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meerblick

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Insgesamt 508 Bewertungen
Bewertung vom 04.11.2025
Huth, Peter

Aufsteiger (eBook, ePUB)


sehr gut

Bild unserer Gesellschaft

Peter Huth versteht es auch in seinem neuen Roman ‘Aufsteiger‘ aktuell und gesellschaftskritisch die Herausforderungen unserer Zeit auf den Punkt zu bringen. Gewohnt spannend und unterhaltend nimmt er diesmal die Medienbranche genauer unter die Lupe, die natürlich wie so viele Lebensbereiche in unserer modernen Welt unter dem starken, alles bestimmenden Einfluss der Social Media Auftritte bestimmt wird. Es zählen nicht mehr ausschließlich Fleiß, fundiertes Wissen und überdurchschnittliche Präsenz am Arbeitsplatz. Mehr denn je schaut das öffentliche Auge auf tolle Geschichten, bejubelt den Märchenerzähler, der es vermag zu faszinieren und damit eine längerfristige Bindung zu den Massen aufzubauen.
Zu spät erkennt Felix Licht, dass nicht er den begehrten Posten des Chefredakteurs bekommt, sondern der ihm wohl bekannten jüngeren Kollegin Zoe Rauch vom Verleger Christian Rauch zugesprochen wird. Nun nimmt das Drama ungeahnten Ausmaßes seinen Lauf. Hier geht es nicht nur um persönliche Identitätskrisen, hervorgerufen durch enttäuschten Ehrgeiz, was schon Tragödie genug wäre, hier spiegeln sich darüber hinaus der ungeschönte Alltag des erbarmungslosen Konkurrenzkampfes ums Überleben in der trügerisch schillernden Welt, was das schmerzliche, persönliche Scheitern nicht ausschließt.

Bewertung vom 04.11.2025
Stiefvater, Maggie

Grand Hotel Avalon (eBook, ePUB)


sehr gut

Magisches Heilwasser

In einer bildhaften Sprache mit einem leicht zu lesenden Schreibstil präsentiert Maggie Stiefvater ihren Roman ‘Grand Hotel Avalon‘. Sie verwebt ihre Fiktion um die Menschen in dem Luxushotel mit historischen Ereignissen, die zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges angesiedelt sind. In einer malerischen Gegend der Appalachen gelegen und mit einer magischen Quelle von Heilwasser ausgestattet, beherbergt das Hotel Menschen, die luxusverwöhnt sind, denen man also ihre Wünsche noch bevor sie ausgesprochen sind von den Augen abliest und diese zur allgemeinen Zufriedenheit erfüllt.
Doch June Hudson, eine Hoteldirektorin mit Leib und Seele, wird 1942 vor eine gewaltige Herausforderung gestellt. Nach dem Angriff auf Pearl Harbor wird sie aufgefordert einige Hundert Diplomaten aus verschiedenen Ländern, die sich nicht unbedingt freundlich gegenüberstehen, zu beherbergen und natürlich mit der gewohnten Sorgfalt und Weitsicht zu verwöhnen. Unausweichlich kommt es zu Reiberein unter diesen Gästen, die vom Personal in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit ihrer Chefin zu lösen sind. Welche Rolle das berühmte Heilwasser spielt, erzählt die Geschichte.
Die Menschen im Hotel selbst haben natürlich auch eine Geschichte, die im Laufe des Romans die Verbundenheit ihrer Schicksale zeigt und den Zusammenhang mit dem magischen Ort offenlegt.

Bewertung vom 04.11.2025
Erdmann, Kaleb

Die Ausweichschule (eBook, ePUB)


sehr gut

Unverarbeitetes Trauma

Kaleb Erdmann, der Autor des Romans ‘Ausweichschule‘, erlebte als elfjähriger Schüler des Gutenberg- Gymnasiums in Erfurt den Amoklauf von 2002 mit sechzehn Toten. Er selbst kam glücklicherweise nicht in Kontakt mit dem Täter, der die tödlichen Schüsse abfeuerte und doch beschäftigte ihn zwanzig Jahre später dieses Thema so stark, dass er seine Emotionen in Worte fassen musste, um zu verarbeiten. Dabei beschreibt er sehr intensiv seinen schriftstellerischen Prozess, stellt sich selbst unbequeme Fragen, zum Beispiel nach dem warum so viele Jahren später der Drang nach Verarbeitung dieser schrecklichen Geschehnisse bei ihm aufkommt und ob er damit nicht sogar langsam verheilende Wunden wieder aufreißt.
Seine Recherchen schreien danach, in der Gemeinschaft der Traumatisierten eine Stütze zu finden, um seine eigenen Ängste einzuordnen und den Versuch diese zu therapieren. Mit Kulturschaffenden, die sich mit dem Thema der Ursachen dieses Verbrechens bereits auseinandersetzten, tritt er in einen intensiven Dialog, um seinem innersten Ich den Versuch einer Antwort anzubieten.
Der Roman steht auf der short-list des Deutschen Buchpreises von 2025.

