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haberlei
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 354 Bewertungen
Bewertung vom 01.10.2025
Conrad, J. P.

Giraffenmord


ausgezeichnet

Mord in einer „reizenden“ Familie

„Giraffenmord“ von J.P. Conrad, das sind 100 Seiten geballter Spaß.

Schon der Titel, das Foto und der Klappentext versprechen Situationskomik, und ich wurde nicht enttäuscht. Ich habe mich königlich amüsiert. Über die Ereignisse, den Schreibstil, die Protagonisten.

Der Tag ihrer Urlaubsrückkehr steht unter keinem guten Stern. Martin und Evelyn sind an diesem Tag vom Pech verfolgt. Das Gepäck ging verloren. Den Haustorschlüssel haben sie vergessen. Glücklicherweise gibt es eine Putzfrau, die zu Hilfe eilt. Endlich im Haus, finden sie im Wohnzimmer einen Unbekannten. Tot auf dem nunmehr blutig besudelten Teppich. Und die größte Sorge von Evelyn: „Wie soll ich denn jemals diesen Fleck aus dem Teppich bekommen?“

Sätze wie diesen gibt es wie Sand am Meer, herrlich witzige Dialoge, auch böse, bissige Gedanken. Zum Beispiel schaut Martin seiner Frau nach, mit Blick auf den Hintern, und denkt, dass früher alles besser war. In dieser Tonart läuft es weiter. Ich bin aus dem Schmunzeln und Lachen gar nicht mehr rausgekommen. Alle kriegen ihr Fett ab, nicht nur Martins Kommentare und Gedanken sind ätzend und spöttisch.

Denn so nach und nach trudeln die diversen Familienmitglieder ein – Bruder, Mutter, Sohn und Schwiegertochter -, eine Person origineller gezeichnet als die andere. Dazu die Deutsch radebrechende Haushaltshilfe, zwei mehr oder weniger überforderte Polizisten. Mit jeder dazu kommenden Person wächst die Konfusion. Es werden Tatmotive und Tatabläufe diskutiert, Streitgespräche geführt und es wird zusehends chaotischer. Am amüsantesten sind die Dialoge, wie die Menschen auf den Ermordeten reagieren, wie wenig schockiert sie sind, ihnen das familieninterne Hick-Hack wichtiger ist. Und die Leiche - die verkommt zur Nebensache. Diese „liebe“ Familie attackiert sich kreuz und quer verbal, bissig, boshaft, lieblos. Sympathiepunkte erzielen sie alle miteinander nicht. Aber sie haben mich bestens unterhalten. Die Lösung überrascht, ist aber nachvollziehbar und, für mich jedenfalls, sehr zufriedenstellend.

Ich habe das Büchlein in einem Sitz ausgelesen und bedauert, wie schnell ich am Ende angelangt war. Gerne möchte ich mehr von diesem Autor lesen. Eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Punkte.

Bewertung vom 01.10.2025
Blunck, Timo

Ein kleines Lied über das Sterben


sehr gut

Pass auf Junge, sie frisst dich auf … (aus dem Song „Maneater“, übersetzt)

„Ein kleines Lied über das Sterben“ von Timo Blunck zu lesen, hat sich letztlich als Herausforderung für mich herausgestellt, obwohl das Cover „eine grandiose Zumutung voll abgründigem Humor“ ankündigt. Der Klappentext klang für mich zwar nicht total harmlos, immerhin ist von brutalem Mord und zerstörerischen Leidenschaften die Rede, aber all das ließ nicht erahnen, was mich erwarten würde.

Abgesehen von den Splatter-Passagen bot der Roman ein vielseitiges aktuelles Gesellschaftsbild, inklusive Nazi- und LGBTIQ+-Szene. Der Schreibstil liest sich locker und flott, ist schwarz-humorig, unterhaltsam durch schräge Situationskomik, sowie witzige Dialoge. Es sind die Kontraste, die Perspektivenwechsel zwischen Grauen und scheinbarer Normalität (denn die Protagonisten sind alle irgendwie speziell), die eine Achterbahn der Gefühle verursachen. Auch wenn man mit den Opfern nicht unbedingt sympathisiert, bangt und leidet man mit ihnen mit. Spannung und Action dominieren, meine Lieblingsszenen waren jedoch jene aus Sicht der Hündin Knef, die für mich sowieso die Heldin des Romans darstellt.

