119,95 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 6-10 Tagen
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

Das Buch von Michael Dorrmann schließt nicht nur eine Lücke in den Forschungen zur jüdischen Unternehmerelite im Deutschen Kaiserreich, sondern leistet darüber hinaus einen Beitrag zur Erforschung des großbürgerlichen Mäzenatentums im 19. und 20. Jahrhundert. Innerhalb dieser mäzenatischen "Bewegung" spielte Arnhold vor allem als Kunstmäzen - genannt sei nur die Villa Massimo als seine bekannteste Gründung -, aber auch durch sein caritatives Engagement und seine Förderung der Wissenschaften eine überragende Rolle.
Aufgrund seiner vielseitigen Neigungen, seiner Beteiligung an zahlreichen
…mehr

Produktbeschreibung
Das Buch von Michael Dorrmann schließt nicht nur eine Lücke in den Forschungen zur jüdischen Unternehmerelite im Deutschen Kaiserreich, sondern leistet darüber hinaus einen Beitrag zur Erforschung des großbürgerlichen Mäzenatentums im 19. und 20. Jahrhundert. Innerhalb dieser mäzenatischen "Bewegung" spielte Arnhold vor allem als Kunstmäzen - genannt sei nur die Villa Massimo als seine bekannteste Gründung -, aber auch durch sein caritatives Engagement und seine Förderung der Wissenschaften eine überragende Rolle.

Aufgrund seiner vielseitigen Neigungen, seiner Beteiligung an zahlreichen Initiativen im Bereich der Kunst- und Wissenschaftsförderung und seiner herausgehobenen Stellung innerhalb des wilhelminischen Wirtschaftslebens eröffnet eine Beschäftigung mit der Person Arnholds neue Einblicke in Rahmenbedingungen und Strukturen mäzenatischen und unternehmerischen Handelns im Kaiserreich.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.05.2003

