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clematis

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Insgesamt 337 Bewertungen
Bewertung vom 25.09.2025
Kitching, Jess

Opfer Nummer 11


ausgezeichnet

Überlebende

Nach zehn Jahren in der Selbsthilfegruppe Vertrauensschwestern ist Hannah der Meinung, dass sie die Gewalt, welche ihr als Vierzehnjährige angetan worden ist, nun endgültig so weit hinter sich lassen kann, um ein selbstbestimmtes Leben ohne ständige Angst führen zu können. Kaum will sie ihren letzten Abend unter Gleichgesinnten feiern, erreichen sie unheilvolle Botschaften, der Täter prophezeit ihren Tod. Aber wie kann er Kontakt zu ihr aufnehmen, wo er doch im Gefängnis sitzt? Gibt es vielleicht jemanden, der die Taten von damals nachahmt und auch jetzt wieder junge Frauen verschwinden lässt?

Auf geschickte Art und Weise lässt Autorin Jess Kitching ihre Protagonistin Hannah in der Ich-Form erzählen und schafft damit größtmögliche Authentizität. Die Stimmung unter den Figuren sowie Hannahs Gefühle werden sehr realistisch dargestellt, die Frage, ob die Frauen die Übergriffe hätten verhindern können, ja, ob sie sie vielleicht gar selbst provoziert haben, wird aufgegriffen. Man spürt beim Lesen, welch persönliches Engagement hinter jeder Zeile steckt, am Ende erfährt der Leser auch, warum. Eine gut durchdachte Handlung mit gleichbleibendem Spannungsbogen kennzeichnet diesen Thriller, beklemmend ist die Tatsache, dass Hannah, kaum, dass sie wieder nach vorne blicken kann, erneut in den Sog des Verbrechens gerät. Nicht nur einmal stellt sie sich die Frage: „Ist Überleben wirklich Glück?“ Die eindringliche Sprache der Autorin fesselt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite und hält einen ob der drohenden Gefahr stets in Atem.

Ein großartiges Plädoyer, den Opfern Aufmerksamkeit zu schenken und nicht den Tätern. Lesenswert!

Bewertung vom 25.09.2025
Jaeggi, Christine

Die Kastanienschwestern


ausgezeichnet

Geheimnisvolles Weingut

Das Weingut Tenuta Casoli in Morcote im malerischen Tessin feiert sein hundertjähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass wird Hobbyautorin Cara gebeten, ein Buch zu verfassen. Einerseits kann sie das Geld dafür gut gebrauchen, andererseits verbindet sie mit diesem Ort schmerzliche Erinnerungen, denn zwanzig Jahre zuvor ist ihre Schwester Neve dort tödlich verunfallt. Und was mindestens genauso schwer wiegt: Casimiro Casoli, der Erbe des Gutes, ist der Vater ihrer Tochter Lily - mit ihm will sie nicht mehr als nötig zu tun haben. Aber die Vernunft siegt, Cara nimmt den Auftrag an und stößt bei ihren Recherchen auf ein himmelblaues Rezeptbuch, das ihren Forscherinstinkt weckt.

Christine Jaeggi legt diesen großartigen Roman in zwei Zeitebenen an und erzählt anfangs Caras Geschichte, welche bald mit Szenen aus den Jahren des Zweiten Weltkrieges verknüpft wird. Die Autorin entführt uns in idyllische Bergdörfer im Piemont, zeigt uns allerdings keine unbeschwerten Kinder, sondern die beiden Schwestern Valentina und Mella, welche sich im Jahre 1942 ganz allein versorgen müssen und dafür sogar mitten im Wald nach Kastanien suchen, die sie dann verkaufen oder zu schmackhaften Mahlzeiten verarbeiten. Rund um Mussolinis Sturz und rasch zusammengestellte Partisanengruppen entspinnt sich eine aufregende Handlung, die einen schnell in seinen Bann zieht. Die Unterbrechungen durch den Zeitstrang in der Gegenwart fachen die Spannung immer weiter an. Jaeggis akribische Recherche wird in jeder einzelnen Szene spürbar, ihre Liebe zum Tessin, wo die Geschichte ihren Lauf nimmt, wird durch die lebendigen Beschreibungen der Natur offenbar. Nicht minder detailliert zeichnet die Autorin ihre Figuren, geprägt vom Krieg auf der einen Seite, neugierig, worauf das himmelblaue Rezeptbuch hinweisen will, auf der anderen Seite. Besonders gut gelungen ist die Zusammenführung der beiden Handlungsstränge, wobei die Auflösung aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wird und somit keine Frage offen lässt.

