklärt.

Forte bezeichnet Basel als "idealen Ort" für Geschichtenerzähler, aber er verweigert Geschichten im klassischen Sinne. In seinem Labyrinth tauchen nur selten und flüchtig konkrete, historisch fassbare Ereignisse und Personen auf, dafür umso mehr allegorisch verschlüsselte "Labyrintheure", zeitlos allgemeine Gedanken über das Schöne, Wahre und Gute, über Bücher und Bilder als Formen der Welterklärung. "Erst in der Sprache der Geschichtenerzähler entstehen die Bilder, die die Welt bedeuten, bildet sich die Ordnung der Dinge, denn was nicht benannt ist, existiert nicht. Die Worte erschaffen die Worte, die die Welt darstellen, sie besitzen die Macht, das Labyrinth der Welt, die disparaten und diskontinuierlichen Teile dieses Puzzles, in dem alles gleichwertig und gleich bedeutungslos erscheint, zusammenzufügen und in der Sprache zu gestalten, der Welt den Sinn zu geben, dessen sie bedarf, um nicht nur Chaos zu sein."

Die Sisyphusarbeit macht auch den "Autor" müde und einigermaßen ratlos. Weil nur schon Erzähltes erzählt werden kann, knüpft er aus Mythen und Märchen, litaneihaften Aufzählungen, Bücherkatalogen und großen Fragen ("Was ist der Mensch?") einen "labyrinthischen Bildteppich, der nicht zu deuten" ist. Forte erzählt und wiederholt Geschichten aus zweiter Hand von Adam und Eva bis zu den Märchen aus Tausendundeiner Nacht, übermalt bekannte Bilder aus der Geistes- und Stadtgeschichte mit kryptischen Anspielungen und schwer verständlichen Interpretationen. Nur die fragmentarischen, sinnlosen Geschichten erzählen die ganze "Wahrheit": "Geschichten sind wie Zaubersprüche. Wenn sie wirken wollen, darf man sie gar nicht verstehen".

Hin und wieder erzählt Forte auch, wahr oder nicht wahr, Geschichten, die man verstehen darf; etwa die von dem verrückten Maler Nicodemus Engelein, von der Ermitage in Arlesheim oder vom "Narren vom Kohlenberg". Aber das bleiben Ausnahmen. In diesem Welt- und Bücherlabyrinth gibt es weder Ariadnefaden noch Ausgang; selbst die gelehrten Dispute des Autors mit Scharfrichtern, Bibliothekaren und Predigern führen oft ins Leere. Für Forte ist Gegenwart bestenfalls die schlechte Wiederkehr des Vergangenen, Zukunft ein trügerisches Lockbild, die Kunst der Moderne nur Verfall und babylonische Verwirrung. Der weise Büchernarr und Bildersammler zieht sich melancholisch in Museen und mönchische Ermitagen zurück und träumt vom verlorenen Paradies, der "Geburt der Zeit in der Zeitlosigkeit der erzählten Zeit". Das Lesen und Wiedererzählen uralter, unverständlich gewordener Geschichten ist "die heiterste Art, sich von der Welt zu verabschieden".

MARTIN HALTER

Dieter Forte: "Das Labyrinth der Welt". Ein Buch.

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2013. 258 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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der wunderbare Autor Dieter Forte, der grossartige Bücher über die deutsche Befindlichkeit geschrieben hat, besser als Grass, besser als Walser, mindestens so gut wie Böll. Elke Heidenreich SRF 1, Schweizer Fernsehen 20140422