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Die Erde und wir: Geschichte und Zukunft einer besonderen Beziehung In welcher Beziehung leben wir Menschen tatsächlich zu unserem Planeten? Haben wir immer schon eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, Ökosysteme durcheinandergebracht und ganze Spezies ausgelöscht? Oder ist unser Verhältnis zur Erde vielmehr ein Erfolgsmodell, weil wir Menschen eben nicht nur grausam im Kampf ums Überleben konkurrieren, sondern auch großartig kooperieren können? Der Bestsellerautor Tim Flannery schreibt die faszinierende Geschichte der vielseitigen Beziehung der Menschen zur Erde und zeigt, dass darin der…mehr

Produktbeschreibung
Die Erde und wir: Geschichte und Zukunft einer besonderen Beziehung
In welcher Beziehung leben wir Menschen tatsächlich zu unserem Planeten? Haben wir immer schon eine Schneise der Verwüstung hinterlassen, Ökosysteme durcheinandergebracht und ganze Spezies ausgelöscht? Oder ist unser Verhältnis zur Erde vielmehr ein Erfolgsmodell, weil wir Menschen eben nicht nur grausam im Kampf ums Überleben konkurrieren, sondern auch großartig kooperieren können?
Der Bestsellerautor Tim Flannery schreibt die faszinierende Geschichte der vielseitigen Beziehung der Menschen zur Erde und zeigt, dass darin der Grundstein für unsere biologische, ökonmische und kulturelle Zukunft zu finden ist.
Autorenporträt
Flannery, Tim
Tim Flannery, geboren 1956 in Melbourne, lebt als Wissenschaftler, Forscher und Umweltschützer in Australien. Als Zoologe hat er mehr als dreißig neue Säugetierarten entdeckt. Tim Flannery ist Autor zahlreicher Bücher (bei S. Fischer erschienen der Bestseller 'Wir Wettermacher. Wie die Menschen das Klima verändern und was das für unser Leben bedeutet', 'Auf Gedeih und Verderb. Die Erde und wir: Geschichte und Gegenwart einer besonderen Beziehung' und 'Im Reich der Inseln. Meine Suche nach unentdeckten Arten und andere Abenteuer im Südpazifik' ) und hat viele Dokumentarfilme gedreht. Er war Professor für Zoologie und Direktor des South Australian Museum in Adelaide. Von 2011 bis 2013 war er Head of the Australian Climate Commission.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.12.2011

Die Kakerlaken waren keine Klimasünder

Der Superorganismus als Hoffnungsträger und die ökologische Tugendgemeinschaft im Blick: Tim Flannerys Plädoyer für eine Zukunft mit Gaia.

Wenn alle ökologisch Gestimmten dieser Welt so optimistisch aufgelegt wären wie Tim Flannery, der australische Zoologe und Regierungsberater in Sachen Klima, dann müsste man sich nicht weiter Gedanken machen, was am Ende dieser Woche bei dem klimapolitischen Gezerre in Durban herauskommt. Klimakonferenzen mit annähernd zweihundert Teilnehmerstaaten hält Flannery schon aus spieltheoretischen Erwägungen für Totgeburten.

Wenn der Mensch das Weltklima retten wolle und also verbindliche Beschränkungen für Treibhausgas-Emissionen zu erreichen versuche, müsse das Ziel lauten: so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich Pokerpartner am Tisch. Dass dies nicht geschieht und Flannery dennoch zumindest langfristig keineswegs so schwarzsieht, wie es der zähe Klimakonferenzrummel nahelegt, liegt an einer Überzeugung, die der Autor knapp sechs Jahre nach seinem erfolgreichen Wachrüttelband "Wir Wettermacher" in einem neuen Buch offenlegt: Flannery zeigt sich in ihm als Gaia-Jünger reinsten Wassers. Das ist erstaunlich genug für einen Autor, der sich bisher fast durchweg der naturwissenschaftlichen Empirie bedient und die Poppersche Erkenntnistheorie mit ihrer Verpflichtung auf experimentelle Beweisführung zum Maßstab genommen hat. Aber Karl Popper war mit der Metaphysik als Quelle für neue Ideen und Theorien ja auch gar nicht so streng.

Im Jahr 1972 freilich, als der englische Mediziner und Chemiker James Lovelock in der Fachzeitschrift "Atmospheric Environment" erstmals seine Gaia-Hypothese ausformulierte, in der die Erde als ein lebender, supervernetzter Organismus betrachtet wird, da waren die naturwissenschaftlichen Kollegen erst einmal aus dem Häuschen vor Aufregung. Pseudowissenschaft schimpften sie, "Pop-Ökologie" nannte der Evolutionsbiologe Richard Dawkins die Idee eines pulsierenden geobiochemischen Gesamtkunstwerks Erde. Das hinderte Flannery nicht daran, den Faden einer ganzheitlichen Theorie geschickt aufzunehmen. Sein naturwissenschaftlicher Held ist aber eigentlich nicht Lovelock, sondern Alfred Russel Wallace. Der Evolutionsbiologe formulierte nahezu zeitgleich mit Charles Darwin die Evolutionstheorie. Er versuchte allerdings nicht wie jener, im Tier- und Pflanzenreich systematisch die Puzzleteile zu finden, die seine Auslesethese stützten, sondern wollte die Evolution eher auf der Ebene der Planeten und des Universums verstehen. Für Wallace war die Erde etwas Einzigartiges. Er ließ sich auch von Spiritisten begeistern, was seinen Ruf unter Naturwissenschaftlern jener Zeit nachhaltig beschädigte.