Ein hervorragender Roman, der höchst realistische Episoden aus Italien während der Zeit der Partisanenkämpfe und dramatische Geschehnisse auf einem Schweizer Weingut zu einem bewegenden Leseerlebnis vereint. Fünf Sterne und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 24.09.2025
Connally, H.M.

Therapie einer Mörderin: Psychothriller Je tiefer du in ihre Seele blickst, desto mehr verlierst du deine eigene


sehr gut

Menschliche Abgründe

Als jüngste forensische Psychiaterin leitet Dr. Ava Murphy eine neue Station am Dubliner Central Mental Hospital. Mit Leib und Seele kümmert sie sich um ihre Patientinnen, die als schwere Verbrecherinnen weggesperrt werden. Oft haben sie allerdings nur deshalb gehandelt, weil ihnen selbst Unvorstellbares angetan worden ist. Ist Rache ein entschuldbares Mordmotiv? Wo verschwimmen die Grenzen zwischen Recht und Gerechtigkeit?

In einer erschütternden Abhandlung, die kaum zu ertragen ist, stellt uns Autorin H. M. Connally die brillante Ärztin Ava Murphy vor. Wie keine andere versteht sie es, Nähe und Empathie zu ihren Patientinnen aufzubauen, vielleicht ist sie die Letzte, die Hilfe anbieten kann. Im Laufe dieses Thrillers erfährt man auch, warum sie diese Fähigkeit besitzt und woher ihre Stärke stammt. Connally nimmt kein Blatt vor den Mund, verschont ihre Leser nicht, tiefe menschliche Abgründe, rohe Gewalt und bestialische Details muss man mitansehen, dabei geht es keineswegs um billigen Aktionismus, sondern im Gegenteil, um das Sichtbarmachen von Verbrechen, welche leider oftmals genug grausame Realität sind. Barbarische Vergehen, auch an Kindern, werden thematisiert, sodass die Lektüre wahrlich schwere Kost ist und genau abgewogen werden sollte, ob man sich dem aussetzt. Es ist bestimmt keine Schande, wenn man sich so mancher Szene nicht stellen kann. Speziell durch die Kapitel aus unterschiedlichen Blickwinkeln ergibt sich eine größtmögliche Authentizität.

Was als flotter Psychothriller beginnt, entpuppt sich zu einem schockierenden Leseerlebnis, das mit Vor- und Nachwort entsprechend abgerundet wird. Connally präsentiert damit leider keine Hirngespinste, sondern zwingt den Leser, realen Gewaltverbrechen an Frauen entgegenzublicken. Kompromissloses Grauen, das jeden Horror in den Schatten stellt.

Bewertung vom 24.09.2025
Maiwald, Stefan

Alle weg (eBook, ePUB)


sehr gut

Touristenzone ohne Touristen

Was passiert in Grado, wenn der letzte Rollladen nach einer heißen Sommersaison herunterfährt? Auf spritzig-heitere Weise fasst Stefan Maiwald in „Alle weg“ zusammen, wie eine Touristenzone ohne Touristen über den Winter kommt.

