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Den Kulten des kaiserzeitlichen Sparta hat sich die religionsgeschichtliche und althistorische Forschung bislang kaum zugewendet. Welche der gut neunzig Heiligtümer Spartas, die Pausanias im 2. Jahrhundert vermerkt, spielten im öffentlichen Leben dieser Zeit eine wichtige Rolle, welche nicht? Welche Götter verehrte man in welchem Ausmaß, mit welchen Riten? Wie war das kultische Leben überhaupt organisiert? Diese und weitere Fragen, die bisher noch nicht einmal gestellt worden waren, werden in dem Buch von A. Hupfloher hauptsächlich anhand der epigraphischen Quellen beantwortet. Daher wird…mehr

Produktbeschreibung
Den Kulten des kaiserzeitlichen Sparta hat sich die religionsgeschichtliche und althistorische Forschung bislang kaum zugewendet. Welche der gut neunzig Heiligtümer Spartas, die Pausanias im 2. Jahrhundert vermerkt, spielten im öffentlichen Leben dieser Zeit eine wichtige Rolle, welche nicht? Welche Götter verehrte man in welchem Ausmaß, mit welchen Riten? Wie war das kultische Leben überhaupt organisiert? Diese und weitere Fragen, die bisher noch nicht einmal gestellt worden waren, werden in dem Buch von A. Hupfloher hauptsächlich anhand der epigraphischen Quellen beantwortet. Daher wird jeder, der sich zukünftig mit der Thematik beschäftigt, dieses Werk zur Kenntnis nehmen müssen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.06.2001

Siebzehn Ämter, kein graues Haar
Gar nicht spartanisch: Annette Hupfloher analysiert die Priesterämter der römischen Kaiserzeit

Wie die einleitend skizzierte Forschungsgeschichte dokumentiert, hat sich die Verfasserin in ihrer Münchner althistorischen Dissertation einer lange vernachlässigten Thematik zugewandt. Zwar haben einzelne religiöse Phänomene Spartas - wie das Peitschenritual am Altar der Artemis Orthia, das schließlich zur Touristenattraktion degenerierte - auch noch die moderne Spezialforschung fasziniert, doch ein wissenschaftlich fundiertes Gesamtbild der aktiven Kulte in der römischen Kaiserzeit fehlte. Prämissen der Untersuchung waren einmal die dynamische Entwicklung von Ritualen, zum anderen die "zeitlich variierende Zusammensetzung des lokalspezifischen Pantheons", die eine primär historische Forschungsmethode nahelegte.

Auf dem Weg über die Ermittlung der sicher nachgewiesenen Priesterämter und die Klärung von deren Funktionen konnte erhofft werden, die in jener Epoche aktiven Kulte zu erfassen. Als Hauptquelle stand dafür neben den Inschriften die einschlägige Partie von Pausanias' "Reisen in Griechenland" zur Verfügung, in geringerem Umfang auch archäologische Zeugnisse und Münzbilder. Die Inschriften erwähnen im Zeitraum zwischen der Mitte des ersten und jener des dritten Jahrhunderts nach Christus insgesamt immerhin rund sechzig Personen, die etwa dreißig verschiedene Priesterämter bekleideten. Priorität besaßen für Hupflohers Analyse dieses Materials vor allem religionssoziologische und geschlechtsspezifische Fragen, wobei auch die Verwaltung der Kulte, die Bedeutung der Familienzugehörigkeit von Priestern und Priesterinnen und die Vererbung von Ämtern überprüft wurden.

Von den vierunddreißig sicher bezeugten Kulten ist der Kaiserkult zwischen hadrianischer und konstantinischer Zeit mit sechzehn Priestern am häufigsten vertreten. Darauf folgt der Demeterkult im Eleusinion, der etwa sieben Kilometer südwestlich der Stadt gelegenen Kultstätte, die von archaischer Zeit bis in die Spätantike frequentiert wurde, mit vierzehn Personen, mit deutlichem Abstand erst die Dioskurenkulte mit deren sieben. Auffallend bleibt dagegen die geringe Zahl von Zeugnissen für so traditionsreiche Kulte der klassischen Zeit wie Artemis Orthia, Athena Chalkioikos oder Apollen in Amyklai.

Unter den hier dominierenden, geschlechtsspezifischen Kriterien ist bemerkenswert, daß im Kaiserkult - im Unterschied zu Städten Kleinasiens - nur Männer als Priester fungierten. Zu Recht wird auf die hohen Aufwendungen hingewiesen, die mit dieser Funktion verbunden waren, aber auch auf das große Prestige, das sie verlieh. Die Hypothese, daß der Kult in Sparta anfangs durch die Familie des Eurykles stimuliert wurde, erscheint durchaus plausibel. Erfreulicherweise wird für diesen Komplex nicht nur, wie stets, eine umfassende, präzis belegte Liste der beteiligten Personen aufgestellt, sondern auch eine weitere der damit zu verbindenden Kultobjekte (Statuen, Altäre, Ehrenmonumente), die den Vorrang persönlicher Bezüge gegenüber pauschalen Loyalitätsakten bezeugen.

