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Von der Schwierigkeit, geistige Arbeit rechtlich zu sichern
Das Copyright ist unter Beschuss. Ob Filesharing oder Google, neue technische Erfindungen und Akteure bringen in Bedrängnis, was einstmals als Wert der geistigen Arbeit rechtlich gesichert worden ist. Doch ist das neu? Monika Dommann zeigt in ihrer fulminanten Studie, dass es schon immer einen Konflikt zwischen Autoren und Apparaten gab. Sie schildert die Entwicklung in den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien und arbeitet an zwei exemplarischen Fällen, Fotokopie und Musikaufnahme, die komplexe Gemengelage der Rechte und…mehr

Produktbeschreibung
Von der Schwierigkeit, geistige Arbeit rechtlich zu sichern

Das Copyright ist unter Beschuss. Ob Filesharing oder Google, neue technische Erfindungen und Akteure bringen in Bedrängnis, was einstmals als Wert der geistigen Arbeit rechtlich gesichert worden ist. Doch ist das neu? Monika Dommann zeigt in ihrer fulminanten Studie, dass es schon immer einen Konflikt zwischen Autoren und Apparaten gab. Sie schildert die Entwicklung in den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien und arbeitet an zwei exemplarischen Fällen, Fotokopie und Musikaufnahme, die komplexe Gemengelage der Rechte und Interessen aller Beteiligten von 1850 bis heute heraus. Ihr Buch zeigt, wie alt die neuen Probleme sind und wie fragil der rechtliche Schutz geistigen Eigentums ist. Ein unverzichtbarer Blick in die Geschichte, um die Gegenwart zu begreifen.
Autorenporträt
Dommann, MonikaMonika Dommann, geboren 1966 in Walchwil, Schweiz, studierte Spanisch in Salamanca, Geschichte und Volkswirtschaft in Zürich und forschte und unterrichtete nach der Promotion an den Universitäten Zürich, Luzern, Basel sowie in Washington, Montreal, Wien und Berlin. Seit 2013 ist sie Professorin für Geschichte der Neuzeit am Historischen Seminar der Universität Zürich.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Monika Dommanns Geschichte des Copyrights hat Philipp Theisohn sichtlich beeindruckt. Die Habilitationsschrift der Historikerin führt ihm die Komplexität dieser Geschichte, in der es keinen "eindeutigen Frontverlauf" gibt, überzeugend vor Augen. Deutlich wird für ihn, dass sich die Vorstellung des geistigen Eigentums im Verlauf der Geschichte zunehmend vom Modell der Autorschaft entfernt hat. Er attestiert Dommann, die diversen Urheberrechtskonkretionen wie zum Beispiel die Zwangslizenz, das Prinzip des "Fair use", die GEMA-Gebühren klug auf ihre gemeinsamen Ursprünge hin zu untersuchen. Auch wenn die Autorin zum Bedauern des Rezensenten keinen "Weg in die Zukunft" aufzeichnen möchte, verweigere sie sich nicht den aktuellen Konflikte und Debatten. Theisohn Fazit: ein Werk, das Orientierung vermittelt bei einem unübersichtlichen, komplexen Thema.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.05.2014

Die Konsumenten übernehmen die Kontrolle
In Monika Dommanns bewegender Geschichte des Copyrights gibt es keinen eindeutigen Frontverlauf
Die Besonderheit des Urheberrechts liegt zweifellos darin, dass an ihm die Scheinhaftigkeit von Rechtsnormen so offen zutage tritt wie in keinem anderen juristischen Bereich. Das gilt zum Ersten für seinen Gegenstand: Die Immaterialgüter, deren Zirkulation sich das Urheberrecht annimmt, sind selbst wieder der Effekt dieses Rechts, welches die unsichtbaren Wanderungen von Ideen und Entwürfen nicht einfach nur sanktioniert, sondern zuallererst sichtbar werden lässt. Grundsätzlich ließe sich eine Gesellschaft denken, die nicht um ein Kulturprodukt ärmer wäre als die unsrige, aber überhaupt keinen Begriff von geistigem Eigentum hätte. Zwingender ist allerdings der Umkehrschluss: Der Schein des Urheberrechts erzeugt eine ganz bestimmte kulturelle Ökonomie – und diese bringt wiederum eine ganz bestimmte Gesellschaft hervor.
