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Ellinorliest

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Insgesamt 39 Bewertungen
Bewertung vom 05.09.2025
Biedermann, Nelio

Lázár


ausgezeichnet

Nelio Biedermann, der Autor von Lázár, ist gerade einmal 22 Jahre alt. Junge Autoren gibt es viele. Die Anzahl an Autoren, die so schreiben können wie Nelio Biedermann ist gering, in diesem Alter geht sie gegen Null. Kein Wunder also, dass er als literarisches Wunderkind bezeichnet wird.
Mit deutschsprachiger Literatur tue ich mir manchmal schwer. Bei vielen Werken ist mir vieles zu sehr gewollt, die Handlung wird zu Gunsten von Sprache häufig zu sehr reduziert. Daher freut es mich umso mehr, dass bei dem vorliegenden Werk beides stimmt. Man merkt, dass jeder Satz, jedes Wort genauestens überlegt sind. Nelio Biedermann weiß genau, wann er etwas erzählen muss und wann es besser ist, eine Szene oder Situation der Vorstellung der Lesenden zu überlassen. Gleichzeitig wirkt das Ganze dabei nie bemüht.
Die Handlung ist von der Familiengeschichte des Autors inspiriert, ungarischen Adligen, die ebenfalls in die Schweiz flohen. Beim Schreiben profitierte er von diesen Erfahrungen. Das ist es aber nicht allein, was diesen Roman ausmacht. Es sind die einzelnen Personen, auch wenn sie teilweise nur am Rande vorkommen. Gerade Figuren wie der Onkel oder auch die Beschreibung von Lajos zu Beginn des Buches. Es sind diese Details, die an den richtigen Stellen platziert werden.
Der Roman will aufmerksam gelesen werden. Nicht immer ist sofort klar, aus wessen Sicht nun erzählt wird, teilweise musste ich Abschnitte zweimal lesen. Dies machte das Leseerlebnis für mich noch intensiver.
Für Lázár gibt es von mir eine ganz klare Leseempfehlung. Wenn Nelio Biedermann so weitermacht, können wir noch Großes von ihm erwarten.

Bewertung vom 22.08.2025
Everett, Percival

Dr. No


sehr gut

Es gibt mindestens genauso viele Parodien auf Agentenfilme, wie es richtige James Bond-Filme gibt. Viele davon haben ein paar gute Ideen, können diese aber nicht bis zum Schluss durchhalten. Parodien in Romanform sind noch einmal etwas anderes: Schriftlich wirkt vieles ganz anders als in Bildern. Damit hier tatsächlich alles funktioniert, bedarf es schon meisterhaften Könnens. Dieses zeigt Percival Everett einmal wieder.
Wala Kitu ist Professor an der Brown University. Sein Name bedeutet genau das, was sein Spezielgebiet ist: Nichts. Dieses für uns unvorstellbare Nichts, dass es gab, bevor das Universum entstand, das durch Schwarze Löcher entsteht. Durch dieses Spezialgebiet wird der Milliardär John Sill auf ihn aufmerksam, selbsternannter Oberschurke. Mit Wala Kitu möchte er einen Karton aus Fort Knox stehlen, der genau dieses nichts enthalten soll, und mit dem er (man ahnt es), die Weltherrschaft erreichen möchte.
Mit Wala Kitu erschafft Percival Everett einen klischeehaft absurden Mathematiker mit Asperger-Syndrom und Autismus-Spektrum-Störung, der durch diese Mischung aus messerscharfem Verstand und unglaublicher Naivität äußerst liebenswürdig wirkt, ein bisschen wie eine Mischung aus Don Tillman und Sheldon Cooper. Klar, dass dies zu aberwitzigen Konstellationen und Situationen führt. Gepaart ist das Ganze mit jeder Menge Mathematik und Philosophie, wobei man manchmal nichts versteht (zwinker zwonker). Percival Everett wird dabei nie geschmacklos und ist stilistisch wie immer perfekt. Ihm gelingt eine großartige Satire, die nebenbei genauestens Rassismus und Machtgefüge durchleuchtet.
Humor ist oft ein schwieriges Thema und so wird Dr No mit Sicherheit nicht allen gefallen. Ich fand es toll geschrieben und habe mich sehr amüsiert. Und der letzte Satz des Buches ist der perfekte Abschluss.