Bewertung vom 03.11.2025
Oppenlander, Annette

Kohlenträume


ausgezeichnet

Unüberwindbare Hindernisse für die große Liebe

Wer die Schriftstellerin Annette Oppenlander kennt, weiß wie genau sie recherchiert, bevor sie ihre historischen Geschichten auf Papier festhält. Daher bringen ihre Romane nicht nur den vollen Lesegenuss, man lernt auch so ganz nebenbei die Historie der Landstriche, über die schreibt, sehr gut kennen.
In ‘Kohlenträume‘ hat sie sich hauptsächlich mit einem Abschnitt des deutschen Zeitgeschehens zwischen den Jahren 1943 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges beschäftigt und ihre Fiktion um zwei verlorene Seelen nach Bochum in eine Steinkohlenzeche platziert. Mit viel Feingefühl und Sprachempfinden für eine keineswegs leichte Thematik werden wir mit dem Alltag einer jungen Frau, deren Mann an der Front kämpfen muss, bekannt gemacht, die sich allein auf sich gestellt auf einem Bauerngut durchschlagen muss. Dabei bereitet ihr die Neugier der Nachbarin, deren Bruder auch noch ein eiskalter SS-Offizier ist, mehr und mehr Unbehagen. Als eben jener Nazi Marie ihre letzten Tiere, ein paar Ziegen, mit denen sie sich mehr schlecht als recht finanziell durchgeschlagen hatte, wegnimmt, sie beschlagnahmt, weil sie für das Vaterland gebraucht werden, bricht für sie eine Welt zusammen. Doch Marie besitzt eine Kämpfernatur. Sie bewirbt sich erfolgreich um einen Bürojob auf der Zeche. Dort lernt sie den französischen Zwangsarbeiter Adrien kennen, der ihr mit seinen Sprachkenntnissen hilft, in ihrer neuen Tätigkeit Fuß zu fassen. Beide verbindet erst Sympathie, aus der sich mehr entwickelt, nicht zuletzt auch durch Maries großes Herz, die das Leid dieser zwangsverpflichteten Menschen erkennt und zu mildern versucht. Sie spürt nicht nur am eigenen Leib mit welch unbarmherziger Härte die Nazis gegen Menschen vorgehen, die nicht ihre Gesinnung teilen und sie erlebt die alles zerstörenden Bombenangriffe der Alliierten auf Bochum und ihre Folgen hautnah.
Annette Oppenlander zeigt in ihrem Roman, dass es Menschen gibt, die sich nicht brechen lassen, die ihre Überzeugung leben und dafür bezahlen, bitter bezahlen.
Ein fesselnder Roman, der das Herz berührt und zeigt, welche seelischen und körperlichen Schäden Menschen, die den Krieg erleben, ihr restliches Leben mit sich tragen.

Bewertung vom 02.11.2025
Bähr, Julia

Hustle (eBook, ePUB)


sehr gut

Racheengel

Leonie ist ziemlich sauer, als sie erfährt, dass ihr Chef ihre Arbeit einfach als die seine verkauft. Kurzentschlossen kündigt sie und hinterlässt ihm ein ganz besonderes Abschiedsgeschenk. Ihre neue Arbeitsstelle führt sie nach München. Es ist nicht ihr Traumjob und das Geld reicht eigentlich auch kaum zum Überleben in der luxusverwöhnten Stadt. Der geliebten Pflanzengenetik musste sie auch Lebewohl sagen, dafür hat ihr ehemaliger Chef nach ihrem finalen Auftritt gesorgt. Nun archiviert sie in einem Kellerraum des Staatsmuseums für Zoologie Schmetterlinge, Käfer und dergleichen. Ihre Wohnung gleicht eher einem Loch. Aber mehr kann sie sich nicht leisten. Bis sie eines Tages die Bekanntschaft einer Frau macht, die ihr einen Weg eröffnet, der ihr viel Geld einbringt. Nun trifft sie sich regelmäßig mit ihren drei neu gewonnen Freundinnen, die ebenso ihren kleinen Nebenerwerbsmöglichkeiten haben, die ihnen ein angenehmes Leben ermöglichen.
Julia Bähr erzählt witzig, frech und erfrischend in ihrem Roman ‘Hustle‘ wie man mit zum Teil recht unkonventionellen Ideen zu einem gewissen Reichtum kommen kann. Besonders amüsant ist die Beschäftigung der Protagonistin mit einem Schleimpilz, der stets mit besonderem Interesse gehegt und gepflegt wird, unter ständiger Beobachtung steht. Die Autorin vertieft sich in Themen der Moralvorstellungen, des Konsumverhaltens und freundschaftlicher Beziehungen, die sie mit einer gewissen Portion Ironie betrachtet, dabei die Lachmuskeln nicht selten strapaziert.