  Zum Zweiten aber wird auch das Erscheinungsbild des Urheberrechts selbst durch das Paradox von offenbarer Unbeweglichkeit und klandestiner Dynamik geprägt. Erlebbar ist es uns im Grunde nur als die stets wiederkehrende Konfrontation von Freiheitsapologeten und Traditionsbewahrern, die sich mit den immer gleichen Argumenten beschießen. Wie sich an den jüngeren Auseinandersetzungen um die Google Library oder das Filesharing zeigen lässt, sind diese Argumente sogar auf beiden Seiten der Front nutzbar. Wo insbesondere aus den Reihen der Vertreter einer digitalen Kultur den Verteidigern des bestehenden Urheberrechts vorgeworfen wird, kooperative Arbeitsformen zu blockieren, die Ausbreitung von gesellschaftlich relevantem Wissen zu unterbinden und Monopolismus zu betreiben, verweisen diese – die Rechteinhaber – wiederum auf die Bedeutung von Verlagsarbeit bei der Entstehung von Literatur, auf das Verschwinden wissenschaftlicher Erkenntnisse aus dem öffentlichen Raum und auf die Monopolisten des digitalen Raumes, die mit fremdem Content handeln. Die Austauschbarkeit und Vorhersehbarkeit der Positionen vermittelt den Eindruck einer die Jahrhunderte überziehenden Statik, der auch politische, soziale und technologische Revolutionen nichts anhaben können.
  Dass es sich bei dieser Beharrlichkeit des Urheberrechts jedoch um eine Sinnestäuschung handelt, verdeutlicht eindrucksvoll die Habilitationsschrift der Zürcher Historikerin Monika Dommann. Der Titel „Autoren und Apparate“ ist programmatisch gewählt, denn erzählt wird hier die Geschichte des Copyright als ein sich über mehrere Ebenen ausbreitender Integrationsprozess, in dessen Zug sich die Vorstellung des geistigen Eigentums immer stärker vom Modell der Autorschaft entfernt. Die Unübersichtlichkeit urheberrechtlicher Bestimmungen wird dabei zurückgeführt auf ein sich nach und nach diversifizierendes Setting an Kontrollinstrumenten, von denen jedes seine eigene Geschichte hat. Dommanns Anliegen ist es, diese Geschichten nachzuverfolgen und die Konstellationen aufzusuchen, aus denen so unterschiedliche Urheberrechtskonkretionen wie die Zwangslizenz, das Prinzip des „Fair use“, die GEMA-Gebühren oder die Geräteabgabe hervorgehen. Besonderes Augenmerk legt sie auf die Einbindung der Bild- und Tonmedien, der Fotokopie und der Musikaufnahme. in ein Rechtsgefüge, das in seinen Anfängen neben der Schrift keine weiteren Schutzobjekte kennt.
  Zunächst ist das also eine Mediengeschichte, in der die Verbreitungsmechanismen von Kulturerzeugnissen auf ihre Fähigkeit und Notwendigkeit hin befragt werden, „Persönlichkeit“ zu speichern und zu schützen. Was geschieht eigentlich mit der von Heinrich Bosse berufenen „Werkherrschaft“, wenn die Träger der Kopierfunktion tatsächlich nicht mehr Menschen, sondern Apparate sind, wenn an die Stelle der Schrift als Ausläufer der menschlichen Hand Musikdosen, Schallplatten, Photostaten, Xeroxmaschinen und Magnetbänder treten? Wer mit Dommann in das 19. und 20. Jahrhundert hinabsteigt, der wird Zeuge durchaus bemerkenswerter Diskussionen, in denen abseits aller ökonomischen Fragen das Problem der „Entmenschlichung“ von Kunst eine zentrale Rolle spielt. Der Schutz der Autoren vor den Apparaten wird immer auch von „Affektionsinteressen“ gesteuert, wie die Auseinandersetzung insbesondere um den (bereits von Kittler des Vampirismus bezichtigten) Phonographen und den auf ihm weiterlebenden Stimmen der Toten zeigt. Aber auch in den Frühformen der Kulturindustriekritik, etwa den Invektiven des Brassbandleaders John Philip Sousa gegen die „Konservenmusik“ der Phonoindustrie, tritt dieser anthropomorphe Zug der urheberrechtlichen Verortung von Kunst zutage. Umgekehrt scheint – wenn vielleicht auch etwas dünn skizziert – am Horizont die Frage auf, ob Roland Barthes’ These vom „Tod des Autors“ nicht in Wahrheit eine Aussage über das Ende menschlicher Rechtsfähigkeit im Zeitalter der Fotokopie gewesen ist.
