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Leseigel
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Villingen

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Insgesamt 1101 Bewertungen
Bewertung vom 07.10.2025
Specht, Heike

Die Frau der Stunde


ausgezeichnet

Eine kluge, ambitionierte Frau im Bonner Haifischbecken
Bonn 1978 Deutschland ist immer noch geteilt und die Politik wird in Bonn gemacht. Und dies durch eine männliche, in die Jahre gekommene Männerriege und manche davon mit zweifelhafter Vergangenheit. Mittendrin die liberale Abgeordnete Catharina Cornelius, die unerwartet Außenministerin wird, weil ihr Parteikollege wegen einer persönlichen Verfehlung zurücktreten muss. Nun muss sich Catharina im Bonner Küngel durchsetzen. Wahlen stehen an und die Machtverhältnisse könnten sich ändern. Catharina, die nur den Platzhalter spielen sollte, soll als Bauernopfer dienen . Doch die Außenministerin ist klug, hat einen messerscharfen Verstand und denkt nicht daran, ihren Posten kampflos aufzugeben. Sie beschließt, sich mit den Waffen der männlichen Kollegen zu wehren.
Ich war vom Buch begeistert. Es liest sich fesselnd wie ein Krimi und gibt interessante und in meinen Augen realistische Einblicke in den Politikbetrieb. Und ich neige dazu, zu behaupten, es ist auch heute noch so. Gereizt hat mich die Idee, dass eine Frau ein hohes politisches Amt übernimmt zu einer Zeit, als die Gesellschaft männlich dominiert war. So ist es noch gar nicht so lange her, dass das Gesetz abgeschafft wurde, das Frauen eine Berufstätigkeit ohne Zustimmung des Ehemannes verbietet. Ich fand Catharina sympathisch, aber sie ist keine Heilige , sondern will ihr Amt auf jeden Fall behalten.
Ein weiterer Grund , warum mir der Roman so gut gefallen hat, sind zum einen die Nebenschauplätze. Catharina ist Teil eines Freundinnentrios aus Internatstagen. Mit der Iranerin Azadeh erlebe ich die Euphorie der Iranerinnen, als die Revolution gegen den Schah beginnt und die Enttäuschung, als Khomeini an die Macht kommt. Zum anderen wurden Erinnerungen wach. So gab es noch keine Handys und es wurde immer und überall geraucht wie ein Schlot . Ein weiteres Vergnügen war es, zu rätseln, wer wohl als Vorbild für die einzelnen Politiker und sonstigen Prominenten gedient haben mag.
Für mich war der Roman ein absolutes Highlight meines bisherigen Lesejahres.

Bewertung vom 06.10.2025
Daniel, Sibel

Sturmtage


sehr gut

Liebe und Verrat in dunkler Zeit
Die Autorin erzählt die Geschichte der jungen Johanna von Fehrsburg , die behütet auf dem Gut ihres Vaters aufwächst. Die Handlung beginnt 1932, eine Zeit, in der die Weimarer Republik in Agonie liegt und der Nationalsozialismus unerbittlich sein Haupt erhebt. Johannas Bruder Karl-Georg sitzt für die SPD im Reichstag. Johanna erhält die Erlaubnis, ihren Bruder in Berlin zu besuchen und wird Teil seines Freundeskreises, alle entschiedene Gegner der Nazis. Dort lernt sie den Norweger Sven kennen und verliebt sich in ihn. Als die Nazis die Macht ergreifen, fliehen die Geschwister nach Norwegen. Hier lernt Johanna die Höhen und Tiefen der Liebe kennen.

Mir hat sehr gut gefallen, wie die Autorin den Alltag Johannas mit den historischen Ereignissen verknüpft. Der Glaube, dass es schon nicht so schlimm kommt, bis hinzu ihrer Flucht bei Nacht und Nebel , um das nackte Leben zu retten, erhalten so mehr Lebendigkeit. Mich hat der Enthusiasmus der jungen Leute und ihre Bereitschaft, für die Freiheit zu kämpfen, sehr berührt. Gleichzeitig war der Kontrast zur Brutalität des Hitlerregimes um so eindrücklicher. Besonders eindringlich sticht das für mich in der Beschreibung des letzten Reichstagssitzung mit allen Parteien ins Auge.