Alle Protagonisten sind eigenwillige bis eigenartige Personen und entsprechend markant gezeichnet. Als Mordermittler agiert Tom, ein Ex-Kommissar, mittlerweile abgesackt und kokainsüchtig, der sich aber als ein Mensch mit Charakter entpuppt, das zeigt allein schon, wie fürsorglich er die Hündin Knef behandelt. Mit der Schutzpolizistin Maja bildet er ein effizientes Team, das in einem dramatischen Finale der Täterin das Handwerk legen kann.

Es war zwar kein ungetrübtes Lesevergnügen für mich, aber trotzdem hat mich die Lektüre insoweit gefesselt, dass ich auch nicht aufhören wollte zu lesen. Somit möchte ich das Buch zwar empfehlen, aber nur Menschen, die mit abstoßenden, blutrünstigen und extremen Gewaltszenen kein Problem haben.

Bewertung vom 26.09.2025
Kruse, Tatjana

Mumien morden mittwochs nie


ausgezeichnet

Gruselig-spaßige Situationskomik par excellence

Tatjana Kruse ist wieder einmal eine köstliche Geschichte eingefallen, die unheimlichen Spaß macht und gleichzeitig auch gruselig und spannend ist.

Bereits das Cover und der Titel „Mumien morden mittwochs nie“ wecken die Neugier auf das 2025 erschienene Buch. Die Handlung umfasst den Zeitraum eines Tages, vor allem der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag.

Dabei beginnt es so seriös mit der Eröffnung einer Museums-Ausstellung mit sensationellen ägyptischen Artefakten. Doch die Pressekonferenz endet mit einem Fiasko und einer übel zugerichteten Leiche. Für Dr. Apollonia Obermoser, kurz Polly, Expertin für Ägyptologie, ist es ein verhängnisvoller Unfall, doch schnell verbreitet sich das Gerücht, dass auf den Museumsstücken ein Fluch der Mumie haftet. Dabei gibt es nur einen leeren Sarkophag und gar keine Mumie, wie Polly immer wieder betont. Die Polizei wird eingeschaltet, ermittelt, schließlich verlassen alle das Museum bis auf eine Handvoll Personen.

Ab nun geht es Schlag auf Schlag. Es bleibt nicht bei einem Ermordeten. Das Sicherheitssystem des Museums bricht zusammen, der Lockdown-Modus aktiviert sich - sie sind eingeschlossen, kein Kontakt zur Außenwelt ist mehr möglich. Als auch noch der Strom ausfällt, wird es richtig schaurig. Und gefährlich. Denn einer unter ihnen ist ein Mörder, weiß Polly, die natürlich nicht an die Mumien-Theorie glaubt. Gemeinsam mit Daphne, der Tochter der Museumsbesitzerin, macht sich Polly so ihre Gedanken, wer der Mörder sein könnte. Wunderbar zum Miträtseln. Die Art und Weise, wie alles beschrieben ist, angefangen von den speziellen Figuren, erzeugt lebhaftes Kopfkino: die Stimmung und Atmosphäre, die seltsamen Ereignisse, rätselhaften Wahrnehmungen, vieles wirkt total abstrakt, schaurig, all die aberwitziger Szenen, und dann noch Cliffhanger, die schockieren, den Atem stocken lassen. Man hat das Gefühl, sich selbst durch die grünschimmernde Dunkelheit zu tasten. Fürchtet sich mit, bangt um Polly und Daphne. Will das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Das Ende – spektakulär und total überraschend!

Ich habe diese Lesestunden genossen, den Ideenreichtum, die Fantasie und die Wortschöpfungen und Wortspiele, wurde einfach bestens unterhalten. Morden kann so lustig sein! Eine unbedingte Leseempfehlung meinerseits mit 5 Sternen!

Bewertung vom 20.09.2025
Evans, Virginia

Die Briefeschreiberin


ausgezeichnet

Ein Leben voller Briefe

Virginia Evans‘ 2025 erschienener Debutroman „Die Briefeschreiberin“ (Originaltitel: The Correspondent) beinhaltet eine berührende Lebensgeschichte in Briefform.