Dass der allmähliche Legitimationsverlust von Autorschaft nicht zuletzt auch mit der Kontrollübernahme des Konsumenten über die Speichermedien zusammenhängt, dass die Manipulierbarkeit von Tonbändern, die private Herrschaft über die Aufnahme- und Löschfunktion das Konzept des „Werkverkaufs“ fundamental unterläuft – das sind keine Erkenntnisse, die erst das Internetzeitalter mit sich gebracht hat. Wer an der Schockwelle zweifelt, die von der Privatisierung der Kopie ausgeht und dann in Konsequenz zur Geräteabgabe führt, der braucht nur einen Blick auf die totenkopfverzierten „Home taping is killing music“-Banner zu werfen, die die Innenhüllen nicht weniger Schallplatten der 60er und 70er Jahre schmücken.
  Der eigentlich historiographische Wert von Dommanns Arbeit liegt indessen in dem Umstand beschlossen, dass sie auch eine Geschichte von Akteuren und Institutionen ist. Dort, wo am Anfang nur das Dreieck von Urheber, Verleger und Nutzer zu sehen ist, nisten sich nach und nach die Besitzer und Hersteller von Apparaten und Medien, die Interpreten und Ingenieure, die Verwertungskollektive und Sendervereinigungen ein. In der Abfolge ihres Auftretens folgen sie einer in dieser Konsequenz bislang selten beobachteten Dialektik, die man allenfalls aus der Frühgeschichte der literarischen Urheberschaft kennt: Zwei einander entgegengesetzte Interessengruppen schließen sich in jenem Moment zusammen, in dem ein neuer Mitspieler die Szene betritt. Solange sich ein kulturindustrieller Zweig wie der der Sprechmaschinenhersteller aufgrund der Schriftlosigkeit seiner Erzeugnisse nicht genötigt sieht, die von ihm vermarkteten Komponisten und Verleger in ihr Urheberrecht einzusetzen, wird er es auch nicht tun. Sobald aber Tonwalzen von Dritten kopiert und verkauft werden, braucht er das geistige Eigentum als Rechtsschutz – und dazu muss er dann die Urheber berücksichtigen, um sich mit ihnen gemeinsam gegen die Usurpatoren zu verteidigen. Die vertrackte Entwicklungsgeschichte des Phonographenrechts ist dabei nur eine von vielen faszinierenden Episoden in diesem Buch, das mit einer ganzen Reihe an überraschenden Details aufwarten kann. (Dass etwa der Siegeszug des Jazz seine Wurzeln in den „Radio wars“ zwischen der Verwertungsgesellschaft ASCAP und der Sendervereinigung BMI findet, dürfte nur den wenigsten bekannt gewesen sein.)
  Man mag beklagen, dass Dommann aus ihrem beeindruckenden Panorama heraus keinen Weg in die Zukunft zeichnen möchte. Gleichwohl verweigert sie sich den zentralen Konflikten nicht, die die Debatten der Gegenwart prägen. Die Sonderstellung wissenschaftlicher Informationsflüsse, die schon im Mikrofilmzeitalter auftretenden Konflikte zwischen amerikanischer Content-Politik und europäischem Personalitäts-Glauben behält sie ebenso im Auge wie die andauernde „Entkolonialisierung“ des Urheberrechts. Wer des ewigen Lamentos über Piraten und Besitzstandswahrer überdrüssig ist und im globalen Dickicht des geistigen Eigentums längst die Orientierung verloren hat – der kann hier etwas lernen.
PHILIPP THEISOHN
Monika Dammann: Autoren und Apparate. Die Geschichte des Copyrights im Medienwandel. S. Fischer, Frankfurt/Main 2014. 432 Seiten, 24,99 Euro. E-Book 21,99 Euro.
Was ist mit der „Werkherrschaft“,
wenn nicht mehr Menschen
kopieren, sondern Apparate?
Im Konflikt: amerikanische
Content-Politik und europäischer
Personalitäts-Glauben
Mit den materiellen Informationsträgern wandelte sich auch das Konzept des Copyright – Werbemotiv für eine Tonband-Bibliothek.
Foto: aus d. bespr. Band
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Die Historikerin Monika Dommann beleuchtet in ihrer dichten, flott formulierten Habilitationsschrift mehrere internationale Schauplätze der höchst verschlungenen Geschichte des Urheberrechts. Neue Zürcher Zeitung 20140924