Bewertung vom 18.08.2025
Kitamura, Katie

Die Probe


sehr gut

Die Probe ist eines jener Bücher, bei denen man auf keinen Fall zu viel vom Inhalt verraten darf. Ich gehe hier daher nur auf den ersten Teil des Textes ein. Eine erfolgreiche, schon etwas ältere Schauspielerin trifft sich zum Lunch mit einem jungen attraktiven Mann. Eine Konstellation, die von Außenstehenden leicht verurteilt werden könnte. Doch auch eingeweihte Personen staunen über das Treffen: Der junge Mann behauptet nämlich, er wäre der Sohn der Schauspielerin. Dies ist jedoch unmöglich, die Frau hat nie ein Kind geboren.
Weiter möchte ich auf den Inhalt gar nicht eingehen, der Text soll für sich selbst sprechen. Katie Kitamura gelingt es erneut, in einem kurzen Text eine unglaublich intensive Atmosphäre aufzubauen. Sie zerlegt dabei offensichtliche Gedanken, spricht aber gleichzeitig Ungeahntes aus. Besonders der erste Teil von Die Probe ist dabei besonders beeindruckend. Für den zweiten Abschnitt bedarf es eines kurzen Innehaltens und sich Zurechtfindens, vermutlich werden einige Fragezeichen auftauchen. Zum Schluss löst sich alles auf, dennoch bleibt ein leicht verstörender Eindruck zurück.

Bewertung vom 18.08.2025
Kornmüller, Jacqueline

6 aus 49


sehr gut

Habt ihr schon mal Lotto gespielt? Ich mache es hin und wieder, immer dann, wenn der Jackpot besonders voll ist. Als ich das erste Mal gespielt habe, dachte ich, ich hätte die ultimative Strategie und alle anderen könnten einpacken. Naja, ich sitze immer noch hier, war also nichts.
Auch Lina in 6 aus 49 spielt gerne Lotto. Sie macht das sogar ganz leidenschaftlich. Sie überlegt sich die Zahlen ganz genau und spielt teilweise sogar mit System. Aufgewachsen ist sie in bitterster Armut, einer Armut, die verboten gehört, wie sie sagt. Fast noch ein Kind muss sie von zu Hause weg und arbeiten. In einem Münchner Nobelhotel muss sie zunächst Kupferkessel schrubben, bis sie von einer Angestellten unter die Fittiche genommen wird. Lina lernt kellnern und hat fortan nur noch einen Wunsch: sie möchte ein eigenes Hotel aufbauen. Mit Geschick, Fleiß, unermüdlichem Einsatz, Hartnäckigkeit und auch ein wenig Glück gelingt ihr dies schließlich. In Garmisch Bindestrich Partenkirchen eröffnet sie gemeinsam mit ihrer Freundin Maria die Amalie.
Lina mochte ich sehr. Sie ist eine willensstarke, ehrgeizige Frau, die gleichzeitig aber auch ein Herz aus Gold hat. Lina kümmert sich um ihre Mitmenschen, versucht so gut sie es vermag zu helfen. Dem entstehenden und sich etablierenden Nationalsozialismus steht sie äußerst skeptisch gegenüber. Dieser wird im Laufe des Buches auch immer wieder kritisiert, genauso wieder die mangelnde Aufarbeitung.
Ich kenne in der deutschsprachigen Literatur wenig süddeutsche Texte. Es gibt viel aus Norddeutschland und noch manches aus Österreich, Bayern fehlt jedoch fast immer. Wenn dann sind es oft klamaukige Bücher. Daher freue ich mich, endlich eine Autorin entdeckt zu haben, die diese Lücke abdeckt. Auch wenn ich mir das Lottothema noch stärker gewünscht hätte und sich das Buch im letzten Drittel etwas verliert, habe ich es wirklich gerne gelesen. Mir gefiel die Sprache sehr, es war teilweise ein besonderer Humor.
Eine schöne leichte Lektüre, die zwischendurch auch nicht an Tiefgang vermissen lässt.