Bewertung vom 01.11.2025
Zevin, Gabrielle

Das erstaunliche Leben des A.J. Fikry (eBook, ePUB)


sehr gut

Die große Liebe zu Büchern

Der Roman ‘Das erstaunliche Leben des A.J. Fikry‘ von Gabrielle Zevin wird nicht in chronologischer Reihenfolge erzählt, sondern mit Zeitsprüngen. In den von der Autorin gewählten Erzählstil muss man sich einfinden. Doch sehr schnell erkennt man den Charme des Buches und taucht ein in eine herzerwärmende, humorvolle und etwas melancholische Geschichte. Die Charaktere sind ein wenig skizzenhaft gezeichnet. Leicht folgt man ihren Gedanken und Gefühlen, die mich doch sehr nachdenklich stimmen konnten.
A.J. Fikry ist ein grummeliger Griesgram, der seine Frau verloren hat und die Menschen um sich herum sehr distanziert, ja unfreundlich behandelt. Er besitzt einen kleine Buchlanden auf der pittoresken Insel Alice, der nicht besonders gut läuft. Doch seine Liebe zu den Büchern ist alles was ihm geblieben ist. Da ist es nur allzu verständlich, dass ihm der Verlust eines wertvollen Buches aus der Fassung bringt. Eines Tages jedoch tritt die kleine Maya in sein Leben und von nun an ändert sich nicht nur sein Alltag.
Der Roman erzählt vom Verlust und Neubeginn, stellt die großartige Wirkung von Geschichten in den Mittelpunkt. Die Wandlung von A.J. Fikry hat etwas berührendes. Warum er an Maya immer wieder Buchempfehlungen richtet, wird im Laufe der Erzählung geklärt.

Bewertung vom 01.11.2025
Wahl, Caroline

Die Assistentin


gut

Toxische Arbeitsverhältnisse

Charlotte, die Protagonistin in Caroline Wahls neuen Roman ‘Die Assistentin‘, hat es geschafft. Sie ist die Assistentin des Verlegers in einem renommierten Münchner Verlagshaus. Da muss man schon mal die Zähne zusammenbeißen, sich durchkämpfen und darf nicht zimperlich sein. Das geben ihre Eltern Charlotte als gut gemeinten Ratschlag mit auf den Weg in ihr beginnendes Berufsleben. Eigentlich. hätte sie ja viel lieber Musik studiert. Aber als brave Tochter befolgt sie den Wunsch von Mutter und Vater. Nun erfüllt sie also die Wünsche ihres launischen Chefs, die nicht immer klar definiert und allzu oft auch privater Natur sind. Assistentinnen kommen und gehen, aber sie glaubt ein gutes Verhältnis zu diesem unberechenbaren Mann zu haben, redet sie sich jedenfalls immer wieder mantraartig ein.
Caroline Wahl hat das Hörbuch selbst eingesprochen und sich damit keinen Gefallen getan. Weder ihre Stimme noch ihr Dialekt als auch dieser monotone Redefluss tragen zu einem wirklichen Hörgenuss bei. Häufige Wiederholungen lassen das Interesse weggleiten. Mich hat insbesondere die wiederkehrende Fäkalsprache sehr gestört.
Das gewählte Thema ist aktuell und interessant zugleich. Doch die Umsetzung hat mich diesmal weniger begeistert als ihre beiden Vorgängerromane.

Bewertung vom 31.10.2025
Rainer, Andreas

Der Flügelschlag des Paarfalters


gut

Auszeit, um über das Leben nachzudenken

Jonas ist erfolgreich in seinem Job. Er bereist die ganze Welt, lernt die kulinarischen Köstlichkeiten der Völker kennen, genießt diese. Doch ist das schon alles, was das Leben ihm zu bieten hat, was wirklich zählt, fragt er sich? Was nimmt er als wesentlich für sich als Persönlichkeit wahr?
Eine zunächst undefinierbare Unzufriedenheit macht sich breit und so verlässt Jonas kurzentschlossen den Flughafen in Schwechat, obwohl er bereits sein Gepäck aufgegeben hatte, besteigt die Bahn nach Wien, nutzt das wunderbare Sommerwetter und streift drei Tage durch seine Heimatstadt. Er sucht nach Antworten auf Fragen, die er bis zu diesem Zeitpunkt seines Aufbruchs nicht erahnte. Seine Zufallsbekanntschaften zeigen ihm wie vielfältig Glück oder Unglück im Leben sein kann, welche Wege es gibt voranzukommen, nicht stehen zu bleiben, nach vorn zu blicken, sein Schicksal in die Hand zu nehmen. Es kommt darauf an, bewusste Entscheidungen zu treffen, um Verantwortung für sich zu übernehmen.
Die Menschen, die er auf seinem Weg getroffen hat, standen für mich als Sinnbild für Leidenschaft, Wissensdurst, Fürsorge, Schuld und Wiedergutmachung, Hilfsbereitschaft, Verzweiflung, Einsamkeit. Durch den Verlust seiner Zahlungsmittel, befreite er sich im übertragenen Sinne von der Last ganz alltäglicher, weltlicher Sorgen und begab sich in einen Zustand der Leichtigkeit und Unbeschwertheit. Seine Rastlosigkeit wiederum spiegelte die Suche nach dem sinnerfüllten Dasein wider.
Ich konnte leider nicht in jeder gewählten Metapher die Poesie des Seins erkennen, wurde sehr nachdenklich gestimmt.