Die Handlung entwickelt sich prinzipiell chronologisch, beginnend mit einem Brief vom Juni 2012 bis zur letzten Nachricht vom Jänner 2022. Die Briefschreiberin Sybil van Antwerp, 73, eine Juristin im Ruhestand, geschieden und allein lebend, hat seit frühester Jugend Briefe verfasst. An Freundinnen, Verwandte, aber auch an Prominente, wie Autoren, wenn ihr z.B. ein Buch gut gefiel. Was auch immer ihr am Herzen liegt, was sie zu erledigen hat, sie greift lieber zur Füllfeder und Briefpapier als zum Telefonhörer. E-Mails schreibt sie nur, wenn es nicht anders geht. Schreiben ist ihr ein Bedürfnis. Sie behauptet von sich selbst: „Die Briefe sind das, was mich ausmacht.“

Es ist zwar ein chronologischer Schriftwechsel, aber kein kontinuierlicher. Es ist quasi eine Auswahl der aussagekräftigsten Briefe, jener Briefe, die Sybils Charakter, ihr Umfeld und ihr Leben wiedergeben. Es sind Briefe sowohl an und von Personen, die ihr nahestehen, als auch an und von Menschen, die sie persönlich nicht kennt, denen sie aber etwas mitteilen will oder von denen sie etwas braucht oder die sie kontaktieren. Der Schreibstil liest sich angenehm, doch thematisch etwas sprunghaft. Die Vielzahl der Korrespondenzpartner verwirrt anfangs etwas. Da ist das Personenverzeichnis hilfreich bzw. habe ich eben öfters zurückgeblättert. Doch Seite um Seite versank ich mehr in Sybils abwechslungsreichem Leben, das ihr trotz des hohen Alters noch so einiges an Überraschungen zu bieten hat.

Brief um Brief erfährt man immer mehr über Sybil – über die Facetten ihres Charakters, der einerseits davon geprägt ist, dass sie als Kind adoptiert wurde, andererseits von einem schwerwiegenden Schicksalsschlag, einer Schuld, die sie jahrzehntelang tief in sich verborgen hatte, die sich auch auf ihre familiären Beziehungen auswirkte. In Rückblicken erzählt sie von ihrer Kindheit, Berufstätigkeit und Ehe. Man lernt ihre Kinder kennen und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen. Obwohl man auch ein charakterliches Bild ihres Umfelds gewinnt, so steht dennoch eindeutig Sybil im Mittelpunkt, die Tiefe ihrer Gefühle, ihr Wesen, ihre Entwicklung im Laufe des Romans. Sybil ist eine Frau, die sich durchzusetzen vermag, die hartnäckig ihre Ziele verfolgt, die Selbstständigkeit schätzt und der die nahende Erblindung Angst macht. Sie sagt bzw. schreibt stets offen, was sie denkt, dabei aber manchmal andere verletzt. Nachdenklicher geworden, erkennt sie letztlich in der Vergangenheit begangene Fehler, strebt Vergebung und Versöhnung an.

Der Autorin ist ein bemerkenswerter Roman gelungen, zweifelsfrei empfehlenswert. Abgesehen vom berührenden Inhalt, denkt man sich wehmütig, wie schade es eigentlich ist, dass es aus der Mode gekommen ist, handschriftliche Briefe zu verfassen. Nichts ist persönlicher, ein besonderer Schatz voller Gefühle, und sie strahlen einen ganz besonderen Zauber aus.

Bewertung vom 13.09.2025
Neuwirth, Günter

Vogelstimmen


ausgezeichnet

Eine albtraumhafte Zukunftsvision

„Vogelstimmen“ von Günter Neuwirth, ist ein niveauvoller politischer Roman, spannend, philosophisch, aufrüttelnd.

Als begeisterte Leserin von Günter Neuwirths historischen Triest-Krimis hat es mich brennend interessiert, ein anderes Genre aus seiner Feder zu lesen. Und es wurde eine interessante Erfahrung. Denn dieses Buch, das 2024 erschien, ist ausgesprochen vielseitig, punkto Thematik und Sprache sehr anspruchsvoll und herausfordernd, u.a. wenn es um philosophische Gespräche zwischen Wissenschaftlern geht, wo zwangsläufig auch Fachausdrücke fallen. Der Roman ist mit weitreichendem Fachwissen verfasst, sprachlich nuanciert. Andererseits gestaltet sich die riskante Reise der Protagonisten entlang der Westküste Afrikas als äußerst spannend. Der gesamten Handlung liegt zudem eine brisante politische Lage zugrunde. In Europa brodelt es, Länder schotten sich ab, Umweltschützer werden wie Terroristen behandelt. All die Themen, die uns tagtäglich bereits heutzutage unter den Nägeln brennen, wie Klimaveränderung, Überbevölkerung, Völkerwanderung, Raubbau an der Natur und Rohstoffen, Ausländerfeindlichkeit, gefährdete Demokratie, Gewaltherrschaft, Krieg und Frieden, u.v.a.m. bilden den Hintergrund für den Roman.