Bewertung vom 13.08.2025
Fonthes, Christina

Wohin du auch gehst


ausgezeichnet

Wohin du auch gehst ist das Debüt der kongolesischen Autorin Christina Fonthes. In ihrem Roman verwebt sie sehr geschickt zwei Handlungsstränge. Der erste beginnt Anfang der Achtzigerjahre in Kinshasa. Mira wächst dort behütet auf, ihr Vater hat es vom Flugzeugmechaniker in eine hohe politische Position gebracht. Sie verliebt sich in einen Musiker, der von der Familie als nicht standesgemäß betrachtet wird. Als sie Schwanger wird, nimmt ihre Schwester das Kind und Mira wird nach Europa geschickt. Der zweite Strang handelt von Bijoux, die in London bei ihrer Tante Mireille lebt. Diese ist sehr religiös und Bijoux soll ebenfalls so leben. Von ihr wird erwartet, dass sie bald heiratet und Kinder bekommt. Doch Bijoux ist lesbisch, etwas für die Gemeinde völlig inakzeptabeles, das ihr ausgetrieben werden muss.
Der Zusammenhang zwischen beiden Handlungen wird bald klar. Auch gibt es in jedem Teil des Buches ein Geheimnis, das mir meist schon vorher klar war. Dennoch liest sich das Buch unglaublich gut und spannend. Christina Fonthes hat sehr interessante, vielschichtige Charaktere erschaffen. Sowohl Mira als auch Bijoux müssen sich immer wieder neu finden, das Leben legt ihnen ständig neue Steine in den Weg. Doch beide wissen zu kämpfen, finden auch nach einem Rückschlag immer einen neuen Weg. Besonders Mira macht enorme Entwicklungen durch, die beinahe ihre gesamte Persönlichkeit verändern.
Für mich ist Wohin du auch gehst ein großes Highlight, das unglaublich viele Themen anspricht und unseren Blick mal wieder auf Orte lenkt, an die wir viel zu selten denken. Große Leseempfehlung!

Bewertung vom 07.08.2025
Engelmann, Julia

Himmel ohne Ende


sehr gut

Über das Alter der Zielgruppe von Coming-of-Age-Romanen bin ich lange hinaus. Das bedeutet aber nicht, dass ich solche Bücher nicht gerne lese und ich sie nicht mag. Es ist sogar fast eher das Gegenteil: Ich habe nun den entsprechenden Abstand zu dieser Zeit, sehe alles mit den Augen einer Erwachsenen. Dennoch kann ich mich in vieles noch sehr gut hineinfühlen.
So hat auch Himmel ohne Ende einiges in mir ausgelöst. Gerade Freundschaften, die (plötzlich oder langsam) auseinanderbrechen, sind ein Thema, mit dem ich - und vermutlich sehr viele andere auch - mich sehr gut identifizieren kann.
Eine solche Freundschaft ist auch bei der fünfzehnjährigen Charlie gerade zu Brüche gegangen. Ihre bis dahin beste Freundin Kati hat jetzt andere Freunde und Charlie steht alleine da. Zuhause ist es auch nicht gerade einfach. Der Vater hat die Familie vor einigen Jahren verlassen, die Mutter hat seit kurzem einen neuen Freund, den Italiener, mit dem Charlie jedoch nicht sonderlich warm wird. Momentan ist ihr einziger Freund Markus, ihr Meerschweinchen. Doch dann taucht Pommes auf und das Jahr scheint auf einmal gar nicht mehr so schlimm zu werden.
Himmel ohne Ende ist sehr gut lesbar geschrieben, ich bin nur so durch die Seiten gerauscht. Die Sprache ist ganz eindeutig die Stärke dieses Romans. Inhaltlich gab es vieles, was ich sehr nachvollziehbar fand, viele Situationen, die mir sehr bekannt vorkamen. Was mich lediglich ein wenig störte war, dass mir manches einfach ein wenig zu glatt lief. Ich finde es zwar sehr schön, dass Pommes so plötzlich als neuer bester Freund zur Stelle ist, der sich gleichzeitig auch mit allen anderen super versteht und Charlie sozusagen unter seine Fittiche nimmt. Ob ich das so glauben kann, weiß ich aber nicht.