Für Flannery haben Wallace' und Lovelocks Ganzheitlichkeit nichts Esoterisches an sich. Aus der "Superorganismus"-These gewinnt er vielmehr den positivistischen Grundton dieses Buches. Die Bedrohung insbesondere durch den anthropogenen Klimawandel hält er zwar für zivilisationsgefährdend, womit er strenggenommen bereits den naturwissenschaftlichen Konsens verlässt. Aber die Lage sei nicht hoffnungslos. Ihm gefällt die Idee, die Erde könnte am Ende einen Ausweg aus den gegenwärtigen Umweltkrisen finden - dank ihrer inhärenten Bereitschaft zur Selbstregulation bis hin zur ökologischen Selbstreinigung.

Als Leser kann man schnell Gefallen an dem Gedanken finden, dass naturgegebene Mechanismen wie Kooperation ("der Kitt") diese Selbstheilungstendenzen fördern. Solche Hoffnungsgedanken zu wecken ist nichts Schlechtes. Flannery tut das immer wieder. Sein roter Faden dabei ist die Naturgeschichte, insbesondere jene der Gattung Mensch. Er liefert eine, wie er schreibt, "Doppelbiographie" - die des Menschen und der Erde. Als Kulturwesen hat der Mensch den Planeten seit Millionen Jahren verändert und ihn dabei immer wieder schwer gestresst.

Flannery bietet zum Beleg eine Batterie an Beispielen ökologischer Verwüstungen. Der Mensch rottete, kaum dass er die Kontinente bevölkert hatte, zuerst die Großsäuger aus, dann ging er an die Zerstörung der Lebensräume und schließlich begann er "Krieg zu führen", wie Flannery schreibt, nämlich blindwütig gegen sich selbst und gegen die gesamte Natur vorzugehen.

Es geht in dem Buch quer durch das sozioökologische Sündenregister: Überbevölkerung, Verstädterung, Artenschwund, Abholzung, Luftverschmutzung, Ozonloch - nichts wird ausgelassen. In diesem Teil des Buches wird man das Gefühl nicht los, Flannery kann sich von den apokalyptischen Beschreibungen, wie er sie in Jared Diamonds "Kollaps" bemängelt, selbst nicht wirklich distanzieren. So gewaltig kommt der "Störfaktor Mensch" daher, dass man den Organismus Erde nicht beneiden kann um diesen expansiven Parasiten. Das kann eigentlich nicht gutgehen. Bis dann eben der Mensch in Flannerys naturgeschichtlicher Dramaturgie plötzlich nicht mehr als innerer Feind, sondern als Teilhaber des Superorganismus und dessen Aufstieg ins Spiel gebracht wird.

Von nun an greift alles ineinander, gesellschaftlich und - trotz aller sozialen Ungerechtigkeiten, Kriege und energiewirtschaftlichen Irrwege - sogar politisch, so dass der Mensch am Ende zum Hoffnungsträger wird. Streng wissenschaftlich kann Flannery das alles nicht beweisen. Er behilft sich meist mit Analogien. Was vor 190 Millionen Jahren mit dem Zusammenschluss der ersten Kakerlaken zu sozialen Verbänden und schließlich zum hypersozialen Termitenstaat geführt habe, der sich über Millionen Jahre in der Evolution bewährt hat, das sieht Flannery auch für die Zukunft des Menschen als Möglichkeit der langfristigen Fortexistenz. Koordination und Kooperation sind sein Konzept, die "Optimierung von Ökosystemen" sein Credo. Wenn wir endlich anfingen, eine "Tugendgemeinschaft" zu werden, könne Gaia eine "Revolution" und das Ergebnis eine "intelligente Erde" sein.

Die elektronische Vernetzung der Menschen weltweit in sozialen Foren sieht er nicht bloß als demokratische Chance, sondern auch als Kommunikationsstrategie für die konstruktive Fortentwicklung des Superorganismus Erde. Flannerys Pathos hat gelegentlich recht arglose Züge, seine Seriosität leidet unter manchen oberflächlichen Beschreibungen oder Schlampereien, wenn er etwa von der "Rekonstruktion des Mammutgens" statt vom Genom schreibt. Aber bei alledem bleibt sein Buch doch informativ und anregend.

JOACHIM MÜLLER-JUNG.

Tim Flannery: "Auf Gedeih und Verderb". Die Erde und wir: Geschichte und Zukunft einer besonderen Beziehung.

Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 368 S., geb., 22,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Hilal Sezgin hat die Botschaft des Umweltschützers Tim Flannery sehr gern vernommen: Kooperation ist auch in der Natur möglich. Charles Darwin habe recht, wenn er die Evolution als gigantisches Gemetzel schildere, aber auch Alfred Russel Wallace, demzufolge Anpassung und Gleichgewicht mindestens genauso wichtig für die natürliche Entwicklung sind. Sezgin liest gern von der Koevolution, die so viel weniger deprimierend für die Freunde der Natur sei. Mit Interesse hat sie auch vom Prinzip Gaia gelesen, das Flannery wieder als planetarischen Lebenszusammenhang stark machen will, aber ganz überzeugen konnte er die durchaus willige Rezensentin nicht. Sie findet das Konzept zwar sehr sympathisch, aber doch noch sehr "metaphorisch".

© Perlentaucher Medien GmbH