Ein wesentlicher Punkt ist anfangs überhaupt einmal die Definition, wann die Nebensaison beginnt und wann schließlich der letzte Tourist den Ort verlassen hat. Dann geht es in kurzen Sequenzen durch Herbst und Winter, zuweilen in Pinos Bar, wo man Neuigkeiten austauscht oder einfach nur still nebeneinander sitzt und seinen Gedanken nachhängt. Wir lernen die Bräuche unserer italienischen Nachbarn kennen und erfahren, wie anders man Weihnachten feiern kann, wie wichtig die Familie ist und welchen Stellenwert Essen und Trinken haben. Allerlei Episoden, sehr lebendig und authentisch, erzählt Maiwald aufgrund seiner eigenen Erfahrung als Deutscher in Italien und lässt uns damit den kalten Winter in nördlicheren Gefilden wärmer erscheinen. Am größten ist aber dennoch die Sehnsucht nach Sonne und Meer, sodass wir die Spargelzeit und den nächsten Saisonbeginn schon herbeisehnen, wenn der Stau in den Süden wieder länger ist als jener Richtung Norden.

Ein hübsch gestaltetes und mit interessanten Anekdoten gefülltes Büchlein, welches sich auch bestens als Geschenk für jene eignet, die sich das Warten auf den nächsten Meerurlaub verkürzen möchten.

Bewertung vom 24.09.2025
Nell, Tine

If You Stay Too Long / Resort Pureza Bd.2


ausgezeichnet

Sunny surft

Das Luxusresort Pureza auf Fuerteventura sucht eine Surfschule als Kooperationspartner. Niemand anderer als Sunny, die an der Rezeption nicht mehr glücklich ist, soll die Zusammenarbeit organisieren. Ein Kandidat besticht durch Nähe und Fachkenntnis, allerdings ist der Ansprechpartner ein sonderbarer Kerl. Um die Zusage zu bekommen, schlägt er Sunny vor, ein Liebespaar zu spielen, denn die sympathische Hotelangestellte schwärmt eigentlich für jemand anderen und möchte prüfen, ob ihr Traummann eifersüchtig wird.

Wie schön! Es geht wieder nach Fuerteventura, zurück zu lieben Menschen, die wir bereits kennengelernt haben. (Band 1 ist lesenswert, aber keine Bedingung für diesen 2. Band. Tine Nell erklärt kurz wesentliche Zusammenhänge. ) Nach Elana steht nun Sunny im Mittelpunkt und weiß keinen Rat, wie sie herausfinden soll, ob Dario in ihr mehr sieht als eine beste Freundin. Auch wenn ihr der Deal von Surflehrer Luca absurd vorkommt, stimmt sie zu und versucht verkrampft, die Verliebte zu mimen. Unterhaltsame und humorvolle Szenen, wunderschöne Landschaftseindrücke und ganz viel Urlaubsgefühl vermittelt Tine Nell mit dieser romantischen Geschichte, die einen sofort in ihren Bann zieht. Flüssige Dialoge, prickelnde Gefühle, Sonne und Surfen auf der richtigen Welle – das einzige Problem ist, was (oder wer) ist der Richtige? Nicht nur Sunny muss sich im Labyrinth ihrer Emotionen zurechtfinden, auch der Leser darf miträtseln, ob das Täuschungsmanöver nicht zu einem Platz zwischen den Stühlen und zu einem einzigartigen Flop führt.

Ein großartiger Roman, der mich mehr als nur einmal überrascht und den letzten Urlaub zumindest noch daheim am Balkon ein wenig verlängert. Ein lauschiges Plätzchen und ein Pfirsichcocktail wie von Mikas Bar – schon ist das Lesevergnügen perfekt!

Bewertung vom 22.09.2025
Stiefvater, Maggie

Grand Hotel Avalon (eBook, ePUB)


weniger gut

Das Beste geben

Weit abgelegen im nordamerikanischen Appalachengebirge befindet sich das bekannte Grand Hotel Avalon und Spa mit seinen vier Heilbädern. Nicht nur die Leiterin, June Porter Hudson, sondern auch alle Angestellten lesen ihren Gästen förmlich jeden Wunsch von den Augen ab. Nach dem Angriff auf Pearl Harbor im Jahre 1942 müssen diese Gäste allerdings etwa dreihundert Internierten der Achsenmächte, vorwiegend Japaner, Italiener und Deutsche, weichen. June beweist ihr Geschick, erfüllt auch deren Forderungen und unterstützt gleichzeitig Personen, die ihrer Hilfe gegen die Kriegswirren bedürfen.