Bewertung vom 06.08.2025
Hughes, Siân

Perlen


sehr gut

Perlen war ganz anders als erwartet. Ich hatte mir zwar natürlich den Klappentext durchgelesen, der (im Gegensatz zu manch anderem Buch) auch wirklich dem Inhalt entspricht. Man macht sich davor dann Gedanken, wie die Geschichte aussehen könnte. Manchmal trifft die Vorstellung dann zu, manchmal ist das Buch dann ganz anders. Perlen war positiv anders. Der Roman lebt von Bildern, von Erinnerungen. Hauptthema ist Trauerbewältigung: Marianne versucht ihr halbes Leben lang zu verstehen, warum ihre Mutter plötzlich spurlos verschwand, als sie acht Jahre alt war. Die Polizei suchte nach ihr, doch der Fall wurde nie wirklich geklärt und auch Mariannes Gefühle wurden nicht richtig aufgearbeitet.
Sîan Hughes beschreibt äußerst feinfühlig, was in Marianne vorgeht, wie sie versucht, mit ihrem Leben zurechtzukommen. Der Verlust der Mutter ist immer präsent. Das im Klappentext erwähnte Geheimnis war für mich weniger erschütternd, als die sich letztendlich daraus ergebenden Konsequenzen. Es grenzt fast an ein Wunder, dass Marianne sich trotz aller Widrigkeiten so positiv entwickelt hat.
Ein sehr lesenswertes Buch.

Bewertung vom 29.07.2025
Kuhn, Yuko

Onigiri


sehr gut

Keiko kam vor vielen Jahren aus Japan nach Deutschland. An verschiedenen Goetheinstituten lernte sie die Sprache, zog von Stadt zu Stadt. Sie heiratete reich, was in den Augen ihrer japanischen Familie als großes Glück gilt. Die Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, ist mittlerweile geschieden. Keiko ist inzwischen dement, schafft es bei diversen Terminen mit Therapeuten etc. jedoch immer, völlig normal zu wirken. Als Keikos Mutter stirbt, zögert Keikos Tochter Aki zunächst, ob sie mit ihr nach Japan fliegen soll, um sie nicht aus der gewohnten Umgebung zu reißen. Sie wagt den Schritt schließlich doch und lernt auf der Reise noch einiges über ihre Mutter.
Onigiri ist das Debüt der deutsch-japanischen Autorin Yuko Kuhn. Dieser Hintergrund, das selbst erlebte Aufeinandertreffen der beiden Kulturen, macht den Roman besonders authentisch. Es sind die vielen Details, die deutlich machen, dass die Autorin weiß wovon sie spricht. Daneben sind es aber ihr Erzählstil und vor allem ihre Sprache, die das Buch besonders machen. Immer wieder musste ich beim Lesen innehalten, um mir Sätze auf der Zunge zergehen zu lassen.
Besonders Keiko hat mich fasziniert, wie sie sich in einem fremden Land zurechtfindet, die Schwierigkeiten, mit denen sie in ihrer deutschen Familie zurechtkommen muss, dieses ständige Leben zwischen zwei Kulturen: sie ist noch keine richtige Deutsche, eine richtige Japanerin ist sie aber auch nicht mehr.
Ein sehr lesenswertes Debüt.