Im Hinblick auf das Szenario, das im Übrigen in der nicht allzu fernen Zukunft angesiedelt ist, mutet das Cover seltsam lieblich an und der Titel befremdlich. Doch Rémy, einer der Hauptprotagonisten, ist Ornithologe, der seit frühester Jugend die Gesänge der Vögel erforscht. Gewissermaßen ziehen sich seine Erkenntnisse und Fähigkeiten, über die nicht so mit der Natur verbundene Menschen nicht mehr verfügen, als roter Faden durch den Roman. Die zweite Hauptperson ist Verena, Mathematikerin und Informatikerin, im wissenschaftlichen Umweltschutz aktiv. Sie wurde beauftragt, wichtige, in einer Forschungsstation am Südpol gesammelte Daten nach Europa zu bringen. Sie strandet wie Rémy in Senegal. Er folgt Zugvögeln zurück nach Europa, den Gartengrasmücken, sie muss die Daten retten. Gemeinsam mit zwei anderen Mitgliedern der Umweltschutzorganisation Blue Marble haben sie eine entbehrungsreiche und gefahrvolle ca. 3.000 km lange Autofahrt an Afrikas Westküste zu bewältigen.

Der stetige Perspektivenwechsel, auch zu Protagonisten, die sich in Europa befinden – den Gitarristen Alwin und die australische Straßenmusikerin Karlene, die sich in Spanien kennenlernen, sowie Harald und Katja, die in London am eigenen Leib gewaltsamen Aktionen ausgesetzt sind – gestalten die Handlung tempo- und abwechslungsreich, und steigern die Spannung. Man fiebert mit den Figuren mit. Eine Zukunftsvision, beklemmend, inklusive verstörender Denk- bzw. Lösungsansätze, doch mit der hoffnungsvollen Ansage am Ende des Buches: „Selbst wenn die halbe Welt da draußen verrücktspielt … wir kämpfen mit den Mitteln der Vernunft und der Empathie …“

Die Charaktere wirken lebendig und authentisch, weisen Stärken und Schwächen auf und zeigen Emotionen. Vor allem machen sie im Laufe der Reise eine Entwicklung durch. Sowohl Rémy, der mit der Natur Verbundene, als auch die kühle, von Vernunft geprägte Verena, sind Einzelgänger und haben Probleme, zwischenmenschliche Beziehungen zu knüpfen. Doch letztlich finden sie nicht nur in Liebe zueinander, sondern erkennen auch den Wert von Freundschaften.

Mich hat die Lektüre jedenfalls gepackt, nicht nur die spannenden Erlebnisse der Protagonisten, sondern generell die zugrundeliegende Thematik, die nachdenklich stimmt und zu Diskussionen anregt. Von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung! 5 Sterne.

Bewertung vom 12.09.2025
Sauer, Hardy

Gaditanos


ausgezeichnet

Kriminelles Cadiz

Mit „Gaditanos“ ist Hardy Sauer ein spannungsreicher Debutroman gelungen.

Kurz zum Inhalt:
Ein amerikanischer Tourist kommt bei einem Unfall ums Leben. Auf den ersten Blick ist es ein Unfall, auf den zweiten Mord. Sein Umfeld ist mysteriös. Die Kriminalbeamtin Yolanda hat in der Folge nicht nur mit äußerst gefährlichen kriminellen Machenschaften zu tun, sondern gerät auch in eine familiäre Zwickmühle.

Ganz ehrlich, obwohl rot eine Signalfarbe ist, mich hätte das Cover nicht angesprochen, aber der Titel hat mich neugierig gemacht. Das Buch erschien 2025. Die Kapitel sind eher kurz gehalten, die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart und umfasst einen Zeitraum von vier Tagen. Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich. Man ist sofort mitten in der Geschichte, braucht allerdings einige Zeit, um den Überblick über die Vielzahl der Personen zu gewinnen. Das Lokalkolorit wird gut vermittelt, allein schon sprachlich durch spanische Ausdrücke, aber auch durch landschaftliche Beschreibungen, Besonderheiten wie den Küstennebel. Der im Buch vorhandene Stadtplan ist leider zu winzig, kaum lesbar, der QR-Code gut gemeint, aber auch umständlich.