Zum Teil auf wahren Begebenheiten aufbauend, erzählt Maggie Stiefvater diesen Roman um eine Hotelleiterin, die zwischen Überwachung durch das FBI und anspruchsvollen Erwartungen der festgehaltenen Diplomaten hin- und hergerissen wird. Hinter dem ansprechenden Titelbild und der interessanten Kurzinfo zum Buch bleiben dann allerdings die Erwartungen zurück. Es ist schwierig, der Handlung zu folgen, gefühlsmäßig kommt und geht eine Fülle an Personen, dieses stete Durcheinander sorgt irgendwie nicht dafür, dass ein gleichmäßiger Lesefluss entsteht. Gut vorstellbar sind June und ihre Mannschaft, ihr Bestreben, immer das Beste zu geben, egal, ob übliche Hotelgäste oder zugeteilte Diplomaten im Hause logieren. Die Schwierigkeiten, abwechslungsreiche Menüs zu servieren angesichts der eingeschränkten Versorgungslage und der fehlenden Angestellten, die zu Kriegsdiensten einberufenen worden sind, ist verständlich und entspricht den historischen Tatsachen. Ein wenig undurchschaubar hingegen sind die Geheimnisse um das Süßwasser im und rund um das Hotel samt seinen heilenden Eigenschaften, mir als Leserin hat sich diese Kommunikation Junes mit den Wassern nicht verständlich offenbart. Etliche andere Figuren werden auch im Laufe der Kapitel nicht wirklich greifbar, zudem werden frühere Ereignisse nahtlos ins Geschehen eingearbeitet, wie z.B. Andeutungen zu Kohlenbergwerkszenen und deren Auswirkungen. Dadurch fällt es mitunter schwer, das Wesentliche im Auge zu behalten. Mich konnte der Schreibstil in diesem Roman leider nicht nachhaltig fesseln und auf die Geschichte fokussieren.

Interessante Details aus der Zeit nach Pearl Harbor, detailliert recherchierte Einblicke ins Hotelgeschäft, die Handlung selbst allerdings bleibt etwas verwirrend. Schade.

Bewertung vom 22.09.2025
Römer, Lotte

Weihnachtsliebe auf den zweiten Blick


sehr gut

Rituale

Nach einem schweren Schicksalsschlag in ihrer Kindheit findet Hannah einfach keine Freude mehr an stimmungsvollen Weihnachtsritualen. Duftende Kekse backen, heimelige Zimmer schmücken, kitschige Lieder hören, das ist absolut nicht ihr Traum von der angeblich schönsten Zeit im Jahr, viel lieber zieht sie sich allein zurück und schaut sich mit Katze Lieschen irgendeinen Film an. Als sie mit ihrer Nichte Theresa am Christkindlmarkt auf eine Gruppe von teils schaurig maskierten Kramperln (Krampussen) trifft, ändert sie ihre Meinung. Denn während einer der Perchtenträger ihr mit der Rute ums Bein schlägt, ist ein anderer sanftmütig und hilfsbereit, wodurch ihr Interesse geweckt wird.

Einem sehr nahe gehenden Einstieg folgt eine einfühlsame Geschichte über Trauerarbeit, Familienglück, Liebe und Zusammenhalt. Interessante Details zu den in Bayern üblichen Perchtenläufen lassen diesen Brauch lebendig werden, die sorgfältig geschnitzten Larven und pelzigen Kostüme hat man aufgrund der detailreichen Beschreibungen rasch vor Augen. Sowohl in ihrer Freizeit als auch während der Arbeit in einer Bäckerei denkt Hannah darüber nach, welcher Mann sich wohl hinter der freundlichen Krampusmaske verborgen haben könnte. Ist es einer ihrer Stammkunden oder der Bekannte ihres WG-Mitbewohners? Es könnte aber auch der Larvenschnitzer sein oder der Anführer der hiesigen Pass (Perchtengruppe). Wie soll Hannah das nur herausfinden, denn plötzlich scheinen einige Männer mehr als nur höflich zuvorkommend zu sein.