Normalerweise enden Romane aus dieser Zeit mit der Flucht. Hier wurde zu meiner Freunde das Leben in der Fremde geschildert. Auch dort steht der Kampf gegen die Diktatur im Mittelpunkt. Die Geschichte wird dann persönlich, als Johanna sich verliebt und dafür alles aufgibt, was ihr bisher etwas bedeutet hat. Dieses Verhalten habe ich nur bedingt verstanden, denn Johannas große Liebe war mir unsympathisch. Wie bereits in Berlin gibt es auch im Exil Menschen, die die bereit sind, andere zu verraten und mit dem Tode zu bedrohen. Das Ende des Buches ist versöhnlich und lässt mich neugierig auf die Fortsetzung warten.

Bewertung vom 05.10.2025
Schwarz, Gunnar

Sündiges Blut (Thriller)


ausgezeichnet

Ein Ritualmörder und jede Menge offener Fragen
Wieder einmal konfrontiert mich der Autor mit einem bizarren und grausamen Fall, der mich in seinen Bann zieht .Junge Frauen, die alle Verbindungen zur Kirche haben, werden auf unmenschliche Weise getötet. Da liegt ein religiöser Bezug nahe. Es gibt zudem ein Manifest des Täters mit kryptischen Symbolen . Ein Spezialist wird hinzugezogen und befeuert die schlimmsten Vermutungen der ermittelnden Beamten , Jana Bein und Oliver Markquart. Trotzdem bleiben Motiv und Täter im Nebel. Wie ich es vom Autor gewohnt bin und was ich liebe, gibt es einen grandiosen Showdown, der mich dieses Mal befürchten lässt, dass es keine Fortsetzung geben wird, was ich sehr bedauern würde.

Was mir gut gefallen hat, es gibt auch zwischenmenschliche Probleme der beiden Kollegen, die sich auf den Fall auswirken. Besonders Jana kämpft mit den Auswirkungen ihres letzten Falls. Das war in meinen Augen realistisch und nachvollziehbar dargestellt. Die Motivation des Täters hat mich nur bedingt überzeugt, was ich aber verschmerzen konnte , denn seine psychischen Probleme standen im Vordergrund. Da muss nicht alles logisch sein. Der Fall selbst war erneut nichts für schwache Nerven, spannungsgeladen und der Täter blieb bis zum Schluss im Dunkeln.

Bewertung vom 03.10.2025
Meyrick, Denzil

Der Tote im Kamin (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Spannender , englischer Krimi mit überraschenden Ende
Mich hat schon der Titel neugierig gemacht. Da hatte ich sofort Bilder von alten Herrenhäusern und Teegesellschaften im Kopf. Und dann noch ein Inspector, der strafversetzt wird, weil er Pferde entkommen ließ . Da bedarf es keiner weiteren Überlegung , den Krimi in die Hand zu nehmen.