Alle Gunst
der Welt
Eine Studie über den Mäzen und
Geschäftsmann Eduard Arnhold
Im Januar 1911 platzte Maximilian Harden der Kragen. Er schrieb einen Artikel, wie er giftiger nicht hätte sein können, für seine an giftigen Artikeln nicht eben arme Zeitschrift Die Zukunft. Den Zorn hatte sich ein Industrieller zugezogen, der Anfang des Monats mit dem Wilhelm- Orden, der Ehrenmitgliedschaft in der Königlichen Akademie der Künste und dem Titel eines Senators ausgezeichnet worden war. Und alles nur, so Harden, weil dieser eitle Industrielle „tollkühner Künstlerjugend den Weg in die Freiheit” bahnt, indem er Kunstwerke kauft, Stipendien vergibt und spendet, spendet, spendet.
Der gescholtene Industrielle hieß Eduard Arnhold und war Inhaber der Handelsfirma „Caesar Wollheim”, die dank des Exports oberschlesischer Steinkohle vor der Jahrhundertwende groß geworden war. Arnhold durchlief dort eine mustergültige Karriere vom kaufmännischen Lehrling über den Teilhaber zum Chef. Dieses Leben, schreibt Michael Dorrmann, war eine einzige Erfolgs geschichte. Arnhold ließ es nicht dabei bewenden, Kapital anzuhäufen und zu konsumieren, sondern verschenkte rund ein Viertel seines Vermögens für wohltätige oder künstlerische Zwecke. Von Arnholds durch und durch bürgerlicher Vita kann man lernen, welch verführerischen Klang ein mittlerweile angestaubter Begriff einst hatte: der Gemeinsinn.
Arnholds berühmteste Stiftung, die Villa Massimo, wird gerade umfangreich restauriert und soll noch in diesem Jahr wiedereröffnet werden. Dann wird die „Deutsche Akademie” zu Rom, die Arnhold 1910 errichten ließ und 1914 dem preußischen Staat übergab, abermals ausgewählten jungen Künstlern offen stehen. Rund zwei Millionen Mark ließ sich Arnhold sein römisches Engagement zu Lebzeiten kosten.
Seine Kunstsammlung aus 270 Gemälden und 70 Plastiken füllte rund 200 Quadratmetern seiner Berliner Villa. Böcklins „Prometheus” fand bereits 1883 den Weg dorthin. Michael Dorrmann deutet die mythische Gestalt als „Symbolfigur des technischen Fortschritts” und spekuliert, Arnhold habe in ihr eine „mythische Überhöhung der eigenen Tätigkeit” gesehen. Neben den „Prometheus” platzierte Arnhold Porträts von Kaiser Wilhelm I. und Otto von Bismarck. „Die Kräfte der Industrialisierung wurden so den obersten Repräsentanten des Staats ebenbürtig zur Seite gestellt.”
Verschollenes Bürgertum
Zur Monarchie hatte Arnhold ein durchweg positives Verhältnis. Das einzige Gebiet, auf dem er sich mit dem höchsten Repräsentanten des Staates entzweite, war die Kunst. Mit Einzelspenden von bis zu 100000 Mark unterstützte er zum Leidwesen Wilhelms II den Ankauf von deutschen und französischen Impressionisten durch die Berliner Nationalgalerie. Ein Avantgardist war Arnhold keineswegs, doch seine Entscheidung, in der heimischen Galerie die nationalen Grenzen zu ignorieren und Böcklin neben Manet, Uhde neben Monet zu hängen, hatte das Zeug zum Skandal. Auf subtile und zutiefst bürgerliche Weise opponierte er gegen die Fortsetzung der Machtpolitik auf künstlerischem Gebiet. Nach eigener Auskunft sammelte Arnhold, um durch die „Betrachtung künstlerischen Schaffens aus der Enge des Alltags zu tröstendem Verstehen höheren Menschentums” geführt zu werden.
Zudem war Arnhold davon überzeugt, dass er als „vornehmer Amateur” nicht das Recht habe, Gemälde und Plastiken der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Deshalb stand seine Privatgalerie mehrmals im Jahr dem Publikum offen. Deutlicher ablesbar ist der soziale Charakter am „Johannaheim”, einer „pädagogischen Musteranstalt”. Diese Gründung aus Anlass der Silbernen Hochzeit von Johanna und Eduard Arnhold diente laut Satzung der „unentgeltlichen Erziehung bedürftiger Kinder aus allen Ständen ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses”. Motiviert war sie wohl auch vom jüdischen Gebot der Zedaka, der materiellen Unterstützung Hilfsbedürftiger.
Dorrmann ordnet in seiner mitunter etwas schwerfälligen, aber interessanten und gehaltvollen Dissertation Arnhold dem „Vereinsjudentum” zu. Die „akkulturierten deutschen Juden” hätten eine „neuartige säkulare Identität” entwickelt, indem sie sich besonders für das Gemeinwohl engagierten. Vergolten wurde es ihnen nicht: Von 1933 an war die Villa Massimo plötzlich ein „Sammelbecken jüdisch-kommunistischer Elemente” und das Johannaheim eine „jüdische Privatstiftung”. Schon 1912 hatte der Direktor des Preußischen Historischen Instituts in Rom, Paul Kehr, die „Bibliotheca Hertziana”, deren Kuratorium Arnhold vorstand, als Stiftung einer „alten Jüdin” verunglimpft.
Doppelt vergangen ist die Welt, von der Michael Dorrmann Kunde gibt: Der Holocaust beendete für lange Zeit die Geschichte jüdischen Geisteslebens in Deutschland. Schon im Ersten Weltkrieg starb jene „Arbeitsgemeinschaft aus Wirtschafts- und Bildungsbürgertum”, die ihr mäzenatisches Engagement als moralische Pflicht begriff – auch deshalb, weil auf diesem Wege die geringe Besteuerung hoher Vermögen ausgeglichen und eine Nähe zum Monarchen hergestellt werden konnte. Bis heute gilt dieser Gemeinsinn als verschollen.
ALEXANDER KISSLER
MICHAEL DORRMANN: Eduard Arnhold (1849-1925). Eine biographische Studie. Akademie Verlag, Berlin 2002. 414 Seiten, 74,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Für Alexander Kissler ist diese biografische Skizze des Geschäftsmanns und Mäzens Eduard Arnhold nicht zuletzt die Wiederentdeckung einer "etwas angestaubten" Tugend, nämlich des "Gemeinsinns". Er stellt bei der Lektüre fest, dass Arnhold rund ein Viertel seines Vermögens für soziale oder künstlerische Zwecke ausgegeben hat, wobei die Villa Massimo wohl die bekannteste Stiftung Arnholds darstellt, so der Rezensent beeindruckt. Obwohl er überzeugter Monarchist war, unterstützte er mit seinen Mitteln auch den Ankauf französischer Impressionisten durch Berliner Museen, stellt Kissler dar. Er findet die Biografie zwar mitunter etwas "schwerfällig" geschrieben, doch insgesamt lobt er sie als "interessant und gehaltvoll".

© Perlentaucher Medien GmbH