Obwohl es in der Liebesgeschichte mehr knistern könnte, ist dieser Roman schön zu lesen. Tiefgründige Themen finden Platz im Geschehen, ohne zu dominant zu werden oder die glitzernde Weihnachtsstimmung zu trüben. Was bleibt, ist ein liebevoller Blick auf Brauchtum, Rituale und Selbstfindung. Kurzum, ein warmherziger Begleiter für die kommende Adventzeit.

Bewertung vom 18.09.2025
Bast, Eva-Maria

Emma und das Geheimnis des Diamanten / Der Schmuckpalast Bd.3


sehr gut

Hinaus in die Welt

Das Hause Cartier floriert, die Brüder Louis, Pierre und Jacques streben hinaus in die Welt, um London, New York und St. Petersburg zu erobern. Tatkräftig unterstützt werden sie von Schwester Suzanne, denn bei den Cartiers ergreifen auch Frauen das Wort. Wertvolle Edelsteine und das Glück der Liebe dominieren auch diesmal das Geschehen.

An der Erfolg der Eltern und Großeltern knüpfen die vier ehrgeizigen Geschwister an. So unterschiedlich sie in ihrem Temperament auch sind, das Unternehmen ist in ihrer aller Leben ein zentraler Punkt und wird zum Glück auch von (fast) allen Ehepartnern unterstützt. So geht es hinaus in die Welt, erst London, dann New York werden auf entsprechende Geschäftstauglichkeit hin überprüft, aber auch Russland und Indien stehen am Reiseplan. Vielfältige Schauplätzte, Anekdoten aus dem Reich von Schmuck und Uhren und der Fluch, der auf dem Diamanten Bleu de France lastet, bereichern die Geschichte, wiewohl dem Diamanten etwas mehr Raum gewidmet hätte werden können. Beschwingt führt uns Eva-Maria Bast durch die Jahre und schaut mit uns direkt ins Wohnzimmer der einzelnen Cartiers.

Ein würdevoller Abschluss dieser interessanten Trilogie, welche einige Szenen zum Schmunzeln bereithält. Ich war gerne dabei.

Bewertung vom 16.09.2025
Hewitt, Kate

The Edelweiss Sisters


ausgezeichnet

Mut

Als Kinder 1934 noch fröhlich bei einem Gesangsbewerb, entwickeln die Eder-Schwestern Johanna, Birgit und Lotte wenige Jahre später ganz unterschiedliche Strategien, der aufstrebenden Nazi-Herrschaft in Salzburg zu begegnen. Während Johanna sich in einen Juden verliebt und Birgit für einen Bundeswehrsoldaten schwärmt, fühlt sich Lotte von Gott berufen, ins Benediktinerinnenkloster Nonnberg einzutreten. Bald sind alle drei Schwestern überzeugt davon, sich dem Hass und der Gewalt nicht zu beugen.

Locker und fröhlich beginnt dieser bewegende Roman, die Anzeichen für den bevorstehenden Krieg kann man aber schon zwischen den Zeilen wahrnehmen. Am Schauplatz Salzburg führt Manfred Eder eine Uhrmacherwerkstatt, lebt einfach sein Leben mit Frau und Töchtern. Aber als Kommunisten und Juden verfolgt werden, ist es aus mit der Ruhe, denn diesem Treiben mag er sich keinesfalls anschließen. Sein Lehrling Franz ist Jude, er muss schleunigst weg aus seinem Zimmer unter dem Dach, die Gefahr für Familie Eder wäre einfach zu groß.