Die Geschichte bietet alles, was ich von einem gelungenen englischen Cosy Crime erwarte. Da ist ein kleines Dorf voller skurriler Bewohner. Hier nimmt für mich Hetty Gaunt, die Pensionswirtin unseres Inspectors Frank Grasby , den ersten Platz meiner Hitliste ein. Ihr ständiger Begleiter ist ein Rabe und sie hat Visionen. Dann gibt es ein sehr unsympathisches adliges Ehepaar und ein paar Constables , die mehr durch ihre Eigenheiten auffallen als durch ihr berufliches Können. Wer mir sehr ans Herz gewachsen ist, ist Grasbys Vater, ein pensionierter Geistlicher mit Hang zu alkoholischen Getränken. Mit unserer Hauptperson Inspector Grasby habe ich mich zu Beginn etwas schwer getan. Seine Vorgeschichte ließ mich an seinen beruflichen Fähigkeiten zweifeln. Zu Unrecht wie ich im verlaufe der Ermittlungen zu meiner Freude feststellen durfte. Er erzählt die Ereignisse selbst und so hatte ich tiefe Einblicke in seine Überlegungen zu m Fall, aber auch vielen anderen Dingen. Es war nicht immer einfach seinen etwas sprunghaften Gedankengängen zu folgen, die oft ungewöhnliche Wege gingen. Er war auf jeden Fall immer für eine Überraschung gut und wurde nicht nur einmal mit dem Tode bedroht. Der Fall selbst scheint zu Beginn harmloser Natur, nimmt dann schnell Fahrt auf und entwickelt sich zu einem Komplott , das ich so nicht erwartet habe. Die Verdächtigen und Motive sind zahlreich und bieten reichlich Gelegenheit zu Spekulationen. Wie dann alles zusammenhängt und wer die wirklichen Übeltäter sind, ergibt sich erst am Ende und hatte für mich einige Überraschungen parat.

Ich habe den Krimi mit viel Vergnügen gelesen und fand ihn absolut spannend

Bewertung vom 30.09.2025
Kästner & Kästner

Tatort Hafen - Die letzte Fähre nach Dockland / Wasserschutzpolizei Hamburg Bd.3


ausgezeichnet

Tödliche Geheimnisse
Erneut lässt mich das Autorenduo in die faszinierende Welt des Hamburger Hafens eintauchen und macht ihn zum Schauplatz eines fesselnden Falles gepaart mit viel interessanten Fakten rund um Hamburg.

Alles beginnt mit dem Tod von Melanie Cullmann. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf den Ehemann Fred, der von Trauer gebeugt, auf Rache sinnt. Seine Vorgeschichte und seine Verbindungen zum Kiez machen trotzdem seine Täterschaft mehr als wahrscheinlich. Und das Opfer selbst ? Auch hier liegt vieles im Verborgenen, was ihre ehrbare Fassade Risse bekommen lässt. Die Lösung des Falles ist in meinen Augen an Tragik kaum zu überbieten.

Die Bände der Reihe können gut unabhängig von einander gelesen werden. Wer aber den Vorgängerband kennt, freut sich - so wie ich - , dass eine kleine Begebenheit daraus nun zum Dreh-und Angelpunkt des neuen Falles wird. Gut gefallen hat mir, dass es dieses Mal Verbindungen zum Kiez gibt, auch dies ein bekannter Hamburger Schauplatz. So erfahre ich einiges über den dort herrschenden Ehrenkodex - so fern man von Ehre sprechen mag . Eine Person, die mir im Buch ans Herz gewachsen ist, war Schrotti , ein alter Barkassenkapitän, den das Leben arg gebeutelt hat . Er war der ausgleichende Pol ,dessen Lebensweisheiten mir gut gefallen haben. An passender Stelle wurden interessante Fakten und historische Besonderheiten des Hafens eingeflochten. Dadurch habe ich etwas über die Containerschifffahrt gelernt und weiß nun , was hinter dem Begriff “Kaffeeklappe ” steckt. Insgesamt ergibt sich ein facettenreiches Bild des Hafens und zusammen mit dem spannenden und dieses Mal für mich berührenden Fall ein tolles Leseerlebnis.

Bewertung vom 30.09.2025
Bateman, Sonya

The Lodge Ein fesselnder Psychothriller mit Suchtpotenzial (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Tödliches Klassentreffen
Der Abschluss an der Westgate Highschool liegt 15 Jahre zurück, als die Mitglieder der damals angesagtesten Clique die Einladung zu einem kostenlosen Aufenthalt in einem abgelegenen Luxus-Resort bekommen, um diesen Anlass zu feiern. Obwohl es eigentlich keinen Grund zum Feiern gibt, denn damals verschwand die Anführerin der Gruppe, Modesty und ein Junge starb. Besonders Leona und Desiree fürchten, dass ihre Geheimnisse ans Licht kommen. Bald wird nur allzu offensichtlich , dass jemand plant, dass die Gäste das Resort nicht lebend verlassen. Das war im Ansatz zu ahnen, aber doch mit erschreckenden Details überraschend.