Der Krimi ist exzellent aufgebaut, vom Anfang bis zum Ende spannend. Erzählt wird aus drei Perspektiven: aus Sicht von Yolanda, der Kriminalinspektorin, Arnou, einem Kleinganoven, und Jamie, einer Profikillerin. Durch diese stetigen Wechsel lernt man einerseits die agierenden Personen näher kennen, andererseits gestaltet sich die Handlung dadurch abwechslungs- und temporeich. Die Spannung bleibt stets auf hohem Niveau. Immer wieder ergeben sich auch brenzlige Situationen, actionreiche Szenen. Der Fall gestaltet sich zusehends komplexer. Wer agiert mit- oder gegeneinander? Unerwartete Wendungen überraschen einen immer wieder. Bis zum Ende, das zwar so einiges klärt, aber eindeutig auf eine Fortsetzung hinweist.

Was die Personen anbelangt, so gibt es kein „Schwarz“ und „Weiß“, sondern facettenartige Grautöne in der Charakterisierung, so hegt man durchaus Sympathie für eine Killerin, und die Polizistin handelt ebenfalls nicht immer ganz gesetzeskonform. Generell sind alle, ob gut oder böse, gut vorstellbar beschrieben, manche mehr, manche weniger ausführlich. Insbesondere die beiden Frauen, Yolanda und Jamie bestechen durch (wenn auch seitens Jamie eher kriminelle) Energie, Einfallsreichtum und Durchhaltevermögen. Beide sind in Kampftechniken bestens ausgebildet. Yolanda punktet auch mit Familiensinn und Emotionen. Arnou und Nacho, sind clever und wahre Freunde.

„Gaditanos“ war ein Pageturner, beinhaltete alles, was ich mir von einem Krimi erwarte: eine gewisse Undurchsichtigkeit der Hintergründe, prickelnde Spannung und actionreiche Szenen, sympathische Protagonisten und ein ansprechendes Lokalkolorit. Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung und 5 Sterne.

Bewertung vom 12.09.2025
Gesing, Daniela

Mord im Wattenmeer


ausgezeichnet

Femkes 1. Fall

„Mord im Wattenmeer“ von Daniela Gesing ist der Auftakt zu einer neuen Reihe.

Kurz zum Inhalt:
Femke Janssen finanziert sich ihr Studium, indem sie Ferienhäuser putzt. Als sie eines Tages eine Tote vorfindet, weckt dies ihre detektivischen Ambitionen.

Das Cover stimmt auf die Nordseeküste ein. Das Buch erschien 2025. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart. Die Kapitel sind kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Der Schreibstil ist flüssig, locker, mit anschaulich beschriebenem Lokalkolorit.

Durch die Perspektivenwechsel – einerseits begleitet man Femkes Recherchen, andererseits werden die polizeilichen Maßnahmen geschildert – entwickelt sich die Handlung abwechslungs- und spannungsreich. Es fehlt nicht an Gefahrenmomenten, auch an Verdächtigen mangelt es nicht. Ein Krimi optimal zum Miträtseln. Noch dazu spielt ein vor Jahren verübter Juwelenraub eine Rolle. Selbst die Abschnitte aus Sicht des Täters lassen einen bis zum Schluss im Dunkeln tappen. In Teamarbeit – ein paar Zufälle helfen auch mit - gelingt es schließlich Femke und Lasse, den Täter zu fassen. Die Lösung hat mich, obwohl ich auch diese Person kurz in Verdacht hatte, dennoch überrascht.

Der Kreis der relevanten Personen ist überschaubar und durchwegs sehr sympathisch, auch lebendig und anschaulich gezeichnet. Allen voran Femke, Kommissar Lasse Andersen, ihr (Ex-)Freund, die Gerichtsmedizinerin Ebba Dierksen und Femkes alte Nachbarin Grete Flottbeek. Sie bilden ein gutes Team. Das Private ist stimmig mit der Krimihandlung und dem Lokalkolorit verwoben. Die zarte Beziehungsstory ist das Tüpfelchen auf dem i, und da interessiert es mich schon sehr, wie es mit den beiden weitergeht.

Eine ebenso unterhaltsame wie spannende, empfehlenswerte Lektüre. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 10.09.2025
Ehrensberger, Martin

Kommissar Aiwanger


ausgezeichnet

Auch Volksfeste können tödlich enden

„Kommissar Aiwanger – Prost, du Sack“ von Martin Ehrensberger ist ein ebenso spannender wie vergnüglicher Regionalkrimi mit einem originellen Ermittler-Duo.