Sehr eindringlich und fesselnd schildert Kate Hewitt diese Geschichte um Mut, Widerstand und Angst. Immer wieder geht es um Leben und Tod, um die Frage, wem man trauen darf und wer hinter den Fenstern lauert, um unerwünschte Personen zu denunzieren. Die Spannung steigt stetig, die Kriegsdramen und persönlichen Schicksale sind überaus lebendig und realistisch dargestellt, denn die Kapitel beleuchten jeweils die verschiedenen Blickwinkel von Johanna, Birgit und Lotte. Dadurch wird das Geschehen überlappend erzählt, sodass der Leser jeder der drei Schwestern gut folgen kann und keine Lücken entstehen. Wie es ein Krieg so mit sich bringt, sind Gräuel und Verzweiflung nicht zu vermeiden, auch der Roman beschönigt hier nichts!

Ein trauriges Buch, das aufzeigt, woran man sich in dunkelsten Zeiten klammern kann, wie der Glaube an Gott Kraft verleiht – jede Schwester folgt ihrer eigenen Strategie, jede sucht ihren Weg durch diese schreckliche Zeit und am Ende steht die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ausgezeichnet, wenn auch nur schwer zu ertragen.

Bewertung vom 13.09.2025
Nell, Tine

If You Fly Too Far / Resort Pureza Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Liebe im Luxusresort


Elana verliert auf einen Schlag ihren Freund, ihren Job und ihr Dach über dem Kopf. Aufgrund einer Zeitungsannonce bewirbt sie sich kurzerhand als Fitnesscoach in einem Luxusresort auf Fuerteventura und kehrt schon wenig später Berlin den Rücken. Nach einem ärgerlichen Erlebnis auf der Fähre – aufgrund einer Doppelbuchung belegt ein Fremder ihre Kabine – ist es genau dieser Fiesling, der tags darauf Trainingsstunden bei ihr bucht.

Alles verloren, Neuanfang, das kennt man doch schon? Und trotzdem ist If You Fly Too Far ein einzigartiges Leseerlebnis, das uns mitnimmt auf die schöne, ruhige Kanareninsel Fuerteventura. Elana ist bestens ausgebildet und verfügt zudem über ausreichend Erfahrung, um sich für das Luxusquartier Pureza zu qualifizieren. Keine amourösen Abenteuer mit den Gästen, das ist das oberste Gebot und klingt für Elana unproblematisch, wer will nach einer großen Enttäuschung so schnell wieder etwas von Männern wissen? Da ahnt sie allerdings noch nicht, dass Adrian sich regelmäßig in ihren Trainingsplan eintragen lässt und eigentlich gar nicht so unsympathisch ist, wie er anfangs gewirkt hat. Aus Blicken und zufälligen Berührungen wird langsam mehr, das schlechte Gewissen ringt mit dem Verlangen. Tine Nell versteht es, die prickelnden Momente in Worte zu fassen und Stimmung ebenso wie Gefühle plastisch darzustellen. Nicht nur die Hauptfiguren Elana und Adrian wecken einen sympathischen Eindruck, auch Sunny und Dario von der Rezeption muss man einfach ins Herz schließen. Die Kulisse Fuerteventuras mit endlosen Sand- und Lavastränden, geheimnisvollen Höhlen und malerischen Fischerdörfern bezaubert ebenso wie das Luxusresort mit seinen exklusiven Gästen, die sich nicht nur über kratzige Handtücher beschweren, sondern gar nach geschälten Weintrauben verlangen. Man sieht, Tine Nell verpackt ein gehöriges Maß an Humor in diese schöne Geschichte und lässt Urlaubsflair unter der Sonne aufkommen.

Selbst wer noch nie die Kanaren besucht hat, wird schnell lebendige Bilder vor Augen haben und gebannt mitverfolgen, wann Elana als Vertragsbrüchige entlarvt wird. Im Grunde ist dieser Roman in sich abgeschlossen, aber die erfreuliche Botschaft lautet: Es gibt alsbald eine Fortsetzung – nach unterhaltsamen Stunden auf Fuerteventura freue ich mich natürlich sehr darauf.