Desiree und Leona erzählen die Ereignisse abwechselnd und so erfahre ich die damaligen Ereignisse häppchenweise und aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Dadurch ergibt sich allmählich ein Bild der früheren Ereignissen. Das war sehr spannend gemacht. Hinzu kommt, dass auch die aktuellen Geschehnisse immer beängstigender werden . Beide Handlungsstränge haben mich in Atem gehalten. Es war bis kurz vor Ende nicht eindeutig, wer das Ganze inszeniert hat. Ich hatte verschiedene Personen in Verdacht , weil sie einen Grund hatten, die Ereignisse von damals unter Verschluss zu halten. Spätestens nach einem neuen Zwischenfall stand ich wieder am Anfang. Gut gefallen hat mir, dass ein Großteil der Ängste sich daraus ergab, dass die Beteiligten nicht offen miteinander waren.

Der Thriller war für mich fesselnd, weil durch die unterschiedlichen Zeitebenen und Perspektiven ein hoher Spannungsfaktor erzeugt wurde. Ich wusste lange Zeit nicht, was ich glauben sollte. Das Ende war dann nochmals ein echtes Highlight.

Bewertung vom 26.09.2025
Bender, Jochen

Hurlebaus und das rote Kleid


ausgezeichnet

Spannend und eine gute Dosis Lokalkolorit
Dies ist meine erste Ermittlung zusammen mit Kommissar Hurlebaus und seiner Kollegin Olga, Was aber kein Problem war, denn ich konnte gut in die Handlung eintauchen. So ungewöhnlich wie der Name des Kommissars ist sowohl der Namensträger als auch der Fall.

Katharina, die Wirtin eines kleines Lokals in Stuttgart, wird von ihrem Bruder als vermisst gemeldet. Sie war alleinstehend und hat durch ihr aufbrausendes Wesen polarisiert. Olga, die für Vermisstenfälle zuständig ist, kümmert sich um den Fall. Es gilt ein Verbrechen auszuschließen . Vieles spricht dafür, dass die Vermisste ein neues Leben ohne alte Verpflichtungen beginnen wollte. Dann geschehen mehrere Dinge gleichzeitig und ich befinde mich plötzlich mitten in einer hochexplosiven und undurchsichtigen Situation. Es gibt einen Anschlag auf Hurlebaus , gerade als er in Sachen Katharina telefoniert. Plötzlich schrillen sämtliche Alarmglocken - Mafia !

Während sich Hurlebaus Kollegen um den Mordanschlag kümmern, arbeitet er intensiv an der Vermisstensache, da ein Verbrechen nun wahrscheinlicher ist. Es gibt einige Verdächtige, aber jeder hat ein wasserdichtes Alibi. Auch die Frage nach dem Motiv bleibt offen. Das einzig wiederkehrende Detail ist das rote Kleid, das Katharina kurz vor ihrem Verschwinden getragen hat . Die Ermittlungen in beiden Fällen nehmen immer mehr Fahrt auf. Während beim Mordanschlag auf Hurlebaus mein Entsetzen über die gesamten Umstände überwiegt, hat mich Katharinas Fall eher traurig gestimmt. Geht es bei dem einem um Geld und Macht, spielen im zweiten Einsamkeit und unerfüllte Liebe eine wichtige Rolle.

Hurlebaus hat einige Ecken und Kanten und ich fand ihn gerade deswegen sehr sympathisch und überzeugend. Wenn ich ihm etwas vorwerfen wollte, dann dass er dazu neigt, wenig Geduld im Umgang mit seinen Mitmenschen zu haben . Auch mit dem Einhalten von Vorschriften nimmt er es nicht so genau. Wer mir auch gut gefallen hat, war Olga , die für die leisen Töne zuständig ist .