Bewertung vom 31.10.2025
Koppel, Benjamin

Großmutters Geheimnis


sehr gut

Generationsübergreifende Konflikte

Benjamin Koppel präsentiert mit seinem Roman ‘Großmutters Geheimnis‘ eine Geschichte, die sich vielschichtig, konfliktreich und verstörend zugleich zeigt. Es ist die weiterführende Schilderung von Schicksalen einer jüdischen Familie, die in ‘Annas Lied‘ ihren Anfang fand. In der Musik, das alles Verbindende, finden die Protagonisten ihre Heimat. Sie fühlen jeden Ton, erleben diesen auf ihre ganz eigene Art im Innersten bewegend, intensiver als jedes Wort es auszudrücken vermag. Musik ist das verbindende Element zwischen Ruth, Lillian und Alexander, eine Sprache, die sie hervorragend verstehen und sprechen.
In den beiden Handlungssträngen des Romans kommt zum einen die sehr betagte, über neunzig jährige Ruth zu Wort, die ihre Lebensgeschichte auf Kassetten aufnimmt, in der Hoffnung, dass ihr Enkel sich diese eines Tages anhören wird. Es sind äußerst bewegende Worte, die ihr nicht leichtfallen, sie auszusprechen, die eine grausame menschenverachtende Zeit unter der Naziherrschaft im Ghetto Theresienstadt beschreiben. Sie schildert darüber hinaus, wie konfliktreich sich ihr weiteres Leben als Konsequenz dessen, was sie als sehr junge jüdische Frau erleiden musste, gestaltet hat. Äußerst berührend und mitfühlend zeichnet der Autor diesen Charakter.
Der andere Handlungsstrang führt nach Kopenhagen der Jahre 2015 und 2016. Alexander, ein talentierter, junger Musiker ist unzufrieden mit sich und dem was um ihn herum passiert. Die Ursachen dafür bleiben lange Zeit im Verborgenen. Nur seine äußerst egozentrische Mutter Lillian könnte ein Grund dafür sein oder ist es eher der übergroße Wunsch seiner langjährigen Freundin, die alles unternimmt, um endlich schwanger zu werden?
Im Roman werden schwerwiegende Themen wie Identitätskrisen, generationsübergreifende Konflikte mit ausgeprägten Angststörungen, Ablehnung und Suchtprobleme angesprochen, die nach Lösungen schreien. Wie diese umgesetzt wurden, ist sicherlich sehr individuell zu betrachten. Für mich kamen die Auflösungen der Konflikte überraschend schnell, ohne den von mir erwarteten Schlussakkord, der dieser spannenden, sich stets steigernden Geschichte letztendlich die ihr gewünschte Tiefe verleiht.

Bewertung vom 27.10.2025
de Meo, Luca

Autos - mi amore!


ausgezeichnet

Ein Fest für jeden Automobil-Liebhaber

In Luca de Meos Sachbuch ‘Autos – mi amore! Eine Reise durch die unglaubliche Welt des Automobils von A-Z‘ kann sich der begeisterte Autoliebhaber von seinen schönsten Träumen einfangen lassen und in die ach so wunderbare, faszinierende Welt der Motorisierung eintauchen. Der Autor weiß nicht nur fundiert und interessant über die rassigen Kisten mit den charmanten PS-Zahlen unter der Haube zu berichten, nein auch die ein oder andere Geschichte rund um die Branche und ihren großen Managern vermittelt er mit großen Unterhaltungswert. Natürlich bekommt auch Michael Schumacher seinen Platz in einem besonderen Artikel. An welchen verstörenden, durchdringenden Blick die Frontpartie des Peugeot 504 erinnert, verrate ich jetzt nicht. Das zeigen aussagekräftige Zeichnungen, die das geschriebene Wort an der ein oder anderen Stelle im Buch wunderbar beleben.