Bewertung vom 27.07.2025
Rivera Garza, Cristina

Lilianas unvergänglicher Sommer


sehr gut

Liliana Rivera Garza ist eine mexikanische Studentin. Sie ist bei den anderen Studierenden beliebt, kümmert sich sehr um ihre Freundinnen. Einige ihrer männlichen Kommilitonen hätten gerne eine Beziehung mit ihr, Liliana ist ihr Unabhängigkeit jedoch sehr wichtig. Mit etwa 18 begann sie eine Beziehung mit Ángel González Ramos, die sie jedoch nach einem halben Jahr wieder beendete. Ángel konnte dieses Ende allerdings nie wirklich akzeptieren, immer wieder umwarb er sie. Liliana gab immer wieder nach, beendete die Beziehung jedoch endgültig. Eine Ende das Ángel nicht akzeptieren kann: Am 16. Juli 1990 ermordet er Liliana. Er wurde von der Polizei zur Fahndung ausgeschrieben und ist seitdem auf der Flucht.
Der Mord an Liliana ist nur einer von unzähligen Femiziden, die jedes Jahr in Mexiko und weltweit geschehen. Die meisten von ihnen werden nie aufgeklärt oder auch nur geahndet. Zurück bleibt immer eine entsetzliche Lücken, trauern viele um (meist) junge Frauen, die nur aus einem Grund ermordet wurden: Sie wurden aus Hass auf ihr Geschlecht getötet.
Cristina Rivera Garza ist Lilianas Schwester. Sie war tief getroffen von deren Tod und lange Zeit fühlte sie sich hilflos. Erst 2019, 29 Jahre nach der Ermordung ihrer Schwester macht sie sich auf die Suche nach der Wahrheit. Unter großen Schwierigkeiten versucht sie, die Akte über den Fall zu erlangen. Vor allem versucht sie aber, ihre Schwester zumindest teilweise wieder zum Leben zu erwecken: Durch akribische Recherche und Gespräche mit Lilianas Freunden. Außerdem führte Liliana lebhaft Tagebuch, hinterließ viele Notizen und schrieb auch sehr viele Briefe, die teilweise nie abgeschickt oder glücklicherweise von den Empfängern aufbewahrt wurden. Dadurch entsteht ein ausführliches Bild einer jungen Frau. Cristina beschreibt auch, wie es zu dem Femizid kommen konnte und wieso damals niemand die Warnhinweise erkannte.
Lilianas unvergänglicher Sommer ist ein sehr eindringliches Buch, dass durch die wahren Begebenheiten zusätzlich an Bedeutung gewinnt, die eine fiktive Geschichte nie erreichen könnte. Die Autorin schafft es, Worte für etwas zu finden, für das es oft keine gibt.

Bewertung vom 22.07.2025
Hauff, Kristina

Schattengrünes Tal


ausgezeichnet

Lisa und Simon sind seit vielen Jahren verheiratet. Die beiden haben eine fast Erwachsene Tochter, die aktuell ein Auslandsjahr macht. Lisa macht im elterlichen Hotel die Buchhaltung, arbeitet zusätzlich im örtlichen Tourismusbüro; Simon ist Förster. Die beiden leben schon immer in der kleinen Stadt mitten im Schwarzwald. Eines Tages taucht eine Fremde im Hotel auf, Daniela. Sie knüpft schnell Kontakt zu diversen Personen, macht sich auch im Hotel bald unentbehrlich. Doch wer ist diese Person und wieso wenden sich so viele Lisa nahestehende Personen auf einmal gegen sie?
Schattengrünes Tal ist mein drittes Buch von Kristina Hauff und meiner Meinung nach das bisher schwächste. Ich mochte das Setting sehr gerne, alles wirkt sehr realistisch, man hat sofort eine genaue Vorstellung von allen Gegebenheiten. Was weniger realistisch ist, sind die Figuren bzw. ihr Verhalten. Besonders Daniela und Simon sind in meinen Augen unglaubwürdig. Ich kenne manipulative Personen wie Daniela und es gibt kaum einen Typ Mensch, den ich weniger mag. Das ist aber nicht, was mich hier stört. Vielmehr weiß ich, dass auch manipulative Personen irgendwo an ihre Grenzen stoßen. Zu einer Manipulation gehören immer zwei, nicht jede*r ist so leicht beeinflussbar. Besonders in einer Region, die als eher verschlossen gilt, erscheint es mir daher völlig unglaubwürdig, dass sich jeder, aber wirklich jeder, von einer ihm fast völlig fremden Person derart lenken lässt. Daneben ist es Simons Verhalten, dass mir äußerst absurd erscheint. (Achtung Spoiler!) Er kennt Daniela sehr gut, weiß genau, wie sie tickt. Dennoch erwähnt er mit keinem Wort ihre frühere Beziehung. Ein paar Sätze von ihm zu Beginn und alles wäre aufgelöst gewesen. Das fand ich nicht nur von Simon sehr schwach, auch als erzählerisches Mittel ist es nicht das beste.