Mich hat der Krimi sehr gut unterhalten. Ich fand die Fälle sehr interessant und packend, untermalt mit einigem Lokalkolorit . Auch die Einblicke in das Seelenleben der beiden Beamten empfand ich als gelungen, was mir sonst nicht so gefällt.

Bewertung vom 21.09.2025
Benedict, Emilia

Stegnontitis (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Überführte Täter und dennoch viele Ungereimtheiten
Ich habe alle Bücher der Reihe rund um die Polizeibeamten Aidan Carter und Ethan Jones gelesen und fand sie alle gleichermaßen spannend und die Fälle erfrischend ungewöhnlich. Dementsprechend hoch war meine Erwartungshaltung.

Bereits den Prolog fand ich erschreckend und ließ in meinen Augen das schlimmste befürchten. Ist es normalerweise so, das ein Verbrechen geschieht und die Ermittler den Täter suchen, hat die Autorin dies hier auf den Kopf gestellt. Es gibt mehrere Morde. Dier Tathergang ist fast identisch. Die Täter sind bekannt. Und dennoch gibt es mehr Fragen als Antworten. Das hindert Aidans Vorgesetzten nicht daran, die Fälle als abgeschlossen zu behandeln. Zumal ihm der Bürgermeister im Nacken sitzt und ein angesehener Psychologe dies vehement unterstützt. Ich gebe zu, auch mir hat diese Lösung nicht gefallen. Es ergab zwar im kleinen Sinn, aber nicht in der Gesamtschau. Aidan wäre nicht der hartnäckige Ermittler, als den ich ihn schätzen gelernt habe, wenn er die Sache auf sich beruhen ließe. Klar, dass sein Team ihn tatkräftig unterstützt. Ein wichtiger Hinweis kommt dieses Mal vom grummeligen Rechtsmediziner Dr. Harris, den ich von Fall zu Fall mehr mag. Und wie so oft, habe ich erstmal einen konkreten Ansatzpunkt, ergeben sich viele wichtige Spuren fast von selbst.

Auch Aidans Ehefrau Jessica, die Kriminalromane schreibt, ist nicht untätig. Sie ist von den verwirrenden Tatsachen ebenso fasziniert wie ich und geht eigenen Theorien nach. Sowohl Aidan als auch Jessica können nicht ahnen, welches monströses Ausmaß das Verbrechen hat und dass dem Täter jede menschliche Regung fremd ist. Das führt mich zu einem unglaublichen Finale.

Die Autorin konnte mich wieder mal in ihren Bann ziehen. Der Fall war fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite. Gut fand ich auch, dass es andere spannende Handlungsstränge gibt, die gegen Ende gekonnt zusammengeführt werden. Dabei gab es auch einige Überraschungen. Mag der eine oder andere Aspekt der Handlung vielleicht eher unwahrscheinlich erscheinen, fand ich das Gesamtpaket absolut lesenswert und hoch spannend