Das besondere Augenmerk der Autorin galt jenen Priesterämtern, die von Frauen besetzt wurden. Insgesamt sind hier neunzehn Priesterinnen und eine Seherin erfaßt, daneben werden jedoch auch die verschiedenen Mädchenkollegien besprochen. Da die Mehrzahl der Frauen im Kult der Demeter und Kore im Eleusinion tätig war, werden die Befunde dieses Kultplatzes eingehender erörtert. Offensichtlich war das dortige Kultpersonal sehr differenziert: Neben einer Priesterin, die ihr Amt in Erbfolge lebenslang versah, begegnen vor allem "Bankettleiterinnen", doch auch junge Mädchen im Dienste der Gottheit.

So eindeutig bei all dem die weiblichen Aktivitäten überwiegen, so wird dort festgehalten, daß Männer weder vom Heiligtum noch von dessen speziellem Fest ausgeschlossen waren. Zwischen den beiden Polen des Kaiserkults und des Eleusinions liegen die Priesterämter der verschiedenen, sehr aktiven Dioskurenkulte, die von Frauen wie Männer, zum Teil nebeneinander, bekleidet wurden. Es ist ein wichtiges Ergebnis der Studie, "daß die meisten Priesterämter im kaiserzeitlichen Sparta sowohl geschlechtsunabhängig als auch im Erbgang besetzt wurden".

Von den verschiedenen Schwerpunkten des Buches sei schließlich noch das Phänomen der individuellen Anhäufung von Priesterämtern erwähnt, die immerhin in vier Fällen nachgewiesen ist: So war Sextos (Pompeios) Eudamos, der mindestens siebzehn Priesterämter versah, wohl gewiß "der meistbeschäftigte aller Priester im kaiserzeitlichen Sparta". Neben ihm steht ein Geschwisterpaar aus der Familie der Tib. Klaudioi, das es auf sechs Einzelfunktionen brachte, sowie Poponia Kallistonike, die gleichfalls diese Anzahl erreichte. Es leuchtet ein, wenn die Autorin diese Erscheinung mit der Erhaltung und Pflege von Heiligtümern und Kultstätten in verlassenen Siedlungen in Verbindung bringt.

Hupflohers Studie zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Material- und Literaturkenntnis aus, durch ihren klaren Stil wie ihre strenge Logik. Die Verfasserin erörtert schon selbst prophylaktisch mögliche Gegenargumente gegen ihre Auffassungen; gelegentlich geht sie fast zu behutsam vor. Insgesamt gesehen entstand hier nicht nur eine subtile Spezialuntersuchung, sondern zugleich ein grundlegendes Werk.

Doch so unbestreitbar die erzielten neuen Erkenntnisse sind, so eindeutig sich die Methode bewährt hat, die die Verfasserin nun auch auf die sehr viel komplexeren Befunde Athens anwenden will, die Grenzen solcher und ähnlicher Unternehmungen sollten stets bewußt bleiben: Die Einzelergebnisse wie das lokale Gesamtbild erfassen lediglich gleichsam die Oberfläche des religiösen Lebens. Weder die Intensität der religiösen Überzeugungen noch die Verbindlichkeit der verschiedenen Kulte für das Leben des einzelnen lassen sich auf diesem Wege ermitteln. Ob sich historische religiöse Realität gerade in den Spätzeiten einer Kultur überhaupt je adäquat ergründen läßt, bleibt eine offene Frage.

KARL CHRIST

Annette Hupfloher: "Kulte im kaiserzeitlichen Sparta". Eine Rekonstruktion anhand der Priesterämter. Akademie Verlag, Berlin 2000. 245 S., 1 Lageskizze, geb., 148,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Karl Christ stellt eine althistorische Dissertation vor, die Grundlagenforschung in Bezug auf die aktiven Kulte der römischen Kaiserzeit betreibt. Das besondere Augenmerk der Autorin habe dabei der geschlechtsspezifischen und religionssoziologischen Fragestellung gegolten, schreibt Christ: Hupfloher habe herausgefunden, dass der Demeterkult ausschließlich von Frauen, der Kaiserkult wiederum nur von Männern ausgeübt wurde, während die meisten anderen aktiven Kulte von Priestern beider Geschlechter versehen wurden. Die Studie zeichnet sich durch eine klare und strenge Logik sowie Material- und Kenntnisreichtum aus, lobt der Rezensent. Manchmal erscheint ihm die Autorin zu vorsichtig, indem sie Gegenargumente schon vorweg nimmt und diskutiert. Unbestreitbar ein Grundlagenwerk, meint Christ, und doch lasse sich über eine solche Arbeit die tatsächlich gelebte und gefühlte Religiosität des Einzelnen in jener Epoche kaum ergründen.

© Perlentaucher Medien GmbH