Kurz zum Inhalt:
Ein Mann bricht bei einem Volksfest tot zusammen. Plötzlicher Herztod!? Kriminalhauptkommissar Hubert Aiwanger und Frida Karlsson-Konrad entdecken ähnliche rätselhafte Todesfälle …

Das Cover mit dem Karussellpferdchen stimmt auf den Volksfestschauplatz ein. Das Buch erschien 2025. Die Kapitel haben eine angenehme Länge. Der Krimi spielt im Sommer 2022. Durch die Orts- und Zeitangaben findet man sich bei den Perspektivenwechsel und Rückblenden gut zurecht. Die Dialoge sind humorvoll, generell liest sich der Krimi locker und flott. Das Lokalkolorit und die Atmosphäre bei Volksfesten sind anschaulich eingefangen.

Ich kam rasch in die Geschichte hinein und hatte so meinen Spaß an den Dialogen zwischen den so gegensätzlichen Ermittlertypen, dem älteren wohlbeleibten Bayern und der jungen, sportlichen Norddeutschen, sowie dem bayrischen Umfeld. Abgesehen von dem unter rätselhaften Umständen bei einem Volksfest Verstorbenen, macht vor allem auch der zweite Handlungsstrang den Krimi interessant und sehr spannend. Wer ist diese unbekannte Person und welcher Zusammenhang besteht zu den Mordfällen? Die Perspektivenwechsel durchziehen den gesamten Roman und halten die Spannung bis zuletzt am Köcheln. Diverse unerwartete Wendungen bieten viel Raum zum Miträtseln. Bis nach einem turbulenten Finale der Täter gefasst und sein Motiv geklärt wird.

Die Charaktere sind optisch gut vorstellbar beschrieben, haben so ihre Eigenarten, wirken lebendig, zeigen Stärken und Schwächen, auch Emotionen. So verschieden die beiden Ermittler, der „Wammerl“ und die „FKK“ sind, sie arbeiten nach anfänglichen Schwierigkeiten harmonisch und effizient zusammen. Die Entwicklung der Persönlichkeit der zentralen Figur in der Nebengeschichte fand ich besonders interessant. Einmal jemand, der nicht deutlich auf gut oder böse festgelegt ist – sympathisch trotz …

Mit einem Wort: Der Krimi hat mich bestens unterhalten. Es ist ein gelungener Regional-Krimi, der Spannung mit einem humorvollen Ambiente verbindet. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall mit „FKK“ und dem „Wammerl“. Von mir gibt es eine Leseempfehlung mit 5 Sternen.

Bewertung vom 01.09.2025
Caspian, Hanna

Schwestern des brennenden Himmels


ausgezeichnet

Frauenschicksale – bei den Siegern und Besiegten

Ein exzellent recherchierter historischer Roman voller Spannung und Dramatik, in dessen Mittelpunkt eine junge Britin deutscher Herkunft steht,.

Juli 1945. Potsdamer Konferenz. Churchill, Truman und Stalin entscheiden über die Aufteilung Deutschlands. Ann Miller, als Kind mit ihren Eltern nach England geflohen, mittlerweile britische Staatsbürgerin und Soldatin, befindet sich als Mitglied der britischen Delegation vor Ort. Ihre deutsche Herkunft hielt sie stets geheim. Nun sucht sie heimlich in Potsdam nach überlebenden Verwandten. Ohne ihre wahren Motive zu kennen, hilft ihr ein amerikanischer Soldat.

Das Cover harmoniert mit dem Klappentext, symbolisiert die Verbindung Anns mit dem amerikanischen Soldaten. Das Buch erschien 2025 und gliedert sich in vier Teile, diese wiederum In Abschnitte pro Tag. Die Handlung umfasst den Zeitraum vom 3. Juli bis 6. August 1945. Der Schreibstil ist flüssig, eindrucksvoll lebendig. Die Autorin hat exzellent recherchiert und versteht es meisterhaft, historische Ereignisse und die Atmosphäre so zu beschreiben, dass man emotional erfasst wird, das Gefühl hat, mittendrin zu sein. Ebenfalls hervorragend gelöst ist die Verquickung einer fiktiven Geschichte mit den historischen Fakten und Personen. Die Figurenübersicht sowie insbesondere den Stadtplan von Potsdam fand ich sehr hilfreich.