Bewertung vom 21.09.2025
Tägder, Susanne

Die Farbe des Schattens


ausgezeichnet

Bewegender Fall in der Zeit kurz nach der Wende
Allein schon das Cover gibt einen Vorgeschmack auf die Atmosphäre des Krimis - düster und ein emotionales Verbrechen. Das Buch spielt 1992 in Mecklenburg. Der Hamburger Hauptkommissar Arno Groth wurde eher unfreiwillig dorthin versetzt. Die Umgebung empfindet er als trübselig, die Arbeit als eintönig. Da reißt ihn die Suchmeldung nach einem 11jährigen Jungen aus seiner Lethargie. Die allgemeine Suchroutine beginnt ohne konkretes Ergebnis. Die Befragungen laufen schleppend. Die Menschen hegen großes Misstrauen gegen den Westler und haben Angst, in etwas verwickelt zu werden. Dann wird die Leiche des Jungen gefunden. Ein Täter ist schnell gefasst. Groth hegt seine Zweifel, wird aber nicht gehört. Ein schneller Fahndungserfolg ist dem scheidenden Vorgesetzten wichtig, da es seine Karriere weiter befeuern kann. Nach dessen Weggang nimmt Groth die Ermittlungen erneut auf. Ein Kollege, der bereits zu DDR-Zeiten als Polizist dort tätig war, bringt einen länger zurückliegenden Fall ins Spiel . Groth ist nicht breit aufzugeben, denn er will Gerechtigkeit für die Opfer und Seelenfrieden für sich.
Ich habe die Stimmung des Krimis nach den ersten Seiten als trostlos empfunden. Dazu beigetragen hat sicher auch, dass der Fall im Winter spielt. Dann ist für mich der gewaltsame Tod eines Kindes immer besonders bewegend und verstörend. Die Menschen wirkten auf mich ablehnend. Das fand ich aber in der Zeit kurz nach der Wende nachvollziehbar, als alte Sicherheiten wegbrachen und die Zukunft ungewiss war.
Groth war für mich kein einfacher Mensch. Er leidet unter seinen persönlichen Verletzungen und wirkte auf mich wie ein Eigenbrötler. Ich habe lange gebraucht, um seine Qualitäten zu schätzen und ihn für seine Beharrlichkeit und Gerechtigkeitssinn zu mögen. Mir hat gut gefallen, wie die Ermittlungsarbeit dargestellt wurde. Die Beamten haben jeden Stein umgedreht, um verwertbare Hinweise zu erhalten. Deshalb fand ich die Lösung des Falles auch überzeugend, da sie das Ergebnis der Nachforschungen abbildet. Und war das Buch zu Beginn düster, empfand ich das Ende als hoffnungsvoll und voller Aufbruchsstimmung.

Bewertung vom 13.09.2025
Abel, Susanne

Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104


sehr gut

Ein Buch voller Liebe, Emotionen und Schrecken
Die Autorin erzählt die Geschichte der beiden Kriegswaisen Margret und Hardy und beispielhaft an ihnen das Grauen und den Schrecken der in den Heimen - egal unter welcher Führung - geherrscht hat.

Die ältere Margret kümmert sich um den jüngeren Hardy, der Vertrauen zu ihr fasst. Als Angehörige von Margret gefunden werden, trennen sich ihre Wege für einige Jahre, Jahre , die für beide weiteres Leid bringen. Als Margret Hardy durch Zufall wieder findet, wollen sie zusammen bleiben und versuchen eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Doch immer wieder machen ihnen die erlebten Traumata das Leben schwer. Die beiden heiraten und finden in meinen Augen das Glück im anderen. Doch der erlebte Schrecken hat auch Auswirkungen auf das weitere Familienleben.

Ich glaube, ich habe noch nie ein Buch gelesen, das so voller Schrecken war und mich fassungslos und zugleich wütend gemacht hat. Die Grausamkeiten, die geschildert werden, waren in ihrer Fülle und Ausmaß fast nicht auszuhalten. Besonders da mir bewusst war, dass es keine Fiktion ist, sondern es sich so in unserem Land zugetragen hat. Misshandlungen, Demütigungen, sexueller Missbrauch, unerlaubte Medikamentenversuche, die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen. Und niemand hat es interessiert, was man den Kindern angetan hat. Die Aufarbeitung begann erst viel später. Die Betroffenen haben geschwiegen , gelitten und das Leid an ihre Kinder weiter gegeben.

Ich war regelrecht erleichtert, dass das Buch mit einem positiven Ereignis endet. All zu oft herrschte zwischendurch Taschentuchalarm. Ich finde es gut, dass die Autorin den Opfern eine Stimme gibt und ihr Leid sichtbar macht. Was mich etwas gestört hat, war die Fülle der aufgezeigten Grausamkeiten. Nicht, dass es sie alle nicht gegeben hätte, aber ich habe bemerkt, dass es mich im Laufe der Geschichte nicht mehr so berührt hat. Trotzdem finde ich, dass es ein lesenswertes und notwendiges Buch ist . Aber bitte Taschentücher bereit legen.