Erzählt wird chronologisch, mit einigen Rückblicken, primär aus Sicht von Ann, abgesehen von jenen Szenen, die Liesels jetziges und früheres Leben beleuchten. Die Perspektiven- bzw. Ortswechsel zwischen Anns Aufgabengebiet während der Konferenz und ihren „Ausflügen“ in die Trümmerstadt in der russischen Zone machen die Gegensätze offensichtlich. Auf der einen Seite das fast normale Leben mit ausreichender Verpflegung, guter Unterkunft und Vergnügungen, auf der anderen Hunger, Armut, Notunterkünfte und Ängste. Dieser Wechsel zwischen gewisser Leichtigkeit und den bedrückenden Szenen hilft einem als Leser, das Belastende zu ertragen, wie ein Pflaster auf einer Wunde. Die Wunde ist nach wie vor vorhanden, das Gelesene wirkt nach, doch man liest etwas getröstet weiter.

Ich wurde regelrecht hinein gesogen in diese Atmosphäre einer Stadt in Trümmern, einer geteilten, von Fremden besetzten Stadt, wo die Menschen in Kellern dahinvegetieren, hungernd, der Willkür der Besatzer ausgeliefert. Trotz des Grauens in den Konzentrationslagern wird gezeigt, dass nicht alle Deutschen „Monster“ waren, dass sich die Nazis vor den Juden zuerst gegen Andersdenkende, Kritiker wendeten. Wer nicht ihren Grundsätzen, nicht ihrer Politik folgte, wurde bestenfalls unterdrückt. Sie schwiegen, fügten sich, um nicht inhaftiert oder gar getötet zu werden. Nur wenigen Menschen, die es wagten ihre Meinung gegen die Nazis zu äußern, gelang rechtzeitig die Flucht. Wie Anns Eltern. In einer Nacht- und Nebelaktion.

Anns Suche nach noch lebenden Verwandten erweist sich als ziemlich schwierig, da sie sich als Britin nicht frei im russischen Sektor bewegen darf. Doch sie findet Helfer, vor allem Jackson, einen amerikanischen Soldaten. Die sich sanft entwickelnde Liebesbeziehung zwischen Ann und Jackson gibt dem Roman nicht nur eine romantische Note, sondern bringt auch Anns Dilemma auf den Punkt. Ihre deutsche Herkunft – denn in den Augen der Alliierten sind ja alle Deutschen „Monster“.

Nicht nur die drei Hauptakteure Ann, Jackson und Liesel wirken lebendig, sondern generell sind die Menschen gut vorstellbar beschrieben. Ann und ihre Cousine Charlie lebten als Kinder wie Schwestern. Um sie zu finden, riskiert Ann viel, sogar ihren Job. Sie handelt zielstrebig, hartnäckig und lässt sich auch von Schwierigkeiten und Rückschlägen nicht entmutigen. Dass sie gezwungen ist, ihre deutsche Herkunft Jackson gegenüber lange zu verbergen, belastet sie, denn Verlässlichkeit und Ehrlichkeit sind ihr wichtig. Jackson ist ein positiv eingestellter Mensch, optimistisch, meist gut gelaunt, emotional, empathisch. Ihn erschüttert, was er über die Konzentrationslager erfährt, aber er hat das Herz am rechten Fleck. Er hilft Anns deutscher Verwandte, er differenziert, dass diese junge Frau wohl eher Opfer des Krieges, der Nazis ist, als Täterin. Er sieht in Ann letztlich auch die Frau, die er liebt, und nicht einen Menschen deutscher Herkunft. Liesel verkörpert jenen Teil des deutschen Volkes, der sich den Richtlinien der Nazis fügte, sich anpasste, darauf achtete nicht aufzufallen. Ihr Vater war kein überzeugter Nazi, aber natürlich bei der Partei, weil es besser war, weil es sich sicherer lebte, wenn man dabei war.

Es ist ein Lesehighlight - spannend, berührend, beklemmend, erschütternd. Er war lehrreich und brachte mir eine Zeit näher, die mir in dieser Intensität noch nicht dargebracht wurde. Der Roman endet am Tag, an dem die Bombe auf Hiroshima fiel. Für mich liegt der Gedanke für eine Fortsetzung nahe. Ich würde es mir wünschen. Vorerst spreche ich eine unbedingte Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 01.09.2025
Dark, Simone

Teufel, tanz mit mir!


gut

Hexenrituale seinerzeit und heutzutage

„Teufel, tanz mit mir“ von Simone Dark ist mittlerweile der vierte Band der Südtiroler Krimireihe mit dem Ermittler-Duo Magnabosco & Pasqualina. Es ist ein Krimi, der zwar grausige Details beinhaltet, ermittlungstechnisch ruhig verläuft und reizvolles Lokalkolorit bietet.

Kurz zu Inhalt:
Eine Gruppe junger Leute treibt in der Walpurgisnacht als Hexen/Hexer verkleidet ihr Unwesen. Am Tag darauf ist einer von ihnen tot. Erhängt. Was einem Hexenritual ähnelt. Wer steckt dahinter?

Die typischen Südtiroler Motive am Cover – auf der Vorderseite die Stoanernen Mandln, auf der Rückseite die Ruine Stein am Ritten – stimmen gut auf den Schauplatz des Romans ein. Das Buch erschien 2025 im Raetia Verlag. Der Roman gliedert sich in drei Teile bzw. 31 kurz gehaltene Kapitel, die über Orts- aber keine Zeitangaben verfügen. Die Handlung spielt im Jahr 2024. Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich. Das Lokalkolorit ist anschaulich eingefangen. Die historischen Fakten wirken gut recherchiert (siehe Literaturnachweise in Anhang). Ich bin bei Band 3 quer in die Reihe eingestiegen, fand mich somit rasch im Umfeld der Ermittler zurecht. Doch im Prinzip steht jeder Band für sich, man kommt stets problemlos in die Geschichte hinein und überblickte auch den relevanten Personenkreis mühelos.

Grundsätzlich gefiel mir die Idee, Südtiroler Sagengut über Hexenmeister, deren Verfolgung, Folter und Todesarten im 17. Jahrhundert, mit Mordfällen in der Gegenwart zu verknüpfen. Die Thematik ist durchaus interessant. Ich denke, nicht nur mir als Österreicherin waren diese Geschichten bis dato unbekannt. Leider wurden die dramaturgischen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft. Zwar wird sehr spektakulär gemordet, ungewöhnlich und grausam. Doch die Leichen werden ziemlich distanziert als Funde präsentiert. Das, was vor bzw. beim Mord geschah, hätte das Geschehen lebendiger gemacht. Das Grauen ist zu wenig spürbar, zu wenig emotional eingefangen. Weder die Ängste, die Panik, der Schmerz des Opfers, noch die Übermacht, die Brutalität und Gnadenlosigkeit des Täters. Daher kribbelt es nicht, packt einen die Handlung nicht wirklich. Man fiebert nicht mit.

Die Perspektivenwechsel zu jener Person, die sich mit ihrer 400 Jahre alten Mutter über die Hexenmeister des 17. Jahrhunderts unterhält, geben der Handlung einen teils interessanten, teils seltsam anmutenden Anstrich. Im Gegensatz dazu laufen die nicht gerade berauschenden Ermittlungen von Filippo und Camela. Es ist zwar herzerfrischend, die beiden, die quasi mitten in den Flitterwochen stecken, beim Turteln zu beobachten, aber ihre Befragungen und Recherchen bringen kaum hilfreiche Erkenntnisse. Was sie in Erfahrung bringen, passiert ihnen irgendwie durch zufällige Zeugen. Die paar Verdächtigen haben zu wenig Substanz. Ich fand kaum Ansätze zum Miträtseln. Erst gegen Ende kristallisierte sich eine Person heraus. Im Finale nahm die Handlung etwas Schwung auf. Ich muss positiv anmerken, dass mich die Lösung dann doch ziemlich überrascht hat.

Was die Charaktere anbelangt, so wirkt das Ermittlerduo, das in diesem Band heiratet, natürlich noch frisch verliebt, sehr sympathisch und liebenswert, und deren sprachliches Geplänkel ist amüsant. Die harmonische Häuslichkeit ist wohl als auflockernder Kontrast zu den brutalen Morden gedacht, nimmt aber etwas zu viel Raum ein.

„Teufel, tanz mit mir“ hat mich leider nicht so mitgerissen wie Band drei, weil es an Spannungsmomenten fehlt und zu wenig lebendig bzw. emotional ist. Darum gibt es von mir diesmal nur 3 von 5 Sternen. Nichtsdestotrotz freue ich mich auf den nächsten Band und empfehle das Buch insbesondere jenen, die Südtiroler Flair mögen und sich für die Südtiroler Sagen interessieren.